Nr. 62 - Frühling 2017
Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden ! Bretagne: Brest und Roscoff Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail
Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten
Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier
Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden !
Bretagne: Brest und Roscoff
Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs
Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Großen gefunden hatte und dass dieser Nithard in Saint-<br />
Riquier als wahrer Held galt, vor allem aber als der erste<br />
Schriftsteller, der in französischer Sprache geschrieben<br />
hat … Für mich war dies ein klares Zeichen: Wir mussten<br />
alles daransetzen, diese Abtei mit ihrer so glorreichen und<br />
zum Großteil in Vergessenheit geratenen Vergangenheit<br />
wieder mit Leben zu füllen. Wir mussten ihre unglaubliche<br />
Geschichte so gut es ging mit anderen teilen. »<br />
Wenn Anne Potié von dieser Entdeckung erzählt – die<br />
sie verständlicherweise heute immer noch bewegt – und<br />
dabei von einer « glorreichen und in Vergessenheit geratenen<br />
Vergangenheit » spricht, so tut sie dies mit Fug und<br />
Recht. Außer einigen spezialisierten Historikern und leidenschaftlichen<br />
Sprachwissenschaftlern wissen nur sehr<br />
wenige Franzosen, was sich hier ereignet hat und was es<br />
mit der Geschichte um Nithard auf sich hat. Beim Besuch<br />
dieser Abtei, die abgelegen in dem kleinen Dorf Saint-<br />
Riquier liegt, haben wir erfahren, dass diese Stätte und<br />
diese unbekannte Persönlichkeit jedoch nicht nur sehr eng<br />
mit der Geschichte Frankreichs, sondern sogar mit der<br />
Geschichte Europas verknüpft sind. Die Reise wird uns<br />
noch lange eindrucksvoll im Gedächtnis bleiben …<br />
Saint-Riquier, die Abtei allen Wissens<br />
Wenn man sich der Abtei vom winzigen Dorf Saint-<br />
Riquier aus nähert und sie hinter einer Kurve dann<br />
zum ersten Mal erblickt, erhält man fast einen visuellen<br />
Schock, so beeindruckend ist ihre Größe. Aber das ist<br />
nichts Neues, das war quasi schon immer so gewesen, seit<br />
sie, vor langer Zeit, im Jahre <strong>62</strong>5 gegründet worden war.<br />
Und das, obwohl die monumentale Abtei im Laufe der<br />
Jahrhunderte 18 Mal erbaut und 17 Mal wieder zerstört<br />
wurde … Immer hat sie diejenigen, die sich ihr genähert<br />
haben, beeindruckt. Den größten Anteil daran hatte<br />
vermutlich Karl der Große (ca. 742-814). Als er 790 beschloss,<br />
die Abtei neu zu gründen, war es sein Wunsch,<br />
sie zu einer der schönsten, größten und bedeutendsten<br />
seines Königreiches zu machen. Sie sollte, seiner Aussage<br />
nach, einen « besonderen Glanz » ausstrahlen. Er war einer<br />
der Ersten, der sich ihrer Bedeutung bewusst war, vor allem<br />
aber ihrer strategischen Platzierung. Heute kann man<br />
es zwar kaum glauben, da das Wasser der Baie de Somme<br />
rund 20 Kilometer entfernt ist, aber zu Zeiten Karls des<br />
Großen, war das Dorf Saint-Riquier ein Hafen am Meer,<br />
der für den König in Sachen Handel und Überwachung<br />
der Küste sehr nützlich war. Ende des 6. Jahrhunderts<br />
Vorhergehende Seiten: Blick vom 50 m hohen<br />
Turm auf das Dach der Abtei; die Fassade ist<br />
ein Schmuckstück gotischer Architektur.<br />
Links: Das alljährlich im Juli stattfindende Festival de<br />
l’Abbaye zieht viele Freunde von klassischer Musik und<br />
Jazzmusik an und sorgt für Leben im Dorf. Der Schauspieler<br />
Paul Christiani, der aus dem Ort stammt, verkündet<br />
jeden Abend das Programm im lokalen Dialekt, um<br />
bei den Besuchern Hemmschwellen abzubauen.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>