Nr. 68 - Herbst 2018

UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté
Oben: Büste von Anne-Marie Javouhey im
Haus der Familie in Chamblanc.
Unten: Büste von Abbé Grégoire im Musée d’Emberménil.
Rechte Seite: Château de Joux, Portrait von Toussaint
Louverture und Blick vom Schloss auf das Tal.
l’Homme gibt es drei Ausstellungsräume, in denen man mehr über die
Besonderheit und den Stellenwert des Artikels 29, den Sklavenhandel
im Europa des 15. bis 19. Jahrhunderts und die aktuelle Situation der
weltweiten Sklaverei erfährt.
Abgesehen von Champagney gibt es aber noch andere Orte, die
einem das Bewusstsein darüber vermitteln, wie sensibel man in dieser
Gegend mit der Abschaffung der Sklaverei umgegangen ist. Man erfährt
vor allem, dass einige der dort lebenden Menschen ihre Region
verließen, um sich vor Ort in den Kolonien selbst von der Situation
zu überzeugen, und nach der Rückkehr ins französische Mutterland
die Notwendigkeit verspürten, ihre Zeitgenossen über den
Schrecken der Sklaverei zu informieren und für deren Abschaffung
zu kämpfen. In Fessenheim beispielsweise, knapp
90 Kilometer nordöstlich auf der Route des Abolitions, präsentiert
das kommunale Museum Maison Schœlcher den mutigen
Kampf von Victor Schœlcher (1875-1893). Der Staatssekretär
für die Kolonien in der provisorischen Regierung der Französischen
Republik ließ am 27. April 1848 über ein Dekret zur
definitiven Abschaffung der Sklaverei in Frankreich abstimmen. In der
Côte d’Or, in Chamblanc, begegnet man einer anderen wichtigen Persönlichkeit,
die ebenfalls nach einer Reise in die Kolonien beschloss,
gegen den Handel mit Schwarzen zu kämpfen: Schwester Anne-Marie
Javouhey. Ihr Geburtshaus kann zwar nicht besichtigt werden, doch
im nur vier Kilometer entfernten Jallanges gibt es einen Sentier historique
und einen Forêt mémoire, um ihr Engagement zu würdigen. Beide
Menschen waren der Region im Osten sehr verbunden und mutige und
unverzichtbare Sprachrohre, die es verstanden, ihre Erkenntnisse zu
vermitteln und so zur Veränderung der Mentalität in Frankreich beizutragen.
Ihre Namen reihen sich in die Liste anderer berühmter Namen
ein, die für den Kampf um die Abschaffung der Sklaverei stehen, wie
Abbé Grégoire (1750-1831), dieser große Denker, den man auch den
« Freund der Schwarzen » nannte. Seine Asche wurde 1989 nach Paris
ins Panthéon überführt. Auf der Route des Abolitions erweist ihm
in Emberménil, zwischen Metz und Colmar ein kleines Museum die
Ehre.
Neben dem Maison de la Négritude et des Droits de l’Homme in
Champagney, das in gewisser Weise das « Herz » der Route des
Abolitions darstellt, ist vielleicht das Château de Joux, einige Kilometer
südlich von Pontarlier, die bewegendste Stätte, um den
Weg bis zur Abschaffung der Sklaverei in Frankreich nachvollziehen
zu können. Sie ist eng mit der Geschichte eines
der Helden im Kampf um dieses Ziel verbunden: Toussaint
Louverture (1743-1803). Er war selbst der Sohn eines Sklaven
und organisierte 1791 einen Aufstand der Schwarzen gegen
die Plantagenbesitzer in Santo Domingo (heute Haiti), eine
Kolonie, die früher als « die Perle der Antillen » angesehen
wurde. 1794 schloss er sich dem revolutionären Frankreich
an, das die Sklaverei gerade abgeschafft hatte (die allerdings
unter Napoleon Bonaparte dann wieder eingeführt wurde). Er
wurde zum kommandierenden General der Armee von Santo
Domingo ernannt, rief 1800 eigenmächtig die Unabhängigkeit
56 · Frankreich erleben · Herbst 2018