Nr. 68 - Herbst 2018
Loire-Tal: Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten Corrèze: Les Tours de Merle: Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein Ostfrankreich: Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei Vogesen: Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen Chantals Rezept: Die echte hausgemachte Mayonnaise
Loire-Tal: Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten
Corrèze: Les Tours de Merle: Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein
Ostfrankreich: Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei
Vogesen: Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen
Chantals Rezept: Die echte hausgemachte Mayonnaise
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
beigetragen, dass Ostfrankreich offiziell zum nationalen,<br />
beiziehungsweise sogar europäischen Zentrum für die Geschichte<br />
und das Gedenken an das Sklaventum und dessen<br />
Abschaffung wurde. Nach und nach ist ein sehr vielfältiges<br />
touristisches Angebot (Schlösser, Museen, Häuser von illustren<br />
Persönlichkeiten …) entstanden, mit dessen Hilfe<br />
man sich die besondere Rolle dieser Gegend in Bezug auf<br />
die Abschaffung der Sklaverei vor Augen führen kann.<br />
Man muss wissen, dass die fünf Orte der Route des Abolitions<br />
sehr weit voneinander entfernt sind. Von Nord nach<br />
Süd erstreckt sich diese « Straße der Abschaffung der Sklaverei<br />
» über eine Distanz von 500 Kilometern. Sie zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass sie einen globalen Überblick über<br />
die Geschichte des Sklavenhandels und seine Abschaffung<br />
ermöglicht, und den Besucher gleichzeitig sehr schöne Regionen<br />
entdecken lässt. Man kann sich jedoch auch auf die<br />
bemerkenswertesten Orte konzentrieren. Aus unserer Sicht<br />
sind dabei das Musée Victor Schœlcher in Fessenheim, das Maison de la<br />
Négritude et des Droits de l’Homme in Champagney und das Château<br />
de Joux unverzichtbar. In diesem Fall beginnt die Strecke südöstlich<br />
von Colmar und führt über etwas mehr als 200 Kilometer bis in den<br />
Südosten von Besançon. Umgekehrt ist es durchaus möglich, die fünf<br />
offiziellen Orte der Route des Abolitions de l‘Esclavage und damit diese<br />
Thematik durch zusätzliche Ausflüge abzurunden. Dafür bieten sich<br />
das Musée Lamartine in Mâcon, das Château de Lamartine in Saint-<br />
Point (Saône-et-Loire) sowie das Maison de Victor Hugo in Besançon<br />
(Doubs) an.<br />
Das von René Simonin (oben) gegründete Maison de<br />
la Négritude et des Droits de l’Homme (Außenansicht<br />
siehe unten, Innenansicht rechte Seite) stellt eine<br />
Kopie des Artikels 29 aus dem berühmten Cahier<br />
de Doléances vom 19. März 1789 (oben) aus.<br />
Die Gemeinde Champagney (Haute-Saône) erscheint wie ein kleiner,<br />
geruhsamer Ort. Mit den Läden entlang der Hauptstraße, dem<br />
zentralen Platz und der Kirche könnte es ein Dorf wie viele andere in<br />
der Region sein. Und doch ist Champagney anders, in gewisser Weise<br />
sogar außergewöhnlich. Genauer gesagt, die Bewohner der Gemeinde<br />
waren es im Laufe ihrer Geschichte. Warum das so ist? Um das zu<br />
erfahren, geht man am besten in das Maison de la Négritude et des Droits<br />
de l’Homme, das direkt neben der Kirche liegt und 1971 von einem<br />
Bewohner gegründet wurde, der sich für die lokale Geschichte begeisterte:<br />
René Simonin (1911-1980). Beim Betreten des kleinen Museums<br />
entdeckt man sofort die Reproduktion eines Textes, auf den die Bewohner<br />
des Ortes zu Recht stolz sind. Es geht dabei um den Artikel<br />
29 des Cahier de Doléances, das die Einwohner von Champagney 1789<br />
verfassten, um einer Aufforderung König Ludwigs XVI. (1754-1793)<br />
nachzukommen.<br />
Um die Besonderheit und den Wert dieses Textes in seiner ganzen<br />
Tragweite zu verstehen, sollte man wissen, was es mit diesen Cahiers<br />
de Doléances (Beschwerdebüchern) auf sich hat, welche die französische<br />
Geschichte so tief geprägt haben. 1789 waren Ludwig XVI. und sein<br />
Königreich in diversen Schwierigkeiten. Der König spürte die immer<br />
stärker werdende Unzufriedenheit und war gezwungen, im Mai 1789<br />
die Generalstände vorzuladen. Sein Gedanke war, den Untertanen<br />
« das Wort zu erteilen » und ihnen somit den Anschein von Freiheit<br />
zu vermitteln. Zur Vorbereitung dieser Vorladung forderte er alle Gemeinden<br />
in Frankreich auf, ihm ihre Probleme, ihre « Beschwerden »<br />
mitzuteilen. Im ganzen Land kamen die Menschen zusammen, um<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>