UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire Die Inszenierung in der Stätte Le Mystère des Faluns ist eine Mischung aus Wissenschaft und Poesie und erinnert an die Zeit vor 10 Millionen Jahren, als sich in der Gegend von Douéen-Anjou ein (nicht sehr tiefes) Meer ausdehnte. Nach und nach entstand der Muschelsandstein, ein relativ weiches Felsgestein, in das die hier ansässigen Bauern ab dem 18. Jahrhundert diese riesigen unterirdischen Höhlen gegraben haben. Unten: Vor nicht allzu langer Zeit wurde eine Statue in den Muschelsandstein gehauen, um an diese Männer zu erinnern. Einzigartig », « erstaunlich », « unglaublich », « wunderbar », « faszinierend » … Beim Lesen mancher Artikel, Reiseberichte oder Reiseführer ist offensichtlich, dass man mit solchen Adjektiven in der heutigen Zeit nicht gerade sparsam umgeht. Dies gilt umso mehr für Frankreich, ein Land, in dem man zum Beispiel ohne Scheu von der « schönsten Avenue der Welt » spricht. Als ob heutzutage alles zwangsläufig « außergewöhnlich » sein müsste, um interessant zu sein. Superlative sind in, selbst auf die Gefahr hin, mit ihnen die Realität zu verzerren. Innerhalb unserer Redaktion achten wir deshalb beim Schreiben eines Artikels immer darauf, solche Eigenschaftswörter nur sehr zurückhaltend einzusetzen … Schließlich haben alle Wörter einen Sinn und jede Beschreibung ist eine subjektive Aussage. Und doch haben wir uns entschlossen, über eine « faszinierende Reise » zu berichten. Obwohl diese Reise, die wir zu Beginn des Sommers im Tal der Loire unternommen haben, mit nur knapp 15 Kilometern auf den ersten Blick recht kurz erscheint, hat sie uns zutiefst geprägt. In diesem Sinne stehen wir diesmal voll dazu, wenn wir von einer « einzigartigen », « erstaunlichen », « unglaublichen », « wunderbaren » und « faszinierenden » Reise durch das unterirdische Leben von einst und heute sprechen. Ein beeindruckender Einstieg in das Thema: das Geheimnis des Muschelsandsteins Es ist unmöglich, sie zu übersehen: Wenn man einige Dörfer im Loire-Tal durchquert, fallen unweigerlich die zahlreichen Häuser auf, die an den Felsen kleben. Man nennt sie Maisons troglodytes, umgangssprachlich auch liebevoll Troglos. Wurden sie früher kaum beachtet – man ging davon aus, dass man ziemlich arm sein müsse, um in einer derartigen Behausung zu leben –, so werden sie seit einigen Jahren nahezu begeistert nachgefragt, und die Preise bei den Immobilienagenturen gehen konstant nach oben. In einem Troglo zu wohnen, liegt im Trend. Es gibt mittlerweile zahlreiche 28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 29