Nr. 68 - Herbst 2018

277492_Schmitz_Anzeige_1 19.06.2018 16:19
REVIENS
Samuel Benchetrit, Grasset, 252 Seiten, ISBN 978-2246784029.
Der Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur
Samuel Benchetrit hat unter anderem das Buch Chien
veröffentlicht, das sich durch eine überschäumende
Vorstellungskraft auszeichnet und das er selbst als
Kinofilm umsetzte. In seinem aktuellen Roman
hat er nichts von seiner Fähigkeit verloren, einen
zugleich ernsten, lustigen und bewegenden Blick
auf die unterschiedlichsten Lebenssituationen zu
werfen. Seine Hauptperson, ebenfalls Schriftsteller,
ist plötzlich allein, da der geliebte Sohn zu einer
Weltreise aufgebrochen ist. Auf einmal fehlt ihm jede Inspiration. « Literatur,
komm zurück! Inspiration, komm zurück! Sohn, komm zurück! »,
scheint er zu rufen … Dann stellt eine Begegnung in einem Altersheim
sein Leben erneut auf den Kopf. Dieses Buch gehört zu den meisterwarteten
des traditionellen Auftakts der Literatursaison im September.
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Ulrich Robin
Das Vermächtnis
oder
Von Lilien lernen
LE LAMBEAU
Philippe Lançon, Gallimard, 512 Seiten, ISBN 978-2072689079.
Am 7. Januar 2015 begibt sich der Journalist Philippe Lançon nach
Paris zur Redaktionssitzung des kleinen Magazins, dem die Mittel fehlen
und für das er gemeinsam mit anderen sorglosen und freiheitsliebenden
Freunden arbeitet. Während der Besprechung dringen zwei schwarz
gekleidete, vermummte und schwer bewaffnete Männer in den Raum
ein und schießen auf alles, was sich bewegt. Philippe Lançon sieht einen
Freund nach dem anderen zu Boden sinken. Ihm selbst wird durch die
Schüsse der Kiefer weggerissen. Es ist das Attentat auf Charlie Hebdo.
Wie durch ein Wunder überlebt Philippe Lançon. Er wird ins Krankenhaus
transportiert und muss zwischen Januar und November 2015 17
Operationen über sich ergehen lassen. Sein Buch Le lambeau, das genau
von dieser Zeit handelt, ist ein sehr aufrichtiges, bedrückendes und gelungenes
Werk. Ohne Mitleid zeichnet es den Weg eines Mannes nach,
dessen Leben ganz plötzlich auf den Kopf gestellt wird und der es seitdem
allmählich wieder neu aufbaut. Gleichzeitig ist dies eine aufrüttelnde
Hommage an das Personal des Krankenhauses.
Dem Autor, der niemals Wut oder
Rachegedanken aufkommen lässt, ist es
gelungen, sowohl die breite Öffentlichkeit
als auch die Literaturkritiker anzusprechen.
Sein Buch, eines der erfolgreichsten
Werke der französischen Literaturszene
der letzten Monate, zeugt von einer
beispielhaften Sensibilität und Menschlichkeit.
Hat man es gelesen, ist man
zweifellos aufgewühlt, aber auch stärker,
denn obwohl man den Schmerz und die
Angst des Autors spürt, ist dies keine deprimierende
Erzählung. Ganz im Gegenteil:
Es ist eine tolle Lektion fürs Leben!
„Das Vermächtnis oder Von Lilien lernen“
ist ein vielschichtiger Roman
über die Wunden der Nachkriegszeit,
über Schuld, über den Beginn des
Massentourismus und der Eventkultur
und die deutsch-französischen Beziehungen.
Im Mittelpunkt des Geschehens:
Alman, deutscher Aussteiger in
Chartres und Françoise, seine Geliebte.
Der Autor erzählt mit souveräner
Sprachkraft und feinem, untergründigem
Witz die Ge schichte eines Fremden
und Außen seiters, und seiner
Beziehungsprobleme. Eingebettet in
die Beschreibungen französischer Lebensart,
des Geschehens in und um
Chartres und eines, wenn auch nur virtuellen
Ausflugs in die nahe gelegene
französische Metropole. Auf subtile
Weise verflicht er Gegenwart und Vergangenheit.
Sie treffen sich schließlich
auf überraschende Weise im Symbol
der Lilie.
Ulrich Robin
Das Vermächtnis
oder
Von Lilien lernen
1. Auflage 2017
Taschenbuch, 251 Seiten
ISBN: 978-3-86460-695-3
14,90 EUR
www.book-on-demand.de
Frankreich erleben · Herbst 2018 · 17