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Nr. 68 - Herbst 2018

Loire-Tal: Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten Corrèze: Les Tours de Merle: Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein Ostfrankreich: Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei Vogesen: Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen Chantals Rezept: Die echte hausgemachte Mayonnaise

Loire-Tal: Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten
Corrèze: Les Tours de Merle: Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein
Ostfrankreich: Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei
Vogesen: Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen
Chantals Rezept: Die echte hausgemachte Mayonnaise

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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>68</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong><br />

LOIRE-TAL · NOUVELLE-AQUITAINE · VOGESEN · OSTFRANKREICH · LA MARSEILLAISE<br />

Loire-Tal<br />

Eine faszinierende Reise<br />

ins Land der Troglodyten<br />

Nouvelle-Aquitaine<br />

Das Gefühl, in Machu Picchu zu sein<br />

Vogesen<br />

Eine Fotoausstellung<br />

unter freiem Himmel<br />

Ostfrankreich<br />

Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei<br />

Rezept Die echte hausgemachte Mayonnaise<br />

Kultur Amüsante Geschichten rund um die « Marseillaise »<br />

Praktisch Pannenhilfe auf französischen Autobahnen<br />

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EDITORIAL<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

das Titelbild macht neugierig und ist<br />

kein leeres Versprechen: Die Ausgabe<br />

von Frankreich erleben, die Sie<br />

gerade in Händen halten, wartet mit<br />

überraschenden Entdeckungen in ganz Frankreich auf.<br />

Auf den folgenden Seiten werden Sie zum Beispiel eine<br />

fantastische Reise unter die Erdoberfläche unternehmen.<br />

Wir nehmen Sie mit in eine andere Zeit<br />

und schlendern mit Ihnen durch die spektakulären<br />

kathedralartigen Höhlen einer<br />

Stätte, die den geheimnisvollen Namen Le<br />

Mystère des Faluns trägt. Zurück im Tageslicht<br />

spazieren wir im selben erstaunlichen Dorf im<br />

Pays-de-la-Loire durch eine Landschaft<br />

voller Canyons. Über unseren Köpfen<br />

sehen wir Andenkondore, Ibisse und<br />

Papageien fliegen; wir sind von den<br />

verschiedensten Vögeln aus aller<br />

Welt umgeben, die hier unter einem<br />

riesigen Netz, im größten südamerikanischen<br />

Vogelhaus Europas<br />

leben. Sie erfahren dabei, dass<br />

eine passionierte Familie Pionierarbeit<br />

geleistet hat, indem<br />

sie einen Zoo in einen innovativen<br />

Bioparc verwandelte, der sich nun für<br />

den Schutz bedrohter Tierarten einsetzt.<br />

Aber es warten noch ganz andere spektakuläre<br />

Dinge auf Sie: Zwischen Aurillac<br />

und Brive-la-Gaillarde, im Departement<br />

Corrèze, entdecken Sie Ruinen, die mit der<br />

Inkastadt Machu Picchu durchaus mithalten<br />

können.<br />

Die<br />

grandiosen<br />

Tours de Merle<br />

erzählen auf ungewöhnliche<br />

Art von einer<br />

überraschenden Neuerung<br />

des 11. Jahrhunderts: Zu der Zeit erfanden<br />

die dort ansässigen Lehnsherren nämlich<br />

bereits eine Form von Gemeinschaftseigentum.<br />

Auf einem Vogesengipfel treffen wir auf begeisterte<br />

und begeisternde Menschen. Sie laden uns auf einen<br />

Spaziergang durch Pinienwälder und Wiesen ein,<br />

in dessen Verlauf wir eine unerwartete Fotoausstellung<br />

unter freiem Himmel besuchen und<br />

dabei erleben, wie die Umgebung die Wirkung<br />

von Fotografien verändern kann.<br />

Und schließlich werden wir auch einen<br />

ganz anderen Blick auf die Geschichte<br />

Frankreichs werfen und dabei eine<br />

der dunklen Seiten, nämlich den<br />

Sklavenhandel, hinterfragen. Im<br />

Verlaufe einer längeren Reise erfahren<br />

Sie, dass eine Region im Osten<br />

Frankreichs eine wichtige – wenn auch noch<br />

weitgehend unbekannte – Vorreiterrolle bei der<br />

Abschaffung der Sklaverei innehatte. Auf der<br />

Route des Abolitions de l‘Esclavage kann man<br />

diese unbekannte Seite der französischen<br />

Geschichte nun entdecken und würdigen.<br />

Sie werden spüren, dass wir selbst im Laufe der<br />

Reportagen und Begegnungen, die wir während<br />

der Vorbereitung dieser Ausgabe gemacht<br />

haben, mitgerissen wurden. Diese Begeisterung<br />

mit Ihnen zu teilen ist nicht nur unser Ziel, sondern<br />

auch eine echte Freude! Viel Spaß beim Lesen!<br />

Titelbild: Im Inneren der Stätte Le Mystère des Faluns in Doué-en-Anjou<br />

(Maine-et-Loire) können sich Kinder in einer der kathedralartigen Höhlen mit dem<br />

Behauen von Steinen vertraut machen.<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 3


INHALT<br />

Corrèze · 40<br />

Loire-Tal · 26<br />

Quand on aime<br />

la France · 78<br />

Rezept · 84<br />

La Marseillaise · 82<br />

Ostfrankreich · 48<br />

Vogesen · 64<br />

4 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Lille<br />

64 · Vogesen<br />

48 · Champagney<br />

26 · Loire-Tal<br />

Nantes<br />

Dijon<br />

Tours<br />

48 · Chamblanc<br />

40 · Corrèze<br />

Bordeaux<br />

48 · Emberménil<br />

PARIS<br />

Lyon<br />

Strasbourg<br />

48 · Fessenheim<br />

48 · La Cluse<br />

et Mijoux<br />

64 Vogesen<br />

Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen<br />

Bis Mitte November findet in Le Haut-du-Tôt, der höchstgelegenen<br />

Gemeinde der Vogesen, die dritte Ausgabe der beispiellosen<br />

Fotoausstellung Les Sentiers de la photo statt. Sie lädt zu einem<br />

unvergleichlichen Spaziergang durch die prachtvolle Landschaft<br />

ein, bei dem man mehr als 130 großformatige Fotos der besten<br />

regionalen und internationalen Fotografen entdecken kann.<br />

74 Hotel<br />

Grand Hôtel & Spa Gérardmer<br />

Frankreich heute<br />

Toulouse<br />

Marseille<br />

78 Quand on aime la France:<br />

Roger Diederen, Direktor der Kunsthalle München<br />

Roger Diederen ist der Direktor der Kunsthalle München. Er ist<br />

überzeugter Europäer und hat sein Leben der Kunst gewidmet.<br />

Sein Ziel: Durch Kunst einen Austausch entstehen zu lassen<br />

und eine ganz andere Auseinandersetzung mit unserer Welt<br />

zu ermöglichen. Wir haben uns mit ihm unterhalten.<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

26 Loire-Tal<br />

Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten<br />

Das Tal der Loire ist weltweit für seine zahlreichen<br />

Schlösser bekannt. Doch zwischen Angers und<br />

Saumur besitzt es noch andere charakteristische<br />

Sehenswürdigkeiten, die zwar weniger bekannt, aber<br />

mindestens genauso faszinierend sind: ein unglaubliches,<br />

mehr als 1500 Kilometer langes, unterirdisches<br />

Tunnelsystem mit Höhlen, Grotten und Stollen.<br />

40 Corrèze<br />

Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein<br />

Hinter einer der unzähligen Kurven einer Straße im<br />

Departement Corrèze bietet sich plötzlich inmitten<br />

eines dichten Waldes der unglaubliche Anblick<br />

grandioser Ruinen. Wie von Zauberhand scheinen<br />

sie in 30 Meter Höhe auf einen 200 Meter langen<br />

und 40 Meter breiten Felsvorsprung gesetzt worden<br />

zu sein: Die Tours de Merle flößen Respekt ein.<br />

48 Ostfrankreich<br />

Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei<br />

Meist werden die Französische Revolution und die<br />

Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789<br />

so präsentiert, als hätte sich das Volk spontan und solidarisch<br />

im ganzen Land gleichzeitig erhoben, um diese<br />

Rechte für die Menschen zu erwirken. Dass bestimmte<br />

Gebiete dabei eine Vorreiterrolle gespielt haben, vergisst<br />

man meist. Sieht man sich den Fall der Abschaffung<br />

der Sklaverei in Frankreich genauer an, dann stellt man<br />

fest, dass einige Regionen diese Tragödie der Menschheitsgeschichte<br />

viel früher anprangerten als andere.<br />

Art de vivre<br />

82 Kultur<br />

Amüsante Geschichten rund um die französische<br />

Nationalhymne La Marseillaise<br />

Nachdem die französische Nationalmannschaft am 15. Juli<br />

dieses Jahres Fußballweltmeister geworden war, hörten die<br />

Menschen auf der ganzen Welt während der anschließenden<br />

Siegerehrung die Marseillaise. Wir nehmen dies zum Anlass,<br />

« hinter die Kulissen » dieser berühmten Hymne zu blicken …<br />

84 Chantals Rezept<br />

Die echte hausgemachte Mayonnaise<br />

90 Produkt<br />

Châteldon: der Champagner unter den<br />

französischen Mineralwässern<br />

Dieses Mineralwasser ist in Frankreich ein regelrechter Mythos.<br />

Die Bläschen sollen so fein wie die eines hervorragenden Champagners<br />

sein. Im Hexagon betrachtet man das Eau de Châteldon<br />

ganz ernsthaft als den Rolls-Royce unter den natürlichen kohlesäurehaltigen<br />

Mineralwässern. Wir wollten wissen, warum.<br />

3 Editorial<br />

6 On en parle<br />

12 Kulturprogramm<br />

14 On lit<br />

16 On lit en France<br />

20 On écoute<br />

22 On regarde<br />

24 On surfe<br />

63 Abonnement<br />

86 Nachbestellungen<br />

92 Kulturschock<br />

95 Guéwen a testé<br />

97 Leserbriefe<br />

98 Impressum<br />

98 Vorschau<br />

Frankreich erleben im Internet: www.frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 5


ON EN PARLE<br />

PARISER BISTROS<br />

Bistros der Seine-Stadt bald Weltkulturerbe?<br />

Rund 1000 der insgesamt 14 000 Lokale in Paris sind<br />

Bistros. Diese für Paris typischen Lokale sind allerdings<br />

angeblich bedroht, da Sandwicheries und sonstige<br />

Ketten- beziehungsweise Fast-Food-Restaurants immer<br />

mehr überhandnehmen. Wo sonst als in einem Bis tro<br />

kann man heute noch ganz einfach ein Œuf Mayonnaise<br />

essen, an der Theke einen Kaffee trinken und dabei das Hin<br />

und Her des Servicepersonals beobachten oder stundenlang<br />

sitzen und die Zeitung lesen? Eine Berufsvereinigung,<br />

die von Persönlichkeiten aus der Welt der Kultur ( Jacques<br />

Weber, Pierre Arditi, Charles Berling, Yolande Moreau,<br />

Marianne James …) unterstützt wird, hat nun beschlossen,<br />

sich für den Erhalt dieser Lokale einzusetzen. Da die Bistros<br />

laut Alain Fontaine, dem Präsidenten dieser Interessenvertretung<br />

und zugleich Besitzer des familiären Bistros<br />

Le Mastroquet im Quartier de la Bourse, « genauso wie der<br />

Eiffelturm oder der Louvre zur Identität von Paris gehören<br />

», muss man sie schützen. Die Vereinigung hat vor, die<br />

Pariser Bistros zum immateriellen Kulturerbe der<br />

UNESCO ernennen zu lassen. Das erste Dossier für dieses<br />

Vorhaben soll im September dem französischen Kulturministerium<br />

präsentiert werden, das dann entscheiden wird,<br />

ob man die Bewerbung im März 2019 an die UNESCO<br />

übermittelt oder nicht. Die Antwort der internationalen<br />

Institution würde frühestens im Dezember 2019 oder im<br />

Januar 2020 erwartet.<br />

FUSSBALL<br />

Franzosen Weltmeister in doppelter Hinsicht<br />

Jeder weiß inzwischen, dass Frankreich die Fußballweltmeisterschaft <strong>2018</strong> gewonnen hat. Die Wenigsten<br />

wissen dagegen, dass Frankreich auch die meisten Spieler dieser Weltmeisterschaft stellte. Dies berichtet<br />

die amerikanische Zeitung Washington Post. Sie kam auf die Idee, zu analysieren, welche Nationalitäten<br />

die 736 Spieler dieses Wettkampfes haben. Von den 736 Spielern waren 50 französischer Abstammung.<br />

Damit war Frankreich mit Abstand das meistvertretene Land vor Brasilien mit « nur » 28 Spielern. 21 der 50<br />

Fußballer spielten dabei für das Hexagon, 29 vertraten andere Länder (z. B. Marokko, Tunesien und Senegal).<br />

Nur zwei Spieler der französischen Nationalmannschaft Les Bleus sind dagegen im Ausland geboren: Steve<br />

Mandanda in der Demokratischen Republik Kongo und Samuel Umtiti in Kamerun.<br />

6 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


KINO<br />

PARISER METRO<br />

Dem Metroticket<br />

droht bald das Aus<br />

Vielen Parisern wird es fehlen, aber<br />

die Zeiten ändern sich: Das legendäre<br />

Ticket der Pariser Metro, dieses<br />

kleine, geschichtsträchtige Stück<br />

Karton, wird in absehbarer Zeit<br />

durch kontaktlose Karten ersetzt,<br />

mit denen man dann die öffentlichen<br />

Verkehrsmittel in Stadt und Region<br />

nutzen kann. Diese Entscheidung<br />

hat auch einen ökologischen<br />

Hintergrund, da in der Hauptstadt pro<br />

Jahr schätzungsweise 550 Millionen<br />

entwertete Tickets einfach auf den<br />

Boden geworfen werden.<br />

Paris & Kino: eine besondere Beziehung<br />

Paris hatte schon immer eine besondere Beziehung<br />

zum Kino. Mit 88 Filmtheatern und insgesamt 420<br />

Sälen (gegenüber 389 im Jahr 2015) ist Paris die absolute<br />

Hauptstadt des Kinos. Bei einem Bummel durch die Stadt wird<br />

man sich dieser Tatsache sehr schnell bewusst, da es in jedem<br />

Viertel ein oder mehrere Kinos gibt. Laut Stadtverwaltung<br />

erreicht man von jedem x-beliebigen Punkt der Stadt in<br />

maximal 15 Gehminuten das nächste Lichtspieltheater. Die<br />

aktuelle Studie der amerikanischen Marktforschungsfirma<br />

ComScore geht noch weiter: Das Pariser Kino UGC Cité-<br />

Ciné les Halles im historischen Zentrum von Paris hält mit<br />

3,27 Millionen Besuchern im Jahr 2017 den weltweiten<br />

Besucherrekord. In jenem Jahr gab es dort 70 000<br />

Vorführungen, bei denen Kinofreunde 492 Filme ansehen konnten,<br />

die von Filmemachern aus 85 Nationen realisiert worden waren. Ein<br />

schöner Rekord!<br />

PLUS BEAUX VILLAGES DE FRANCE<br />

Zwei neue<br />

Auserwählte<br />

Am 29. und 30. Juni <strong>2018</strong> wählte die für die<br />

Prüfung der Bewerbungen und Vergabe<br />

der Auszeichnung zuständige Fachkommission<br />

der Plus beaux Villages de France zwei neue<br />

Dörfer aus, die dieses begehrte Label erhielten: La<br />

Romieu im Departement Gers und Villeréal im<br />

Departement Lot-et-Garonne. Wie alle neu aufgenommenen<br />

Gemeinden werden auch diese Orte<br />

nach 6 bis 9 Jahren erneut beurteilt. Aktuell hat<br />

die Vereinigung ihr Gütesiegel an 158 Dörfer vergeben.<br />

Die Karte kann unter www.les-plus-beauxvillages-de-france.org<br />

abgerufen werden.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 7


ON EN PARLE<br />

GESTRANDETER WAL<br />

Das soll aufrütteln<br />

Am 8. Juni dieses Jahres erlebten die Menschen in<br />

der Umgebung des Lac de Serre-Ponçon, genauer<br />

gesagt bei Savines-le-Lac (Hautes-Alpes), eine<br />

Überraschung: Bereits am Vorabend hatte die Lokalpresse<br />

ein Foto veröffentlicht, das angeblich den Schatten eines<br />

unter der Wasseroberfläche schwimmenden Wales zeigte.<br />

Am frühen Morgen war es dann vermeintlich Gewissheit,<br />

denn zur allgemeinen Überraschung lag ein – angeblich<br />

gestrandeter – 15 Meter langer männlicher Pottwal am<br />

Ufer des Sees – mitten in den Bergen, weit weg vom<br />

Meer. Um ihn herum schien ein Team von Wissenschaftlern<br />

mit der Rettung des Kolosses beziehungsweise mit<br />

der Suche nach einer Erklärung für diese seltsame Begebenheit<br />

beschäftigt zu sein. Sogar die Ankunft von Spezialisten<br />

aus Marseille sowie des Bürgermeisters von Savines-le-Lac<br />

wurden angekündigt. Das Ganze stellte sich<br />

jedoch als ein riesiges Kunstprojekt heraus, das die Verschmutzung<br />

der Ozeane und die Gefährdung der Unterwasserwelt<br />

anprangern sollte. Anlass für die Aktion war<br />

der Internationale Tag des Meeres. Medien und lokale<br />

Behörden waren von dem für diese Inszenierung verantwortlichen<br />

belgischen Künstlerkollektiv « Captain Boomer<br />

» eingeweiht worden. Die Künstlergruppe hatte unter<br />

anderem bereits 2017 in Paris für Aufsehen gesorgt, als<br />

ein ebenfalls 15 Meter langer Wal am Quai de la Tournelle<br />

« gestrandet war ».<br />

MODE<br />

Markenschutz für rote Sohlen<br />

Christian Louboutin gilt als einer der größten französischen Schuh- und Hand taschendesigner<br />

und ist weltweit für seine High Heels berühmt, die man an ihren roten Sohlen<br />

erkennt. Das Haus Louboutin hat das spezifische Rot der Farbe Pantone 18-1663TP<br />

als Marke eintragen lassen, doch Schuhhersteller aller Preisklassen haben die Idee<br />

trotzdem jahrelang kopiert. Angesichts der Verletzung seiner Markenrechte hat<br />

Christian Louboutin mehrere Prozesse durchgefochten, unter anderem auch gegen das<br />

Haus Yves Saint-Laurent. Der Europäische Gerichtshof hat ihm nun recht gegeben. Er<br />

erklärte die rote Schuhsohle als durchaus schutzwürdig im Sinne einer Marke.<br />

8 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


EINTAUCHEN IN DIE KUNST<br />

Dritte Stätte für monumentale<br />

Projektionen in Bordeaux<br />

Nach dem enormen Erfolg der Stätten Carrières<br />

de Lumières in Les Baux-de-Provence (500 000<br />

Besucher pro Jahr) und L‘Atelier des Lumières<br />

in Paris (300 000 Besucher innerhalb von zwei<br />

Monaten nach der kürzlich erfolgten Eröffnung)<br />

wird das auf monumentale immersive<br />

Projektionen von Kunstwerken spezialisierte<br />

Unternehmen Culturespaces eine dritte Stätte in<br />

Frankreich eröffnen: Bassins de Lumières. Dazu<br />

soll ein Teil der ehemaligen Unterwasserbasis<br />

der Stadt genutzt werden. Geplant sind<br />

multimediale Ausstellungen nach dem Vorbild<br />

derer in Paris und Les Baux-de-Provence<br />

(Chagall, Picasso, Klimt, van Gogh) sowie<br />

zusätzlich drei bis vier Ausstellungen pro Jahr,<br />

die sich jeweils aktuellen digitalen Kreationen<br />

widmen<br />

sollen. Die<br />

Eröffnung ist<br />

für Sommer<br />

2020<br />

geplant.<br />

LUXUSWAREN<br />

Vendôme ist in<br />

Der renommierte Lederwarenhersteller Vuitton,<br />

eine Tochtergesellschaft des französischen<br />

Luxuswarenkonzerns Louis Vuitton Moët<br />

Hennessy (LVMH) hat beschlossen, in Vendôme<br />

(Loir-et-Cher) für 1,7 Millionen Euro eine<br />

ehemalige Kaserne mit einer Fläche von<br />

3000 m² zu erwerben. Nach umfangreichen<br />

Renovierungsarbeiten soll dort ein<br />

Konfektionsbetrieb eingerichtet werden, der<br />

am Ende 200 Menschen beschäftigen wird.<br />

Die Stadtverwaltung von Vendôme hat sich<br />

ihrerseits verpflichtet, für die bescheidene<br />

Summe von 10 000 Euro einen Teil der<br />

Rechte für die Marke « Vendôme » abzutreten,<br />

die alle Produkte zieren soll, die mit der<br />

Lederverarbeitung verbunden sind. Auf diese<br />

Weise kann Vuitton mit der Homonymie<br />

zwischen der Stadt Vendôme und der Adresse<br />

der prestigeträchtigsten Pariser Boutique am<br />

Place Vendôme <strong>Nr</strong>. 2 spielen.<br />

SCHNAPPSCHÜSSE<br />

Frankreich noch immer das meistbesuchte Land der<br />

Welt ++ Laut den aktuellsten offiziellen Statistiken hat Frankreich im<br />

Jahr 2017 seinen Platz als das meistbesuchte Land der Welt behauptet.<br />

Mit 86,9 Millionen ausländischen Touristen im französischen Mutterland<br />

(5,1 Millionen mehr als 2016) gab es sogar einen neuen Besucherrekord.<br />

Dieser Sprung nach oben ist nach dem Einbruch im Jahr 2016 vor allem<br />

auf die Rückkehr der europäischen Besucher (+5,6 %) zurückzuführen.<br />

Junge Franzosen lesen mehr als gedacht ++ Laut<br />

einer Studie des Instituts IPSOS im Auftrag des Centre National du Livre<br />

(CNL) lesen junge Französinnen und Franzosen der Altersgruppe 15 –<br />

25 Jahre mehr als angenommen, wobei zwischen den Geschlechtern<br />

ein deutlicher Unterschied besteht. 86 % der befragten Franzosen<br />

haben in den vergangenen 12 Monaten 13 Bücher gelesen, vor allem<br />

in den Kategorien Roman, Fantasy, Science-Fiction und Krimi. Junge<br />

Französinnen lesen nach dieser Befragung im Durchschnitt drei Bücher<br />

mehr pro Jahr.<br />

Dem Flusstourismus geht es sehr gut ++ Mehr als 11<br />

Millionen Passagiere sind 2017 auf französischen Flüssen gereist. 2016<br />

waren es noch weniger als 10 Millionen. Die Kultur des Flusstourismus<br />

scheint vor allem bei ausländischen Touristen (Deutsche, Engländer,<br />

Holländer, Belgier) beliebt zu sein, doch die Veranstalter hoffen, nach<br />

und nach auch mehr französische Kunden zu gewinnen. Dafür setzen sie<br />

besonders auf Angebote für verlängerte Wochenenden. Da beispielsweise<br />

der Canal du Midi im Sommer immer sehr überlaufen ist, soll das Angebot<br />

der Kreuzfahrtanbieter auf andere schiffbare Wasserstraßen und<br />

Saisonen ausgeweitet werden.<br />

A 28: die teuerste Autobahn Frankreichs ++ Der<br />

Autobahnabschnitt der A28 zwischen Rouen (Seine-Maritime) und<br />

Alençon (Orne), im Herzen der Normandie, erhält die Auszeichnung<br />

als teuerste Autobahn! Knapp 0,16 Cents zahlt ein Autofahrer in der<br />

Kategorie 1 für einen Kilometer. Von Bauwerken wie dem Viadukt von<br />

Millau oder dem Prado-Tunnel in Marseille abgesehen, ist dies gemäß<br />

der Zeitschrift Marianne der höchste Preis. Das Phänomen ist fast<br />

unglaublich, denn die Gebühren sind unaufhörlich angestiegen: Zwischen<br />

2005 und <strong>2018</strong> haben sich die Kosten für die 150 Kilometer zwischen<br />

Rouen und Alençon von 11,40 € auf 23,70 € mehr als verdoppelt …<br />

Franzosen und Internet ++ Nach der aktuellsten Umfrage von<br />

OpinionWay zu den Gewohnheiten in Sachen Internet liegt Frankreich<br />

in etwa gleichauf mit seinen Nachbarn: 86 % der Bevölkerung hat<br />

Internetanschluss (Deutschland 89 %, Spanien 84 %). An der Spitze liegt<br />

jedoch Großbritannien, wo 94 % der Menschen ans WWW angeschlossen<br />

sind. Die Franzosen interessieren sich laut Studie mehr für Dinge, die<br />

im Alltag nützlich sind, als für soziale Netzwerke. Jeder fünfte Franzose<br />

surft ausschließlich im Web, nutzt keine Applikationen und meidet alle<br />

sozialen Netzwerke. Diese Menschen lieben vor allem alles, was mit<br />

Mobilität in Zusammenhang steht (Reisen, Teilen von Fahrzeugen …) und<br />

kaufen gerne online ein.<br />

Frankreich Frankreich erleben erleben · <strong>Herbst</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> <strong>2018</strong> · 9 · 9


ON EN PARLE<br />

BRIEFMARKE<br />

Das neue Gesicht der<br />

Marianne enthüllt<br />

Es ist eine Tradition<br />

in Frankreich, das<br />

Gesicht der Republik,<br />

Marianne, das unter anderem<br />

auf vielen gängigen Briefmarken zu<br />

sehen ist, regelmäßig zu überarbeiten. Emmanuel<br />

Macron wollte sie « stark, stolz und entschlossen »<br />

und enthüllte im Juli ihr neues Antlitz. Es ist ein Werk<br />

von YZ (der Künstlername von Yseult Digan), einer an<br />

der Elfenbeinküste (Abidjan) lebenden französischen<br />

Künstlerin, die hauptsächlich durch ihre Street-Art bekannt<br />

wurde.<br />

COMIC<br />

Lucky Luke in Paris<br />

WINDENERGIE<br />

Windräder für die Îles du Ponant<br />

Der französische Senat hat soeben die<br />

Zustimmung für die Errichtung von<br />

Windrädern in bestimmten Gebieten gegeben,<br />

die bis dato durch Stromerzeugungsaggregate<br />

auf Heizölbasis versorgt wurden. Dazu<br />

gehören beispielsweise die Îles du Ponant, vor<br />

allem Ouessant und Sein, im Departement<br />

Finistère.<br />

Für sein 80. Abenteuer<br />

reist der berühmte<br />

Cowboy und Comic-<br />

Held in die französische<br />

Hauptstadt! In dem<br />

neuen Album, das<br />

Anfang November <strong>2018</strong><br />

erscheinen wird, hat das<br />

Texter-Zeichner-Duo Jul<br />

und Achdé beschlossen,<br />

dass ihr Held die<br />

gewohnten Ebenen<br />

des Wilden Westens<br />

gegen die Straßen der<br />

französischen Hauptstadt tauschen wird. Eine Premiere für<br />

diese Figur, die den amerikanischen Kontinent noch niemals<br />

verlassen hat! Quellen, die den Band bereits gesehen haben,<br />

lassen verlauten, dass Lucky Luke sogar dem Schöpfer<br />

der Freiheitsstatue, Auguste Bartholdi, begegnet und dass<br />

das berühmte Pferd, Jolly Jumper, in Frankreich aufgrund<br />

der Aussprache Joli Jean-Pierre gerufen wird … Das kann<br />

spannend werden!<br />

10 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


GLÜCKSPIEL<br />

18 auserwählte Denkmäler<br />

Von den 270 « gefährdeten Monumenten », die in Frankreich erfasst sind,<br />

wurden nun vom französischen Kulturministerium 18 ausgewählt, die<br />

in den Genuss von Zuwendungen aus dem neu geschaffenen Loto du<br />

patrimoine kommen werden. Sie sind auf den Rubbellosen abgebildet,<br />

die für 15 € in Frankreich verkauft werden; die Spieler können dabei<br />

bis zu 1,5 Millionen Euro gewinnen. Ein Teil der Einnahmen – die sich<br />

schätzungsweise auf 15 bis 20 Millionen Euro belaufen werden – wird zur<br />

Finanzierung von Arbeiten zur Rettung und Restaurierung der ausgewählten Denkmäler<br />

verwendet. Zu diesen Monumenten zählen: das Haus von Pierre Loti in Rochefort-sur-Mer<br />

(Charente-Maritime), das Fort Cigogne auf den Glénan-Inseln (Finistère), die Rotonde Montabon<br />

(Sarthe) und das Haus von Aimé Césaire in Fort-de-France (Martinique).<br />

PARISER FLUGHÄFEN<br />

Zwei neue Sterneköche<br />

Auf dem Flughafen Paris-Charlesde-Gaulle<br />

(Roissy) gibt es zwei neue<br />

Sternerestaurants. Das Restaurant<br />

Le Teppan befindet sich am Terminal 1<br />

(im öffentlichen Bereich der Ebene 2).<br />

Thierry Marx bietet darin ein<br />

sogenanntes « Fast-Casual-Angebot »<br />

aus hochwertigen, frischen, regionalen<br />

Produkten mit « originellen Gewürzen »<br />

(Käse- oder Wurstplatte ab 14 €,<br />

Gerichte ab 19 €, Menüs ab 24 €). Am<br />

Terminal 2F bietet Guy Martin in seinem<br />

Restaurant French Taste seinerseits eine<br />

moderne Bistronomieküche (Gerichte<br />

ab 19,50 €, Vorspeise/Hauptgang oder<br />

Hauptgang/Dessert ab 27 €, Vorspeise/<br />

Hauptgang/Dessert ab 34 €).<br />

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KRIEG AN DER SPITZE (FORTSETZUNG)<br />

Mehrere Sternköche im Eiffelturm? Ja!<br />

Der « Krieg der Sterneköche », den wir Ihnen<br />

in unserer letzten Nummer angekündigt<br />

haben, wurde soeben entschieden:<br />

Gewonnen hat das vom Unternehmen<br />

Sodexo vorgeschlagene Küchenchefduo<br />

Frédéric Anton und Thierry Marx. Sie wurden<br />

ausgewählt, um alle Restaurationsbetriebe<br />

des Eiffelturms (Feinschmeckerrestaurant<br />

Jules Verne, Brasserie 58 Tour Eiffel sowie die<br />

Selbstbedienungsrestaurants) zu leiten. Der seit<br />

2008 dort vertretene Alain Ducasse und der<br />

Konzern Elior müssen also das Feld räumen. Die<br />

Konzession beginnt im September 2019 für<br />

die Dauer von 10 Jahren.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 11


KULTURPROGRAMM<br />

Auf keinen Fall verpassen<br />

Picasso. Chefs d’œuvre!<br />

Nach der überaus erfolgreichen Ausstellung « Guernica » setzt das Pariser<br />

Picasso-Museum im <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> die Würdigung von Pablo Picassos Meisterwerken<br />

fort. In dieser bedeutenden Ausstellung versammelt es Werke des<br />

Meisters aus der ganzen Welt, von denen einige zum ersten Mal in Paris<br />

gezeigt werden. Dabei wird auf ganz neuartige und zugegebenermaßen<br />

mutige Weise hinterfragt, was der Begriff « Meisterwerk » eigentlich für<br />

Picasso selbst bedeutete. Über dieses umfassende Thema könnte man erschöpfend<br />

diskutieren, zumal die ideale Schönheit, das absolute Meisterwerk,<br />

für jeden Künstler eine eigene Bedeutung hat beziehungsweise sogar eine<br />

sehr persönliche und subjektive Suche auslösen kann. Eine seltene Gelegenheit,<br />

einige der größten Werke Picassos aus der Nähe zu betrachten.<br />

Paris, Musée Picasso, 4. September <strong>2018</strong> bis 13. Januar 2019.<br />

www.museepicassoparis.fr<br />

20 Jahre Regards de Provence<br />

Liebe<br />

Das Musée du Louvre-Lens, das mittlerweile zu den<br />

bedeutendsten Museen Frankreichs zählt, macht in<br />

diesem <strong>Herbst</strong> mit einer wichtigen Ausstellung von<br />

sich reden, die einem universellen Gefühl gewidmet<br />

ist: der Liebe. Alle Epochen, vom Sündenfall bis hin<br />

zur Suche nach Freiheit Ende des 20. Jahrhunderts,<br />

wurden dahingehend untersucht, wie sie nach und<br />

nach die Frau, die Liebe, die Lust und das Gefühl<br />

rehabilitiert haben, um schließlich mit der Erfindung<br />

der « freien Liebe » zu enden. Anhand der rund<br />

250 präsentierten Werke (Fragonard, Delacroix,<br />

Rodin, Claudel, Niki de Saint-Phalle …) kann<br />

man die unglaubliche<br />

Geschichte von Liebe<br />

und Liebschaften<br />

nachvollziehen.<br />

Lens, Musée du<br />

Louvre-Lens, 26.<br />

September <strong>2018</strong> bis<br />

21. Januar 2019.<br />

www.louvrelens.fr<br />

Die Stiftung<br />

Regards de<br />

Provence wurde<br />

vor 20 Jahren<br />

von einem<br />

Sammler- und<br />

Mäzenenpaar<br />

aus Marseille<br />

gegründet. Seitdem<br />

setzt sie sich<br />

aktiv dafür ein,<br />

das künstlerische, kulturelle und musikalische Erbe<br />

der Provence im Allgemeinen und von Marseille im<br />

Besonderen, vom 18. Jahrhundert bis heute, zu sammeln,<br />

aufzuwerten und der Öffentlichkeit zugänglich<br />

zu machen. Anlässlich dieses runden Geburtstags<br />

zeigt sie eine Retrospektive auf 20 Ausstellungen,<br />

die an so symbolträchtigen Orten der Stadt wie dem<br />

Château Borély, dem Palais des Arts und dem Musée<br />

Regards de Provence selbst stattfanden und die Geschichte<br />

der Stiftung prägten. Mit den mehr als 338<br />

in den Sammlungen referenzierten Künstlern kann<br />

man dabei sicher sein, in dieser Ausstellung einen<br />

interessanten « Blick auf die Provence » zu werfen!<br />

Marseille, Musée Regards de Provence,<br />

bis 17. Februar 2019.<br />

www.museeregardsdeprovence.com<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Außerdem lohnenswert<br />

Karikaturen:<br />

Hugo à la une<br />

Die Verantwortlichen des<br />

schönen Pariser Museums<br />

Maison Victor Hugo am<br />

Place des Vosges hatten<br />

die geniale Idee, mit einer<br />

Ausstellung aufzuzeigen,<br />

wie Karikaturisten den<br />

berühmten französischen<br />

Schriftsteller sahen. Hugo<br />

war zeitlebens politisch sehr<br />

engagiert und wurde daher<br />

regelmäßig gezeichnet, mal<br />

zärtlich, mal unbarmherzig<br />

… Eine unerwartete und oft<br />

lehrreiche Sicht auf Victor<br />

Hugo!<br />

Paris, Maison de Victor Hugo,<br />

13. September <strong>2018</strong> bis 6. Januar 2019.<br />

www.maisonsvictorhugo.paris.fr<br />

Camille und<br />

Paul Claudel<br />

Die erste<br />

Sonderausstellung<br />

des im Jahr 2017<br />

eingeweihten Musée<br />

Camille Claudel ist<br />

die bisher einzige, die<br />

sich ausschließlich<br />

der französischen<br />

Malerin und Künstlerin<br />

widmet, die sowohl<br />

Mitarbeiterin als auch<br />

Geliebte und Muse des<br />

Bildhauers Auguste<br />

Rodin war. Die Ausstellung zeigt auf sehr aufschlussreiche Weise,<br />

welche Beziehung Camille zu ihrem Bruder, dem Dichter und<br />

Schriftsteller Paul Claudel hatte.<br />

Nogent-sur-Seine, Musée Camille Claudel,<br />

29. September <strong>2018</strong> bis 13. Januar 2019.<br />

www.museecamilleclaudel.fr<br />

Planche(s) Contact<br />

Das 2010 in Deauville gegründete Festival Planche(s) Contact<br />

zählt mittlerweile zu den tonangebenden Fotofestivals in<br />

Frankreich. Seine Besonderheit: Gezeigt werden die Arbeiten<br />

von Fotografen,<br />

die in die Stadt<br />

eingeladen<br />

wurden, um hier<br />

ihr fotografisches<br />

Universum mit<br />

dem der Stadt<br />

zu verbinden.<br />

Die Werke<br />

stammen sowohl<br />

von bekannten<br />

Fotografen als auch<br />

von jungen Talenten<br />

und werfen einen oft<br />

unkonventionellen<br />

und interessanten<br />

Blick auf Deauville. Eine nicht alltägliche Art, die Stadt zu<br />

entdecken – oder wiederzuentdecken.<br />

Deauville, 20. Oktober bis 25. November <strong>2018</strong><br />

www.indeauville.fr<br />

ST-ART<br />

Strasbourg<br />

<strong>2018</strong><br />

Die unseres<br />

Erachtens<br />

seit Jahren<br />

bedeutendste<br />

Messe für<br />

zeitgenössische<br />

Kunst in Frankreich<br />

hat zu ihrer 23. Auflage erneut einen anspruchsvollen<br />

Ehrengast eingeladen: das Museu Picasso in Barcelona. Die<br />

innovative Idee, im Rahmen einer Messe ein richtiges Museum<br />

zu schaffen, ist für die Organisatoren eine echte technische<br />

Herausforderung. Ein Grund mehr, während dieser drei Tage<br />

Straßburg zu besuchen.<br />

Straßburg, Parc des expositions, 16. bis 18. November <strong>2018</strong>.<br />

www.st-art.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 13


ON LIT<br />

NATUR/WOHLBEFINDEN<br />

Lavendel unter einem neuen Blickwinkel<br />

Dieses Buch ist eine wunderschöne Entdeckung! Man könnte<br />

meinen, über Lavendel sei schon alles geschrieben worden – mit<br />

mehr oder weniger großem Talent und wirtschaftlichem Erfolg.<br />

Dass dem nicht so ist, zeigen die Biologin und Heilpraktikerin<br />

Elke Puchtler und der Darmstädter Pala-Verlag (dessen Slogan<br />

« Bücher für ein gutes Leben » alleine bereits vielversprechend ist),<br />

denn das vor Kurzem erschienene Buch behandelt das Thema<br />

packend und auf nicht alltägliche Art. Anstatt einmal mehr<br />

die « ewige Schönheit » oder den unvermeidlich « betörenden<br />

Duft » eines Lavendelfeldes zu beschreiben, geht dieses Werk<br />

ganz neue, bisher noch nicht ausgetretene Pfade und nimmt<br />

uns beispielsweise in einem Kapitel mit auf die « Spuren der<br />

violetten Blume quer durch Deutschland ». Man erfährt darin<br />

nicht nur, dass sich Lavendel auch in Deutschland wohlfühlt,<br />

sondern dass er laut der<br />

Autorin dort zudem eine<br />

vielversprechende Zukunft<br />

vor sich hat. Beispiele<br />

wie der Buckelapotheker<br />

und Olitätenhändler aus<br />

Thüringen, die Bamberger<br />

Kräutergärtnerei<br />

Mussärol, die Gärtnerei<br />

Rose aus Erfurt, Aries<br />

Umweltprodukte aus Stapel<br />

oder die Detmolder Natur Duft Manufaktur Taoasis belegen<br />

dies treffend. Ein nützliches Buch, das frischen Wind in die<br />

eingefahrenen Ansichten über Lavendel bringt!<br />

Elke Puchtler: Lavendelschätze – Von Pflanzen, Düften und Menschen: Gartenpraxis, Heilkraft, Entspannung, Rezepte • Pala Verlag, 192 Seiten • ISBN: 978-3895663772.<br />

GESCHICHTE<br />

Sanary-sur-Mer: Exil für deutsche<br />

und österreichische Intellektuelle<br />

Ein Fischerdorf bei Toulon war einst « Hauptstadt<br />

der deutschen Literatur ». So jedenfalls sah es<br />

Ludwig Marcuse. Nach Hitlers Machtergreifung<br />

flohen zahlreiche deutsche Literaten an die Côte<br />

d’Azur. Ernst Toller und Bertolt Brecht trafen sich<br />

in Sanary-sur-Mer am Hafen, Lion Feuchtwanger<br />

besaß dort ein Haus am Meer, Thomas Mann und seine Frau besuchten<br />

dort die Kirmes. Doch das Exil unter Palmen wurde bald zur Falle, denn<br />

bei Kriegsbeginn erklärte Frankreich die Deutschen zu feindlichen<br />

Ausländern. Wer nicht rechtzeitig nach Übersee emigrieren konnte,<br />

wurde interniert, deportiert und ermordet. Magali Nieradka-Steiner<br />

arbeitet an den Universitäten von Heidelberg und Mannheim und<br />

kennt die Côte d’Azur sehr gut, da sie einige Jahre dort lebte. Ihr Buch<br />

hilft uns, das Schicksal der rund 50 deutschen und österreichischen<br />

Intellektuellen besser zu verstehen, die zwischen 1933 und 1942 nach<br />

Sanary-sur-Mer ins Exil flüchteten. Die Autorin hatte Zugang zu bisher<br />

nicht bekannten Dokumenten und konnte mit den letzten Zeitzeugen<br />

sprechen. Entstanden ist eine ausgesprochen gut dokumentierte Arbeit,<br />

die dazu beiträgt, diese oft unbekannte Seite der deutsch-französischen<br />

Geschichte zu verbreiten und im Gedächtnis zu bewahren.<br />

Magali Nieradka-Steiner: Exil unter Palmen – Deutsche Emigranten in<br />

Sanary-sur-Mer • Theiss Verlag, 272 Seiten • ISBN: 978-3806236569.<br />

COMIC<br />

Gérard Depardieu: der Erfolgscomic<br />

in deutscher Sprache<br />

In der Ausgabe <strong>Nr</strong>. 63 von Frankreich erleben stellten<br />

wir Ihnen den exzellenten Comic von Mathieu Sapin<br />

vor, der fünf Jahre an der Seite von Gérard Depardieu<br />

verbracht hatte. Das Album war in Frankreich ein<br />

riesiger Erfolg. Sapin ist es darin gelungen, den Star<br />

in seiner ganzen Komplexität zu erfassen, ohne<br />

ihn zu verherrlichen oder dunkle Stellen seiner<br />

Persönlichkeit unter den Tisch fallen zu lassen. Man<br />

entdeckt einen zutiefst menschlichen Depardieu<br />

mit allen seinen Stärken und Schwächen. Ein großer<br />

französischer Schauspieler, der sich vielseitiger<br />

erweist, als er oft dargestellt wird. Die gute Nachricht:<br />

Der Comic wurde nun auf<br />

Deutsch übersetzt!<br />

Mathieu Sapin: Gérard,<br />

fünf Jahre am Rockzipfel von<br />

Depardieu (Originaltitel: Gérard,<br />

cinq années dans les pattes de<br />

Depardieu) • Reprodukt-Verlag, 160<br />

Seiten• ISBN: 978-3956401435.<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


ROMAN<br />

ROMAN<br />

Porträt einer anderen Kindheit<br />

Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter<br />

Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène,<br />

besorgniserregende Veränderungen an ihm<br />

festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern<br />

sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt.<br />

Der Junge funktioniert und kümmert sich um die<br />

unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. In<br />

deren Augen ist also so weit alles gut. Doch Théo trinkt<br />

heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der<br />

Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Denn wer<br />

sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es<br />

tun, doch wie soll das gehen, ohne dass er die Eltern<br />

verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu<br />

gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, aber<br />

Théo ist sein einziger Freund. Und einen Freund verrät<br />

man nicht. Außerdem würde er damit auch seinem<br />

großen Bruder in den Rücken fallen, denn der besorgt<br />

den Alkohol für die Minderjährigen. Und er ist es auch,<br />

der das gefährliche Spiel<br />

in dem schneebedeckten<br />

Park vorschlägt, bei dem<br />

Théo bewusst den eigenen<br />

Tod in Kauf nimmt. Dieses<br />

vor einigen Monaten in<br />

Frankreich erschienene Buch<br />

von Delphine de Vigan, die<br />

unter anderem 2015 in Paris<br />

mit dem renommierten Prix<br />

Renaudot ausgezeichnet<br />

wurde, ist im Hexagon sehr<br />

erfolgreich. Mit viel Sinn für<br />

die Realität, aber auch mit viel<br />

Sensibilität, lässt sie uns in die<br />

Welt voller Widersprüche und Gewalt einer in Trennung<br />

befindlichen Familie eintauchen. Vor allem aber in die<br />

oft heimtückisch lauernden Folgen dieser Trennung für<br />

das Kind, dessen Lehrerin versucht, es zu retten. Ein oft<br />

erschütternder Roman, der die Realität der heutigen<br />

französischen Gesellschaft widerspiegelt. Er ist daher<br />

mehr als nur ein Roman, nämlich ein lebensnahes<br />

Porträt eines Teils des heutigen Frankreichs.<br />

Die mutige und radikale<br />

Stimme einer Generation<br />

Am 13. November 2015 gerät die Welt der fünfundzwanzigjährigen<br />

Ava völlig aus den Fugen. Nach<br />

dem Anschlag auf den Pariser<br />

Konzertsaal Bataclan macht sich<br />

eine wuchernde Furcht in Ava breit,<br />

und sie kann nicht anders, als sich<br />

permanent mit den Bildern des<br />

Schreckens zu beschäftigen. Immer<br />

wieder betrachtet sie Fotografien<br />

der Opfer, lernt Wikipedia-Einträge<br />

terroristischer Attentate auswendig<br />

und sieht sich Gewaltvideos auf<br />

YouTube an. Als sie auch noch<br />

ihren Job im Apple-Store verliert,<br />

streift sie ziellos durch die Straßen<br />

der Stadt. Wie ein Katalysator<br />

der Realität absorbiert Ava alles,<br />

was sie sieht, um der immer<br />

absurder scheinenden Welt einen<br />

kleinen Funken Sinnhaftigkeit<br />

abzugewinnen. 2014 publizierte die<br />

damals erst 23 Jahre alte Autorin, die Philosophiestudentin Frederika<br />

Amalia Finkelstein, ihren ersten Roman L‘oubli, der viel von sich reden<br />

machte (allerdings nicht auf Deutsch übersetzt wurde). Geradeheraus<br />

und mit direkten Worten erzählt sie darin aus der Sicht einer jungen<br />

Frau die sehr schmerzliche und persönliche Geschichte des Großvaters,<br />

der der Shoa entkam. Dieses Buch rief viele Reaktionen hervor, sorgte<br />

in gewisser Weise durch seine Radikalität sogar für einen Schock in der<br />

französischen Gesellschaft, die daran erinnert wurde, dass die junge<br />

Generation Frankreichs das Recht dazu hat und durchaus in der Lage<br />

ist, sich zu gesellschaftlichen Fragen zu äußern, auch wenn diese die<br />

Vergangenheit betreffen. In diesem 2017 veröffentlichten, zweiten<br />

Roman, setzt die Autorin ihre unbarmherzige Auseinandersetzung<br />

mit der derzeitigen französischen Gesellschaft fort. Fast wie in Form<br />

eines Tagebuches entdeckt der Leser die Ängste einer jungen Frau, die<br />

urplötzlich mit dem Grauen unserer Zeit, mit entsetzlichen Attentaten<br />

konfrontiert wird. Er entdeckt ihre Enttäuschung, als sie in einem so<br />

jungen Alter konstatieren muss, dass Frieden vielleicht gar nicht mehr<br />

möglich ist, gleichzeitig aber auch ihre fast unglaubliche Fähigkeit,<br />

schließlich doch zu der Überzeugung zu gelangen, dass es noch<br />

Hoffnung auf eine bessere Welt gibt. Am Ende kommt man zu der<br />

Erkenntnis: Es gibt noch eine junge Generation, die stark genug ist, an<br />

einen « dauerhaften und ansteckenden Optimismus » zu glauben.<br />

Delphine de Vigan: Loyalitäten (Originaltitel: Les<br />

loyautés) • DuMont Buchverlag, 180 Seiten • ISBN 978-<br />

3832183592. Erscheint am 17. September <strong>2018</strong>.<br />

Frederika Amalia Finkelstein: Die Getriebenen (Originaltitel: Survivre) • Suhrkamp<br />

Verlag, 148 Seiten • ISBN: 978-35184<strong>68</strong>951. Erscheint am 5. September <strong>2018</strong>.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 15


ON LIT EN FRANCE<br />

Sage mir, was du liest,<br />

und ich sage dir, wer du bist …<br />

Unsere Auswahl an Büchern, über die man zurzeit in Frankreich spricht<br />

IL SAVAIT QUE JE GARDAIS<br />

TOUT<br />

Anne Pingeot, Unterhaltungen mit Jean-<br />

Noël Jeanneney, Gallimard / France Culture,<br />

120 Seiten, ISBN 978-2072781766.<br />

LES LEÇONS DU POUVOIR<br />

François Hollande, Stock, 412 Seiten, ISBN 978-2234084971.<br />

Es war eines der bestgehüteten<br />

Geheimnisse der Französischen<br />

Republik: 32 Jahre lang führte der<br />

ehemalige französische Staatspräsident<br />

François Mitterrand (1916-1996)<br />

ein Doppelleben, in dem er seine Zeit<br />

zwischen zwei Frauen teilte: seiner offiziellen<br />

Ehefrau Danielle Mitterrand<br />

und der anderen großen Liebe seines<br />

Lebens, Anne Pingeot, die ihm 1974<br />

eine Tochter namens Mazarine schenkte.<br />

Erst als die Franzosen die drei Frauen bei der Beerdigung<br />

von François Mitterrand im Jahr 1996 Hand in Hand vor<br />

dem Sarg des Leichnams stehen sahen, erfuhren sie von<br />

dieser Beziehung. 2016, anlässlich seines 20. Todestages,<br />

erschienen in Frankreich zwei von François Mitterrand<br />

selbst verfasste Werke: Lettres à Anne (1962-1995) und<br />

Journal pour Anne (1964-1970). Beide Bücher waren sehr<br />

erfolgreich, vor allem jedoch das erste, das 1218 Liebesbriefe<br />

von François Mitterrand an Anne Pingeot enthält.<br />

Der Radiosender France Culture nahm diese Veröffentlichungen<br />

zum Anlass, fünf Gespräche zwischen Anne<br />

Pingeot und dem aktuellen Präsidenten der Bibliothèque<br />

nationale de France, Jean-Noël Jeanneney, zu senden. Das<br />

Buch Il savait que je gardais tout ist die wortgetreue Niederschrift<br />

dieser Unterhaltungen. Weit entfernt von jeglichem<br />

Voyeurismus entdeckt man darin die Erinnerungen<br />

einer liebenden Frau mit einem außergewöhnlichen<br />

Schicksal. Anne Pingeot spricht in diesen fesselnden Gesprächen<br />

mit Anstand, aber ohne Tabu über ihre erstaunliche<br />

Beziehung zum damaligen Staatspräsidenten. Es ist<br />

die Geschichte eines Paares im Schatten und gleichzeitig<br />

das Porträt einer äußerst freien Frau, der eine beispielhafte<br />

berufliche Laufbahn gelang und die trotzdem ihre eigene<br />

Privatsphäre und die ihrer Tochter schützen konnte.<br />

Ehemalige Präsidenten der französischen<br />

Republik schreiben nach ihrer Amtszeit<br />

oft Bücher, in denen sie meist den unangenehmen<br />

Eindruck hinterlassen, eher die<br />

Maßnahmen der Vergangenheit rechtfertigen,<br />

als Lehren daraus ziehen zu wollen. François<br />

Hollande, der den Élysée-Palast im Mai 2017<br />

verließ, gelingt es jedoch mit diesem Buch,<br />

scharfsichtig und ohne Nachsicht auf seine<br />

Amtsperiode zurückzublicken. Man ist eher<br />

auf ein mittelmäßiges Werk eingestellt, entdeckt<br />

aber ein sehr persönliches, lebendiges<br />

und interessantes Buch. Die Franzosen sind<br />

dafür im Übrigen<br />

offensichtlich<br />

empfänglich:<br />

Seit dem<br />

Erscheinen<br />

verkauft es sich<br />

außerordentlich<br />

gut, was<br />

für ein politisches<br />

Buch<br />

in Frankreich<br />

eher selten ist.<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


277492_Schmitz_Anzeige_1 19.06.<strong>2018</strong> 16:19<br />

REVIENS<br />

Samuel Benchetrit, Grasset, 252 Seiten, ISBN 978-2246784029.<br />

Der Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur<br />

Samuel Benchetrit hat unter anderem das Buch Chien<br />

veröffentlicht, das sich durch eine überschäumende<br />

Vorstellungskraft auszeichnet und das er selbst als<br />

Kinofilm umsetzte. In seinem aktuellen Roman<br />

hat er nichts von seiner Fähigkeit verloren, einen<br />

zugleich ernsten, lustigen und bewegenden Blick<br />

auf die unterschiedlichsten Lebenssituationen zu<br />

werfen. Seine Hauptperson, ebenfalls Schriftsteller,<br />

ist plötzlich allein, da der geliebte Sohn zu einer<br />

Weltreise aufgebrochen ist. Auf einmal fehlt ihm jede Inspiration. « Literatur,<br />

komm zurück! Inspiration, komm zurück! Sohn, komm zurück! »,<br />

scheint er zu rufen … Dann stellt eine Begegnung in einem Altersheim<br />

sein Leben erneut auf den Kopf. Dieses Buch gehört zu den meisterwarteten<br />

des traditionellen Auftakts der Literatursaison im September.<br />

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Ulrich Robin<br />

Das Vermächtnis<br />

oder<br />

Von Lilien lernen<br />

LE LAMBEAU<br />

Philippe Lançon, Gallimard, 512 Seiten, ISBN 978-2072<strong>68</strong>9079.<br />

Am 7. Januar 2015 begibt sich der Journalist Philippe Lançon nach<br />

Paris zur Redaktionssitzung des kleinen Magazins, dem die Mittel fehlen<br />

und für das er gemeinsam mit anderen sorglosen und freiheitsliebenden<br />

Freunden arbeitet. Während der Besprechung dringen zwei schwarz<br />

gekleidete, vermummte und schwer bewaffnete Männer in den Raum<br />

ein und schießen auf alles, was sich bewegt. Philippe Lançon sieht einen<br />

Freund nach dem anderen zu Boden sinken. Ihm selbst wird durch die<br />

Schüsse der Kiefer weggerissen. Es ist das Attentat auf Charlie Hebdo.<br />

Wie durch ein Wunder überlebt Philippe Lançon. Er wird ins Krankenhaus<br />

transportiert und muss zwischen Januar und November 2015 17<br />

Operationen über sich ergehen lassen. Sein Buch Le lambeau, das genau<br />

von dieser Zeit handelt, ist ein sehr aufrichtiges, bedrückendes und gelungenes<br />

Werk. Ohne Mitleid zeichnet es den Weg eines Mannes nach,<br />

dessen Leben ganz plötzlich auf den Kopf gestellt wird und der es seitdem<br />

allmählich wieder neu aufbaut. Gleichzeitig ist dies eine aufrüttelnde<br />

Hommage an das Personal des Krankenhauses.<br />

Dem Autor, der niemals Wut oder<br />

Rachegedanken aufkommen lässt, ist es<br />

gelungen, sowohl die breite Öffentlichkeit<br />

als auch die Literaturkritiker anzusprechen.<br />

Sein Buch, eines der erfolgreichsten<br />

Werke der französischen Literaturszene<br />

der letzten Monate, zeugt von einer<br />

beispielhaften Sensibilität und Menschlichkeit.<br />

Hat man es gelesen, ist man<br />

zweifellos aufgewühlt, aber auch stärker,<br />

denn obwohl man den Schmerz und die<br />

Angst des Autors spürt, ist dies keine deprimierende<br />

Erzählung. Ganz im Gegenteil:<br />

Es ist eine tolle Lektion fürs Leben!<br />

„Das Vermächtnis oder Von Lilien lernen“<br />

ist ein vielschichtiger Roman<br />

über die Wunden der Nachkriegszeit,<br />

über Schuld, über den Beginn des<br />

Massentourismus und der Eventkultur<br />

und die deutsch-französischen Beziehungen.<br />

Im Mittelpunkt des Geschehens:<br />

Alman, deutscher Aussteiger in<br />

Chartres und Françoise, seine Geliebte.<br />

Der Autor erzählt mit souveräner<br />

Sprachkraft und feinem, untergründigem<br />

Witz die Ge schichte eines Fremden<br />

und Außen seiters, und seiner<br />

Beziehungsprobleme. Eingebettet in<br />

die Beschreibungen französischer Lebensart,<br />

des Geschehens in und um<br />

Chartres und eines, wenn auch nur virtuellen<br />

Ausflugs in die nahe gelegene<br />

französische Metropole. Auf subtile<br />

Weise verflicht er Gegenwart und Vergangenheit.<br />

Sie treffen sich schließlich<br />

auf überraschende Weise im Symbol<br />

der Lilie.<br />

Ulrich Robin<br />

Das Vermächtnis<br />

oder<br />

Von Lilien lernen<br />

1. Auflage 2017<br />

Taschenbuch, 251 Seiten<br />

ISBN: 978-3-86460-695-3<br />

14,90 EUR<br />

www.book-on-demand.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 17


ON LIT EN FRANCE<br />

Rentrée littéraire <strong>2018</strong><br />

DER AUFTAKT DER LITERATURSAISON IN ZAHLEN<br />

Der diesjährige Auftakt der Literatursaison kündigt sich mit 567 Neuerscheinungen<br />

gegenüber dem Vorjahr (581 Neuerscheinungen) als etwas<br />

zurückhaltender an. Die Anzahl der ausländischen Romane ist leicht rückläufig<br />

(186 gegenüber 191 im Vorjahr), die Anzahl der Erstlingswerke ist mit<br />

94 allerdings deutlich gestiegen und so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr.<br />

Dazu muss man wissen, dass sich das Vertrauen der Verleger in die Petits nouveaux<br />

in den letzten Monaten ausgezahlt hat, denn Leïla Slimani, Gaël Faye<br />

und David Lopez führten mit ihren Werken lange die Bestsellerlisten an …<br />

Wie immer gibt es einige Werke, die von Literaturfreunden<br />

mit besonderer Spannung erwartet werden. Dazu gehören:<br />

LES PRÉNOMS ÉPICÈNES<br />

(Albin Michel) von Amélie Nothomb,<br />

eine Vater-Tochter-Beziehung, bei der es um<br />

Vornamen geht, die sowohl von Frauen als<br />

auch von Männern getragen werden können.<br />

JACQUES À LA GUERRE<br />

(Plon) von Philippe Torreton, ein Erstlingswerk,<br />

das der Autor seinem Vater widmet.<br />

UN TOURNANT DE LA VIE<br />

(Flammarion) von Christine Angot,<br />

in dem es um Liebe geht.<br />

KHALIL<br />

(Julliard) von dem algerischen Schriftsteller<br />

Yasmina Khadra, in dem er die wahre<br />

Geschichte eines jungen Marokkaners hinterfragt,<br />

der in Belgien in die Fänge eines<br />

dschihadistischen Netzwerks gerät und 2015<br />

ein – glücklicherweise misslungenes – Attentat<br />

in der Region von Paris begeht.<br />

18 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


À SON IMAGE<br />

Jérôme Ferrari, Actes Sud, 224 Seiten, ISBN 978-2330109448.<br />

Jérôme Ferrari, lebt auf Korsika, unterrichtet<br />

dort Philosophie und hat bereits mehrere Romane<br />

geschrieben. In seinem neusten Werk spricht<br />

er ein Thema an, das ihm am Herzen liegt: die<br />

Macht der Fotografie im Alltag. Dafür hat er<br />

sich eine Art originelles « Requiem » ausgedacht:<br />

den Trauergottesdienst, den ein bekannter<br />

korsischer Priester für seine verstorbene Nichte<br />

und gleichzeitig sein Patenkind, Antonia, hält.<br />

Die Fotografin, die bei einem Autounfall auf<br />

Korsika ums Leben kam, widmete ihr Leben<br />

den Bildern: von unerträglichen Kriegsbildern<br />

bis hin zu nichtssagenden<br />

Hochzeitsfotos.<br />

Voller<br />

beißender Ironie<br />

schöpft der Autor<br />

seine Inspiration<br />

aus der Île de la<br />

Beauté und hilft<br />

dem Leser letzten<br />

Endes dabei,<br />

diese besser kennenzulernen<br />

…<br />

LE VOYAGE À WANNSEE<br />

Patrick Fort, Gallimard, 164 Seiten,<br />

ISBN 978-2072766176.<br />

In seinem zweiten Roman<br />

interessiert sich Patrick Fort für<br />

Deutschland und eine der symbolträchtigsten<br />

Figuren der deutschen<br />

Romantik: Heinrich von<br />

Kleist. Es geht um die 25 letzten<br />

Stunden im Leben des Dichters<br />

und seiner Geliebten, Henriette<br />

Vogel. Patrick Fort erzählt, wie das Paar am 21. November<br />

1811 am Ufer des Wannsees gemeinsam Selbstmord<br />

beging. Und vor allem, wie Kleist seinen engen Freund<br />

Ernst Friedrich Peguilhen zum Testamentsvollstrecker<br />

bestimmte. Mit einer Balance zwischen historischen Fakten<br />

und Fiktion gelingt es Patrick Fort diese Begebenheit<br />

in eine universelle und zeitlose Geschichte von Freiheit,<br />

Liebe und Freundschaft zu verwandeln, durch die sich<br />

die Franzosen angesprochen fühlten. Gleichzeitig ist das<br />

Buch eine schöne Hommage an die deutsche Romantik.<br />

An dieser Stelle sei noch ein Hinweis auf ein zufälliges<br />

Zusammentreffen einer Zeit im Leben Heinrichs<br />

von Kleist und dieser Ausgabe von Frankreich erleben<br />

gestattet: Kleist befand sich nämlich eine Zeit lang<br />

im Fort de Joux in Gefangenschaft, ganz unweit der<br />

Zelle, in der auch Toussaint Louverture bis zu seinem<br />

Tod untergebracht war (siehe Seite 48: « Ostfrankreich<br />

– Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei »).<br />

Französisch lernen mit dem Original<br />

Für noch mehr<br />

Frankreichgefühl:<br />

die Themenhefte Paris<br />

und À table.<br />

En français bien sûr, mit<br />

deutschen Vokabeln.<br />

www.sprachzeitungen.de


ON ÉCOUTE<br />

FILMMUSIK/MUSICAL/OPERETTE<br />

Isabelle Georges und Jeff<br />

Cohen: Vienne-Paris-Hollywood<br />

Das Schicksal hängt manchmal vom Zufall ab: Die französische Sängerin<br />

Isabelle Georges und der amerikanische Pianist Jeff Cohen kannten sich<br />

nicht, bis Isabelle Georges eines Tages bei der Liveaufnahme eines Konzertes<br />

kurzfristig für eine deutsche Sängerin einspringen musste. Aus diesem Zufall<br />

entstand eine spontane künstlerische Verbundenheit zwischen den beiden<br />

Musikern und in der Folge das Album Vienne-Paris-Hollywood. Es bewegt sich an der Schnittstelle von Geschichte<br />

und künstlerischem Schaffen und erweist auf intelligente Art sowohl Komponisten als auch Interpreten die<br />

Ehre, die vor der Grausamkeit des Naziregimes flohen und in der Musik die Kraft fanden, sich anderswo ein<br />

neues Leben aufzubauen. Dazu zählen Nobert Glanzberg (der beispielsweise die Musik des Chansons Padam<br />

Padam komponierte, das Edith Piaf 1951 interpretierte), Kurt Weill (bekannt unter anderem als Komponist der<br />

Dreigroschenoper), Erich Wolfgang Korngold (der in New York zu einem der bekanntesten Filmmusikkomponisten<br />

avancierte) oder auch Marlene Dietrich. Voller Humor und Lebensfreude bewegt sich diese CD gekonnt zwischen<br />

Operette, Musical und Filmmusik. Sie zeugt auf beruhigende Weise davon, dass die künstlerische Kreation<br />

manchmal eine Kraft verschafft, die stärker ist, als alles andere. Hervorzuheben ist auch das ausgezeichnet<br />

gemachte Begleitheft, das der CD beiliegt und in Französisch, Englisch und Deutsch verfasst ist.<br />

SOUL/POP/ELECTRO<br />

CHANSON<br />

Marc<br />

Lavoine:<br />

Je reviens<br />

à toi<br />

Nach sechs langen<br />

Jahren präsentiert<br />

der französische Sänger mit der rauen<br />

und einfühlsamen Stimme nun sein 12.<br />

Album. Die CD ist eher melancholisch<br />

– manche bezeichnen sie sogar als<br />

düster –, da sie die traurigen Ereignisse<br />

widerspiegelt, die Marc Lavoine in<br />

letzter Zeit widerfahren sind. Dazu<br />

zählen der Tod seiner ersten und die<br />

Trennung von seiner zweiten Frau.<br />

Der Sänger selbst zieht es vor, in<br />

seinen Äußerungen dieses Album als<br />

« Huldigung des Lebens und derer, die<br />

um uns sind » zu bezeichnen. Eines ist<br />

auf jeden Fall sicher: Die zehn neuen<br />

Chansons lassen nicht gleichgültig. Die<br />

Stärke der CD liegt darin, dass man die<br />

Titel, je nach seinem eigenen Gefühl, als<br />

zärtlich, liebevoll oder aber eher traurig<br />

empfinden kann …<br />

Axelle Red: Exil<br />

Das erste Album von Axelle Red erschien vor 25 Jahren. Die<br />

berühmte belgische Sängerin, die mittlerweile 50 Jahre alt ist<br />

und oft als « die französischste aller belgischen Künstlerinnen »<br />

bezeichnet wird, präsentiert uns mit Exil zehn Chansons, die<br />

meisten davon in französischer Sprache. Auf der sehr dynamischen<br />

und lebendigen CD – Axelle Red arbeitete unter anderem mit<br />

Dave Stewart von der Band Eurythmics zusammen – spricht die<br />

Künstlerin ein Thema an, das ihr sehr am Herzen liegt: das Exil. Auf<br />

diese Art pflegt die Sängerin ihr Image einer engagierten Frau (die<br />

Feministin tritt für humanitäre Angelegenheiten ein und unterstützt<br />

beispielsweise UNICEF in Belgien), bringt aber gleichzeitig auch<br />

Lebensfreude zum Ausdruck, weil sie vom Exil in all seinen Facetten<br />

spricht, die durchaus auch positiv sein können. « Wir leben alle im<br />

Exil », meint die Künstlerin, « denn wir haben alle Reisen vor uns.<br />

Die Antworten liegen im Teilen, denn das macht uns glücklich. »<br />

Das letzte Chanson, Le plus beau reste à venir, entspricht dem<br />

Stil des ganzen Albums, denn es<br />

enthält eine Botschaft voller<br />

Optimismus und Hoffnung<br />

auf Humanität.<br />

Zusammen mit der<br />

sanften Stimme von<br />

Axelle Red sorgt es für<br />

einen einzigartigen<br />

Glücksmoment.<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


KLASSIK<br />

Nicolas Dautricourt (Violine) und<br />

Juho Pohjonen (Klavier): Sonaten von Bach<br />

Wenn man die sechs Sonaten für Violine und Klavier von Bach nicht auf einem Cembalo spielt – für das sie<br />

geschrieben wurden – sondern auf einem modernen Klavier, dann ist<br />

das eine mutige und riskante Entscheidung. Daran ändert auch<br />

die Tatsache nichts, dass dieses Klavier ein Konzertflügel<br />

von Steinway ist. Dem finnischen Pianisten Juho Pohjonen<br />

gelingt dies allerdings sehr gut; offensichtlich hat<br />

er das perfekte Gleichgewicht zur Virtuosität eines<br />

der brillantesten französischen Violinisten, Nicolas<br />

Dautricourt, gefunden. Die CD zeigt, dass die klassische<br />

Musik bei Weitem nicht so eingefahren ist, wie man<br />

manchmal denken mag. Ein kleines Detail am Rande:<br />

Nicolas Dautricourt spielt hier auf einer Stradivari von<br />

1713. Beim Abspielen der zweiten CD der Kassette erleben<br />

Sie noch eine letzte Überraschung. Ganz am Ende, nach<br />

dem 14. Titel, gibt es eine unerwartete – da nirgends erwähnte –<br />

Zugabe: eine improvisierte, jazzige Version von Bachs Choral Jesus bleibet<br />

meine Freude. Hier spürt man, wie groß die musikalische Übereinstimmung der beiden Interpreten und der<br />

Spaß am gemeinsamen Musizieren sind.<br />

DER PAY-TV-SENDER FÜR<br />

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STAFFEL 2


ON REGARDE<br />

DOKUMENTARFILM<br />

Das Kind ist der Meister<br />

1907 begründete Maria Montessori (1870-1952) die<br />

nach ihr benannte Montessori-Methode. Es handelt<br />

sich dabei um ein pädagogisches Lehr- und Bildungskon<br />

zept, bei dem das Kind im Zentrum steht. Dabei wird<br />

das natürliche Verlangen zu lernen, die sogenannte « intrinsische<br />

Motivation », gefördert und unterstützt. Die Methode<br />

er freute sich schnell einer immer größeren Beliebtheit und<br />

ver breitete sich rasant. Heute gibt es weltweit mehr als 40 000<br />

Montessori-Schulen. Als der Filmemacher Alexandre<br />

Mourot zum ersten Mal Vater wird, kommen eine ganze<br />

Menge neuer Fragen auf ihn zu. Ausgerüstet mit seiner Kamera<br />

besucht er Frankreichs älteste Montessori-Schule. Hier<br />

trifft er auf glückliche Kinder, die die Vorteile ihrer Freiheit<br />

genießen und doch sehr<br />

diszipliniert ihren « Aufgaben<br />

» nachgehen. Ob lesen,<br />

Brot backen, rechnen,<br />

schlafen oder spielen – die<br />

Erzieher bleiben sehr diskret<br />

und im Hintergrund.<br />

Die Kinder selbst sind<br />

es, die dem Regisseur<br />

durch ihre Entwicklung<br />

eine ganz eigene<br />

Dramaturgie vorgeben<br />

und so zu den eigentlichen<br />

Erzählern ihrer<br />

Geschichte werden.<br />

Dieser Dokumentarfilm<br />

taucht in eine<br />

Klasse mit Kindern im<br />

Alter von 3 bis 6 Jahren<br />

an Frankreichs ältester Montessori-Schule in Roubaix<br />

ein. Dabei gelingt es ihm auf wunderbare Weise, den Zuschauer<br />

den Geist von Montessori hautnah, nämlich aus der<br />

Sicht von Kindern, erleben zu lassen. Der Regisseur erreicht<br />

dies einerseits mit seiner Sensibilität als besonders einfühlsamer<br />

Vater eines kleinen Mädchens, andererseits aber auch<br />

durch sein Gespür für kindliche Reaktionen. Dabei ist er in<br />

der Lage, seine eigenen Vorurteile über die Erziehung infrage<br />

zu stellen. Das Ergebnis verblüfft durch seine Intelligenz<br />

und Menschlichkeit. Der Film wirft Fragen über die<br />

Erziehung von Kindern auf, bringt uns manchmal zum<br />

Schmunzeln, vor allem aber berührt er uns. Ein filmisches<br />

Juwel, das man mit einem unendlichen Vergnügen ansieht!<br />

Das Prinzip Montessori - Die Lust am Selber-Lernen • Frankreich 2017,<br />

100 min • Originaltitel: Le Maître est l’enfant • Ein Film von Alexandre<br />

Mourot, mit Christian Maréchal, Kate Short, Hélène Deswaerte und<br />

den Kindern Agathe, Charlie, Charlotte, Etienne, Garance, Gérard,<br />

Léa, Séraphine und Valentine • Ab 6. September <strong>2018</strong> im Kino.<br />

THRILLER/DRAMA<br />

Hitchcock à la française<br />

Als sich die attraktive Chloé in ihren Psychotherapeuten Paul verliebt, scheinen<br />

all ihre Probleme gelöst. Sie zieht mit ihm zusammen, doch schon bald merkt<br />

sie, dass er ihr etwas verheimlicht. Durch Zufall entdeckt Chloé, dass Paul einen<br />

Zwillingsbruder hat, der ebenfalls Therapeut ist. Von Neugier getrieben, begibt<br />

sie sich bei ihm in Behandlung. François Ozon gelingt mit diesem Film einmal<br />

mehr ein sehr aufregender und verstörender Thriller. Von Minute zu Minute taucht<br />

man tiefer in einen Psychokrimi ein, dessen Spannung und Erfindungsgeist<br />

grenzenlos zu sein scheinen. Große Kunst, die uns an einen anderen Meister solch<br />

spannungsgeladener Filme erinnert: Alfred Hitchcock.<br />

Der andere Liebhaber • Frankreich <strong>2018</strong>, 104 min • Originaltitel: L’amant double • Ein Film von François Ozon, mit Marine Vacth,<br />

Jérémie Renier, Jacqueline Bisset u. a. • Sprachen: Deutsch, Französisch • Untertitel: Deutsch • Ab sofort im Handel.<br />

22 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


SERIE<br />

Quakquak und die Nichtmenschen<br />

Bruno Dumont nimmt die Zuschauer aufs Neue mit in seine flämische<br />

Heimat im Norden Frankreichs. In der zweiten Staffel der Mini-Serie,<br />

welche die erste Staffel « Kindkind » fortsetzt, wagt der Regisseur den<br />

erzählerisch-humoristischen Spagat zwischen aktuellen Themen wie<br />

Fremdenfeindlichkeit und populistischer Lokalpolitik sowie einem<br />

skurril-überspitzten Weltuntergangsszenario. Mit seiner Mini-Serie<br />

hat Bruno Dumont eine Fernsehserie geschaffen, die überrascht und<br />

konsequent mit Konventionen bricht.<br />

Serie von Bruno Dumont, 4 x 52 Min. • 20. (1+2) und 27. (3+4) September <strong>2018</strong> um 21:40<br />

DOKUMENTATION<br />

Die Zeichnungen des Christian Dior<br />

Im Rahmen seines diesjährigen Fashion Weekends<br />

zeigt ARTE eine neue Dokumentation von Loïc<br />

Prigent, die dem genialen Modeschöpfer und<br />

Zeichner Christian Dior gewidmet ist. Christian<br />

Dior entwarf seine Kleider stets selbst. Die Skizzen<br />

dazu verwahrte er in einem sicheren Raum in Paris.<br />

Heute erzählen sie die Geschichte eines Mannes,<br />

der Anfang 1947 mit seiner allerersten Kollektion<br />

die Welt eroberte.<br />

FILM<br />

Feine<br />

Gesellschaft<br />

Nordfrankreich<br />

1910. Der<br />

Fischersohn « Ma<br />

Loute » verliebt sich<br />

Hals über Kopf in<br />

Billie, Tochter (oder eher Sohn?) einer reichen, bürgerlichen<br />

Familie.<br />

Der Filmemacher Bruno Dumont zeigt mit « Feine<br />

Gesellschaft » eine ganz neue Form der Komik. Die<br />

Komödie ist innerhalb des ARTE FilmFestivals zu sehen.<br />

Im November reserviert ARTE Sendeplätze zur besten<br />

Sendezeit für internationale ARTE-Koproduktionen, die<br />

zuvor auf zahlreichen großen Festivals und im Kino zu<br />

sehen waren.<br />

Ein Film von Bruno Dumont (Originaltitel: Ma Loute), mit<br />

Juliette Binoche, Fabrice Luchini, Valeria Bruni Tedeschi,<br />

u. a., 100 Min. • 19. November <strong>2018</strong> um 21:55<br />

Dokumentation von Loïc Prigent, 52 Min. •<br />

30. September <strong>2018</strong> um 21:45<br />

Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />

Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />

Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 23


ON SURFE<br />

RASTPLÄTZE<br />

Ausgeruht auf französischen<br />

Autobahnen unterwegs<br />

Vor allem, wenn man mit Kindern reist, kann<br />

eine Fahrt auf der Autobahn stressig werden.<br />

Rückt dann der Moment für eine Pause näher,<br />

gilt es, die verschiedensten Ansprüche unter<br />

einen Hut zu bringen: Toilette, Getränke, Essen,<br />

Spielplatz für die Kinder, günstiges Benzin … Diese<br />

bedienerfreundliche App informiert im Voraus<br />

über die Rastplätze und ihre jeweiligen Angebote<br />

auf einer bestimmten Autobahnstrecke. Beim<br />

Start gibt man das geplante Ziel ein und erhält<br />

automatisch eine Auflistung aller Rastplätze<br />

inklusive detaillierter Angaben<br />

zu den Dienstleistungen. Die<br />

App gibt sogar an, wo sich<br />

auf der Strecke die günstigste<br />

Tankstelle befindet. Demnächst<br />

sollen auch die Nationalstraßen<br />

in Frankreich abgedeckt,<br />

Parkplätze für Wohnmobile<br />

angezeigt sowie Warnhinweise<br />

in Echtzeit zur Verkehrssituation<br />

gegeben werden.<br />

App (kostenlos) Aire de repos<br />

BADEN<br />

Die schönsten Badeplätze an<br />

Flüssen und Seen in Frankreich<br />

Seit einigen Jahren setzt sich das<br />

warme Sommerwetter häufig bis in den<br />

September fort. Bei einem Aufenthalt in<br />

Frankreich verspürt man daher auch dann<br />

noch oft die Lust auf ein kühles Bad. Diese<br />

Applikation ist die Onlineversion eines<br />

sehr schönen Buches, das im Übrigen<br />

auch in englischer Sprache erschienen<br />

ist und die 400 schönsten Süßwasserbadeplätze des Hexagons<br />

(Flüsse, Seen, Wasserfälle, Naturbecken) auflistet. Sie wird<br />

regelmäßig aktualisiert und weist in der Tat auf einige unbekannte<br />

« Prunkstücke » hin, was den Preis wirklich rechtfertigt.<br />

RADFAHREN<br />

Endlich<br />

ein geeignetes<br />

GPS für<br />

Radfahrer<br />

Autofahrer haben bereits seit einigen<br />

Jahren mit « Waze » ihre Lieblingsapp<br />

für die Routenplanung. Nun kommen<br />

auch endlich Radfahrer in den Genuss<br />

eines solchen Angebotes. « Geovelo » ist<br />

die erste GPS-Applikation zur Planung von Radstrecken. Diese<br />

wegweisende Applikation wurde von einem französischen<br />

Startup entwickelt und bietet den Service<br />

heute für 14 französische Städte an,<br />

wobei das ehrgeizige Ziel darin besteht,<br />

bis 2019 ganz Europa abzudecken. Mit<br />

ihrer Hilfe finden Radfahrer schnell und<br />

mit nur wenigen Klicks sichere Radwege<br />

für die geplante Route. Um den Nutzern<br />

fahrradtaugliche Wege anzeigen zu<br />

können, analysieren und überprüfen die<br />

Teams von Geovelo die Informationen<br />

und Rückmeldungen der Nutzer. Auf<br />

der Basis von Kriterien wie Sicherheit,<br />

Steigung bzw. Gefälle, Belag oder Lärm<br />

werden die Straßen hinsichtlich ihrer Praktikabilität für<br />

Radfahrer bewertet. Der Nutzer muss nur den gewünschten<br />

Ausgangspunkt sowie das Ziel eingeben, das spezialisierte<br />

GPS schlägt dann dem Radfahrer die ideale Strecke vor und<br />

berechnet die benötigte Zeit. Dabei wird nicht wie üblich die<br />

kürzeste Route ausgewählt, sondern es werden Radwege und<br />

wenig befahrene Straßen bevorzugt, damit der Nutzer eine<br />

angenehme und sichere Fahrt hat. Weitere Möglichkeiten<br />

sind: die Anzeige verschiedener Streckenvorschläge, die<br />

auf das Profil des Radfahrers (Anfänger, Profi, Urlaub …)<br />

abgestimmt sind, die Speicherung der Strecke, um später<br />

die Statistik (Distanz, Zeit, Durchschnittsgeschwindigkeit …)<br />

dazu anzusehen, das Abrufen von Vorschlägen für<br />

touristische Sehenswürdigkeiten<br />

in der Umgebung, Informationen<br />

über die nächstgelegenen<br />

Radverleihstationen.<br />

App (kostenlos) Geovelo<br />

App (5,49 €) Baignades sauvages France<br />

Buchausgabe: Baignades sauvages France, Édition Ouest-France, 20 € (engl.<br />

Titel: Wild Swimming); nähere Informationen siehe www.baignadesauvage.fr<br />

24 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


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UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Loire-Tal<br />

Eine faszinierende Reise<br />

ins Land der Troglodyten<br />

Das Tal der Loire ist weltweit für seine zahlreichen<br />

Schlösser bekannt. Doch zwischen Angers und<br />

Saumur besitzt es noch andere charakteristische<br />

Sehenswürdigkeiten, die zwar weniger bekannt,<br />

aber mindestens genauso faszinierend sind: ein<br />

unglaubliches, mehr als 1500 Kilometer langes,<br />

unterirdisches Tunnelsystem mit Höhlen, Grotten<br />

und Stollen. Es handelt sich dabei um einen der<br />

ausgedehntesten und vielfältigsten Höhlenkomplexe<br />

Europas. Das Epizentrum dieses ungewöhnlichen<br />

Universums ist der kleine Ort Doué-en-Anjou,<br />

in dessen Umgebung es die höchste Dichte<br />

an unterirdischen Bewohnern in Frankreich gab.<br />

Dies sind die besten Voraussetzungen für eine<br />

spannende und unvergessliche Reise durch eine<br />

unterirdische Welt.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 27


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

Die Inszenierung in der Stätte Le<br />

Mystère des Faluns ist eine Mischung aus<br />

Wissenschaft und Poesie und erinnert<br />

an die Zeit vor 10 Millionen Jahren,<br />

als sich in der Gegend von Douéen-Anjou<br />

ein (nicht sehr tiefes) Meer<br />

ausdehnte. Nach und nach entstand der<br />

Muschelsandstein, ein relativ weiches<br />

Felsgestein, in das die hier ansässigen<br />

Bauern ab dem 18. Jahrhundert<br />

diese riesigen unterirdischen Höhlen<br />

gegraben haben. Unten: Vor nicht<br />

allzu langer Zeit wurde eine Statue<br />

in den Muschelsandstein gehauen,<br />

um an diese Männer zu erinnern.<br />

Einzigartig », « erstaunlich », « unglaublich », « wunderbar », « faszinierend » …<br />

Beim Lesen mancher Artikel, Reiseberichte oder Reiseführer ist offensichtlich,<br />

dass man mit solchen Adjektiven in der heutigen Zeit nicht gerade sparsam umgeht.<br />

Dies gilt umso mehr für Frankreich, ein Land, in dem man zum Beispiel ohne<br />

Scheu von der « schönsten Avenue der Welt » spricht. Als ob heutzutage alles zwangsläufig<br />

« außergewöhnlich » sein müsste, um interessant zu sein. Superlative sind in,<br />

selbst auf die Gefahr hin, mit ihnen die Realität zu verzerren. Innerhalb unserer Redaktion<br />

achten wir deshalb beim Schreiben eines Artikels immer darauf, solche Eigenschaftswörter<br />

nur sehr zurückhaltend einzusetzen … Schließlich haben alle Wörter einen<br />

Sinn und jede Beschreibung ist eine subjektive Aussage. Und doch haben wir uns<br />

entschlossen, über eine « faszinierende Reise » zu berichten. Obwohl diese Reise, die wir<br />

zu Beginn des Sommers im Tal der Loire unternommen haben, mit nur knapp 15 Kilometern<br />

auf den ersten Blick recht kurz erscheint, hat sie uns zutiefst geprägt. In diesem<br />

Sinne stehen wir diesmal voll dazu, wenn wir von einer « einzigartigen », « erstaunlichen<br />

», « unglaublichen », « wunderbaren » und « faszinierenden » Reise durch das unterirdische<br />

Leben von einst und heute sprechen.<br />

Ein beeindruckender Einstieg in das Thema:<br />

das Geheimnis des Muschelsandsteins<br />

Es ist unmöglich, sie zu übersehen: Wenn man einige Dörfer im Loire-Tal durchquert,<br />

fallen unweigerlich die zahlreichen Häuser auf, die an den Felsen kleben. Man<br />

nennt sie Maisons troglodytes, umgangssprachlich auch liebevoll Troglos. Wurden sie<br />

früher kaum beachtet – man ging davon aus, dass man ziemlich arm sein müsse, um<br />

in einer derartigen Behausung zu leben –, so werden sie seit einigen Jahren nahezu<br />

begeistert nachgefragt, und die Preise bei den Immobilienagenturen gehen konstant<br />

nach oben. In einem Troglo zu wohnen, liegt im Trend. Es gibt mittlerweile zahlreiche<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 29


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

Berichte, welche die Vorzüge dieser Höhlen herausstreichen: Sofern sie gut belüftet<br />

und unterhalten werden, sind sie nämlich überhaupt nicht feucht, wie viele meinen.<br />

Sie sind sogar komfortabel und der Gesundheit durchaus zuträglich, da sie im Sommer<br />

die Kühle und im Winter die Wärme im Inneren bewahren, also darüber hinaus auch<br />

noch einen ökonomischen Aspekt haben … Obwohl an den Hängen viele dieser charmanten<br />

Felsenhäuser kleben, sind sie im Grunde genommen nur die Spitze des Eisbergs,<br />

also der sichtbare Teil einer noch viel ausgedehnteren unterirdischen Welt. Es<br />

gibt noch andere Troglos, die ihrerseits viel versteckter, manchmal sogar im Geheimen<br />

verborgen sind. Man nennt sie Troglodytes de plaine, Höhlenwohnungen der Ebene.<br />

Um sie zu konstruieren, musste man nicht waagrecht in den Hang, sondern senkrecht<br />

in den Boden graben. Eine gigantische Aufgabe, von der Generationen gelebt haben,<br />

indem sie die wertvollen Steinblöcke aus der Erde holten, aus denen die Häuser und<br />

Schlösser der Region erbaut sind. So entstanden kilometerlange Stollen, die heute ein<br />

unglaubliches unterirdisches System bilden, von dem man weiß, dass nur ein winziger<br />

Teil erforscht ist. Und genau diese Höhlen kann man in Doué-en-Anjou, einer kleinen,<br />

ruhigen Stadt, rund 20 Kilometer südwestlich von Saumur, entdecken.<br />

Von all den Orten, die man besichtigen kann, sollte man unbedingt mit Perrières<br />

beginnen. Die in das für diese Gegend so typische Gestein – Falun (Muschelsandstein)<br />

– gegrabenen, kathedralartigen unterirdischen Höhlen sind mit ihrer Höhe<br />

von 15 bis 20 Metern sehr beeindruckend. Die Besichtigung dieser Stätte, die den<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


passenden Namen Le mystère des Faluns trägt, erfolgt in Form eines 600 Meter langen<br />

unterirdischen Spaziergangs, der keine nennenswerten Schwierigkeiten aufweist und<br />

circa eine knappe Stunde dauert. Dabei kann man die Besonderheit und die Vielfalt<br />

dieses Untergrundes gut nachvollziehen. Dank einer gelungenen Inszenierung – eine<br />

Agentur aus Angers hat dafür eigens eine stimmige Verbindung aus Lichtprojektion<br />

und Musik konzipiert – erfährt man auf lebendige und einfache Art, wie alles vor langer,<br />

langer Zeit, nämlich vor ungefähr 10 Millionen Jahren, begann. Das Klima war<br />

damals subtropisch und das Gebiet von Meer bedeckt. Die riesigen Höhlen waren Teil<br />

der Unterwasserwelt, in der Wale, Haie, Quallen und Mantarochen lebten. Davon<br />

zeugen die Spuren, die man im heutigen Felsgestein gefunden hat. Das Meer lagerte<br />

nach und nach Schichten von Muscheln ab, die im Laufe der Zeit zermahlen und<br />

gepresst wurden, bis schließlich eine Art grobkörniger Sand mit einer beige-orangen<br />

Farbe und daraus dann im Laufe der Zeit eben dieser Muschelsandstein entstand.<br />

Im 18. Jahrhundert führten die Landwirte hier ein friedliches Leben, als um 1750/70<br />

eine neue Kulturpflanze in den Gärten des Schlosses von Versailles Einzug hielt, die die<br />

örtliche Wirtschaft grundlegend verändern sollte: die Rose. Sie akklimatisierte sich sehr<br />

gut in der Region rund um Doué-en-Anjou – wir werden in einer späteren Ausgabe<br />

von Frankreich erleben nochmals auf die Königin der Blumen zurückkommen –, und die<br />

Nachfrage war entsprechend hoch. Um dieser nachzukommen, benötigte man Arbeitskräfte,<br />

die irgendwo untergebracht werden mussten. Steine waren also nötig, um neue<br />

Häuser zu bauen. Die Landwirte kannten die Bodenverhältnisse gut und wussten, dass<br />

man nicht lange suchen musste, um auf Muschelsandstein zu stoßen. Sie begannen zu<br />

graben und entwickelten dafür eine einfache, aber sehr effiziente Technik: Zunächst<br />

bohrten sie eine kleine Öffnung in die Erde, nicht mehr als ein paar Meter, denn das<br />

wertvolle kultivierbare Land brauchte man schließlich für die Rosen. Dann gruben sie<br />

nach und nach immer tiefer und vergrößerten dabei die Aushöhlung, bis sie schließlich<br />

auf Grundwasser stießen. In der Regel war dies in einer Tiefe von rund 20 Metern der<br />

Fall. Das Loch, aus dem sie das Gestein mithilfe einer Seilwinde nach oben beförderten,<br />

nahm allmählich die Form einer Flasche an. Nachdem ein solcher Hohlraum ausgebeutet<br />

war, wurde die Öffnung des « Flaschenhalses » wieder verschlossen und die Familie<br />

begann ihre Arbeit einige Dutzend Meter entfernt von vorne. Bei der Besichtigung der<br />

Stätte Mystère des Faluns durchquert man rund 50 beeindruckende Höhlen – die nun<br />

miteinander verbunden sind – und kann dabei das Geheimnis des Muschelsandsteins<br />

lüften. Man schätzt jedoch, dass sich allein im Umfeld des Parkplatzes dieser Stätte<br />

ungefähr 500 solcher Troglodytes befinden …<br />

Linke Seite: In dieser Gegend gibt es<br />

noch zahlreiche mehr oder weniger<br />

aufgegebene Höhlenwohnungen. Wie<br />

hier in Rochenmenier stößt man nicht<br />

selten auf eine solche Behausung,<br />

die zum Kauf angeboten wird.<br />

Diese Seite: Didier Chabot ist Leiter<br />

und gleichzeitig begeisterter Guide<br />

der Stätte Troglodytes et sarcophages,<br />

wo der erstaunte Besucher erfährt,<br />

dass man aus diesem Material<br />

auch Steinsärge herstellte.<br />

Gefolgt von einem unerwarteten Steinbruch mit Sarkophagen<br />

In Doué-en-Anjou gibt es aber noch einen anderen erstaunlichen Ort: Troglodytes<br />

et Sarcophages. Dort erfährt man mehr über eine andere Verwendung des Muschelstandsteins,<br />

lange bevor die Menschen mit ihm Häuser bauten. Es handelt sich dabei<br />

vermutlich um die älteste Abbaustätte für dieses Gestein in der Gegend. Sie wurde<br />

vor rund 20 Jahren durch einen Zufall vom Archäologen Michel Cousin entdeckt.<br />

Wie bereits andere vor ihm hatte er bemerkt, dass es bei Angers Steinsärge gab, die<br />

aus der merowingischen Zeit stammen. Man schätzt, dass sie zwischen dem 5. und<br />

7. Jahrhundert gefertigt wurden. Damals war es üblich, dass wichtige Persönlichkeiten<br />

(Lehnsherren, Mitglieder des Klerus, Militärangehörige …) nach ihrem Tod in<br />

einem solchen Sarkophag beigesetzt wurden. Michel Cousin hatte in diesem Zusammenhang<br />

zwei Details bemerkt: die orange Farbe und den grobkörnigen Stein. Für<br />

ihn gab es keinen Zweifel, dass es sich dabei um Muschelsandstein handelte. Dieser<br />

musste zwangsläufig aus dem Bereich von Doué-en-Anjou stammen. Bislang wusste<br />

aber niemand, wo diese Steinsärge genau gefertigt worden waren. Im Hinterhof eines<br />

Maison troglodyte in Doué fand der Archäologe dann einige Trümmer, die er richtigerweise<br />

solchen Sarkophagen zuordnete. Geduldig räumte er Tonnen von Abfällen<br />

beiseite, bis er den Eingang in einen Hohlraum und dahinter ein regelrechtes Gangsystem<br />

entdeckte. Damit hatte er eine unglaubliche Produktionsstätte von Steinsärgen<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 31


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

32 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


ausfindig gemacht, von der man bisher schätzungsweise nur ein Drittel der Gänge<br />

entdeckt hat. Bei der Besichtigung entsteht das Gefühl, als sei die Zeit urplötzlich in<br />

einer Epoche stehengeblieben, in der man hier noch Muschelsandstein abbaute. Nach<br />

heutigen Berechnungen wurden dort 25 000 bis 30 000 Sarkophage hergestellt, alle<br />

vier Tage einer. Um eine Vorstellung von der kolossalen Arbeit zu haben, muss man<br />

wissen, dass ein solcher Steinsarg rund eine Tonne wog.<br />

Von dieser aufwändigen Arbeit, Steinsärge aus dem Muschelsandstein zu hauen,<br />

konnten mehrere Jahrhunderte lang zahlreiche Familien leben. Die Stätte Le Mystère<br />

des Faluns hat gezeigt, dass der Abbau von Steinen für den Bau von Häusern dazu<br />

beitrug, die Lebensbedingungen der Bewohner dieser Region entscheidend zu verbessern.<br />

Damit ist aber die Bedeutung des Muschelsandsteins in dieser Gegend noch<br />

lange nicht abschließend behandelt. Einige Kilometer entfernt verdankt ein ganzes<br />

Höhlendorf dem Stein seine Existenz: Rochenmenier.<br />

Nicht nur eine Höhle, sondern ein ganzes Höhlendorf<br />

Die Erkundung von Rochenmenier ist erstaunlich. Die Gassen und die Kirche erwecken<br />

auf den ersten Blick den Eindruck, dass es sich um ein hübsches, friedliches<br />

Dorf in der Ebene handelt, wie es hier so viele gibt. Doch in Rochenmenier spielte sich<br />

das Wichtigste unter der Erdoberfläche ab. Wie das sechs Kilometer südöstlich liegende<br />

Doué-en-Anjou zeichnet sich auch dieses Dorf dadurch aus, dass es auf einer Ader aus<br />

Muschelsandstein liegt. Die Bewohner von Rochenmenier bauten das Gestein ebenfalls<br />

ab, wenn auch auf andere Art. Die meisten waren Bauern und begannen damit,<br />

einen Hof anzulegen, der meist auch einen Garten enthielt. Durch das Hacken wurde<br />

aus dem Hof schnell eine Art Steinbruch unter freiem Himmel, von dem aus man<br />

unterirdische Wohnungen in den Muschelsandstein grub. Sie boten Platz für die sich<br />

vergrößernde Familie, dienten als Stallungen für Tiere oder als Scheunen zum Lagern<br />

landwirtschaftlicher Gerätschaften. Da sich die Bauern von Rochenmenier nicht an der<br />

Oberfläche ausbreiten konnten, erweiterten sie ihren Betrieb einfach unterirdisch.<br />

So wurden zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert in dem Dorf auf rund 40 Bauernhöfen<br />

nach und nach 250 unterirdische Höhlen gegraben. Im Laufe der Zeit entstand<br />

ein beeindruckendes Höhlendorf, das umfangreichste dieser Region, von dem<br />

es heute noch schöne Zeugnisse gibt, wie die beiden Höfe aus der Zeit Ende des 17./<br />

Anfang des 18. Jahrhunderts, in denen sich nun das Musée Village Troglodytique de<br />

Rochemenier befindet. Die Besichtigung dieser außergewöhnlichen Stätte ist ein angenehmer<br />

Spaziergang durch rund 20 Höhlen – die auf einem Areal von einem Hektar<br />

verteilt sind –, bei dem man die in gewisser Weise « labyrinthische » Anordnung dieser<br />

Höfe nachvollziehen kann. Scheunen, Weinkeller, Ställe, Schlafzimmer, Höfe, sogar<br />

eine unterirdische Kapelle, sind durch ein Netz von Wegen verbunden, die teils unter<br />

freiem Himmel verlaufen, teils in den Fels gehauen wurden. Vermutlich versteht man<br />

gerade an diesem Ort die spezifische Organisation eines Höhlendorfes am besten.<br />

Und doch kann man bei einem Besuch in dieser Region noch weiter gehen und die<br />

Gelegenheit nutzen, das Höhlenleben selbst auszuprobieren. Dazu begebe man sich<br />

ins einige Hundert Meter entfernte Hotel Rocaminori …<br />

Im Musée Troglo in Rochenmenier<br />

kann man sich das Leben in diesen<br />

Höhlenwohnungen vor Augen führen,<br />

die untereinander durch Öffnungen<br />

verbunden sind. Auch hier beeindrucken<br />

einige Räume durch ihre Größe.<br />

Ein kuscheliges Nest im Felsen<br />

Was für eine tolle Erfahrung, eine Nacht in diesem « Höhlenhotel » mit allem<br />

Komfort zu verbringen! Dies beginnt bereits bei der Ankunft: Wie für dieses Dorf<br />

typisch, befindet sich der Eingang « oben ». Über einen abfallenden Weg gelangt man<br />

zu Fuß nach unten in den ehemaligen Tagebau-Steinbruch, an den heute die verschiedenen<br />

Bereiche des Hotels und die beiden Restaurants angrenzen.<br />

Alles begann im April 1991 mit einem Steinmetz, der eine Leidenschaft für den<br />

typischen Muschelsandstein hegte. Er besaß eine kleine Höhlenwohnung, die er zu<br />

seinem Vergnügen sukzessive ausgebaut hatte. Ihm kam der Gedanke, diese für die<br />

Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ein paar Kleinigkeiten zum Essen anzu-<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 33


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

bieten. Das Konzept war ein voller Erfolg. Zusammen mit seiner Frau beschloss er<br />

dann, in den in den Fels gehauenen Räumen zunächst ein, dann ein zweites Restaurant<br />

zu eröffnen. Heute befindet sich dort ebenfalls das 3-Sterne-Hotel Rocaminori,<br />

das nun bereits von den nächsten Generationen geleitet wird. Was an diesem Ort<br />

neben dem allgegenwärtigen Fels am meisten beeindruckt, ist die erholsame Atmosphäre.<br />

Vielleicht weil man zwangsläufig ein wenig von der Welt abgeschlossen ist, da<br />

es kein Mobilfunknetz gibt und man in den Zimmern bewusst auf die Einrichtung<br />

von WLAN verzichtet hat. Nur in einigen öffentlichen Bereichen des Hotels hat man<br />

Empfang. Aber im Grunde fällt es nicht schwer, darauf zu verzichten. Zudem absorbiert<br />

das Gestein die Geräusche dermaßen, dass selbst ein Sturm « oben auf der Erde »<br />

die Ruhe « dort unten » nicht stört. Am meisten erstaunt aber, dass es nicht feucht ist.<br />

Die Besitzer haben nämlich ein sehr effizientes Belüftungssystem auf der Basis von<br />

Erdwärmetauschern installiert, mit dem die Belüftung jedes Zimmers gesteuert und<br />

überwacht werden kann, sodass überall ein ausgeglichenes Raumklima herrscht. Das<br />

Konzept ist in Europa einzigartig und trägt zum ausgezeichneten Ruf des Hauses bei.<br />

Der Bioparc im ehemaligen Muschelstandstein-Steinbruch: mehr als ein Zoo<br />

Diese Seite: Alle Zimmer des Hotels<br />

Rocaminori in Rochenmenier sind in den<br />

Fels gegraben, damit die Gäste selbst die<br />

Erfahrung einer « Höhlenübernachtung »<br />

machen können – mit 3-Sterne-<br />

Komfort wohlgemerkt!<br />

Rechte Seite: Im Bioparc in Douéen-Anjou<br />

sieht man viele Tiere,<br />

die ebenfalls in den Höhlen des<br />

Muschelsandsteins zu Hause sind.<br />

Nach den Entdeckungen des Vortages und einer erholsamen Nacht im Höhlenzimmer<br />

könnte man meinen, man habe bereits alle ausgefallenen Orte besucht und<br />

nichts könne einen nun noch in Erstaunen versetzen. Doch das wäre ein Irrtum. Was<br />

uns heute auf unserer Reise noch erwartet, ist in Europa – vermutlich sogar auf der<br />

ganzen Welt – einzigartig und absolut außergewöhnlich.<br />

Es geht zurück Richtung Doué-en-Anjou. Bei diesem letzten Halt wollen wir etwas<br />

entdecken, was auf den ersten Blick ein ganz « normaler » Zoo sein könnte, sich<br />

aber als eine der ausgereiftesten und einfallsreichsten Nutzungen ehemaliger Höhlenwohnungen<br />

herausstellen wird, die es gibt: der Bioparc in Doué-en-Anjou.<br />

Stellen Sie sich vor, dass hier ein Mann namens Louis Gay, der es liebte, Tiere in<br />

der freien Natur zu beobachten, an einem Sommertag im Jahr 1960 auf den Gedanken<br />

kam, den ehemaligen Muschelsandstein-Steinbruch als natürliches Gehege für<br />

Tiere zu nutzen. Am 14. Juli 1961 eröffnete er den Zoo des Minières, einen klassischen<br />

Zoo, in dem es unter anderem eine Löwin, ein Dromedar, eine Schlange und einen<br />

Schimpansen gab. Sein Sohn, Pierre Gay, ein passionierter Reisender mit einer unstillbaren<br />

Neugierde, hatte auf seinen Reisen quer über unseren Planeten schon lange<br />

das Gefühl gehabt, dass man den Zoo als solches weiterentwickeln müsse. Seiner<br />

Meinung nach darf sich dieser nicht mehr nur darauf beschränken, Tiere einzusperren,<br />

um sie den Blicken egoistischer Besucher auszusetzen, sondern Zoos müssen in<br />

einen Prozess integriert werden, der nicht nur den Schutz der Tiere, sondern auch<br />

den der Menschen selbst zum Ziel hat. Um die Tiere zu schützen, muss man die<br />

Menschen vor Ort zunächst in die Lage versetzen, sie überhaupt schützen zu können.<br />

Dafür muss man ihnen eine so fortschrittliche Denkweise vermitteln, dass sie in<br />

der Lage sind, sich um das Wohlergehen der Tiere zu sorgen. Man muss aus einem<br />

solchen Tierpark ein Universum machen, das die Möglichkeit für Entdeckungen und<br />

Eindrücke bietet. Es darf nicht mehr darum gehen, den Anblick eines Löwen als Höhepunkt<br />

zu erleben, sondern darum, ihn erst aufspüren zu müssen, seine Anwesenheit<br />

zu spüren, und dabei auch dessen Freiheit zu respektieren, nicht aus seinem Versteck<br />

herauszukommen. Dafür waren die in den Muschelsandstein gehauenen « Gehege »<br />

inmitten der Landschaft ein echter Glücksfall. Sie ermöglichten die Konzeption einer<br />

ganz neuen Art von Tierpark, der sich inzwischen zu einem weltweit anerkannten<br />

Modell entwickelt hat.<br />

François Gay, der nun in der dritten Generation den Bioparc gemeinsam mit seinem<br />

Vater leitet, leistete ebenfalls einen Beitrag zu seiner Weiterentwicklung: Der<br />

Landschaftsingenieur absolvierte seinen Abschluss an der École du Paysage in Blois,<br />

brachte ebenfalls neue Ideen ein und lancierte ganz innovative Umgestaltungen, die<br />

erst durch den Muschelsandstein möglich wurden. 2005 wurde durch Grabungen<br />

in Gestein und Erde beziehungsweise die Reinigung bestehender Hohlräume ein<br />

34 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 35


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


drei Hektar großes Vallée des Rhinocéros angelegt. Als unglaublicher Fingerzeig der<br />

Geschichte fand Julie, die Tochter von Pierre Gay, bei den Arbeiten inmitten des<br />

Muschelsandsteinaushubs … den Backenzahn eines Nashorns! Im Gestein war tatsächlich<br />

ein Überrest dieser Spezies eingeschlossen, die bereits vor 5 bis 23 Millionen<br />

Jahren hier gelebt hatte!<br />

Eine andere, in ihrer Art einzigartige Einrichtung ist das größte « südamerikanische<br />

Vogelhaus » Europas. Dort kann der Besucher auf spannende Art in eine Welt<br />

eintauchen, in der mehr als 600 Vögel (35 Spezies) in einem ehemaligen Steinbruch<br />

unter freiem Himmel leben. Die einzigartige und unermesslich große Geografie des<br />

Ortes hat es ermöglicht, ein ausgeklügeltes System von Netzen zu installieren, die die<br />

Tiere in der Höhe zwar begrenzen, für die Besucher jedoch nahezu unsichtbar sind.<br />

Im Prinzip ist es gelungen, eine Art Ökosystem zu kreieren, in dem die Tiere sich<br />

wieder in ihrer natürlichen Lebensweise einrichten können. Beim Besuch des Bioparc<br />

Die ehemaligen Steinbrüche sind natür<br />

liche Gehege, die auch auf die Größe<br />

von Giraffen optimal abgestimmt sind.<br />

Besonders beeindruckend sind jedoch<br />

die Volieren: Die Be sitz er – die drei<br />

Generationen sind un ten abgebildet –<br />

haben oben auf den Steinbrüchen speziell<br />

dafür ent wickel te Stahlnetze gespannt,<br />

so dass die Vögel einen einzigartigen<br />

Be reich zur Verfügung haben, in dem<br />

sie (fast) wie in Freiheit leben.<br />

Nächste Seite: Das Bar-Restaurant des<br />

Parks liegt oberhalb des Giraffengeheges.<br />

In einem anderen durch den Fels<br />

abgegrenzten und geschützten Bereich<br />

entwickelt sich heute auf ganz natürliche<br />

Weise ein eigenes Ökosystem.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 37


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

Lesetipps & Reiseinfos<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66: Mit dem<br />

Hausboot auf der Mayenne<br />

(80 km entfernt)<br />

Mayenne ist nicht nur der Name<br />

eines Departements im<br />

Westen Frankreichs.<br />

Auch ein Fluss, der die<br />

Regionen Pays-de-la-<br />

Loire und Normandie<br />

durchquert, wird so<br />

genannt. Die Mayenne<br />

entspringt rund 15 Kilometer westlich von Alençon<br />

und mündet nach circa 200 Kilometern in die<br />

Loire. Ihre Ufer sind relativ unberührt, hier ist<br />

der Massentourismus noch nicht angekommen.<br />

Daher kann man an diesem Fluss wunderbar<br />

ausprobieren, wie es ist, als Kapitän ein Hausboot<br />

über das Wasser zu steuern.<br />

stellt man schnell fest, dass alle diese Hohlräume – ob vorhanden oder neu<br />

gegraben – eine unglaubliche Chance waren und immer noch sind. Sie liefern<br />

Ideen für die Entwicklung des Parks, da sie es wesentlich vereinfachen, neue<br />

« Gehege » zu schaffen und neue Milieus einzurichten, in denen das Zusammenleben<br />

von Mensch und Tier unter optimalen Bedingungen möglich ist. Es<br />

ist offensichtlich, dass sich hinter diesem Zoo ein tieferer Sinn verbirgt. Es ist<br />

ein Park voller Leben, der zudem mit Menschen in der ganzen Welt zusammenarbeitet,<br />

die sich ihrerseits für die Erhaltung von Tierarten einsetzen.<br />

Verlässt man den Bioparc, so nimmt man unzählige Eindrücke mit. Man hat<br />

das Gefühl, mit den Tieren und der Natur « wieder verbunden » zu sein, und<br />

dieses Gefühl ist faszinierend. Je länger man darüber nachdenkt, desto mehr<br />

sagt man sich, dass der Muschelsandstein daran nicht unbeteiligt oder sogar<br />

« die Seele des Ortes » ist. Im Grunde genommen weiß das niemand so ganz<br />

genau. Aber die Reise in das Land der Höhlenwohnungen ist auf jeden Fall<br />

faszinierend!<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59: Tours, frischer<br />

Wind im Loire-Tal<br />

(94 km entfernt)<br />

Ist Tours – eine Stadt die lange<br />

Zeit diskret aufgetreten<br />

ist und nicht viele<br />

Touristen angezogen<br />

hat – vielleicht gerade<br />

dabei, sich in Sachen<br />

Attraktivität Bordeaux<br />

anzunähern? Ganz<br />

nach dem Vorbild ihrer «großen Schwester»<br />

in der Region Aquitaine ist Tours seit einigen<br />

Jahren ebenfalls im Begriff, sich unablässig zu<br />

erneuern und umzugestalten: Es gibt hier eine<br />

der modernsten Straßenbahnen Frankreichs,<br />

belebte Fußgängerzonen, nicht alltägliche<br />

Besichtigungsmöglichkeiten, eine Fülle<br />

einladender Bars und Restaurants, Open-Air-<br />

Konzerte, gemütliche Lokale am Flussufer … Es<br />

weht eindeutig ein frischer Wind! Und die Dynamik<br />

von Tours macht dabei nicht an den Stadtgrenzen<br />

halt, in gewisser Weise hat die ganze Region<br />

Centre-Val de Loire durch sie neuen Schwung<br />

erhalten. Genug Gründe also für Neugierige, sich in<br />

Tours auf Entdeckungsreise zu begeben!<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />

DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />

SIE AUF SEITE 86.<br />

Für alle, die noch<br />

tiefer einsteigen<br />

möchten:<br />

Pierre Gay, der Sohn des<br />

Gründers des Zoos in<br />

Doué-en-Anjou und Vater<br />

des aktuellen Direktors,<br />

veröffentlichte 2016 das<br />

Buch Une promesse de<br />

nature – Du zoo au Bioparc,<br />

une révolution (Éditions<br />

Delachaux et Niestlé,<br />

190 Seiten, ISBN: 978-<br />

2603024164). Am Beispiel der Umwandlung des<br />

eigenen Zoos in einen Bioparc erklärt er, warum<br />

sich die zoologischen Gärten auf der ganzen<br />

Welt verändern müssen und wie sich manche<br />

Zoos bereits innerhalb von einigen Jahrzehnten<br />

von « Naturkonsumenten » zu unverzichtbaren<br />

Partnern für den Schutz bedrohter Tierarten<br />

entwickelt haben.<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Lannion<br />

Saint-Malo<br />

Dinard<br />

Avranches<br />

A28/E402<br />

Brest<br />

Terminologischer Hinweis: Ile Im de Dezember Sein<br />

2016 haben sich mehrere benachbarte<br />

Gemeinden im Departement Pointe Maine-et-Loire<br />

(darunter auch Doué-la-Fontaine) du Razzu einer<br />

einzigen Gemeinde namens Doué-en-<br />

Anjou zusammengeschlossen. Wir haben<br />

diese offizielle Bezeichnung übernommen.<br />

Möglicherweise findet man jedoch auf<br />

Landkarten und im Internet noch den<br />

ehemaligen Namen Doué-la-Fontaine.<br />

Doué-en-Anjou …<br />

… Berlin 1381 km … Hamburg 1230 km<br />

… Köln 816 km … Frankfurt 920 km<br />

… München 1155 km … Wien 1562 km<br />

… Zürich 860 km … Paris 333 km<br />

… Angers 41 km … Saumur 17 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus dem<br />

deutschsprachigen Raum direkt angeflogen<br />

wird, ist Nantes-Atlantique (129 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof befindet<br />

sich in Angers (41 km).<br />

Le Mystère des Faluns<br />

Site des Perrières<br />

7, rue d’Anjou<br />

49700 Doué-en-Anjou<br />

Telefon: + 33(0)2 41 59 71 29<br />

www.les-perrieres.com<br />

Die Öffnungszeiten sind im Jahresverlauf<br />

unterschiedlich, informieren Sie sich daher im<br />

Internet. Geschlossen von Anfang November<br />

bis Anfang Februar.<br />

Eintritt: 7 €, ermäßigt ab 4,50 €.<br />

N12/E50<br />

Saint-Brieuc<br />

N12/E50<br />

N164<br />

Die Stätte ist auch für Menschen mit<br />

eingeschränkter Mobilität gut zugänglich.<br />

Quimper<br />

D7<strong>68</strong><br />

Troglodytes et Sarcophages<br />

N165/E60<br />

1, rue de la Croix Mordret N24<br />

49700 Doué-en-Anjou<br />

Telefon: +33<br />

Lorient<br />

(0)2 41 59 24 95<br />

www.troglo-sarcophages.fr Vannes<br />

Nur geführte Besichtigungen. N165/E60 Die<br />

Öffnungszeiten Quiberon sind im Jahresverlauf<br />

unterschiedlich, informieren Sie sich daher<br />

im Internet.<br />

La Baule<br />

Geschlossen von Anfang November bis<br />

Anfang Februar.<br />

St. Nazaire<br />

Ab einer Teilnehmerzahl von 5 Personen<br />

kann auch außerhalb der Öffnungszeiten<br />

ganzjährig eine Führung reserviert werden.<br />

Eintritt: 5,40 €, ermäßigt ab 3,70 €.<br />

Musée Troglo de Rochemenier<br />

Le village troglodytique<br />

14, rue du musée<br />

49700 Louresse-Rochemenier<br />

Telefon: +33 (0)2 41 59 18 15<br />

www.troglodyte.fr<br />

Die Öffnungszeiten sind im Jahresverlauf<br />

unterschiedlich, informieren Sie sich daher im<br />

Internet. Dezember und Januar geschlossen.<br />

Eintritt 6,50 €, ermäßigt ab 3,30 €.<br />

Hôtel Rocaminori ***<br />

13, rue du musée<br />

49700 Louresse-Rochemenier<br />

Telefon: +33 (0)2 41 50 03 12<br />

www.rocaminori-hotel.fr<br />

Zimmer und Suiten 110 bis 140 €.<br />

N176/E401<br />

Rennes<br />

A84<br />

A11/E60<br />

A87<br />

Le Mans<br />

Montalivet<br />

Mont-Saint-Michel<br />

Nantes<br />

A11/E501<br />

A28/E502<br />

A86/E60<br />

Doué-en-Anjou<br />

Alençon<br />

Monts<br />

Bioparc A83<br />

Poitiers<br />

103, rue de Cholet<br />

Saint-Sigismond<br />

49700 Doué-en-Anjou<br />

Telefon: N11/E601 +33 (0)2 41 59 18 Niort 58<br />

www.bioparc-zoo.fr<br />

La Rochelle<br />

Die Öffnungszeiten sind im Jahresverlauf<br />

E5/A10<br />

unterschiedlich, informieren Sie sich daher im<br />

Internet. Dezember und Januar geschlossen.<br />

Eintritt: 22,50 E602/A837 €, ermäßigt 17 € (20,50 € /<br />

15,50 € bei Kauf der Eintrittskarte über die<br />

Website).<br />

Das Ticket gilt jeweils für den Angoulême<br />

ganzen Tag;<br />

Wiedereintritt nach Verlassen ist daher<br />

möglich.<br />

Tours<br />

A10/E5<br />

Genießen Sie Ihren Frankreich-Urlaub einfach im Kino! A89/E70<br />

GÉRARD<br />

DEPARDIEU<br />

DANIEL<br />

AUTEUIL<br />

SANDRINE<br />

KIBERLAIN<br />

Le Porge<br />

ADRIANA Bordeaux<br />

Cap-Ferret<br />

UGARTE<br />

E5/A10<br />

A52/E72<br />

Périgueux<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

Souil<br />

Dord<br />

Mimizan<br />

E5-E70/A63<br />

Hossegor<br />

France<br />

Biarritz<br />

Hendaye<br />

Montag A83 bis Donnerstag Pauschale Soirée<br />

étape (Abendessen, Übernachtung,<br />

Les Sables-Frühstückd’Olonne 98 €.<br />

Donostia-<br />

S. Sebastian<br />

EIN FILM VON DANIEL AUTEUIL<br />

Sare<br />

Bayonne<br />

A64/E80<br />

Pau<br />

Pamplona<br />

Spanien<br />

/VerliebtInMeineFrau<br />

AB 11.10. IM KINO


UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />

LES TOURS DE MERLE<br />

Das Gefühl, in der Inkastadt<br />

Machu Picchu zu sein<br />

Hinter einer der unzähligen Kurven der Departementsstraße<br />

zwischen Aurillac und Brive-la-Gaillarde (Corrèze) bietet sich<br />

plötzlich inmitten eines dichten Waldes der unglaubliche Anblick<br />

grandioser Ruinen. Wie von Zauberhand scheinen sie in<br />

30 Meter Höhe auf einen 200 Meter langen und 40 Meter breiten<br />

Felsvorsprung gesetzt worden zu sein, der inmitten einer<br />

Schleife des Dordognezuflusses Maronne liegt: Die Tours de<br />

Merle flößen Respekt ein. Bei den mysteriösen und beeindruckenden<br />

Ruinen handelt es sich um ehemalige Häuser und<br />

Türme, die zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert errichtet<br />

wurden und einem Adlernest gleichen. Nachdem die Lehnsherren,<br />

die dort in einer erstaunlichen Art von Eigentümergemeinschaft<br />

lebten, den Ort aufgaben, geriet er lange in Vergessenheit.<br />

Heute ist er ein echtes touristisches Highlight, das<br />

allerdings noch relativ unbekannt ist.<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 41


UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />

Comparaison n‘est pas raison, besagt ein altes französisches Sprichwort aus dem<br />

13. Jahrhundert, dessen deutsches Pendant « der Vergleich hinkt » lautet. Die<br />

Überreste der mittelalterlichen Tours de Merle im Departement Corrèze mit<br />

der majestätischen peruanischen Ruinenstadt der Inkas Machu Picchu zu vergleichen,<br />

erscheint wirklich etwas riskant. Historisch gesehen haben die beiden Stätten<br />

selbstverständlich überhaupt nichts gemeinsam. Und doch kommt einem dieser<br />

Vergleich unweigerlich in den Sinn, wenn man hinter einer Kurve plötzlich die<br />

Tours de Merle auftauchen sieht. Wie die ehemalige Stadt Machu Picchu haben<br />

auch diese Ruinen etwas Spektakuläres. Und in beiden Fällen taucht<br />

man beim Näherkommen nach und nach in eine andere Welt ein …<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 43


UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />

Nimmt man vom Dorf Saint-Bonnet-les-Tours-de-<br />

Merle die malerische, enge Departementsstraße 136<br />

in Richtung der besagten Stätte, dann durchquert man<br />

eine Landschaft, in der die Natur mit jedem Kilometer<br />

ein bisschen mehr die Oberhand gewinnt: Die Abhänge<br />

werden immer steiler, die Schluchten tiefer, und der<br />

Wald ist bald omnipräsent. Man hat den Eindruck, dass<br />

sich die Spuren menschlichen Lebens mehr und mehr<br />

entfernen: Häuser und kultivierte Flächen machen einer<br />

allgegenwärtigen Natur Platz. Grandios. Diese einmalige<br />

Umgebung wurde im Übrigen von der UNESCO als<br />

« Biosphärenreservat » und von der Europäischen Union<br />

als « Natura-2000-Schutzgebiet » klassifiziert.<br />

Und dann taucht urplötzlich hinter einer Kurve ein<br />

unerwartetes Bild auf: die bereits erwähnten Ruinen von<br />

Türmen und Häusern auf dem Felsvorsprung mitten im<br />

Wald. Die Überraschung ist so groß, dass man unweigerlich<br />

Lust verspürt, anzuhalten. Klugerweise wurden<br />

Parkmöglichkeiten eingerichtet, sodass man sich die Zeit<br />

nehmen und auf einen Felsen klettern oder zwischen zwei<br />

Bäumen hindurch ein Foto schießen kann, um sich diese<br />

spektakuläre und zugleich verwirrende Landschaft einzuprägen<br />

und sie für die Ewigkeit festzuhalten. Es ist nicht<br />

von der Hand zu weisen, dass man – wie bei der Inkastadt<br />

Machu Picchu – in Bann gezogen wird …<br />

Vor allem die Art, wie die Natur diesen Ort hier<br />

beherrscht, ist frappierend. Das macht sich zum einen<br />

an der Geräuschkulisse bemerkbar: Das leise Rauschen<br />

des Flusses Maronne, der unterhalb dahinfließt und den<br />

Felsvorsprung mit den Tours de Merle nahezu wie eine<br />

natürliche Halbinsel abgrenzt, und das Zwitschern der<br />

zahlreichen Vögel, die in den umliegenden Bäumen nisten,<br />

werden nur ab und zu durch das Motorengeräusch<br />

eines vorbeifahrenden Autos gestört – was aber glücklicherweise<br />

(noch) selten ist. Und zum anderen sieht man<br />

es auch an der imposanten Art, wie die Ruinen der Tours<br />

de Merle buchstäblich aus der fast erdrückenden Vegetation<br />

hervorbrechen. Dass diese Pflanzenwelt etwas Tropisches<br />

hat, wird einem vor allem bewusst, wenn man<br />

die Stätte besucht. Die Natur dominiert alles: Die Felsen<br />

sind moosbedeckt, auf den Steinen rankt Efeu mit glänzenden,<br />

immergrünen Blättern, Sonne und Feuchtigkeit<br />

haben den Mauern eine hübsche Patina verliehen. All dies<br />

schafft eine erstaunliche Atmosphäre. Ohne Zweifel liegt<br />

ein gewisser Zauber in der Luft, der den Besucher in eine<br />

imaginäre Welt versetzt und die Besichtigung zu einem<br />

außergewöhnlichen Erlebnis werden lässt.<br />

Um diese bemerkenswerten Ruinen besser zu verstehen,<br />

sollte man die Stätte auf jeden Fall besuchen. Man<br />

erfährt dabei, dass es sich bei diesen Überresten weder<br />

– wie man zunächst vielleicht glauben mag – um ein ehemaliges<br />

Schloss noch um ein klassisches befestigtes Dorf<br />

handelt, sondern um mehrere unabhängige Gebäude. Sie<br />

wurden im Laufe der Zeit von Lehnsherren errichtet, die<br />

sich hier in der Nachbarschaft anderer Adeliger niederließen.<br />

So überraschend dies auch erscheinen mag, die Tours<br />

de Merle sind in gewisser Weise der Vorläufer dessen, was<br />

man heute als « Wohnanlage » bezeichnen würde: Ein<br />

Ort, an dem mehrere Familien nahe beieinander leben,<br />

jede jedoch ihre eigene Unterkunft hat. Das besonderes<br />

Merkmal dieser Gemeinschaft war, dass alle Bewohner<br />

reiche Lehnsherren und mehr oder weniger eng miteinander<br />

verwandt waren.<br />

Das genaue Datum der ersten Bauten ist bis heute nicht<br />

bekannt. Geschichtsforscher gehen allerdings davon aus,<br />

dass sich eine erste Adelsfamilie namens de Merle Anfang<br />

des 12. Jahrhunderts dort niederließ. Demnach wurde ihr<br />

Gebäude sehr wahrscheinlich Ende des 11. Jahrhunderts<br />

errichtet. Die hochgelegene, isolierte und optimal verteidigungsfähige<br />

Lage bot wichtigen Familien der damaligen<br />

Zeit ein besonders geschütztes Umfeld und sorgte in<br />

der Folge schon bald für Missgunst. Zumal sich der Ort<br />

darüber hinaus an der Grenze zwischen dem Herzogtum<br />

Aquitanien und den Grafschaften Auvergne und Toulouse<br />

befand und für die dort ansässigen Lehnsherren eine<br />

praktische und einträgliche Zahlstelle darstellte. Im Laufe<br />

der Jahre wurden sieben herrschaftliche Familien von<br />

den « attraktiven Grundstücken » auf dem Felsvorsprung<br />

angezogen. Eine nach der anderen errichtete in der Folge<br />

familiärer Bande ein Gebäude und ließ sich dort nieder.<br />

Ein Charakteristikum dieser Ansammlung von Gebäuden,<br />

in denen die Adelsfamilien lebten, besteht darin, dass<br />

die Anordnung nicht rein zufällig entstand. Sie entsprach<br />

dagegen einer für die damalige Zeit sehr modernen Organisation,<br />

die auf sonderbare Weise an die Regelungen einer<br />

heutigen Eigentümergemeinschaft erinnert. Auch wenn die<br />

Lehnsherren meist miteinander verwandt waren, kam es<br />

nicht infrage, ein neues Gebäude irgendwo oder irgendwie<br />

zu errichten. Bestimmte Vorschriften – heute würde man<br />

diese unter dem Begriff « Städteplanung » zusammenfassen<br />

– sahen beispielsweise vor, dass kein Turm wesentlich<br />

höher oder imposanter als der des Nachbarn sein durfte,<br />

um dessen Macht nicht in den Schatten zu stellen (und<br />

natürlich, um dessen Sicht nicht zu verbauen …). Historiker<br />

fanden mehrere Urkunden, welche die Regeln dieser<br />

« Eigentümergemeinschaft » von Merle beschreiben. So war<br />

zum Beispiel genau festgelegt, dass in einem Umkreis von<br />

moins d‘une brasse (weniger als ca. 1,60 Meter) um den Tour<br />

de Pesteil kein weiteres Gebäude errichtet werden durfte.<br />

Fulcon de Merle (geboren ca. 1250, gestorben nach<br />

1318) galt als der mächtigste Lehnsherr der Ansiedelung.<br />

Die Ruinen seines Turmes, der aus dem 13. Jahrhundert<br />

stammt und vier Etagen hoch war, vermitteln noch heute<br />

einen Eindruck seines Stellenwerts und seiner Macht.<br />

Gleich daneben befindet sich das ehemalige Gebäude seines<br />

Bruders Hugues de Merle (Geburtsdatum unbekannt,<br />

gestorben vor 1321). Es stammt aus dem 16. Jahrhundert,<br />

bestand aus drei Etagen und ist heute eines der besterhaltenen<br />

Häuser dieser Ansiedlung. Etwas weiter, ganz<br />

im Süden des Ortes, staunt man heute noch über zwei<br />

Konstruktionen aus dem 13. Jahrhundert: Tour de Noailles<br />

und Tour des Pesteil. Letzterer war als Wohnturm mit<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 45


UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />

nicht weniger als fünf Ebenen angelegt.<br />

Archäologen und Spezialisten<br />

zufolge waren für den Bau 1<strong>68</strong> 000<br />

Tonnen Mörtel, 56 Tonnen Kalk<br />

und 2800 Quadersteine notwendig.<br />

Dazu muss man wissen, dass ein<br />

Steinmetz pro Arbeitstag (rund 10<br />

Stunden) schätzungsweise einen<br />

Stein fertigte. Heute gelangt man<br />

über eine Treppe zu einer Terrasse<br />

oben auf dem Turm, von der aus<br />

man einen grandiosen Panoramablick<br />

über die gesamte Stätte hat.<br />

Ein Besuch der Tours de Merle<br />

bietet heutzutage die seltene Gelegenheit,<br />

auf einer überschaubaren<br />

Fläche mehrere herrschaftliche<br />

Behausungen zu sehen. Dabei stellt<br />

man sehr schnell fest, dass es dort<br />

keine Spuren des « gemeinen Volkes »<br />

gibt, da sich dieses diskret weiter unten,<br />

außerhalb dieses privilegierten<br />

Bereiches niederzulassen hatte. Der<br />

hochgelegene Ort war dem Adel<br />

vorbehalten. Unweigerlich muss<br />

man da eine Parallele zu sogenannten<br />

« sicheren » Dörfern mancher<br />

Länder ziehen, in denen heutzutage<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


d’Olonne<br />

A83<br />

Poitiers<br />

wohlhabende Hausbesitzer zusammen<br />

wie in einem « geschützten<br />

Kokon » leben können. Man schätzt,<br />

dass 1350 auf dem Felsplateau und<br />

in der Umgebung von Merle rund<br />

100 Menschen – Adelige und Nichtadelige<br />

– in insgesamt 30 Gebäuden<br />

wohnten.<br />

Mit der Zeit sank allerdings die<br />

Anziehungskraft dieses Ortes in<br />

den Augen der Lehnsherren, da es<br />

inzwischen möglich war, an anderen<br />

Orten unter viel bequemeren Umständen<br />

zu leben. Umso mehr, als<br />

dass es der Fortschritt im Bereich Cap-Ferret<br />

der Artillerie Feinden zwischenzeitlich<br />

ermöglichte, von den umliegenden<br />

Hügeln aus anzugreifen. Es<br />

war also vordringlich geworden, Mimizan den<br />

Felsvorsprung zu verlassen, was sie<br />

dann auch nach und nach taten. Die<br />

Dorfbewohner, die an den Hängen<br />

unterhalb lebten und demzufolge<br />

nicht mehr durch die Lehnsherren<br />

Hossegor<br />

Pamplona<br />

Montalivet<br />

Le Porge<br />

Bayonne<br />

torique klassifizierte Stätte wurde in<br />

der Zwischenzeit teilweise renoviert,<br />

neu gestaltet und aufgewertet, um<br />

die notwendigen Voraussetzungen<br />

für eine Besichtigung zu schaffen.<br />

Heute beschäftigen uns die Ruinen<br />

sowohl durch ihre Schönheit und<br />

die unberührte Umgebung als auch<br />

durch ihre Botschaft, dass das einstmals<br />

sehr begehrte « VIP-Dorf » bei<br />

den adligen Bewohnern letztendlich<br />

aus der Mode kam. Die Ausstrahlung<br />

und Poesie des atemberaubenden<br />

Ortes haben einen Zauber<br />

entstehen lassen, durch den Merle<br />

wieder auflebt. Von den seinerzeit<br />

prunkvollen Bauten zeugen würdevolle<br />

Ruinen, die uns an andere<br />

Ruinen erinnern, nämlich die der<br />

architektonischen Schmuckstücke<br />

der Inkas. Vielleicht hinkt der Vergleich<br />

ja … Aber es macht Freude,<br />

sich in Merle auch ein bisschen wie<br />

in der Ruinenstadt Machu Picchu zu<br />

fühlen …<br />

N11/E601<br />

Lesetipps La Rochelle für Ausflüge in die Umgebung & Reiseinfos<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60: Vallée de la<br />

E602/A837<br />

Dordogne, wo man « wie Gott<br />

in Frankreich lebt » (+/- 20 km<br />

entfernt)<br />

Angoulême Das Vallée de la<br />

Dordogne zieht<br />

sich durch drei<br />

Departements<br />

(Dordogne, Lot und<br />

Corrèze) und ist eine<br />

besonders Périgueux<br />

privilegierte<br />

Gegend. Hier lässt es sich angenehm und A89/E70 friedlich<br />

leben, man ist umgeben E5/A10 von wunderschönen<br />

Landschaften, außergewöhnlichen<br />

architektonischen und historischen Kulturgütern<br />

Bordeaux<br />

und kann dazu noch eine schmackhafte Sarlat-le-Canéda<br />

Küche<br />

genießen. Kurz: Diese Ecke Frankreichs kann zu<br />

A52/E72<br />

Recht als kleines Paradies bezeichnet werden!<br />

Sarlat, La Roque Gageac, Rocamadour, Gouffre<br />

du Padirac und der Neandertaler sind zwar die<br />

bekanntesten Botschafter dieser Region, aber bei<br />

Weitem nicht die einzigen. Vor allem im östlichen<br />

Teil des Tals (Lot und Corrèze), über den wir<br />

hier berichten wollen, gibt es ein touristisches<br />

E5-E70/A63 Potenzial, das überraschenderweise noch<br />

weitgehend unbekannt ist. Verlässt man also die<br />

ausgetretenen Pfade und folgt den Hinweisen<br />

derer, die hier leben, dann entdeckt man schnell<br />

den France<br />

Charme eines Tales, der den Ausdruck « leben<br />

wie Gott in Frankreich » absolut rechtfertigt.<br />

A64/E80 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 65: Die deutschfranzösische<br />

Freundschaft,<br />

welch eine Energie! (Beaulieusur-Dordogne,<br />

33 km entfernt)<br />

Pau<br />

Vom 30. September<br />

bis 5. Oktober 2017<br />

sind 15 Elektro- und<br />

Hybridautos quasi<br />

ohne Lärm und ohne<br />

schädliche Emissionen<br />

im Rahmen der ersten<br />

Tour d’E-Mobilité von Mannheim in das Vallée<br />

de la Dordogne gefahren und haben gezeigt,<br />

welch wunderbare Energie aus der deutschfranzösischen<br />

Freundschaft entstehen kann.<br />

Spanien<br />

Saint-Sigismond<br />

E5/A10<br />

Niort<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42: Bastiden, die<br />

neuen Städte des Mittelalters<br />

(Domme, 103 km entfernt)<br />

Im Mittelalter, insbesondere im<br />

13. und 14. Jahrhundert,<br />

entstanden in den<br />

meisten euro päisch<br />

en Ländern aus<br />

politischen, mili tärischen,<br />

wirt schaftlichen<br />

oder demografischen<br />

Gründen<br />

neue Dörfer und Städte. So auch in Frankreich, vor<br />

allem in den Regionen Aquitanien, Midi-Pyrénées<br />

und Languedoc-Roussillon im Südwesten des<br />

Landes. Man schätzt, dass dort damals rund<br />

600 neue Siedlungen gegründet wurden, die alle<br />

dem gleichen Grundmuster folgten. Bis heute<br />

sind rund 300 der als Bastiden bezeichneten<br />

Städte erhalten. Es gibt dabei einige Parallelen zu<br />

Immobilienprojekten aus heutiger Zeit.<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />

DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />

SIE AUF SEITE 86.<br />

Limoges<br />

Les Tours A20/E9 de Merle …<br />

… Berlin 1473 km … Hamburg 1416 km<br />

… Köln 1010 km … Frankfurt 931 km<br />

… München 1060 km … Wien 1474 km<br />

… Zürich 757 km … Paris 525 km<br />

… Clermont-Ferrand 170 km<br />

… Brive-la-Gaillarde 64 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen ist Brive-Vallée<br />

de la Dordogne (77 km). Er wird von den<br />

Flughäfen Paris-Orly und Lyon-Saint-Exupéry<br />

aus angeflogen, zu denen es wie de rum<br />

Direktverbindungen aus dem deutschsprachigen<br />

Toulouse Raum gibt. Der nächst ge le gene<br />

Flughafen, der aus diesen Ländern di rekt<br />

angeflogen wird, ist Toulouse-Blagnac<br />

(224 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof befin Narbonne det<br />

sich in Montauban (182 km). A81/E80<br />

Limoux<br />

Les Tours de Merle<br />

19220 Saint-Geniez-ô-Merle<br />

A9/E15<br />

France<br />

Telefon: +33 (0)5 55 28 22 31<br />

www.toursdemerle.fr<br />

Andorra<br />

Montluçon<br />

Collioure<br />

Die Stätte kann von Anfang April Céret bis Anfang<br />

November besichtigt werden.<br />

April, Mai, Juni: täglich von 14 bis 18 Uhr. AP7/E15<br />

Juli, August: täglich von 10 bis 19 Uhr.<br />

Spanien<br />

September: täglich von 14 bis 18 Uhr.<br />

Oktober: nur sonntags von 14 bis 18 Uhr.<br />

Während der Schulferien an Aller heiligen (20.<br />

Oktober bis 4. November <strong>2018</strong>): täglich von<br />

14 bis 18 Uhr.<br />

Achtung: letzter Einlass ein Stunde vor<br />

Schließung.<br />

Je nach Saison 5,50 € oder 6,50 €, Kinder<br />

und Jugendliche von 6 bis 15 Jahren ermäßigt<br />

3,50 €, Kinder bis 6 Jahre haben freien<br />

Eintritt.<br />

Es gibt einen kostenlosen Parkplatz, von dem<br />

aus ein angenehmer und gut ausgeschilderter<br />

Weg in rund zehn Minuten zu den Ruinen<br />

führt.<br />

Verlangen Sie am Eingang das informative<br />

Begleitheft in deutscher Sprache.<br />

Feste Schuhe sind empfehlenswert, da die<br />

Wege steinig und oft steil sind.<br />

A71/E11<br />

beschützt wurden, verließen ab Ende<br />

Biarritz<br />

des 17. Jahrhundert Hendaye ebenfalls diese<br />

Gegend. Damit war das Kapitel Sarede-<br />

finitiv beendet. Die<br />

Donostia-<br />

Tours de Merle<br />

S. Sebastian<br />

gerieten in Vergessenheit und wurden<br />

von der Vegetation überwuchert.<br />

Die seit 1927 als Monument his-<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

A89/E70<br />

Saint-Geniez-ô-Merle<br />

Aurillac<br />

Perpignan<br />

A75/E11<br />

A75/E11<br />

Lodève<br />

Bézier<br />

Sa<br />

le<br />

M<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 47


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />

48 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Die Geschichte besteht oftmals aus vielen kleinen – manchmal unbekannten – Geschichten.<br />

Meist werden die Französische Revolution und die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte<br />

von 1789 als Leistung eines ganzen Volkes und als große geschichtliche Ereignisse<br />

präsentiert. Das Volk hat sich angeblich spontan und solidarisch im ganzen Land<br />

gleichzeitig erhoben, um diese neuen natürlichen Rechte für die Menschen zu erwirken.<br />

Dass bestimmte Gebiete dabei eine Vorreiterrolle gespielt haben, vergisst man meist.<br />

Sieht man sich nämlich den Fall der Abschaffung der Sklaverei in Frankreich genauer an,<br />

dann stellt man fest, dass einige Regionen bei der Anprangerung dieser Tragödie der<br />

Menschheitsgeschichte viel fortschrittlicher waren als andere. Ein Beispiel dafür ist vor<br />

allem der Osten Frankreichs. Die heutigen Regionen Grand-Est und Bourgogne-Franche-<br />

Comté waren – was wenig bekannt ist – die Wiege der abolitionistischen Bewegung. Heute<br />

verbindet die Route des Abolitions de l’Esclavage verschiedene Stätten, in denen man im<br />

Rahmen eines Gedenktourismus sehr beeindruckende Entdeckungen machen kann.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 49


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />

Christiane Taubira (1993-2012 Abgeordnete von Französisch-Guyana,<br />

2012-2016 Justizministerin), die das am<br />

10. Mai 2001 verabschiedete französische Gesetz, das die<br />

Anerkennung von Sklaverei und Sklavenhandel als Verbrechen gegen<br />

die Menschlichkeit anstrebt, im Wesentlichen initiiert hatte,<br />

veröffentlichte 2015 ein Buch mit dem Titel L‘esclavage raconté à ma<br />

fille (Editions Philippe Rey). Darin teilt sie mit dem Leser einen Dialog<br />

zwischen Mutter und Tochter über Sklaverei, Handel mit und<br />

Ausbeutung von Menschen, Kolonisierung und Freiheitskampf.<br />

Inmitten dieser facettenreichen und leidenschaftlichen Unterhaltung<br />

gibt es eine Passage, die besonders aufhorchen lässt. An<br />

einer Stelle nämlich will die Mutter den kritischen Geist ihrer<br />

Tochter fördern und fordert diese auf, das in der Schule Gelernte,<br />

beziehungsweise die Lehren der Gesellschaft im weitesten<br />

Sinne, zu hinterfragen: « Was hast du gelernt? Dass der<br />

brillante Schriftsteller und Humanist Condorcet […] ein<br />

herausragender Abolitionist war? Das hat ihn nicht daran<br />

gehindert, eine allmähliche Abschaffung vorzuschlagen, die<br />

sich über 66 Jahre hinziehen sollte! […] Mein Schatz, hast<br />

du gelernt, dass Mirabeau zwar die ‹ kolonialen Tyrannen,<br />

die den Negern den Stellenwert von Lasttieren zusprachen<br />

›, anprangerte und die Notwendigkeit, die Sklaverei<br />

abzuschaffen, bekräftigte, gleichzeitig aber aus erstaunlich<br />

egoistischen Motiven empfahl, dabei nur sukzessive vorzugehen,<br />

da ‹ die weißen Sklavenhalter wie üblich ins Mutterland<br />

zurückkehren und dabei all ihre Sitten, Gewohnheiten und<br />

Prinzipien mitbringen würden ›, und dies die in der Konstitution<br />

festgeschriebene Freiheit gefährden würde? […] Hast du gelernt,<br />

dass Voltaire überaus einträgliche Aktien an Unternehmen besaß,<br />

die im Sklavenhandel tätig waren – er, der immer die Macht der<br />

Ungerechtigkeit und die Gewalttätigkeit von Vorurteilen bekämpft<br />

hat? […] Hast du gelernt, dass die Geschäfte der im Sklavenhandel<br />

tätigen Reeder in den ehrenwerten Jahren der Revolution, zwischen<br />

1788 und 1793 am besten liefen? […] Hast du gelernt, dass<br />

die Revolution von 1789 die Sklaverei nicht abgeschafft hat, sondern<br />

dass sich erst der Nationalkonvent von 1794 dazu durchgerungen<br />

hat? […] Hast du gelernt, dass der große Napoleon Bonaparte,<br />

der Mann der Eroberungen, der Expedition nach Ägypten und des<br />

Code civil, in Sorge um die Interessen der Kolonisten […] 1802 die<br />

Sklaverei unverzüglich wieder eingeführt hat? … » […]<br />

« Das ist brutal! », antwortet ihre Tochter.<br />

« Natürlich ist das brutal. Das ist ein Angriff auf die Legende<br />

der Aufklärung », setzt die Mutter, Christiane Taubira, engagierter<br />

als jemals zuvor fort.<br />

« Die Legende der Aufklärung » … Dieser Begriff veranschaulicht,<br />

wie komplex die Beziehung eines Landes<br />

zu seiner Geschichte ist. Egal welchen Landes. Was ist<br />

noch historische Wahrheit, wo beginnt der Roman national,<br />

die « nationale Meistererzählung », wie man diesen<br />

typisch französischen Ausdruck am ehesten ins Deutsche<br />

übersetzen kann? Natürlich bezieht sich diese Fragestellung<br />

nicht nur auf Frankreich. Und doch ist sie in diesem Land<br />

besonders legitim, da die universelle Bedeutung der Französischen<br />

Revolution und der Erklärung der Menschenund<br />

Bürgerrechte zwangsläufig einen Einfluss auf die<br />

Darstellung der Geschichte des Landes hatte. Was also<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


die Abschaffung der Sklaverei angeht, sind die Dinge<br />

vielleicht nicht so einfach, wie sie scheinen mögen …<br />

Das Bild einer französischen Nation, die sich während<br />

der Revolution spontan und gleichzeitig, wie ein einziges<br />

Wesen, erhebt, um den Sklavenhandel anzuprangern<br />

und dessen Abschaffung zu erwirken, muss in der Tat<br />

sehr relativiert werden. Heute kann man nun auf ganz<br />

unerwartete Weise – nämlich im Rahmen von Besichtigungen<br />

–, vor allem aber auf sehr fesselnde Art, mehr<br />

über eine regelrechte europäische Kolonialindustrie<br />

erfahren, die im Laufe von knapp fünf Jahrhunderten<br />

(vom 15. bis 19. Jahrhundert) vermutlich zwischen 12<br />

und 15 Millionen Afrikaner vernichtete. Und gleichzeitig<br />

kann man all denen Anerkennung zollen, die<br />

sich als Erste gegen diese Tragödie der Geschichte der<br />

Menschheit erhoben, sich ihr widersetzten.<br />

Als zu Beginn der 90er-Jahre die UNESCO und<br />

die Vereinten Nationen dazu aufforderten, auf internationaler<br />

Ebene Forschungsarbeiten zur Geschichte<br />

von Sklaverei und Sklavenhandel durchzuführen,<br />

hatte man in Frankreich – vor allem auf universitärer<br />

Ebene – bereits damit begonnen, die Rolle des Landes<br />

in diesem Kontext zu hinterfragen. Allerdings<br />

waren diese Arbeiten noch ziemlich vertraulich.<br />

Logischerweise hatten sich diese hauptsächlich auf<br />

die Küstengebiete Frankreichs konzentriert. Wie<br />

ganz Europa – England an der Spitze (alleine von<br />

Liverpool gingen 4894 Expeditionen aus, ebenso viele,<br />

wie von allen französischen Häfen zusammen) – war Frankreich<br />

stark in den Sklavenhandel involviert. Forscher und Historiker<br />

interessierten sich besonders für Nantes, La Rochelle, Bordeaux,<br />

Saint-Malo, Le Havre, Rouen und Marseille, da dies die wichtigsten<br />

französischen Häfen für die Geschäfte mit Sklaven waren. Die<br />

Forschungen zeichneten sich mal durch mehr, mal durch weniger<br />

Mut und guten Willen aus, den Finger in die Wunde dieser unrühmlichen<br />

Vergangenheit zu legen.<br />

Weiter östlich, im Landesinneren, also fern dieser genannten<br />

Häfen, begann jedoch gleichzeitig ein Gedanke ganz anderer<br />

Natur zu keimen. Eine andere Art der Aufarbeitung, die sich mit<br />

den Ursprüngen der Abschaffung des Sklaventums beschäftigte.<br />

Mehrere Arbeiten in diesem Bereich ließen bereits erahnen, dass<br />

die Gebiete im Osten Frankreichs diesbezüglich eine Art « Vorreiterrolle<br />

» gespielt hatten. Angesichts der Anzahl der Indizien<br />

und ihrer historischen Wahrheit wurde beschlossen, eine Route des<br />

Abolitions de l’Esclavage einzurichten. Ihr Ziel sollte sein, mehrere<br />

Orte zu verbinden: Emberménil (Meurthe-et-Moselle), Fessenheim<br />

(Haut-Rhin), Champagney (Haute-Saône), Château de Joux<br />

(Doubs) und Chamblanc (Côte d’Or). All diesen Orten ist gemein,<br />

dass sie von den historischen Verbindungen zwischen der Region<br />

im Osten und der Abschaffung der Sklaverei zeugen. Diese bahnbrechende<br />

Initiative hat sich als Erfolg erwiesen: Die fünf Orte ziehen<br />

inzwischen pro Jahr rund 75 000 Besucher an und haben dazu<br />

Vorherige Doppelseite: Hommage an Toussaint<br />

Louverture im Château de Joux vor dem Eingang<br />

der Zelle, in der er eingesperrt war.<br />

Linke Seite: gefesselter Fetisch (Musée Victor Schœlcher/<br />

Sammlung Arbogast, Château Vodou Straßburg).<br />

Oben: Dekret vom April 1848 über die<br />

Abschaffung der Sklaverei in den französischen<br />

Kolonien (Musée Victor Schœlcher).<br />

Unten: Urkunde vom Mai 1831 über die Freilassung<br />

eines Sklaven (Maison Anne-Marie Javouhey).<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 51


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />

beigetragen, dass Ostfrankreich offiziell zum nationalen,<br />

beiziehungsweise sogar europäischen Zentrum für die Geschichte<br />

und das Gedenken an das Sklaventum und dessen<br />

Abschaffung wurde. Nach und nach ist ein sehr vielfältiges<br />

touristisches Angebot (Schlösser, Museen, Häuser von illustren<br />

Persönlichkeiten …) entstanden, mit dessen Hilfe<br />

man sich die besondere Rolle dieser Gegend in Bezug auf<br />

die Abschaffung der Sklaverei vor Augen führen kann.<br />

Man muss wissen, dass die fünf Orte der Route des Abolitions<br />

sehr weit voneinander entfernt sind. Von Nord nach<br />

Süd erstreckt sich diese « Straße der Abschaffung der Sklaverei<br />

» über eine Distanz von 500 Kilometern. Sie zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass sie einen globalen Überblick über<br />

die Geschichte des Sklavenhandels und seine Abschaffung<br />

ermöglicht, und den Besucher gleichzeitig sehr schöne Regionen<br />

entdecken lässt. Man kann sich jedoch auch auf die<br />

bemerkenswertesten Orte konzentrieren. Aus unserer Sicht<br />

sind dabei das Musée Victor Schœlcher in Fessenheim, das Maison de la<br />

Négritude et des Droits de l’Homme in Champagney und das Château<br />

de Joux unverzichtbar. In diesem Fall beginnt die Strecke südöstlich<br />

von Colmar und führt über etwas mehr als 200 Kilometer bis in den<br />

Südosten von Besançon. Umgekehrt ist es durchaus möglich, die fünf<br />

offiziellen Orte der Route des Abolitions de l‘Esclavage und damit diese<br />

Thematik durch zusätzliche Ausflüge abzurunden. Dafür bieten sich<br />

das Musée Lamartine in Mâcon, das Château de Lamartine in Saint-<br />

Point (Saône-et-Loire) sowie das Maison de Victor Hugo in Besançon<br />

(Doubs) an.<br />

Das von René Simonin (oben) gegründete Maison de<br />

la Négritude et des Droits de l’Homme (Außenansicht<br />

siehe unten, Innenansicht rechte Seite) stellt eine<br />

Kopie des Artikels 29 aus dem berühmten Cahier<br />

de Doléances vom 19. März 1789 (oben) aus.<br />

Die Gemeinde Champagney (Haute-Saône) erscheint wie ein kleiner,<br />

geruhsamer Ort. Mit den Läden entlang der Hauptstraße, dem<br />

zentralen Platz und der Kirche könnte es ein Dorf wie viele andere in<br />

der Region sein. Und doch ist Champagney anders, in gewisser Weise<br />

sogar außergewöhnlich. Genauer gesagt, die Bewohner der Gemeinde<br />

waren es im Laufe ihrer Geschichte. Warum das so ist? Um das zu<br />

erfahren, geht man am besten in das Maison de la Négritude et des Droits<br />

de l’Homme, das direkt neben der Kirche liegt und 1971 von einem<br />

Bewohner gegründet wurde, der sich für die lokale Geschichte begeisterte:<br />

René Simonin (1911-1980). Beim Betreten des kleinen Museums<br />

entdeckt man sofort die Reproduktion eines Textes, auf den die Bewohner<br />

des Ortes zu Recht stolz sind. Es geht dabei um den Artikel<br />

29 des Cahier de Doléances, das die Einwohner von Champagney 1789<br />

verfassten, um einer Aufforderung König Ludwigs XVI. (1754-1793)<br />

nachzukommen.<br />

Um die Besonderheit und den Wert dieses Textes in seiner ganzen<br />

Tragweite zu verstehen, sollte man wissen, was es mit diesen Cahiers<br />

de Doléances (Beschwerdebüchern) auf sich hat, welche die französische<br />

Geschichte so tief geprägt haben. 1789 waren Ludwig XVI. und sein<br />

Königreich in diversen Schwierigkeiten. Der König spürte die immer<br />

stärker werdende Unzufriedenheit und war gezwungen, im Mai 1789<br />

die Generalstände vorzuladen. Sein Gedanke war, den Untertanen<br />

« das Wort zu erteilen » und ihnen somit den Anschein von Freiheit<br />

zu vermitteln. Zur Vorbereitung dieser Vorladung forderte er alle Gemeinden<br />

in Frankreich auf, ihm ihre Probleme, ihre « Beschwerden »<br />

mitzuteilen. Im ganzen Land kamen die Menschen zusammen, um<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 53


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Links: Außenansicht des Musée Victor Schœlcher und der<br />

Erlass über die Exhumierung des Leichnams von Victor<br />

Schœlcher vor der Überführung ins Panthéon nach Paris.<br />

Oben: Gemälde « Die Abschaffung der Sklaverei in den<br />

französischen Kolonien 1848 » (von Auguste-François<br />

Biart, aus der Sammlung RMN/Château de Blérancourt).<br />

ihre Sorgen zu Papier zu bringen, in der Hoffnung, dass der König<br />

sie berücksichtigen werde. Überall machte man sich also daran, ganz<br />

konkrete und lokale Probleme zu beschreiben: die Schwierigkeiten, bestimmte<br />

Böden zu bestellen, Nachbarschaftszwiste, zu hohe Steuern,<br />

die Nichtberücksichtigung lokaler Besonderheiten usw. An Beanstandungen<br />

fehlte es nicht und alle dachten – denn das war ja schließlich<br />

die königliche Forderung – vor allem an ihre eigenen Probleme.<br />

Alle … außer ein paar wenigen Dörfern, darunter eben auch<br />

Champagney. Abgesehen von den Forderungen, die ihren Alltag betrafen,<br />

schlossen die Bewohner in ihr Cahier de Doléances auch einen<br />

überraschenden Artikel 29 ein, der wie folgt lautete:<br />

« Die Einwohner und Gemeinschaften von Champagney können nicht<br />

an die Übel denken, unter denen die Neger in den Kolonien leiden, ohne im<br />

Herzen einen tiefen Schmerz zu empfinden, wenn sie sich vorstellen, wie<br />

ihresgleichen, mit denen sie durch das doppelte Band der Religion verbunden<br />

sind, schlechter als Lasttiere behandelt werden … Sie lassen sich nicht davon<br />

überzeugen, dass man die Erzeugnisse dieser Kolonien nutzen kann, wenn<br />

man darüber nachdenkt, dass sie vom Blut ihresgleichen getränkt sind: Sie<br />

befürchten zu Recht, dass zukünftige aufgeklärtere und philosophischere Generationen<br />

die Franzosen aus diesem Jahrhundert anschuldigen, Menschenfresser<br />

gewesen zu sein, was im Widerspruch zum Begriff des Franzosen und<br />

noch mehr zu dem des Christen steht. Deshalb diktiert ihnen ihre Religion,<br />

Seine Majestät demütig zu bitten, die Mittel abzustimmen, um aus diesen<br />

Sklaven Untertanen zu machen, die dem Königreich und dem Vaterland<br />

nützlich sind. »<br />

Damit blickten diese Menschen, die zum Großteil Bauern und<br />

Bergarbeiter waren und noch niemals in ihrem Leben einen Schwarzen<br />

gesehen hatten – abgesehen von einem noch heute vorhandenen Bild in<br />

der Kirche, das einen Mann mit schwarzer Haut, den Heiligen Balthasar,<br />

darstellt –, über den Tellerrand ihrer eigenen Probleme hinaus und<br />

prangerten die Sklaverei an.<br />

Heute weiß man, dass die Champagnerots, wie man die Bewohner<br />

des Ortes nennt, nicht die Einzigen waren. Die Geschichtswissenschaftler<br />

Marcel Dorigny und Bernard Gainot haben in ihrem gut<br />

dokumentierten Atlas des esclavages: De l’Antiquité à nos jours (Editions<br />

Autrement) eine Frankreichkarte veröffentlicht, auf der verzeichnet ist,<br />

wo in den Cahiers de Doléances von 1789 überall Hinweise auf die Abschaffung<br />

der Sklaverei zu finden waren. Man zählt dabei mehr als 40<br />

Punkte, im Westen ebenso wie im Osten, jedoch im Wesentlichen im<br />

Norden des Landes. Die Autoren halten zu Recht fest, dass « die Hefte<br />

von 1789 entgegen der zu oft wiederholten Behauptungen zum Thema Sklaverei<br />

und Sklavenhandel nicht nahezu geschwiegen haben: Zu sagen, dass<br />

nur ein einziges Heft (das von Champagney) der Empörung der Einwohner<br />

angesichts der kolonialen Praxis Ausdruck verliehen hat, ist nicht richtig […]<br />

Die Realität war komplexer [und zeigt] ein, durch eine Linie zweigeteiltes<br />

Frankreich – durch eine Linie, die von der Basse Loire über Châtellerault<br />

(Vienne) und Charolles (Saône-et-Loire) bis ins Jura reicht und fast genau<br />

mit der Linie übereinstimmt, die den sehr alphabetisierten Teil Frankreichs<br />

vom wenig alphabetisierten trennt –: 80 % der Beschwerden über die Sklaverei<br />

wurden nördlich dieser Linie geäußert. » Und doch ist dieser Artikel<br />

29 der Bewohner von Champagney im Osten Frankreichs etwas<br />

Besonderes: Ihr Wunsch, die Sklaverei anzuprangern, ist nämlich klar<br />

und zutiefst menschlich. Er ist nicht ambivalent, wie in vielen anderen<br />

Cahiers de Doléances, die gleichzeitig auf das wirtschaftliche Interesse<br />

der Kolonien hinwiesen. Im Maison de la Négritude et des Droits de<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 55


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />

Oben: Büste von Anne-Marie Javouhey im<br />

Haus der Familie in Chamblanc.<br />

Unten: Büste von Abbé Grégoire im Musée d’Emberménil.<br />

Rechte Seite: Château de Joux, Portrait von Toussaint<br />

Louverture und Blick vom Schloss auf das Tal.<br />

l’Homme gibt es drei Ausstellungsräume, in denen man mehr über die<br />

Besonderheit und den Stellenwert des Artikels 29, den Sklavenhandel<br />

im Europa des 15. bis 19. Jahrhunderts und die aktuelle Situation der<br />

weltweiten Sklaverei erfährt.<br />

Abgesehen von Champagney gibt es aber noch andere Orte, die<br />

einem das Bewusstsein darüber vermitteln, wie sensibel man in dieser<br />

Gegend mit der Abschaffung der Sklaverei umgegangen ist. Man erfährt<br />

vor allem, dass einige der dort lebenden Menschen ihre Region<br />

verließen, um sich vor Ort in den Kolonien selbst von der Situation<br />

zu überzeugen, und nach der Rückkehr ins französische Mutterland<br />

die Notwendigkeit verspürten, ihre Zeitgenossen über den<br />

Schrecken der Sklaverei zu informieren und für deren Abschaffung<br />

zu kämpfen. In Fessenheim beispielsweise, knapp<br />

90 Kilometer nordöstlich auf der Route des Abolitions, präsentiert<br />

das kommunale Museum Maison Schœlcher den mutigen<br />

Kampf von Victor Schœlcher (1875-1893). Der Staatssekretär<br />

für die Kolonien in der provisorischen Regierung der Französischen<br />

Republik ließ am 27. April 1848 über ein Dekret zur<br />

definitiven Abschaffung der Sklaverei in Frankreich abstimmen. In der<br />

Côte d’Or, in Chamblanc, begegnet man einer anderen wichtigen Persönlichkeit,<br />

die ebenfalls nach einer Reise in die Kolonien beschloss,<br />

gegen den Handel mit Schwarzen zu kämpfen: Schwester Anne-Marie<br />

Javouhey. Ihr Geburtshaus kann zwar nicht besichtigt werden, doch<br />

im nur vier Kilometer entfernten Jallanges gibt es einen Sentier historique<br />

und einen Forêt mémoire, um ihr Engagement zu würdigen. Beide<br />

Menschen waren der Region im Osten sehr verbunden und mutige und<br />

unverzichtbare Sprachrohre, die es verstanden, ihre Erkenntnisse zu<br />

vermitteln und so zur Veränderung der Mentalität in Frankreich beizutragen.<br />

Ihre Namen reihen sich in die Liste anderer berühmter Namen<br />

ein, die für den Kampf um die Abschaffung der Sklaverei stehen, wie<br />

Abbé Grégoire (1750-1831), dieser große Denker, den man auch den<br />

« Freund der Schwarzen » nannte. Seine Asche wurde 1989 nach Paris<br />

ins Panthéon überführt. Auf der Route des Abolitions erweist ihm<br />

in Emberménil, zwischen Metz und Colmar ein kleines Museum die<br />

Ehre.<br />

Neben dem Maison de la Négritude et des Droits de l’Homme in<br />

Champagney, das in gewisser Weise das « Herz » der Route des<br />

Abolitions darstellt, ist vielleicht das Château de Joux, einige Kilometer<br />

südlich von Pontarlier, die bewegendste Stätte, um den<br />

Weg bis zur Abschaffung der Sklaverei in Frankreich nachvollziehen<br />

zu können. Sie ist eng mit der Geschichte eines<br />

der Helden im Kampf um dieses Ziel verbunden: Toussaint<br />

Louverture (1743-1803). Er war selbst der Sohn eines Sklaven<br />

und organisierte 1791 einen Aufstand der Schwarzen gegen<br />

die Plantagenbesitzer in Santo Domingo (heute Haiti), eine<br />

Kolonie, die früher als « die Perle der Antillen » angesehen<br />

wurde. 1794 schloss er sich dem revolutionären Frankreich<br />

an, das die Sklaverei gerade abgeschafft hatte (die allerdings<br />

unter Napoleon Bonaparte dann wieder eingeführt wurde). Er<br />

wurde zum kommandierenden General der Armee von Santo<br />

Domingo ernannt, rief 1800 eigenmächtig die Unabhängigkeit<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 57


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />

Die Zelle von Toussaint Louverture<br />

im Château de Joux mit dem zum<br />

großen Teil zugemauerten Fenster; eine<br />

Treppe, über die man in die verschiedenen<br />

Etagen und zu den Zellen des Schlosses<br />

gelangt; Büste von Toussaint Louverture.<br />

der Stadt aus und machte sich selbst<br />

zum Gouverneur. Napoleon, dem<br />

dies natürlich gar nicht gefiel, ließ ihn<br />

gefangen nehmen, klagte ihn der Verschwörung<br />

an, deportierte ihn im Juni<br />

1802 in das französische Mutterland<br />

und sperrte ihn im Jura im Fort de Joux<br />

ein. Das Gebäude, das gewöhnlich<br />

auch La Bastille de l’Est genannt wird,<br />

liegt vollkommen isoliert in den Bergen<br />

und ist Wind, Schnee und Kälte<br />

ausgesetzt. Offensichtlich machte<br />

man sich das sadistische Vergnügen,<br />

den armen, an tropisches Klima gewöhnten<br />

Toussaint Louverture ohne<br />

Kleider und in einer Zelle, deren Luke<br />

zu drei Vierteln verdeckt war, « allmählich<br />

zugrunde gehen zu lassen ».<br />

1803 starb er dort, vermutlich an<br />

Hunger und Kälte, ohne dass<br />

jemand Notiz davon nahm.<br />

Die Unabhängigkeit seines<br />

Landes im Jahr 1804, nach<br />

einem 13 Jahre andauernden<br />

Befreiungskrieg, erlebte er somit<br />

nicht mehr. Und natürlich<br />

auch nicht das letzte französische<br />

Dekret vom 27. April<br />

1848 zur Abschaffung der<br />

Sklaverei, für das Victor<br />

Schœlcher so gekämpft hatte.<br />

Kehrt man nach der Besichtigung<br />

dieser Zelle im Château de Joux,<br />

dort oben in den unwirtlichen, kalten<br />

und feuchten Bergen, wieder zurück<br />

auf die Route des Abolitions, so weiß<br />

man, dass diese Erinnerung für<br />

immer im Gedächtnis haften wird.<br />

Man möchte noch mehr darüber<br />

erfahren. Also beschafft man sich<br />

Informationen und entdeckt, dass<br />

die französische Monarchie erst am<br />

5. Juli 1825, also 21 Jahre nach der Unab<br />

häng igkeit Haitis, die neue Republik offiziell<br />

anerkannte, indem sie « den<br />

aktuellen Bewohnern<br />

des<br />

französischen<br />

Teils<br />

der Insel<br />

S a n t o<br />

Domin go<br />

die vollumfäng<br />

liche<br />

Un ab häng ig keit<br />

ihrer Re gierung » zu-<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


A34/E46<br />

Jumièges<br />

Rouen<br />

A26/E17<br />

A10/E5<br />

A13/E5<br />

Evreux<br />

Dreux<br />

A16<br />

A6/E15<br />

zur Dominikanischen Republik A5/E54<br />

Chartres<br />

A11/E50<br />

Blois<br />

A10/E5-E60<br />

Tours Chenonceau<br />

A85<br />

Souillac sur<br />

Dordogne<br />

da<br />

gestand. Vor dem Auf stand, der<br />

schließlich zur Unab hängigkeit<br />

1804 führte, hatten sich die<br />

PARIS<br />

ehemaligen Herren und Kolonisten<br />

im östlichen Teil der Insel<br />

Versailles<br />

zusammengefunden, der dann<br />

wurde. Aus dem westlichen Teil,<br />

auf dem die ehemaligen Sklaven<br />

lebten und den man als « den<br />

A10/E5<br />

französischen Teil » bezeichnete,<br />

wurde Haiti. Orléans Diesem Gebiet also,<br />

das im Prinzip bereits seit mehr als<br />

20 Jahren frei war, « gestand » der<br />

französische König dann 1825 die<br />

Chambord<br />

Unabhängigkeit zu … Eine teuer<br />

Cheverny<br />

bezahlte Unabhängigkeit, denn als<br />

A71/E9<br />

Gegenleistung für diese Anerkennung<br />

musste Haiti sich verpflichten,<br />

fünf Jahre lang jeweils 30<br />

Bourges<br />

Millionen Francs-or an Frankreich<br />

zu bezahlen, A20/E9 um die Kolonisten zu<br />

A71/E11<br />

Montluçon<br />

entschädigen. Ein unglaublich hoher<br />

Betrag, wenn man weiß, dass<br />

das jährliche Budget Frankreichs<br />

damals genau … 30 Millionen<br />

Francs-or betrug! Haiti, das natürlich<br />

nicht in der Lage war, diesen<br />

Betrag aufzubringen, musste<br />

sich verschulden. Wie Christiane<br />

Taubira in ihrem Buch ganz folgerichtig<br />

bemerkte, « hat die Republik<br />

Limoges<br />

Haiti eineinhalb Jahrhunderte später,<br />

ausgeblutet, 80 % des Darlehens<br />

sowie hohe Zinsen zurückgezahlt.<br />

Die haitische Staatskasse hatte sich<br />

bei großen Banken wie Laffitte,<br />

Tulle<br />

Rothschild, Brive-la-Gaillarde dann bei der Banque de<br />

Le Pescher l’Union parisienne und der City National<br />

Bank Saillac verschuldet …» In der<br />

Tat ist das weit von der « Legende<br />

Payrac der Aufklärung Rocamadour » entfernt …<br />

A20/E9 Die Route des Abolitions macht<br />

France<br />

A4/E50<br />

A71/E11<br />

nachdenklich, das ist einer ihrer<br />

großen Pluspunkte. Diese Initiative<br />

einiger Regionen im Osten<br />

Frankreichs ist in mehrfacher<br />

Hinsicht beispielhaft. Sie macht<br />

neugierig und regt dazu an, sich<br />

relevante Fragen zu dieser dunklen<br />

Zeit der Geschichte Frankreichs,<br />

Europas und der ganzen<br />

Welt<br />

Toulouse<br />

zu stellen. Und sie gibt Gelegenheit,<br />

diese Gegend auf ganz<br />

andere und interessante Art zu<br />

entdecken.<br />

A6/E15<br />

A26/E17<br />

A5/E17-E54<br />

A38<br />

A6/E15<br />

A31/E17-E21<br />

Lesetipps & Reiseinfos<br />

A31/E21-E23<br />

Für alle, die<br />

noch tiefer<br />

einsteigen<br />

möchten:<br />

Saint-Guilhemle-Désert<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 67: Salins-les-<br />

Clermont-<br />

A72/E70 Bains – Salz, das weiße Gold<br />

Ferrand<br />

prägt eine ganze Region (<strong>68</strong> km<br />

Lyon<br />

A89/E70 Puy de Dôme<br />

entfernt)<br />

Salz war schon<br />

A75/E11<br />

A43/E70<br />

immer ein wichtiges<br />

le Mont-Dore<br />

Lebensmittel. Im Laufe<br />

St.-Etienne<br />

der Jahrhunderte<br />

wurde es auch zu<br />

einer politischen und<br />

ökonomischen Ware, A49/E713<br />

die der Besteuerung unterworfen war. Salinen<br />

stellen heute ein historisches und kulturelles Erbe<br />

Valence<br />

Aurillac<br />

erster Güte dar, sind oft sogar als Weltkulturerbe<br />

klassifiziert und werden zudem immer mehr zu<br />

Crest<br />

Die<br />

einem touristischen Anziehungspunkt.<br />

Narbonne<br />

A81/E80<br />

Limoux<br />

A9/E15<br />

Sens<br />

A75/E11<br />

Troyes<br />

Reims<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof ist Belfort-<br />

Montbéliard Briançon (27 km).<br />

Châlons-en-<br />

Champagne<br />

A7/E15 Saillans<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />

DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />

SIE AUF SEITE 86.<br />

Rayol-<br />

Canadelsur-Mer<br />

· <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · Frankreich erleben 59<br />

Christiane Taubira,<br />

L’esclavage raconté<br />

Lodève<br />

à ma fille, Philippe<br />

Montpellier<br />

Rey Verlag, 2015, 192<br />

Seiten,<br />

A9/E15<br />

ISBN: 978-<br />

Bézier 2848764665.<br />

Beaune<br />

Cluny<br />

A9/E15<br />

Nîmes<br />

A54/E805<br />

Arles<br />

Dijon<br />

Chalon-sur-Saône<br />

Orange<br />

A4/E50<br />

Metz<br />

Chamblanc<br />

Avignon<br />

A7/E15<br />

Aix-en-<br />

Provence<br />

A55<br />

Marseille<br />

Apt<br />

A4<br />

A31/E21-E23<br />

Emberménil<br />

France<br />

Champagney<br />

La Cluse<br />

et Mijoux<br />

A4/E25<br />

A35<br />

Schweiz<br />

Champagney Annecy (Maison de la Négritude et des<br />

Droits de l’Homme) …<br />

… Berlin 910 km … Hamburg 861 km<br />

… Köln 4<strong>68</strong> km … Frankfurt 374 km<br />

… München 481 km … Wien 895 km<br />

Chambéry … Zürich 178 km … Paris 404 km<br />

… Mühlhausen 60 km … Belfort 18 km<br />

A52<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus dem<br />

deutschsprachigen Raum direkt angeflogen<br />

Grenoble wird, ist Basel-Mühlhausen (88 km).<br />

Torino<br />

A50<br />

Nancy<br />

Besançon<br />

Italien<br />

Maison de la Négritude et des Droits de<br />

l’Homme<br />

24, Gap grande Rue<br />

70290 Champagney<br />

Telefon: +33 (0)3 84 23 25 45<br />

www.maisondelanegritude.fr<br />

Adressen, Preise und Öffnungszeiten der<br />

diversen Orte der France<br />

Route des Abolitions finden<br />

A51/E712<br />

Sie auf www.abolitions.org.<br />

A8/E80<br />

Toulon<br />

Genève<br />

A57<br />

Saarbrücken<br />

Colmar<br />

Fessenheim<br />

Cannes<br />

A8/E80<br />

Strasbourg<br />

Mulhouse<br />

A36/E60<br />

Belfort<br />

Basel<br />

Lausanne<br />

Bern<br />

A35<br />

A5/E35<br />

Freiburg<br />

Ka<br />

Deutschla<br />

Nice


ADVERTORIAL<br />

Burgund-Franche-Comté<br />

ABSEITS DER TOURISTENSTRÖME<br />

Burgund-Franche-Comté ist eine Region zum Staunen. Natürlich<br />

kennt man Dijon, Besançon oder Vézelay. Aber da gibt es noch so<br />

viele andere Schätze wie in einem Schmuckkästchen. Städte, sakrales<br />

Kulturerbe, erstaunliche Museen und selbst eine italienische<br />

Villa laden abseits der ausgetretenen Pfade zu einer Reise ein.<br />

Dole<br />

Möchte Dole seinen deutschen Besuchern noch besser gefallen? Kürzlich<br />

wurden hier zwei Craftbeer-Brauereien gegründet. Die « Brasserie Dolen »<br />

und die « Brasserie Doloise » stellen jetzt Bier nach deutschem Reinheitsgebot<br />

her, obwohl die Region eher für ihre Weine bekannt ist. Dole ist die Stadt des<br />

Schriftstellers Marcel Aymé und des Wissenschaftlers Louis Pasteur. Im Geburtshaus<br />

von Pasteur ist heute ein Museum untergebracht. Die Stiftskirche<br />

Notre-Dame beeindruckt durch ihren gewaltigen Kirchturm. Auch das Hôtel-<br />

Dieu ist ein imposantes Gebäude im Renaissance-Stil. Nicht weit davon spielt<br />

der Fluss Doubs für die Stadt eine wichtige Rolle. Hier kann man ein Hausboot<br />

für eine Woche chartern oder aber mit Elektrobooten angenehme Stunden auf<br />

dem Wasser verbringen.<br />

Montbéliard<br />

Oben: Die romantische Altstadt von<br />

Dole lädt mit historischen Brücken über<br />

romantische Kanäle zum Spazieren<br />

ein. Das Museum im Geburtshaus<br />

von Louis Pasteur bietet spannende<br />

Einblicke in die Geschichte der Stadt.<br />

Unten: Montbéliard begeistert seit<br />

dreißig Jahren Oldtimer- und Technikfans<br />

mit dem nahe gelegenen Peugeot-<br />

Museum. Nicht nur Kinder haben<br />

Spaß im Park der Wissenschaften,<br />

einem der vielen attraktiven<br />

Anlaufpunkte mitten in der Stadt.<br />

In Montbéliard blickt man schon jetzt mit Spannung auf die nächste Adventszeit.<br />

Die Stadt mit historischen Wurzeln nach Württemberg bietet einen<br />

sehr bekannten Weihnachtsmarkt unter dem Namen « Les Lumières de Noël »<br />

(Die Lichter der Weihnacht). Montbeliard ist stolz auf sein Schloss, ein Vermächtnis<br />

der Renaissance, die erste evangelische Kirche in Frankreich und den<br />

Pavillon der Wissenschaften im Park Pré La Rose. Ganz in der Nähe fasziniert<br />

das Peugeot Museum in Sochaux. <strong>2018</strong> hat dieses Museum gleich mehrere<br />

Geburtstage, darunter sein 30-jähriges Bestehen, das gebührend gefeiert wird.<br />

Sägeblätter, Kaffeemühlen, Nähmaschinen, Werkzeug, Fahrräder und Motorräder,<br />

Autos aus allen Epochen, neue Sportwagen und futuristische Concept-<br />

Cars…<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


ADVERTORIAL<br />

Vesoul<br />

Vesoul ist jedem Franzosen durch das berühmte Chanson von Jacques Brel<br />

bekannt. Die Stadt liegt etwa 150 Kilometer westlich von Freiburg/Breisgau im<br />

einzigen französischen Departement ohne Autobahn. Hier geht man die Dinge<br />

eben noch gelassen an. 1824 wurde hier der herausragende Historienmaler<br />

Jean-Léon Gérôme geboren. Es scheint, dass seine Gemälde die Trilogien Star<br />

Wars beeinflusst haben. Werke des Künstlers sind im Museum für Kunst und<br />

Archäologie Georges Garret zu finden. Das Museum liegt unterhalb des Stadtberges<br />

« La Motte » in der Altstadt. Überhaupt überrascht die Innenstadt von<br />

Vesoul mit historischen Gebäuden aus dem 15.-18. Jahrhundert und der Kirche<br />

Saint Georges. In der Nähe der Stadt zieht der 95 Hektar große Lac de Vaivre<br />

Liebhaber von Wassersportarten an.<br />

Sens<br />

Die Stadt Sens macht mit ihrer Blumenpracht einen sehr aparten Eindruck.<br />

Die 25.000 Einwohner sind stolz auf « Saint-Etienne », die erste gotische Kathedrale<br />

Frankreichs. Das Gotteshaus wurde ab 1140/45 erbaut. Die Statuen<br />

der zwölf Apostel sind in der französischen Revolution verschwunden. Die des<br />

Heiligen Stephanus, Namenspatron der Kathedrale, wurde jedoch von den Revolutionären<br />

verschont, weil ihm ein Bürger von Sens eine Jakobinermütze aufgesetzt<br />

hatte. Der Kirchenschatz, von immensem Reichtum, ist im Palast der<br />

Erzbischöfe zu bestaunen. Bei einem Spaziergang fallen Fachwerkhäuser auf,<br />

besonders das Haus Abraham aus dem 16. Jahrhundert. Auch das 19. Jahrhundert<br />

war eine Blütezeit für Sens, in der prächtige Gebäude wie das Stadtpalais,<br />

die Markthalle, das Theater, und das Rathaus entstanden.<br />

Prieuré de la Charité-sur-Loire<br />

Im äußersten Westen Burgunds liegt La Charité-sur-Loire am Ufer des großen<br />

Stroms mit einem der schönsten romanischen Sakralensembles der Region.<br />

Die Priorats-Kirche steht seit 1998 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes<br />

und wurde hervorragend restauriert. 1059 vom einflussreichen Cluny-<br />

Orden gegründet war der Ort eine der wichtigsten Etappen des Jakobsweges<br />

nach Santiago de Compostella. Trotz des Verlustes ihres romanischen Portals<br />

und der ursprünglichen Schiffe, bleibt die Kirche ein imposantes Bauwerk. Die<br />

Küchen, das Refektorium, die Stallungen und der Wohntrakt des Priors sind<br />

erhalten. Die Schönheit verdankt die Kirche hauptsächlich ihrem reichhaltigen<br />

Dekor, den bemerkenswerten Kapitellen und Pilastern und den zwei Tympana.<br />

Kulturveranstaltungen und Festivals während der Sommermonate.<br />

Villa Palladienne<br />

Oben rechts: Das Stadtzentrum von<br />

Vesoul. Darunter: Der Marktplatz von Sens.<br />

Unten: Das Priorat von La Charitésur-Loire<br />

fasziniert durch seinen<br />

wundervollen romanischen Baustil.<br />

Darunter: Die Villa Palladienne ist seit<br />

ihrer Erbauung ein Ort der Kultur.<br />

Vor genau 200 Jahren wurde das Château de Syam, das auch als « Palladianische<br />

Villa » bekannt ist, erbaut. Man wundert sich, ein solches Gebäude im<br />

Jura zu finden, fühlt sich eher in die Toskana versetzt, aber die Erklärung ist<br />

einfach: Emmanuel Jobez ließ sich auf einer Italienreise inspirieren. Die Villa<br />

ist quadratisch um ein Peristyl mit acht Säulen angelegt und hat, wie ein<br />

Theater, drei kreisförmige Balkone. Die Dekoration erinnert an Pompei. Die<br />

Erstbesitzer waren einflussreiche Eisenwerkbesitzer, Erfinder, Dichter, Politiker.<br />

Konzerte, Vorträge, Ausstellungen, literarische Treffen, Empfänge und<br />

Hochzeiten beleben die Villa. Auch für Besichtigungen ist die Anlage geöffnet.<br />

Möbelstücke des Empire und eine einzigartige Sammlung von Panorama-Tapeten<br />

sind besonders interessant.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 61


ADVERTORIAL<br />

Musée des Maisons Comtoises<br />

Das in seiner Art einzigartige Freilichtmuseum der Häuser der Comté befindet<br />

sich in Nancray auf einem 15 Hektar großen Gelände und lädt zum Spazieren ein.<br />

Authentische Häuser der Franche-Comté aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, die an<br />

ihrem ursprünglichen Standort ab- und auf dem Gelände sorgfältig wieder aufgebaut<br />

worden sind, bringen den Besuchern das Leben unserer Vorfahren näher. Um<br />

die Häuser werden Themengärten biologisch angebaut. Das Museum dokumentiert<br />

auch die Beziehungen, die sich zwischen Mensch und Tier entwickelt haben<br />

und trägt zur Rettung alter Haustierrassen bei. Es beherbergt Bienen in einem<br />

Bergbienenhaus aus dem 19. Jahrhundert. In der landschaftlich gestalteten Umgebung<br />

mit Teich, Unterholz, Wegen, Obstgärten und Hecken atmet man einmal<br />

richtig durch.<br />

Espace des Mondes Polaires<br />

Ein Museum der Polarwelten im Juragebirge? Alles geht auf den Polarforscher,<br />

Ethnologen und Schriftsteller Paul-Emile Victor zurück, der aus der Region<br />

stammt. Der Komplex umfasst eine Eislaufbahn, ein Museum mit einzigartigen<br />

Ausstellungstücken, ein Restaurant, ein Auditorium und einen Polargarten. Man<br />

wird direkt in die Polarwelten von Arktis und Antarktis versetzt. Wie eine auf dem<br />

Packeis isolierte Polarbasis will das Gebäude möglichst energieunabhängig sein.<br />

Harmonisch fügt es sich in das für das Juragebirge typische Dorf Prémanon ein.<br />

Der Besucher taucht in die Welt der Eisbären, Pinguine und Polarexpeditionen ein.<br />

Staunen kann man über Kajaks, Bekleidung, Jagd- und Fischausrüstung, Harpunen,<br />

Spielzeug und auch Tonzeugnisse. Zudem werden Wechselausstellungen organisiert.<br />

Oben: Im Freilichtmuseum « Musée des<br />

Maisons Comtoises » kann man das Leben<br />

des 17. Jahrhunderts nachempfinden.<br />

Darunter: Mitten im Juragebirge<br />

findet sich das Polar-Museum.<br />

Unten: Avallon besticht durch seine<br />

authentisch gebliebene Festungsstruktur.<br />

Darunter: Joigny an der Yonne.<br />

Avallon<br />

Avallon mit seinen 7000 Einwohnern liegt auf einem Felssporn über dem Tal des<br />

Cousin. Während des Mittelalters entstand der wehrhafte Ort, dessen Stadtmauern<br />

und Türme noch heute zu sehen sind. In den Kopfsteinpflasterstraßen der Altstadt<br />

geht man auf Zeitreise. Das « Musée de l’Avallonnais » dokumentiert die Geschichte<br />

von den Kelten bis heute. Auch der Uhrturm ist sehr sehenswert. Etwas weiter,<br />

in der Hostellerie de la Poste, hat im März 1815 Napoleon übernachtet. Besonderer<br />

Anziehungspunkt ist jedoch die Stiftskirche Saint Lazare, die im Mittelalter vom<br />

Herzog von Burgund Reliquien des Heiligen Lazarus bekommen haben soll. Samstagmorgens<br />

findet in der Innenstadt ein quirliger Markt statt und ganz in der Nähe<br />

von Avallon können die Höhlen von Arcy-sur-Cure besichtigt werden.<br />

Joigny<br />

TEXTE: JORG HARTWIG. FOTOS: DOLE: SANDRINE<br />

BAVEREL, BFC TOURISME · MONTBÉLIARD: SAMUEL<br />

CARNOVALI, MICHEL JOLY · VESOUL: BFC TOURISME ·<br />

SENS: ALAIN DOIRE, BFC TOURISME · LA CHARITÉ-<br />

SUR-LOIRE: ALAIN DOIRE · VILLA PALLADIENNE:<br />

CHATEAU DE SYAM · MUSÉE DES MAISON<br />

COMTOISES: ALAIN DOIRE, BFC TOURISME · ESPACE<br />

DES MONEDS POLAIRES: BLATIK · AVALLON: OTI<br />

- VANS · JOIGNY: ALAIN DOIRE, BFC TOURISME<br />

Von Joigny sieht man zunächst die Brücke mit den fest im Fluss verankerten<br />

riesigen Bögen. Dann kommt man in das historische Zentrum der Stadt, das sich<br />

stufenförmig am rechten Yonne-Ufer erstreckt. Dort macht das Schlendern durch die<br />

schmalen, gewundenen Gassen Spaß. Drei historische Stadtviertel gibt es zu entdecken:<br />

Saint-Jean mit seinen typischen Fachwerkhäusern, Saint-Thibault das Viertel<br />

der Handwerker und Händler und das Winzerviertel Saint-André. Überall entdeckt<br />

man architektonische Details und kunsthandwerkliche Ateliers. Die Relikte der<br />

Stadtmauer und der mittelalterlichen Tore beeindrucken noch heute. Aus der Renaissance<br />

stammen die eleganten Renaissancefassaden des Gondi-Schlosses. Joigny ist<br />

auch ein beliebter Ausgangspunkt für Hausbooturlaub in der Region.<br />

Weitere Infos unter:<br />

kulturerbe.bourgognefranchecomte.com<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Frankreich im<br />

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />

Les Sentiers<br />

Eine Fotoausstellung<br />

unter freiem Himmel<br />

im Herzen der Vogesen<br />

Bis Mitte November findet in Le Haut-du-Tôt,<br />

der höchstgelegenen Gemeinde der Vogesen,<br />

die dritte Ausgabe der beispiellosen<br />

Fotoausstellung Les Sentiers de la photo statt.<br />

Diese großartige Initiative entstand durch die<br />

einfallsreiche Idee einiger Freunde, mitten in<br />

der Natur, zwischen bestellten Feldern und<br />

Pinienwäldern, eine in ihrer Art einzigartige<br />

Freiluftgalerie zu installieren. Sie lädt zu einem<br />

unvergleichlichen, drei Kilometer langen<br />

Spaziergang durch die prachtvolle Landschaft<br />

ein, bei dem man mehr als 130 großformatige<br />

Fotos der besten regionalen und<br />

internationalen Fotografen entdecken kann.<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


de la photo<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 65


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Unglaublich ». Das ist vermutlich das erste Wort, das<br />

einem in den Sinn kommt, wenn man diese « Fotowege<br />

» zum ersten Mal entdeckt. Ob bei schönem<br />

Wetter, bei Regen oder – besser noch – wenn Dunst oder<br />

sogar Schnee (!) für eine geheimnisvolle Atmosphäre sorgen:<br />

Der Anblick dieser Fotos, die plötzlich wie aus dem Nichts<br />

zwischen zwei Tannen auftauchen, versetzt nicht nur in<br />

Staunen, sondern berührt auch unweigerlich. Dabei ist das<br />

Prinzip einer Fotoausstellung unter freiem Himmel heute<br />

bei Weitem nichts Außergewöhnliches mehr. Beim Recherchieren<br />

stellt man schnell fest, dass es solche Veranstaltungen<br />

sogar sehr häufig gibt, vor allem in Städten. Paris war<br />

diesbezüglich in Frankreich beispielsweise Vorreiter. Seit<br />

2003 werden auf Initiative des Senats jedes Jahr am Zaun<br />

des Jardin du Luxembourg (6. Arrondissement) riesige Fotos<br />

ausgestellt. Inzwischen haben zahlreiche Städte diesen<br />

Trend ebenfalls aufgegriffen und nutzen die Begeisterung<br />

des Publikums für derartige Freiluftausstellungen. Doch in<br />

der freien Natur, in einer Höhe von mehr als 840 Metern,<br />

im Herzen des Bergmassivs der Vogesen, ist man auf so etwas<br />

nicht gefasst. Hier bekommt der Begriff Freiluftgalerie<br />

eine ganz andere Dimension. Ganz ohne Zweifel bietet sich<br />

dem Besucher ein Erlebnis, das über den reinen Besuch einer<br />

Ausstellung hinausgeht …<br />

Vermutlich ist bereits die Fahrt an diesen Ort nicht<br />

ganz unschuldig daran. Nach Le Haut-du-Tôt kommt man<br />

in der Regel nicht zufällig, und den Besuch der Sentiers de<br />

la photo hat man mit ziemlicher Sicherheit vorbereitet. Von<br />

der nächstgelegenen Stadt Gérardmer fährt man mit dem<br />

Auto unter normalen Umständen rund zwanzig Minuten in<br />

das höchstgelegene Dorf der Vogesen; die Strecke gibt bereits<br />

einen Vorgeschmack darauf, welcher « Tapetenwechsel<br />

» einen dort oben erwartet. Die Straße schlängelt sich<br />

durch die Berge und bietet einige herrliche Panoramablicke<br />

hinunter ins Tal. Dies ist eine Gelegenheit, die Unruhe von<br />

« dort unten » hinter sich zu lassen und Stress abzubauen.<br />

Kommt man in Le Haut-du-Tôt an, verstärkt sich dieses<br />

Gefühl noch. Das winzige Dorf erscheint vollkommen<br />

friedlich: eine Handvoll Häuser, eine hübsche Kirche, eine<br />

Bar-Créperie mit einer Terrasse und einigen Tischen. Das<br />

ist alles. Und doch spürt man sofort, dass dies reicht, um<br />

glücklich zu sein.<br />

Das bestätigt uns auch Laurence, die das Lokal seit<br />

2011 führt. « Le Haut-du-Tôt ist ein magischer Ort »,<br />

vertraut sie uns an, als sie uns die köstliche, gerade frisch<br />

zubereitete Crêpe mit Wildheidelbeerkonfitüre bringt.<br />

Schließlich muss man sich ja stärken, bevor man die drei<br />

Kilometer der « Fotowege » in Angriff nimmt! « Es stimmt<br />

schon, dieser Ort liegt am Ende der Welt. Aber das Leben<br />

ist so bereichernd hier. Nehmen Sie nur die Geschichte<br />

der Sentiers de la photo: Sie sind durch die Idee einiger<br />

Freunde entstanden. Eine etwas verrückte Idee. Wenn<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 67


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />

man genauer darüber nachdenkt, vielleicht<br />

sogar total verrückt! Offen gestanden kenne<br />

ich mich da nicht sehr aus, aber Fotos mitten<br />

im Niemandsland, in den Bergen, unter<br />

freiem Himmel auszustellen, und das noch<br />

mehrere Monate lang, bei Sonne, Regen,<br />

sogar Schnee: Ich glaube, das ist schon eine<br />

ziemliche Herausforderung. Mir erschien das<br />

eindeutig bizarr. Aber sie haben es riskiert,<br />

und sogar uns, den Einwohnern, hat das<br />

Ergebnis vom ersten Augenblick an sofort<br />

gefallen. Auch wir wollten sofort an den<br />

Erfolg glauben und die Idee unterstützen.<br />

Genau so funktioniert das hier in Le Hautdu-Tôt:<br />

Man riskiert verrückte Dinge, denn<br />

im Grunde genommen sind wir frei … »<br />

Man kommt um die Feststellung nicht umhin, dass<br />

sich das Risiko ausgezahlt hat. Kamen bei der ersten Ausgabe<br />

der Ausstellung – die im Juni beginnt und bis November<br />

dauert – im Jahr 2016 « nur » 10 000 Besucher, so<br />

stieg diese Zahl im Jahr 2017 bereits auf 25 000: eine rasante<br />

Zunahme! Doch glücklicherweise ist dies nichts, was<br />

das Leben des kleinen Dorfes aus den Grundfesten wirft.<br />

Alles organisiert sich ganz natürlich, fast wie von selbst.<br />

Man muss wissen, dass die Besucher den Dorfbewohnern<br />

insofern ähnlich sind, als dass sie Natur und Umwelt ebenfalls<br />

sehr respektieren. Es ist zwar möglich, sein Fahrzeug<br />

direkt beim offiziellen Ausgangspunkt des Rundwegs (Les<br />

Jardins de Bernadette) zu parken, doch viele Besucher<br />

laufen gerne noch etwas weiter und möchten so früh wie<br />

möglich auf ihr Fahrzeug verzichten, daher stellen sie es<br />

bereits weitaus früher ab. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert,<br />

sodass keine Gefahr besteht, sich zu verlaufen.<br />

Les Jardins de Bernadette sind also der offizielle Ausgangspunkt<br />

der Sentiers de la photo. Dieser Ort liegt rund<br />

<strong>68</strong> · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


einen Kilometer vom Dorfplatz entfernt und stellt quasi<br />

das Zentrum des verrückten Projektes dar. Hier verkauft<br />

Alain Grandemange – der Sohn von Bernadette, die den<br />

Gärten ihren Namen gab – Duft-, Gewürz- und Arzneipflanzen,<br />

die er mit tiefem Respekt vor der Umwelt<br />

selbst kultiviert. Alain begeistert sich für die Fotografie<br />

und lud vor einigen Jahren, als er noch in Metz lebte, den<br />

international renommierten Fotografen und Spezialisten<br />

für Aufnahmen unter Extrembedingungen, Vincent<br />

Munier, für eine Fotopräsentation in seinen Fotoclub ein.<br />

Die beiden Männer freundeten sich schnell an. Da beide<br />

aus den Vogesen stammen, trafen sie sich immer wieder<br />

in ihrer Heimat, besonders als Alain wieder dorthin zurückgekehrt<br />

war. Vincent besaß damals einige großformatige<br />

Fotoabzüge von einer Ausstellung in der Bretagne:<br />

wunderschöne Aufnahmen aus der Arktis, vor allem von<br />

Wölfen. Als Alain sie sah, sagte er sich,<br />

dass es schade sei, sie unter Verschluss<br />

zu halten. Er schlug vor, sie im Freien<br />

auszustellen, mitten in den Kulturflächen<br />

der Jardins de Bernadette.<br />

Einfach so, aus Freude. Angesichts der<br />

klimatischen Bedingungen war die Idee<br />

etwas ungewöhnlich. Egal. Die beiden<br />

Freunde machten sich mit Unterstützung<br />

einiger Helfer sofort ans<br />

Werk, entwarfen eine Art « Parcours<br />

» durch die Gärten, schlugen<br />

die ersten Pfosten ein, hingen<br />

die Fotos auf und luden die Dorfbewohner<br />

zur Begutachtung des<br />

Ergebnisses ein. Es war ein voller Erfolg. Durch Mundzu-Mund-Propaganda<br />

kamen täglich neugierige Besucher,<br />

um diese originelle Freiluftgalerie zu besichtigen. So<br />

waren im Jahr 2016 die Sentiers de la photo geboren.<br />

Angesichts des Erfolges bauten die beiden Initiatoren<br />

nach und nach ihre Helferschaft aus und verbesserten<br />

die Organisation; Ende 2016 gründeten sie dann einen<br />

Verein. Die Spezialistin für Raumentwicklung Stéphanie<br />

Rauscent, der Grafiker Yann Godé, der Fotograf Michel<br />

Laurent sowie der Hochschullehrer Pascal Triboulot ergänzten<br />

das Team. Jeder brachte seine Leidenschaft und<br />

sein Know-how ein. Für die Ausgabe 2017 entschied man<br />

sich für das Thema « Heiliges Land: von den Vogesen nach<br />

Amerika ». Die Themenstellung für die dritte Ausgabe in<br />

diesem Jahr lautet: « Tibet: vom Dach der Vogesen zum<br />

Dach der Welt ». Vier Fotografen – Caroline Riegel,<br />

Entlang der 3 km langen Strecke sind fünf<br />

großformatige Fotoserien ausgestellt: Le<br />

temps d’un hiver von Frédéric Lemalet,<br />

Tibet, face animale von Vincent Munier,<br />

Un demi-siècle dans l’Himalaya von<br />

Matthieu Ricard, Semeuses de joie von<br />

Caroline Riegel sowie die 2017 beim<br />

Festival de la photo animalière et de nature<br />

in Montier-en-Der prämierten Fotos.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 69


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />

Matthieu Ricard, Frédéric Lemalet und nach wie vor Vincent<br />

Munier – präsentieren inmitten der Jardins de Bernadette<br />

und – in Absprache mit dem Office national des forêts<br />

(ONF) – mittlerweile auch in den umliegenden Wäldern<br />

die tibetanische Hochebene aus ihrem Blickwinkel. Die<br />

Arbeit dieser international renommierten Berufsfotografen,<br />

die üblicherweise in großen Galerien auf der ganzen<br />

Welt ausstellen, bekommt in diesem natürlichen Umfeld<br />

eine ganz andere Dimension. Wenn die von Frédéric Lemalet<br />

festgehaltenen Gesichter tibetanischer Kinder mit<br />

ihrem tiefen Blick plötzlich aus dem Wald auftauchen,<br />

so ist das ein besonders berührender Moment. Vincent<br />

Muniers unglaubliche Fotos wilder Tiere –<br />

darunter einmalige und extrem seltene Aufnahmen<br />

von Schneeleoparden – wirken noch<br />

ergreifender, wenn sie mitten in der Natur<br />

installiert sind. Die Magie von Ausstellung<br />

und Umfeld projiziert diese Tiere plötzlich<br />

in eine natürliche, unberührte Umgebung.<br />

Man stellt fest, dass sie dort viel passender erscheinen,<br />

als dies in einer Galerie oder einem<br />

Museum der Fall sein kann. Die Wirkung ist<br />

ergreifend.<br />

Kommt man dann an den Ausgangspunkt,<br />

also zu den Jardins de Bernadette, zurück,<br />

realisiert man, welch großzügiges Projekt<br />

die Sentiers de la photo im Grunde genommen<br />

sind. Abgesehen von der Tatsache,<br />

dass die Ausstellung von der Morgen- bis zur<br />

Abenddämmerung kostenlos und frei zugänglich ist, basiert<br />

sie eindeutig auf dem noblen Gedanken des Teilens.<br />

Des Teilens einer Vorstellung vom Respekt vor Natur und<br />

Umwelt zum einen, zum anderen aber auch des Teilens eines<br />

bestimmten Bewusstwerdens darüber, wie notwendig<br />

es ist, sich Zeit zu nehmen und die Schönheit der Welt zu<br />

betrachten. In diesem Zusammenhang fordern uns diese<br />

« Fotowege » dazu auf, innezuhalten und diese Schönheit<br />

auf uns wirken zu lassen. Es unserem Blick zu erlauben,<br />

den gewohnten Rahmen zu verlassen. Es sich selbst zu<br />

erlauben, die Welt in ihrer Gesamtheit zu sehen. Eine<br />

schöne Lektion!<br />

70 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Interview:<br />

Vincent Munier (Fotograf)<br />

Vincent Munier, Sie stellen Ihre<br />

Fotos heute auf der ganzen Welt<br />

aus und reisen selbst kreuz und<br />

quer über unseren Planeten. Inwieweit<br />

sind die Vogesen für Sie<br />

eine besondere Gegend, an der Sie<br />

speziell hängen?<br />

Die Vogesen haben mich zu<br />

dem gemacht, der ich bin. Ich<br />

bin rund 45 Minuten von Le<br />

Haut-du-Tôt entfernt aufgewachsen und hatte das Glück,<br />

dass meine Eltern mir beibrachten, über die Schönheit der<br />

Natur zu staunen. Im Nebel der Vogesen habe ich meine<br />

ersten visuellen Emotionen erlebt. Ich erinnere mich noch<br />

genau daran, wie ich im Alter von zwölf Jahren hier mein<br />

erstes Foto schoss. Inzwischen fotografiere ich seit 30 Jahren<br />

auf der ganzen Welt, aber selbst wenn ich durch die<br />

Arktis oder durch Tibet reise, habe ich immer das Bedürfnis,<br />

in die Vogesen zurückzukehren. Ein Eichhörnchen,<br />

eine Meise oder einen Fuchs zu fotografieren, ist für mich<br />

immer noch genauso magisch wie früher. Diese Gegend<br />

ist ein Teil von mir. Selbstverständlich gibt es auch an<br />

anderen Ecken der Welt unberührte Natur, aber die der<br />

Vogesen ist einzigartig.<br />

Nehmen<br />

Sie die Wälder: Es<br />

gibt dort Moose,<br />

Flechten, Tannen, die man nirgendwo anders findet. Und<br />

die Belchen, diese alten, stark erodierten Berge mit ihren<br />

leicht sinnlichen Formen sind einfach wunderschön. Alles<br />

ist eine Frage des Blickes. Hier gibt es ein unglaubliches<br />

Naturerbe, das zudem noch frei zugänglich ist.<br />

Welches ist für Sie die beste Zeit, um nach Le Haut-du-Tôt zu<br />

kommen?<br />

Ich persönlich kann dem blauen Himmel nichts abgewinnen.<br />

Dagegen liebe ich es sehr, im Nebel spazieren<br />

zu gehen. Da wirkt alles viel geheimnisvoller. Der <strong>Herbst</strong><br />

ist deshalb eine großartige Jahreszeit und Oktober wahrscheinlich<br />

der Monat, den ich am meisten liebe. Die<br />

Atmosphäre ändert sich dann extrem schnell: Innerhalb<br />

eines Tages kann man sich vorkommen, als sei man alleine<br />

auf der Welt: über den Wolken oder im dichten Nebel.<br />

Mit etwas Glück erlebt man im Oktober sogar den ersten<br />

Schnee. Es ist fantastisch, dann die Sentiers de la photo<br />

zu besuchen …<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 71


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />

Links: Bernadette, die Mutter von Alain<br />

Grandemange, und die Bioprodukte aus<br />

ihrem Betrieb, die im Verkaufsraum der<br />

Jardins de Bernadette angeboten werden.<br />

Trotz des Erfolges spürt man, dass die Sentiers de la photo nach<br />

wie vor eine Angelegenheit von Freunden sind …<br />

Es berührt mich, dass Sie das gespürt haben. Wir setzen<br />

alles daran, dass es so bleibt! Das soll sich auf keinen<br />

Fall ändern. Wir haben dieses Projekt ohne ehrgeizige<br />

Absicht oder Ansprüche lanciert. Es war nicht unser Ziel,<br />

25 000 Menschen anzuziehen. Im Grunde genommen<br />

haben wir uns nur gesagt, dass man mit der sinnvollen<br />

Arbeit von Alain und meinen Fotos etwas Positives schaffen<br />

kann. Und das wollten wir mit anderen teilen. Fotos<br />

mit dieser Gegend zu verbinden und daraus den Vorwand<br />

für einen Spaziergang zu schaffen, erschien uns eine gute<br />

Idee. Es war einfach die Liebe zur Fotografie und zu diesem<br />

Ort, nicht mehr und nicht weniger. Und wir legen<br />

nach wie vor alle Wert darauf, dieser ursprünglichen Bescheidenheit<br />

treu zu bleiben.<br />

Interview:<br />

Alain<br />

Grandemange<br />

(Landwirt in den<br />

Jardins de Bernadette)<br />

Alain Grandemange, es ist ein unglaublich<br />

generöser Akt, das Tor Ihres<br />

Betriebes, Les Jardins de Bernadette,<br />

für die Öffentlichkeit kostenlos zu öffnen, damit die Menschen<br />

die Sentiers de la photo entdecken können!<br />

Offen gestanden hat sich dies ganz spontan ergeben,<br />

wir haben da nicht wirklich drüber nachgedacht. Es<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Amiens<br />

A1/E15-E19<br />

Guyencourt-Saulcourt<br />

Charleville-Mézières<br />

A4/E25<br />

Luxembourg<br />

umièges<br />

0/E5<br />

Rouen<br />

A13/E5<br />

A16<br />

frei bewegen können; wir lieben<br />

Evreux<br />

A4/E50<br />

Dreux<br />

A6/E15<br />

Papier fallen lässt, und A5/E54 ich habe<br />

Chartres<br />

A11/E50<br />

Blois<br />

A10/E5-E60<br />

Tours Chenonceau<br />

A85<br />

uillac sur<br />

ordogne<br />

erschien uns logisch. Wir teilen<br />

gerne mit anderen, wir lieben es,<br />

wenn alles offen ist, wenn alle sich<br />

es, die Menschen zu beobachten,<br />

wenn sie spazieren gehen und die<br />

PARIS<br />

Gärten betrachten. Aus diesem<br />

Versailles<br />

Grund respektieren die Menschen<br />

den Ort. Es ist selten, dass jemand<br />

noch niemals jemanden über meine<br />

Felder laufen sehen. Irgendwie ist<br />

es ein lustiges Erlebnis, zu merken,<br />

A10/E5<br />

Chambord<br />

dass A20/E9 es nichts kostet. Das ist unsere<br />

A71/E11<br />

Toulouse<br />

Montluçon<br />

A34/E46<br />

Lesetipps A26/E17 & Reiseinfos<br />

Châtillon-sur-Seine<br />

Auxerre<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47: Abbaye de<br />

Murbach – Es steht ein Kloster<br />

A6/E15 im Walde (Guebwiller, <strong>68</strong> km<br />

A31/E17-E21<br />

entfernt)<br />

Vézelay Avallon Flavigny Das Tal von Guebwiller<br />

zwischen dem DijonPetit<br />

A38<br />

Ballon im Norden<br />

und dem Grand<br />

Ballon im Süden<br />

Beaune ist nicht nur das<br />

kürzeste und engste<br />

Tal der Chalon-sur-Saône<br />

elsässischen<br />

Vogesen, es wartet auch mit einem kleinen<br />

Schmuckstück auf, der Abtei A6/E15 von Murbach.<br />

Im Mittelalter war das Kloster eines der<br />

mächtigsten und wohlhabendsten im Rhein-<br />

Tal. Eine Art Elitekloster<br />

Cluny<br />

für reiche und adlige<br />

Ordensbrüder. Heute wirkt die malerisch in die<br />

Wälder der Vogesen eingebettete Anlage wie<br />

ein verwunschener Ort. Die Umgebung bietet<br />

sich zudem für Wanderungen an.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64: Belfort, die<br />

wiederentdeckte Genialität<br />

Clermont-<br />

A72/E70<br />

Ferrand<br />

eines Künstlers (77 km<br />

entfernt) Lyon<br />

A89/E70 Puy de Dôme<br />

Besucht man die<br />

A75/E11<br />

Stadt Belfort im A43/E70<br />

le Mont-Dore<br />

Nordosten der Region<br />

St.-Etienne Bourgogne-Franche-<br />

Comté, so fällt einem<br />

unweigerlich der<br />

imposante Löwe zu<br />

A49/E713<br />

Füßen der Zitadelle<br />

auf. Die Skulptur aus rotem Sandstein aus den<br />

Vogesen macht nicht nur Valence durch ihre Größe<br />

Aurillac<br />

auf sich aufmerksam – sie ist 22 Meter lang<br />

und 11 Meter hoch –, sondern auch durch Crest ihr Die<br />

würdevolles und wohlwollendes Aussehen. Der<br />

König der Tiere symbolisiert A7/E15 den Widerstand<br />

Saillans<br />

der in den Jahren 1870/71 von den Preußen<br />

belagerten Stadt. Weniger bekannt ist, dass<br />

diese monumentale Skulptur das Werk von<br />

Frédéric-Auguste Bartholdi (1834-1904) ist,<br />

der ebenfalls die Freiheitsstatue in New York<br />

kreierte. Dieser Künstler ist relativ Orange unbekannt<br />

geblieben, obwohl er eine sehr interessante<br />

Persönlichkeit war, über die A9/E15 man heute in Belfort<br />

A75/E11<br />

mehr erfahren kann.<br />

Avignon Apt<br />

Saint-Guilhemle-Désert<br />

INFORMATIONEN ZUR A54/E805 BESTELLUNG<br />

Nîmes<br />

A7/E15<br />

Lodève DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />

Arles<br />

Aix-en-<br />

Montpellier<br />

SIE AUF SEITE 86.<br />

Provence<br />

A9/E15<br />

Narbonne<br />

A81/E80<br />

Limoux<br />

Sens<br />

dass die Menschen überrascht sind,<br />

wenn etwas Orléans kostenlos ist. Manche<br />

stellen ihr Auto auf dem Parkplatz<br />

ab, folgen von dort der Ausschilderung<br />

zum Ausgangspunkt des<br />

Weges und kommen zum Verkaufsraum,<br />

wo wir unsere Pflanzen<br />

Cheverny<br />

A71/E9<br />

anbieten. Sie treten ein und warten<br />

an der Kasse, da sie denken, sie<br />

Bourges<br />

müssten Eintritt bezahlen … Es<br />

ist schön, ihnen dann zu erklären,<br />

Philosophie.<br />

Wie sind die Jardins de Bernadette<br />

entstanden?<br />

Meine Mutter, die heute 77<br />

Jahre alt ist, hatte immer einen Gemüsegarten.<br />

Vor 33 Jahren stellte<br />

A71/E11<br />

die Association vosgienne d’économie<br />

montagnarde (Vereinigung für die<br />

Limoges<br />

Wirtschaft in Berggebieten der<br />

Vogesen) fest, dass mehrere Unternehmen<br />

in Frankreich Bezugsquellen<br />

für bestimmte Pflanzen<br />

suchten. Sie schlug den Landwirtsfrauen<br />

Tulle<br />

Brive-la-Gaillarde<br />

in der Region daher vor, mit<br />

Le Pescher der Produktion von Arzneipflanzen<br />

zu beginnen, Saillacum diese Nachfrage<br />

zu befriedigen. So entstanden diese<br />

Payrac<br />

Gärten zunächst mit dem Zweck,<br />

Rocamadour<br />

A20/E9 Firmen wie Weleda oder Boiron zu<br />

beliefern. Nach und nach produzierten<br />

die Frauen dann ihre eigenen<br />

Tees und Gewürze und vertrieben<br />

diese selbst. Ich arbeite heute<br />

immer noch für Weleda, allerdings<br />

in geringerem Ausmaß als früher.<br />

Die meisten meiner Produkte verkaufe<br />

ich direkt an Endverbraucher;<br />

alle sind 100 % natürlich und<br />

bio.<br />

Bézier<br />

Reims Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37: Grand Ballon –<br />

Eine Wanderung auf die Spitze<br />

der Vogesen (53 A4/E50 km entfernt)<br />

Der Grand Ballon, auch Ballon<br />

Epernay Châlons-en- von Guebwiller<br />

Champagne<br />

genannt, liegt<br />

25 Kilometer<br />

nordwestlich von<br />

Mulhouse. Er ist mit<br />

seiner Höhe von 1424<br />

A26/E17<br />

Metern der höchste<br />

Punkt der Vogesen. Ob im Sommer oder Winter,<br />

vom Troyes Gipfel aus genießt man ein eindrucksvolles<br />

Bergpanorama, vorausgesetzt, das Wetter<br />

spielt mit. Bei guter Sicht A5/E17-E54 sind die nahe Rhein-<br />

Ebene und die Alpen zu erkennen, bei sehr guter<br />

A31/E21-E23<br />

Sicht sogar Liechtenstein, Österreich und der<br />

Montblanc.<br />

A55<br />

Marseille<br />

A4<br />

Metz Sarreguemines<br />

A31/E21-E23<br />

France<br />

A36/E60<br />

A4/E25<br />

Le Haut-du-Tôt …<br />

… Berlin 886 km … Hamburg 837 km<br />

Lausanne<br />

… Köln 444 km … Frankfurt 350 km<br />

… München 492 km … Wien 941 km<br />

… Zürich 197 km … Paris 441 km<br />

… Colmar 67 km … Gérardmer 14 km<br />

Genève<br />

Der nächstgelegene Flughafen ist der<br />

EuroAirport Basel-Mühlhausen-Freiburg<br />

(105 km).<br />

Annecy<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof befindet<br />

sich in Saint-Dié-des-Vosges (43 km).<br />

Les Sentiers de la photo<br />

Chambéry 88120 Le Haut-du-Tôt<br />

Telefon: +33 (0)6 07 88 64 48<br />

A52<br />

www.<strong>2018</strong>.sentiersdelaphoto.fr<br />

Schweiz<br />

Grenoble<br />

Die Sentiers de la photo sind von Mitte<br />

Italien Torino<br />

Juni bis Mitte November täglich von<br />

Sonnenaufgang Briançonbis Sonnenuntergang<br />

geöffnet. Sie sind kostenlos und frei<br />

zugänglich.<br />

A50<br />

Nancy<br />

Le Haut-du-Tôt<br />

Besançon<br />

Die Sentiers de la photo weisen keine<br />

Gap<br />

besondere Schwierigkeit auf, trotzdem sollte<br />

man feste Schuhe vorsehen, da der Boden<br />

je nach Wetter und Jahreszeit rutschig sein<br />

kann.<br />

France<br />

A35<br />

A35/E25<br />

A5/E35<br />

Freiburg<br />

Ebenfalls aufgrund des Wetters sollte man<br />

A51/E712 immer etwas zum Überziehen mitnehmen.<br />

Zu empfehlen sind die exzellenten Produkte<br />

von Alain Grandemange in den Jardins de<br />

Bernadette (www.hautdutot-plantes.com)<br />

Nice<br />

sowie die vorzüglichen Crêpes von Laurence<br />

Cannes<br />

auf dem Dorfplatz.<br />

A8/E80<br />

A8/E80<br />

Toulon<br />

Saarbrücken<br />

Colmar<br />

Mulhouse<br />

Belfort<br />

Bitche<br />

Strasbourg<br />

Basel<br />

Bern<br />

A57<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 73<br />

Rayol-<br />

Canadel-<br />

Karlsruhe<br />

A35<br />

Deutschlan


HOTEL Grand Est / Vosges<br />

Grand Hôtel &<br />

Ein familiärer Ort, an dem man<br />

Das Grand Hôtel & Spa in Gérardmer ist ein idealer<br />

Ausgangspunkt, um die Sentiers de la Photo zu<br />

besuchen. Es liegt mitten im Zentrum von Gérardmer,<br />

nur wenige Gehminuten vom See entfernt. Von<br />

dort aus ist man schnell in der Berglandschaft des Naturparks<br />

Ballons des Vosges mit zahlreichen Spazier- und<br />

Wanderwegen. Über die schöne Straße des Col de Sapois<br />

erreicht man mit dem Auto in rund 20 Minuten das Dorf<br />

Le Haut-du-Tôt und damit den Ausgangspunkt für die<br />

besagten Sentiers de la Photo.<br />

Über die praktische geografische Lage hinaus bietet<br />

dieses seit 2010 mit vier Sternen klassifizierte Hotel vor<br />

allem Gelegenheit, die heutzutage selten gewordene Atmosphäre<br />

eines authentischen, familiären und doch gehobenen<br />

Hotels zu genießen. Hier sind Kundenorientierung<br />

und Sinn für Details keine hohlen Marketingversprechen,<br />

sondern das Markenzeichen einer Familie, die sich entschlossen<br />

und aufrichtig für ihr Hotel engagiert.<br />

Nähert man sich dem Grand Hôtel, ist man ehrlich<br />

gesagt beeindruckt. Das riesige Gebäude mit seinen<br />

blumengeschmückten Fenstern – die Geranien erinnern<br />

daran, dass das Elsass nicht weit entfernt ist – dominiert<br />

durch seine Höhe die umliegenden Gebäude, und<br />

angesichts der zahlreichen Tafeln rechts und links vom<br />

Eingang muss man unweigerlich Respekt zollen: « Membre<br />

Châteaux Hôtels Collection », « Table remarquable »,<br />

« Maîtres Cuisiniers de France », « Michelin 2017 », « Restaurant<br />

de Qualité reconnu par le Collège Culinaire de<br />

France 2017 », « Maison de Qualité <strong>2018</strong> », « Label Spas de<br />

France » … Kein Zweifel, man präsentiert diese Auszeichnungen<br />

mit Stolz, was gut nachvollziehbar ist, wenn man<br />

weiß, wie restriktiv manche von ihnen vergeben werden.<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Spa Gérardmer<br />

die Seele der Vogesen spürt<br />

Es gibt aber auch ein Detail, das die Gäste im Hinblick<br />

auf die Atmosphäre, die sie in diesem Hotel erwartet,<br />

beruhigen dürfte: Mitten unter den « schicken » Empfehlungen<br />

sticht ein in Frankreich gut bekanntes Schild<br />

heraus, nämlich das des « Guide du Routard ». Diese Auszeichnung<br />

sagt uns, dass das Grand Hôtel & Spa nicht<br />

nur eine exklusive Herberge ist, sondern auch die in ihrem<br />

Bereich ebenfalls sehr anspruchsvollen Inspektoren dieses<br />

Führers überzeugen konnte, den viele Franzosen wegen<br />

seiner günstigen Tipps und empfehlenswerten Adressen<br />

schätzen. Dies ermutigt uns, das Hotel vertrauensvoll und<br />

neugierig zu betreten.<br />

Der Eingang ist keine Tür, die sich automatisch öffnet,<br />

sondern eine Drehtür aus Holz und Glas, die man vorsichtig<br />

anstößt. Sofort hat man den Eindruck, in einer familiären,<br />

beschützenden Umgebung zu sein. Zur familiären<br />

Atmosphäre trägt unter anderem die eher unerwartete<br />

Präsenz von Felix bei, einem Kater, der es sich bei unserer<br />

Ankunft gegenüber der Rezeption bequem gemacht hat<br />

– wo man ihn zwar nicht immer, aber häufig antrifft –,<br />

als sei es seine Lieblingsbeschäftigung, das Kommen und<br />

Gehen der Gäste zu beobachten. Während unseres Aufenthaltes<br />

sehen wir ihn auch gelegentlich gemächlichen<br />

Schrittes durch den Hotelpark oder über eine der Terrassen<br />

gehen. Der Direktor des Hauses, Pierre Remy, erklärt<br />

uns, dass Felix sich das Hotel als sein Zuhause zwar selbst<br />

gewählt hat, dass ihn inzwischen aber das gesamte Team<br />

adoptiert hat und auch zahlreiche treue Gäste ihn vergöttern.<br />

Der Eindruck des Beschütztseins, den man ebenfalls<br />

unmittelbar beim Betreten gewinnt, liegt an der angenehmen<br />

und beruhigenden Aura dieses Ortes: Das patinierte<br />

Holz der Möbel und Parkettböden, die weichen Sitze und<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 75


HOTEL Grand Est / Vosges<br />

eine Dekoration, die gekonnt Vergangenheit,<br />

authentische regionale Materialien und subtile<br />

zeitgenössische Noten vereint, verleihen<br />

der Rezeption eine warme und einladende<br />

Ausstrahlung.<br />

In diesem Hotel herrscht eindeutig eine<br />

besondere Atmosphäre: Es erscheint luxuriös,<br />

ohne steif zu wirken, sodass man sich spontan<br />

wohlfühlt. Daran hat die Familie Remy einen<br />

entscheidenden Anteil. Mitte der 80er-Jahre<br />

erwarben die Eltern, Fabienne und Claude, das<br />

Grand Hôtel. Als Unternehmer mit Leib und<br />

Seele haben sie diese ehemalige Postkutschenstation<br />

aus dem 19. Jahrhundert aufwändig<br />

renoviert und im Laufe der Jahre luxuriöse<br />

und innovative Infrastrukturen installiert. So<br />

wurden alle Zimmer in einer gelungenen Mischung<br />

aus Authentizität und Designerstil neu<br />

gestaltet, wobei Wert auf edle, regionale Materialien<br />

gelegt wurde. Drei bemerkenswerte<br />

Restaurants – darunter ein Feinschmeckerrestaurant<br />

–, mehrere Pools sowie ein 450 m²<br />

großer, moderner Spabereich, der über ein<br />

120 m² großes Heat Center verfügt, ergänzen<br />

das Angebot. Dieses Heat Center ist ein einmalig<br />

schöner Ort mit Pool, Hamam, Sauna<br />

und einem « Sensorikgang »; eine konstante<br />

Feuchtigkeit und eine Temperatur von 34 °C<br />

bieten die idealen Voraussetzungen für das<br />

Wohlbefinden! Vor Kurzem haben Fabienne<br />

und Claude die Stabübergabe an ihren Sohn<br />

Pierre vollzogen, der jetzt mit gerade einmal<br />

29 Jahren nach umfangreichen Studien und<br />

Auslandsaufenthalten die Leitung des Hotels<br />

übernommen hat. Pierre hängt sehr an dem,<br />

was seine Eltern – die im Übrigen immer noch<br />

präsent sind – aufgebaut haben, und setzt sich<br />

dafür ein, das familiäre Ambiente des Hauses<br />

zu bewahren. Wie sie achtet er auf das kleinste<br />

Detail und hat stets Tipps für die treuen Gäste<br />

bereit, die die spezielle Atmosphäre dieses Ortes<br />

sehr schätzen.<br />

Ein anderer Punkt ist es wert, erwähnt zu<br />

werden, da man dies heute in der Hotelbranche<br />

nur noch selten findet: Das Personal ist<br />

dem Haus ebenso treu wie die Gäste, und viele<br />

Mitarbeiter arbeiten schon seit langen Jahren<br />

hier. Auch sie schätzen die Besonderheit dieses<br />

Hauses und haben das Gefühl, eine große Familie<br />

zu sein, die sich dafür einsetzt, eine Art<br />

von Hotelbetrieb fortzusetzen, der gewissermaßen<br />

Botschafter der Seele der Vogesen ist. Ein<br />

mutiger Ansatz, dem man Respekt zollt und<br />

der all die Auszeichnungen rechtfertigt, die am<br />

Eingang des Hotels angebracht sind!<br />

Grand Hôtel & Spa****<br />

<br />

Place du Tilleul<br />

88401 Gérardmer<br />

Telefon: +33 (0)3 29 63 06 31<br />

www.grandhotel-gerardmer.com<br />

<br />

76 Zimmer (Tradition, Supérieure,<br />

<br />

Contemporaine, Luxe, Junior Suite, Suite,<br />

Appartement), zur Park- oder Dorfseite.<br />

100 bis 350 €.<br />

Beheizte Pools (innen und außen).<br />

Jacuzzi, Hamam, Sauna.<br />

Spa les Chênes Blancs (450 m²).<br />

Sensorikbereich Heat Center (120 m²).<br />

Abgeschlossener und bewachter Parkplatz<br />

(kostenlos).<br />

Ladestation für Elektroautos.<br />

Drei Restaurants: Pavillon Pétrus<br />

<br />

(Feinschmeckerrestaurant), Grand Cerf<br />

(traditionelle französische Küche), L‘Assiette du<br />

Coq à l‘Âne (klassische regionale Küche).<br />

76 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


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FRANKREICH HEUTE Quand on aime la France …<br />

78 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Serie: Quand on aime la France (1)<br />

Roger Diederen ist der Direktor der Kunsthalle München. Er liebt es über alles, seine<br />

Leidenschaften für Kunst aller Art und für Frankeich zu teilen. Er ist im Herzen Europas,<br />

in den Niederlanden, an der Grenze zu Deutschland geboren und aufgewachsen.<br />

Er ist überzeugter Europäer und hat sein Leben der Kunst gewidmet. Sein Ziel: Durch<br />

Kunst einen Austausch entstehen zu lassen und eine ganz andere Auseinandersetzung<br />

mit unserer Welt zu ermöglichen. Offenheit, Toleranz und Neugier dem Anderen<br />

gegenüber sind Werte, die im Zentrum seiner Arbeit stehen. Damit haben er und sein<br />

Team die Kunsthalle zum Erfolg geführt und zu einem der renommiertesten Ausstellungshäuser<br />

gemacht, dessen Bedeutung weit über die Grenzen der bayerischen<br />

Hauptstadt hinausgeht.<br />

Roger Diederen, inwiefern würden Sie sagen, dass Ihre Herkunft<br />

eine Rolle in Ihrem Lebenslauf gespielt hat?<br />

Meine Herkunft ist tatsächlich ein sehr wichtiger<br />

Aspekt meiner Vita. Ich war schon immer ein Grenzgänger<br />

im buchstäblichen Sinn. Jeden Morgen fuhr ich<br />

mit dem Fahrrad von den Niederlanden aus durch einen<br />

kleinen Teil von Deutschland zur Schule, denn das war<br />

der kürzeste Weg. Tagtäglich radelte ich also viermal über<br />

die Grenze. Sie können sich vorstellen, dass der Begriff<br />

« Grenze » schon in meiner frühsten Jugend sehr präsent<br />

war – nicht nur als Hürde, sondern auch als Bereicherung.<br />

Aber es gibt noch etwas anderes: Als Kinder konnten wir<br />

zu Hause immer schon deutsches und belgisches Fernsehen<br />

sehen. Das war, lange bevor es Kabelfernsehen<br />

gab und daher nur in solchen Grenzregionen möglich.<br />

Die deutsche und die französische Sprache waren so<br />

von Anfang an Teil meines Lebens. Tatsächlich hatte<br />

ich schon als Jugendlicher eine große Schwäche für die<br />

belgische und die französische Kultur und Sprache. Ich<br />

hatte zunächst ernsthaft überlegt, Französisch als Fremdsprache<br />

zu studieren, entschied mich aber dann letztlich<br />

für Kunstgeschichte. Auch damit konnte ich meine Faszination<br />

für Frankreich pflegen. Nach meinem Studium<br />

in Amsterdam verschlug es mich für viele Jahre nach<br />

Amerika, wo ich an Museen in Los Angeles, Cleveland<br />

und New York tätig war. Dort lag mein kunsthistorischer<br />

Schwerpunkt auf der europäischen Kunst des 19. Jahrhunderts,<br />

wo Frankreich natürlich eine zentrale Rolle spielte.<br />

Sie sehen, dass mein Lebenslauf – sowohl beruflich<br />

als auch privat – von einem Weltbürgertum geprägt ist.<br />

In meiner Jugend waren die Grenzen zwischen Holland,<br />

Belgien, Deutschland und Frankreich zwar präsent, aber<br />

sie waren da, um überschritten zu werden. Die Generation<br />

meiner Eltern hatte noch Krieg mit Deutschland geführt.<br />

Doch wir kauften im deutschen Nachbardorf ein und hatten<br />

dort Freunde. Diese Entwicklung gilt es zu schätzen<br />

und zu schützen. Und für mich ist Kunst heute ein perfektes<br />

Kommunikationsmittel, um Menschen zueinander<br />

zu bringen.<br />

Lassen Sie uns konkreter über Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit<br />

sprechen. Was beflügelt Sie?<br />

Ich versuche natürlich, mit den Ausstellungen, die ich<br />

mache, meine eigene Begeisterung für Kunst, Kultur und<br />

Geschichte zu vermitteln. Mein Ziel ist es, Menschen<br />

dazu zu bringen, durch Kunst über unsere Gesellschaft<br />

nachzudenken. Wie funktioniert sie, woher kommen wir,<br />

wohin gehen wir … Ich bin nicht so naiv zu glauben, mit<br />

einer Ausstellung die Welt verbessern zu können, aber<br />

wenn sie als Denkanstoß funktioniert und zum Hinterfragen<br />

mancher Dinge anregt, dann ist schon einiges erreicht.<br />

Dazu kann Kunst sehr wohl dienen.<br />

Kunst also nicht als elitäres Phänomen, sondern als Einladung<br />

zur Toleranz, Offenheit und Akzeptanz.<br />

Ja genau. Das sind Werte, die unsere heutige Welt sehr<br />

gut gebrauchen kann!<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 79


FRANKREICH HEUTE Quand on aime la France …<br />

Ihrer Meinung nach, Roger Diederen: Was heißt es, heutzutage<br />

in Deutschland von Frankreich und von der französischen<br />

Kunst begeistert zu sein?<br />

Tja, hier in München richten viele ihren Blick nach<br />

Süden, vor allem ins nahe Italien, wohin man gerne in<br />

den Urlaub fährt. Aber grundsätzlich besteht hier auch<br />

ein großes Interesse für französische Kunst, Kultur und<br />

Kulinarik. Ausstellungen mit französischer Kunst – zu<br />

Madame de Pompadour, Rodin oder den Impressionisten<br />

– kommen immer gut an. Aber solche Themen rufen<br />

weltweit Begeisterung hervor, nicht nur in Deutschland.<br />

Deshalb versuche ich auch, unbekanntere Themen zu präsentieren.<br />

Zum Beispiel habe ich vor kurzer Zeit französische<br />

Künstler ausgestellt, die im 19. Jahrhundert im Salon<br />

de Paris ihre Erfolge feierten. Die Werke kamen alle aus<br />

dem Musée d’Orsay. Künstler wie Bouguereau, Gérôme<br />

und Cabanel waren zu Lebzeiten weltberühmt, sind aber<br />

heute kaum noch bekannt. In deutschen Museen wurden<br />

die Werke dieser Künstler nie gesammelt. Mit dieser Ausstellung<br />

konnten wir dem deutschen Publikum ein sehr<br />

wichtiges Kapitel der Kunstgeschichte vermitteln.<br />

Ein anderes Beispiel ist die im Juli zu Ende gegangene<br />

Ausstellung « Du bist Faust ». Das Publikum war überrascht,<br />

dass auch in einem vermeintlich urdeutschen Thema wie<br />

Goethes « Faust » ganz viel Frankreich steckt. Seit seiner<br />

Veröffentlichung hat dieses Stück, das zu den wichtigsten der<br />

deutschen Literatur zählt, zahllose Künstler inspiriert. Aber<br />

nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland und<br />

vor allem in Frankreich! Künstler wie Delacroix haben den<br />

Text in Gemälden und Illustrationen ins Bild gesetzt. Dabei<br />

ist es absolut faszinierend, den Unterschied zwischen der<br />

deutschen und der französischen Wahrnehmung des Textes<br />

zu betrachten: Sehen die Deutschen darin hauptsächlich das<br />

« Gelehrtendrama » um den modernen Menschen Faust, der<br />

alles studiert hat und doch merkt, nichts wissen zu können,<br />

sehen die Franzosen in dem Stück vor allem die dramatische<br />

Liebesgeschichte um Faust und das junge Gretchen. Besonders<br />

Gounods fantastische Oper « Faust » hat diese « romantische<br />

» Sicht auf das Drama in die ganze Welt gebracht.<br />

Es ist also spannend zu sehen, wie ein « typisch » deutsches Werk<br />

in Frankreich umgedeutet wurde, wie die Neugier für eine andere<br />

Kultur wieder ganz eigene Interpretationen hervorbringt.<br />

Ja, ganz genau. Und das Wunderbare an der Kunst ist<br />

nun, dass immer wieder etwas Neues entsteht: Sie ist produktiv,<br />

nicht destruktiv. Es geht um den Dialog. Ob es die<br />

Kunst im Pariser Salon betrifft oder die atemberaubende<br />

Mode eines Jean Paul Gaultier, immer geht es um individuelle<br />

Interpretationen und gemeinsame Kommunikation.<br />

Unsere Besucher möchte ich so zum Denken anregen.<br />

Jetzt mal ganz pragmatisch gefragt: Was bedeutet die Europäische<br />

Gemeinschaft für Ihre Tätigkeiten?<br />

Abgesehen von der emotionalen Verbundenheit, die<br />

man sich von ihr erhofft, ist es natürlich auch sehr praktisch,<br />

eine gemeinsame Währung zu haben. Kunstwerke<br />

reisen durch die ganze Welt, aber für innereuropäische<br />

Leihgaben sind die Zollbestimmungen schon mal deutlich<br />

weniger aufwändig. Wenn das Vereinigte Königreich<br />

tatsächlich aus der EU austritt, dann wird das die Zusammenarbeit<br />

schwieriger und teurer machen.<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Man kann also sagen, dass in der Kunstwelt die Zusammenarbeit<br />

ein wichtiges Thema ist.<br />

Auf jeden Fall. Wenn es zum Beispiel zum Brexit<br />

kommen würde, dann wäre das für viele britische kulturelle<br />

Institutionen eine Katastrophe. Die dortigen Theater<br />

warnen jetzt schon vehement vor den Folgen. Es würde<br />

dann wieder deutlich komplizierter, internationale Schauspieler,<br />

Musiker und Regisseure zu engagieren.<br />

Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit französischen<br />

Kollegen?<br />

Auf der menschlichen Ebene funktioniert die Zusammenarbeit<br />

hervorragend. Natürlich gibt es aber auch<br />

Unterschiede in den Strukturen: In Frankreich wird die<br />

Kultur nach wie vor stark von Paris aus gesteuert, während<br />

in Deutschland Kultur Ländersache ist. Frankreich<br />

ist das einzige Land in Europa, in dem es einen sogenannten<br />

staatlichen Concours gibt, den man durchlaufen<br />

muss, um eine Chance zu haben, Museumskurator zu<br />

werden. In allen anderen Ländern studiert man meist<br />

Kunstgeschichte – und kann sich frei auf Museumsposten<br />

bewerben.<br />

Denken Sie, dass die Deutschen kunstinteressierter sind als die<br />

Franzosen?<br />

Nein, das glaube ich auf keinen Fall. Die Beteiligung<br />

der Menschen am kulturellen Angebot hängt überall sehr<br />

von ihrer Ausbildung und wirtschaftlichen Situation ab.<br />

Wenn wir mehr Beteiligung wollen, gilt es vor allem dafür<br />

zu sorgen, reale und gefühlte Hemmschwellen abzubauen.<br />

Da ist noch viel zu leisten, ob in Frankreich, in Deutschland<br />

oder wo auch immer.<br />

Was ist Ihre nächste Ausstellung?<br />

Ab August widmen wir uns dem Trompe-l’Œil. Seit<br />

es Kunst gibt, versuchen Künstler, das menschliche Auge<br />

zu trügen. In Frankreich wurde das Thema vor allem im<br />

18. Jahrhundert populär und mit dem französischen Begriff<br />

trompe l’œil werden bis heute künstlerische Augentäuschungen<br />

bezeichnet. Wir werden selbstverständlich auch französische<br />

Gemälde zeigen, zum Beispiel von Louis-Léopold<br />

Boilly. Für die Zukunft sind wir mit dem Mobilier National<br />

in Paris im Gespräch. Diese staatliche Institution verwaltet<br />

unter anderem die weltberühmte Gobelin-Manufaktur. Seit<br />

dem 17. Jahrhundert bis zum heutigen Tag werden dort die<br />

prächtigsten Tapisserien hergestellt. Weltweit einzigartig ist,<br />

dass immer noch Künstler beauftragt werden, Motive für<br />

Tapisserien zu gestalten, die dann in den Werkstätten umgesetzt<br />

werden. Wir würden gerne, zum ersten Mal außerhalb<br />

von Frankreich, eine große Ausstellung zu modernen Gobelins<br />

realisieren. Die Besucher würden staunen.<br />

Linke Seite: Von<br />

September 2015 bis<br />

Februar 2016 präsentierte<br />

Roger Diederen in der<br />

Kunsthalle in München<br />

die Ausstellung Jean-<br />

Paul Gaultier, nachdem<br />

diese bereits in so<br />

renommierten Städten<br />

wie New York, London<br />

und Paris gezeigt<br />

worden war. Bei der<br />

Ausstellungseröffnung<br />

waren sogar der<br />

französische Couturier<br />

und Conchita Wurst<br />

anwesend.<br />

Diese Seite: Ein Blick in<br />

die vor Kurzem zu Ende<br />

gegangene Ausstellung<br />

« Du bist Faust, Goethes<br />

Drama in der Kunst »<br />

(23.2.-29.7.<strong>2018</strong>).<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 81


ART DE VIVRE Kultur<br />

Amüsante Geschichten rund um die französische<br />

Nachdem die französische Nationalmannschaft<br />

am 15. Juli dieses Jahres Fußballweltmeister<br />

geworden war, hörten die Menschen auf der<br />

ganzen Welt während der anschließenden Siegerehrung<br />

die Marseillaise. In Frankreich wurde<br />

die französische Nationalhymne in vielen Dörfern<br />

und Städten bis spät in die Nacht aus vollem<br />

Halse gesungen. Wir nehmen dies zum Anlass,<br />

« hinter die Kulissen » dieser berühmten Hymne<br />

zu blicken und einige amüsante und weitgehend<br />

unbekannte Geschichten zu ihrer Entstehung<br />

aufzudecken.<br />

Sollte es nicht eher La Strasbourgeoise<br />

als La Marseillaise heißen?<br />

Im Gegensatz zu dem, was der Name vermuten lässt, ist<br />

der Ursprung der Marseillaise nicht im Süden Frankreichs,<br />

sondern eher im Osten des Landes zu suchen.<br />

1792 – die Französische Revolution war bereits einige Jahre<br />

im Gange und Frankreich hatte Österreich den Krieg erklärt<br />

– galt es, die Truppen der französischen Armée du Rhin<br />

zu mobilisieren. Am 25. April machte der Bürgermeister<br />

von Straßburg, Baron Philippe Frédéric de Dietrich<br />

(1748-1793), bei einem Diner zu Ehren der Offiziere der<br />

Garnison der Stadt die Feststellung, dass die revolutionären<br />

Truppen kein Kriegslied hatten, das sie mitreißen konnte.<br />

Um diesem Mangel abzuhelfen, bat er spontan den anwesenden<br />

Offizier, Claude Joseph Rouget genannt Rouget de<br />

l’Isle (1760-1836) – einen Dichter und Musiker, den er gut<br />

kannte, da sie beide in derselben Freimaurerloge waren –,<br />

einige patriotische Lieder zu komponieren.<br />

Als Rouget de l’Isle an diesem Abend wieder bei sich<br />

zu Hause in der Rue de la Mésange war, machte er sich<br />

sofort an die Arbeit und komponierte noch in derselben<br />

Nacht eine Kriegshymne, die er dem Kommandanten<br />

der Rheinarmee, General Nicolas Luckner (1722-1794),<br />

widmete. Er gab ihr den provisorischen Titel Chant de<br />

Guerre pour l’Armée du Rhin. Gleich am nächsten Tag trug<br />

er sie Baron de Dietrich vor, von dessen Frau am Klavier<br />

begleitet. Isidore Pils (1813-1875) verewigte diese Szene<br />

in einem Gemälde, das im Musée des Beaux-Arts in<br />

Straßburg zu sehen ist. Das Lied stieß sofort auf breite<br />

Zustimmung. Bereits einige Stunden später ertönte es auf<br />

dem Place Broglie vor dem Rathaus der Stadt zum ersten<br />

Mal in der Öffentlichkeit.<br />

Vom Partisanenlied zur Nationalhymne:<br />

Merci les Marseillais!<br />

Obwohl die Marseillaise in Straßburg entstanden war,<br />

verdankt sie ihre Bekanntheit vor allem der Stadt Marseille<br />

und ihren Bewohnern. Auf welche Art sich das Lied<br />

von Rouget de l’Isle im ganzen Land verbreitete, konnte<br />

zwar nicht genau ermittelt werden, die Geschichtsforscher<br />

sind sich jedoch darin einig, dass wahrscheinlich<br />

Soldaten aus Marseille, die in der Nähe von Straßburg<br />

gekämpft hatten, sich dieses Lied einprägten und es nach<br />

ihrer Rückkehr in der Heimatstadt sangen. Weiterhin ist<br />

nachgewiesen, dass General François Mireur (1770-1798),<br />

der die Aufgabe hatte, Freiwillige aus Montpellier und<br />

Marseille für den Kampf gegen Österreich nach Paris zu<br />

bringen, am 22. Juni 1792 das « Kriegslied der Rheinarmee<br />

» in Marseille anstimmte. Es wurde dort enthusiastisch<br />

aufgenommen und die lokalen Zeitungen trugen<br />

zur Verbreitung des Liedes bei. Die freiwilligen Soldaten<br />

sangen es dann im Juli 1792 während der ganzen Fahrt<br />

von Marseille in die Hauptstadt. So wurde das Kriegslied<br />

dank dieser Soldaten aus Marseille in Frankreich populär<br />

und erhielt den Namen Marseillaise. Am 14. Juli 1795<br />

wurde es offiziell zum Nationallied erklärt. Während<br />

des Ersten Kaiserreiches und der Restauration war die<br />

82 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Nationalhymne La Marseillaise<br />

Marseillaise verboten. Nach der Revolution von 1830 kam<br />

sie wieder zu Ehren und wurde in der Dritten Republik<br />

1879 erneut zur Nationalhymne.<br />

Und was hatte Mozart damit zu tun?<br />

Rouget de l’Isle, der bereits mehrere Lieder komponiert<br />

hatte, gab sich gewöhnlich offiziell als Komponist<br />

der jeweiligen Musik aus. Seltsamerweise war das bei<br />

seinem Chant de Guerre pour l’Armée du Rhin nicht der<br />

Fall. Daher steht zu vermuten, dass er sich in jener Nacht<br />

aufgrund des Zeitdrucks von bereits existierenden Musikstücken<br />

inspirieren ließ. Musikwissenschaftler weisen<br />

unter anderem auf eine – mehr oder weniger auffallende<br />

– Ähnlichkeit mit dem Allegro Maestoso aus dem Klavierkonzert<br />

<strong>Nr</strong>. 25 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-<br />

1791) hin.<br />

In einer bayerischen Stadt<br />

ertönt jeden Tag die Marseillaise<br />

Wenn Franzosen dies hören, können sie es gar nicht<br />

fassen: Jeden Tag exakt um 12.05 Uhr spielt das Glockenspiel<br />

des Rathauses im bayerischen Cham die Marseillaise!<br />

Damit will die Stadt eines ihrer berühmtesten Kinder<br />

ehren, nämlich genau den Nicolas Luckner, dem<br />

Rouget de l’Isle sein « Kriegslied für die<br />

Rheinarmee » gewidmet hatte.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 83


ART DE VIVRE Chantals Rezept<br />

Heute möchte ich Ihnen ein sehr praktisches Rezept vorstellen!<br />

Auf « Mayo », wie man die Mayonnaise in Frankreich<br />

liebevoll nennt, trifft man überall. Die berühmte kalte<br />

Sauce auf der Basis von Öl, Eigelb und Senf ist der optimale<br />

Begleiter zu ganz einfachen kalten Gerichten (wie zu<br />

dem berühmten Klassiker in Brasserien Œuf-Mayo) oder<br />

auch zu trendigen Kreationen bekannter Küchenchefs.<br />

Angesichts der Vielzahl der industriellen Produkte ohne Geschmack, die<br />

manchmal sogar in Tuben verkauft werden, sollten Sie sich das Vergnügen<br />

gönnen und die beste aller Mayonnaisen selbst zubereiten. Mithilfe dieser<br />

Tipps wird Ihnen das problemlos gelingen! Viel Spaß und bon appétit!<br />

Mayonnaise<br />

Die echte hausgemachte<br />

84 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Zwei Rezepte und Zubereitungsarten: für Puristen und für Eilige<br />

Hinweis: Eines der Geheimnisse<br />

ein er steifen Mayonnaise sind<br />

Zu taten, die Zimmertemperatur<br />

haben. Nehmen Sie also alles rechtzeitig<br />

aus dem Kühlschrank.<br />

Rezept 1: für Puristen -<br />

von Hand gerührt<br />

Zubereitungszeit: 4-5 Minuten<br />

Dies ist das Originalrezept, das viele<br />

Französinnen und Franzosen mit<br />

mehr oder weniger Erfolg bereits<br />

aus pro biert haben. Viele haben dafür<br />

ihren eigenen « Trick », damit die<br />

Mayon naise gelingt … oder eine<br />

« gute Entschuldigung », um zu rechtfertigen,<br />

warum sie misslungen ist.<br />

Man bereitet sie in einer Schüssel<br />

mit einem Schneebesen zu, manche<br />

be nutzen sogar nur eine Gabel.<br />

Zutaten:<br />

1 Eigelb<br />

200 ml Sonnenblumenöl<br />

1 EL Weinessig<br />

2 TL scharfer Dijon-Senf<br />

3 Prisen Salz<br />

Frisch gemahlener Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Das Eigelb in die Schüssel geben.<br />

Senf, Salz und Pfeffer zufügen.<br />

Mit dem Schneebesen mischen<br />

und<br />

1 Minute ruhen lassen.<br />

• Dann das Öl in einem dünnen<br />

Strahl einfließen lassen und<br />

gleichzeitig mit dem Schneebesen<br />

kräftig aufschlagen, bis man eine<br />

steife Mayonnaise erhält. Essig<br />

zugeben und nochmals verrühren.<br />

Rezept 2: für Eilige -<br />

mit dem Handrührgerät<br />

Zubereitungszeit: circa 1 ½ Minuten<br />

Abgesehen vom Zeitgewinn, ist diese<br />

Art der Zubereitung quasi die Garantie<br />

für eine perfekte Mayonnaise.<br />

Der einzige Unterschied besteht<br />

darin, dass man hier das ganze Ei<br />

und mehr Öl verwendet. Die Mayonnaise<br />

wird dann etwas heller als<br />

bei der klassischen Zubereitungsart.<br />

Zutaten:<br />

1 ganzes Ei<br />

250 bis 300 ml Sonnenblumenöl<br />

1 EL Weinessig<br />

2 TL scharfer Dijon-Senf<br />

3 Prisen Salz<br />

Frisch gemahlener Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

•<br />

Alle Zutaten in einen hohen Rührbecher<br />

geben. Mit dem Handrührgerät<br />

schlagen, bis die Mayonnaise<br />

fest wird, dabei das Gerät immer<br />

wieder ausschalten. Das ist alles!<br />

Einige Tipps für die perfekte<br />

Mayonnaise<br />

• Mayonnaise mag keine Kälte.<br />

Bereiten Sie sie daher direkt vor<br />

dem Servieren zu, und geben Sie<br />

sie nicht in den Kühlschrank.<br />

• Wenn Sie den Eindruck haben, dass<br />

die Mayonnaise nicht steif genug<br />

wird, dann können Sie versuchen,<br />

sie mit ein wenig Salz und einigen<br />

Tropfen Zitronensaft zu retten.<br />

• Bonus: Aus einer guten hausgemachten<br />

Mayonnaise können<br />

Sie mithilfe einiger Zutaten die<br />

verschiedensten Saucen zubereiten.<br />

Nachfolgend einige Tipps dazu:<br />

• Aiolisauce: Eine Mayonnaise aus<br />

Eigelb, Zitronensaft und Olivenöl<br />

herstellen; 3-4 Knoblauchzehen<br />

und eine kleine gekochte und<br />

geschälte Kartoffel zusammen<br />

zerdrücken und unterrühren.<br />

• Remouladensauce: Eine Mayonnaise<br />

wie oben angegeben<br />

herstellen; Kapern, Cornichons,<br />

Zwiebeln, Petersilie, Kerbel sowie<br />

Estragon hacken und zugeben.<br />

• Cocktailsauce: Eine Mayonnaise<br />

wie oben angegeben herstellen<br />

und mit Ketchup, Tabasco<br />

und Cognac abschmecken.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 85


RESTEXEMPLARE<br />

RESTEXEMPLARE<br />

RESTEXEMPLARE<br />

RESTEXEMPLARE<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 22<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 25 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 27 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />

RESTEXEMPLARE<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 30<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />

RESTEXEMPLARE<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 58<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 61<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 62<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 63<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 65<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 67


Haben Sie eine Ausgabe verpasst?<br />

Stöbern Sie in den Themen der noch erhältlichen Ausgaben!<br />

Reisethemen,<br />

nach Regionen geordnet:<br />

8<br />

9<br />

7<br />

12<br />

6<br />

11<br />

Landesweite Themen<br />

1 2<br />

3<br />

10<br />

13<br />

5<br />

14<br />

16<br />

4<br />

15<br />

17<br />

18<br />

Die schönsten Küstenwege 67<br />

Fahrradrouten – Die schönsten Strecken entlang der Küsten 59<br />

Weihnachtsmärkte – Wo geht es noch authentisch zu? 57<br />

Winterurlaub – Romantische Skistationen anstatt<br />

57<br />

Bettenburgen<br />

Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />

Kultur – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />

Brücken – Frankreichs bemerkenswerteste Brücken 53<br />

Dörfer – Frankreichs spektakulärste Dörfer 50<br />

Traumstraßen – Frankreichs spektakulärste Traumstraßen 48<br />

Wellness in den Bergen – Nach dem Sport die Erholung 43<br />

10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />

Naturwunder – Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />

1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />

Coup de cœur – Die Straßenbuchhändler an den Seine-Quais 65<br />

in Paris<br />

Saint-Germain-des-Prés: Mehr als ein Viertel, die Seele 60<br />

von Paris?<br />

Le Train Bleu – Ist das legendäre Restaurant noch immer 58<br />

einen Besuch wert ?<br />

Musée d‘Histoire de la Médecine – ein ungewöhnliches 57<br />

Museum im Herzen der Hauptstadt<br />

Pariser Rathaus – Ein Palast für die Hauptstädter 53<br />

Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />

Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />

Monnaie de Paris – MétaLmorphoses, die Geburt eines 48<br />

neuen Stadtteils<br />

Monnaie de Paris – Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />

Paris mit Kindern – Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />

Nachwuchs<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />

Geburtstag<br />

Hôtel des Invalides – Ein kleines Militär-Versailles mitten 38<br />

in Paris<br />

Les Arènes de Lutèce – Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />

römischen Amphitheaters<br />

Lido – Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />

Avenue des Champs-Elysées – Wie steht es um den Glanz 36<br />

des Prachtboulevards?<br />

Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte entsprang ein Fluss 31<br />

Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 31<br />

Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />

Batobus – Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />

Stadtentwicklung – Seine-Ufer: Neugestaltung der Ufer der 28<br />

Seine<br />

Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 28<br />

Hauptstadt (3) – Ungewöhnliche Restaurants<br />

Mehr als nur Kino – Legendäre Lichtspielhäuser der 23<br />

französischen Hauptstadt<br />

Hotels<br />

Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

La Belle Juliette – Paris 54<br />

Hotel Lutetia – Paris 32<br />

2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />

Ecouen – Ein Museum für die Renaissance 50<br />

Saint-Denis – Ruhestätte der Könige 33<br />

3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />

Hauts-de-France – Familistère de Guise,von «Versailles für 64<br />

Arbeiter» zum bewohnten Museum<br />

Baie de Somme – Eine beeindruckende Reise (Teil 2): 63<br />

Le parc du Marquenterre<br />

Baie de Somme – Eine beeindruckende Reise (Teil 1): die 62<br />

Abbaye de Saint-Riquier<br />

Nordfrankreich – Auf den Spuren eines großen französischen 59<br />

Architekten<br />

Marais Audomarois – Ein Sumpfgebiet für Kenner 58<br />

Lille – Die unterschätzte Metropole 54<br />

Calais – Eine Stadt mit Spitze 48<br />

Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />

Pays de Condé – Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />

Maison de Robert Schuman – Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />

des vereinten Europas<br />

Marne – In der Heimat des Champagners 40<br />

10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />

Arras & Douai – Riesen für den Kleinen 36<br />

Jardin Mosaic – Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />

Hotels<br />

Le Domaine de la Chartreuse – Gosnay 57<br />

Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />

4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />

Grand-Est – Mondial Air Ballons, der poetische Aufstieg von 65<br />

456 Heißluftballons<br />

Grand-Est – Graufthal,das Elsass zur Zeit der Streichhölzer 64<br />

Kirrwiller – 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall 62<br />

Frankreichs<br />

Weihnachtskugeln aus Meisenthal – nicht nur Kugeln, 61<br />

sondern Objekte voller Sinn<br />

Château de Lunéville – Wie Phoenix aus der Asche 52<br />

Abbaye de Murbach – Es steht ein Kloster im Walde 47<br />

Musée Lalique – Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />

Genuss – Die AOC des Elsass 42<br />

10 Ideen… für ein Wochenende im Elsass 41<br />

Haut-Koenigsbourg – Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />

Kulturerbe<br />

Bitche – Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />

Grand Ballon – Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />

Neufchef & Aumetz – Das stolze Erbe der lothringischen 36<br />

Kumpel<br />

Hotels<br />

La Cheneaudière – Colroy-la-Roche 61<br />

La Clairière Bio- & Spa-Hotel – La Petite-Pierre 38<br />

5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />

Jura – Salins-les-Bains: Salz, das weiße Gold prägt eine 67<br />

ganze Region<br />

Saône-et-Loire – Tournus, ein Zwischenstopp für Neugierige 66<br />

auf dem Weg in den Süden<br />

Côte d’Or – Vill’Art, das zweite Leben eines Steinbruchs 66<br />

Belfort – Die wiederentdeckte Genialität eines Künstlers 64<br />

Bourgogne-Franche-Comté – Alésia, Auf den Spuren der 63<br />

Gallier<br />

Route des Grands Crus – Die Champs-Elysées von Burgund 61<br />

Montbéliard – 30 Jahre Lumières de Noël 61<br />

Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />

Genuss – Die AOC der Franche-Comté 47<br />

Genuss – Die AOC Burgunds 48<br />

Maison de Louis Pasteur – Ein Dorf im Fokus der<br />

43<br />

Wissenschaft<br />

Hospices de Beaune – Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />

Lac de Pannecière – Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />

untergegangenen Dorfes<br />

Montbéliard – Die Farben einer Stadt 41<br />

Peugeot-Museum – Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />

Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />

6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Mayenne – Mit dem Hausboot auf der Mayenne 66<br />

Chédigny – ein Dorf wird zum Garten 65<br />

La grange de Meslay: Von der Holzkathedrale zum<br />

60<br />

Musiktempel<br />

Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />

Chambord – Mehr als nur ein beeindruckendes Schloss 58<br />

Cheverny – Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />

Ballonfahrt übers Loire-Tal – Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />

Blois – Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />

Le Mans – Unerwartet anders 33<br />

Angers – Einfach l(i)ebenswert 30<br />

Hotels<br />

Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />

7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />

Le Havre – 500 Jahre, das will gefeiert werden ! 62<br />

Cherbourg – Dem Meer zugewandt 53<br />

Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />

Mont-Saint-Michel – Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />

Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />

10 Ideen… für die Normandie 37<br />

Mémorial Caen – Ein Museum für den Frieden 31<br />

Ile de Tatihou – Eine fantastische Reise 28<br />

Jumièges – Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />

Hotels<br />

Domaine de la Corniche – Rolleboise 36<br />

8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />

Finistère – Locronan, die bretonische Seele par excellence 66<br />

Côtes d’Armor – La Vallée des Saints, die bretonische 63<br />

Osterinsel<br />

Brest und Roscoff – Mehr als nur zwei Gärten 62<br />

Bretagne – Umfriedete Pfarrbezirke 61<br />

Ile d’Ouessant – Eine Insel voller Leben 58<br />

Montagnes Noires – Wo die Bretagne in die Höhe wächst 54<br />

Ploumanac’h – Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />

Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné 47<br />

– Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />

Brest – Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />

Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />

Abbaye de Daoulas – Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />

Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />

Hotels<br />

Château de Sable – Porspoder 58<br />

Castel Beau Site – Ploumanac’h 48<br />

9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />

Atlantiküste – Ein Paradies für Naturismus 67<br />

Nouvelle-Aquitaine – Coup de cœur: Parc de Majolan 66<br />

Nouvelle-Aquitaine – Die Metamorphose von Bordeaux, 64<br />

Eine Zwischenbilanz<br />

Coup de cœur – Die Eiche im Taubenschlag von Pouzay 63<br />

Bordeaux 60<br />

Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />

Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />

Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard 46<br />

– Reif für die Insel(n)<br />

Wein – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />

Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />

42<br />

schwarzen Fassaden<br />

Radfernweg – Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />

Klöster – Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />

Marais Poitevin – Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />

Likör – Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />

Wein – Château Bardins 37<br />

Futuroscope – Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />

Gironde – Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />

Bassin d’Arcachon – Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />

Hotels<br />

Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />

Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />

Logis Saint-Martin – Saint-Maixent-l’Ecole 37<br />

10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />

Nouvelle-Aquitaine – Les Pans de Travassac, eine<br />

63<br />

Spektakuläre Reise in das Land des Schiefers<br />

Genuss – Die AOC des Limousin 48<br />

Clermont-Ferrand – Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />

Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />

Viaduc de Garabit – Der horizontale Eiffelturm im<br />

37<br />

Zentralmassiv<br />

Hotels<br />

Domaine Saint Estève – Millau 53


11 Périgord & Midi-Pyrénées <strong>Nr</strong>.<br />

Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich 60<br />

lebt »<br />

Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />

Genuss – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />

Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />

Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei Airbus in Toulouse 46<br />

Gouffre de Padirac – Der Erdmitte ein Stückchen<br />

44<br />

näherkommen<br />

Pastell – Das blaue Gold 43<br />

Bastiden – Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />

Genuss – Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />

Im Katharerland – Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />

den Pyrenäen<br />

Hotels<br />

Chateau de la Treyne – Lacave, Vallée de la Dordogne 60<br />

Grand Hôtel Le Turenne – Beaulieu-sur-Dordogne 47<br />

Le Grand Balcon – Toulouse 42<br />

12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />

Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />

13 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />

Aude – Die große Höhle von Cabrespine, ein unterirdisches 65<br />

Abenteuer<br />

Occitanie – Assignan,Das unglaubliche Schicksal eines 64<br />

französischen Dorfes<br />

Sigean: das Reservat der glücklichen Tiere 60<br />

Languedoc-Roussillon – Überraschende Mittelmeerregion 59<br />

Carcassonne – Imponierende Festungsstadt des Mittelalters 57<br />

Côte Vermeille – Paulilles, wenn die Hölle zum Paradies 57<br />

wird<br />

La Grande-Motte – Retrochic am Mittelmeer 50<br />

Sète – Authentisch und definitiv südländisch 48<br />

Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn ein Krieger zum<br />

47<br />

Klosterbruder wird<br />

Stadtentwicklung – Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />

Pont du Gard – Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />

Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />

Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />

Nîmes – Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />

23<br />

Lebensfreude<br />

14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Lyon – Rendezvous in der Rue du Premier-Film 64<br />

Drôme – Wandern auf den Spuren der Hugenotten 62<br />

Lyon – Die Metamorphose eines Arbeiterviertels in ein 61<br />

Freilichtmuseum<br />

Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre Flussufer zurück 59<br />

Lyon-Confluence – 24 Stunden im Neubauviertel 48<br />

Montélimar & Umgebung – Eine Reise zwischen gestern 46<br />

und morgen<br />

Tradition – Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />

Drôme-Tal – Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />

Wein – Clairette de Die 42<br />

Genuss – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />

Grignan – Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach 40<br />

Grignan<br />

Wein – Lirac, das « mediterranste » Weinanbaugebiet im 40<br />

Rhône-Tal<br />

Jardin Zen d’Erik Borja – Auf der Suche nach dem<br />

39<br />

verlorenen Garten<br />

Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />

Genuss – L’O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />

Palais Idéal du Facteur Cheval – Die Kraft eines Traumes 33<br />

Hotels<br />

Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />

Helvie – Vals-les-Bains 23<br />

15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />

Chambéry – Die alte Hauptstadt Savoyens 50<br />

Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />

Val d’Isère – Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />

Vogelpark von Villars-les-Dombes – Gefiederte Freunde 28<br />

Hotels<br />

Petit Hôtel Confidentiel – Chambéry 50<br />

Avenue Lodge Hotel – Val d’Isère 28<br />

16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />

Provence – Lavendel: eine überraschende deutschfranzösische<br />

67<br />

Geschichte.<br />

Provence – Mit Giono auf dem Berg der Schäfer 67<br />

Alpes-de-Haute-Provence – Salagon, ein einzigartiger Ort, 66<br />

um die Hochprovence zu verstehen<br />

Fontaine-de-Vaucluse – Die berühmteste Quelle Frankreichs 58<br />

Arles – Römische Pracht und prachtvolle Kunstvorlage 53<br />

Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />

Orange – Eine Stadt spielt Theater 42<br />

10 Ideen… für die Provence 39<br />

Saint-Rémy-de-Provence – Die provenzalische Idylle von 33<br />

Saint-Rémy<br />

Avignon – Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />

Hotels<br />

B Design & Spa – Le Paradou 39<br />

Attrap’Rêves – Allauch 33<br />

17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />

Provence-Alpes-Côte-d’Azur – Géoparc de Haute-Provence, 65<br />

eine erstaunliche Reise in die Vergangenheit der Erde<br />

Hyères – eine authentische Ecke am Mittelmeer 63<br />

Antibes – Die Überraschung an der französischen Riviera 54<br />

Monaco – Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo 53<br />

Gonfaron – Ein Eldorado für Schildkröten 50<br />

Monaco – Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />

Bormes-les-Mimosas – Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />

werden<br />

Ile de Port-Cros – Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />

Domaine du Rayol – Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />

Parks<br />

Nizza – Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />

Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />

Hotels<br />

La Bonne Etape – Château-Arnoux-Saint-Auban 65<br />

Clarion Grand Hôtel Aston – Nizza 41<br />

Château de la Messardière – Saint-Tropez 35<br />

18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />

Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />

Überseegebiete (DOM/TOM)<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Französisch-Guayana – Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />

Martinique – Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />

Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />

Cocktails<br />

Hotels<br />

Cap Est Lagoon Resort & Spa – Martinique 30<br />

Weitere Themen<br />

Chantals Rezepte<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Appetitanreger<br />

Gratin de légumes du jardin 47<br />

Suppen<br />

Soupe à l’oignon gratinée 48<br />

Gaspacho de tomates et fraises 46<br />

Gaspacho de tomate 40<br />

Velouté de laitue 38<br />

Salate<br />

Spinatsalat mit harten Eiern und knusprigen Hähnchenflügeln 66<br />

Quiches & Tartes<br />

Tarte d’automne aux champignons et à la farine de<br />

60<br />

châtaignes<br />

Tarte aux rillettes 37<br />

Quiche Lorraine 33<br />

Gratins, Aufläufe & Toasts<br />

Camembert rôti au four 57<br />

Croque Monsieur & Croque Madame 54<br />

Parmentier de canard 31<br />

Fleischgerichte<br />

Poulet fermier basse température à l’ail 62<br />

Rôti de porc aux pruneaux 59<br />

Coq au vin 43<br />

Fischgerichte<br />

Blanquette de saumon 65<br />

Millefeuille de crabe au saumon fumé 63<br />

Sole meunière 61<br />

Desserts<br />

Le Far Breton 64<br />

Profiteroles au chocolat chaud 58<br />

Poires safranées et ses tuiles à l’orange 42<br />

Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />

Soupe de fraises 28<br />

Gebäck<br />

La Tarte Bourdaloue 67<br />

Les petits sablés de Noël 53<br />

Le Paris-Brest 50<br />

Cannelés 41<br />

Baba au rhum 23<br />

Getränke<br />

Liqueur d’estragon 36<br />

Weine & Alkoholika<br />

Spirituosen – Roderich Dühr, ein Deutscher, der Cognac im 65<br />

Blut hat<br />

Wein/Portrait – Glucklich wie Sabine und Jörg in Frankreich 64<br />

Wein – Crémant, ein kleiner Schaumwein mausert sich 63<br />

Wein – Der elsässische Winzer Jean-Paul Schmitt ist seinen 61<br />

Reben näher denn je<br />

Alkoholische Getränke – Frankreich, das neue Eldorado für 60<br />

Bierliebhaber<br />

Wein – Der neue Trend beim Aperitif à la française 59<br />

Wein – Warum wird Wein nicht grundsätzlich im Holzfass 58<br />

gelagert?<br />

Champagner – Was Sie schon immer über Champagner 57<br />

wissen wollten<br />

Produktpiraterie – Wenn Weinflaschen gefälscht sind 54<br />

Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel:<br />

53<br />

Les coteaux, maisons et caves de Champagne (Teil 2)<br />

Châteauneuf-du-Pape – Ein Wein mit päpstlicher Aura 50<br />

Weinfarbe – Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />

Jurade de Saint-Emilion – Mehr als Folklore: eine Tradition, 47<br />

die lebt!<br />

Peter Kwok – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />

Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous plaît » 43<br />

Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />

42<br />

schwarzen Fassaden<br />

Clairette de Die – Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />

Lagerung – Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />

Bier – Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />

Lirac – Das « mediterranste » Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />

Wein & Gesundheit – Vive le vin! Vive la santé! 39<br />

Angélique de Niort – Likor aus einer Heilpflanze 38<br />

Château Bardins – Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />

Léognan<br />

Cognac – Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />

AOC Fitou – Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />

Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />

Cocktails<br />

Alpillen – Das Weingebiet Les Baux-de-Provence 28<br />

Rum – Hochprozentiges aus Übersee 23<br />

Genuss<br />

Gastronomie – Das beste aller Baguettes 66<br />

Gastronomie – Kaviar von der französischen Atlantikküste, 65<br />

der neue Star<br />

Gilles Choukroun – Ein Sternekoch, der die Pariser an den 62<br />

Flughafen zieht<br />

Gastronomie – Wenn ein junger Koch einen Michelin-Stern 61<br />

erhält<br />

Spitzengastronomie – Fabian Feldmann, ein deutscher 53<br />

Sternekoch im Land der Feinschmecker<br />

Produkte – Orangina 53<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Aquitaniens 49<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Limousin 48<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Franche-Comté 47<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Burgunds 46<br />

Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Korsikas 43<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Elsass 42<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Bretagne 40<br />

Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Normandie 39<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Auvergne 38<br />

Rillettes – Einfach, deftig, köstlich 37<br />

L’O Provençale – Olivenöl aus Nyons 36<br />

Backpflaumen aus Agen – Diskrete Früchtchen 33<br />

Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />

Cocktails<br />

Politik & Wirtschaft<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Initiative – Die deutsch-französische Freundschaft: welch 65<br />

eine Energie!<br />

Politik – Präsidentschaftswahlen 2017, Präsidiale Orte 63<br />

Wirtschaft – Atomkraft in Frankreich: der Niedergang eines 59<br />

Systems, das sich zu sicher fühlte<br />

Regionen – Auf der Suche nach neuen Namen 54<br />

Kindergeld – Ist eine Reform überhaupt möglich? 53<br />

Pestizide – Marie-Lys Bibeyran, eine Frau kämpft gegen 53<br />

Pestizide<br />

Landesstruktur – Reform der Regionen und Departements 50<br />

Verkehrspolitik – Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />

Monnaie de Paris – Pessac, hinter den Kulissen der Euro- 47<br />

Münzprägung<br />

Hochschulpolitik – Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />

Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />

Gregor Gysi – Der Linken-Politiker und Frankreich 43<br />

Machtverhältnisse – Alles nach links 41<br />

Medien – Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />

Tourismus – Hauptsache außergewöhnlich 40<br />

Volksabstimmungen – Modethema im Wahlkampf 39<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

<strong>Nr</strong>.


Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine Bilanz 38<br />

François Hollande – Der neue Präsident? 37<br />

Umweltschutz – Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />

du Midi<br />

Bistrosterben – Naht das Ende des Bistros? 33<br />

Reiseziele der Politiker – Plages de gauche, plages de 28<br />

droite, Urlaub in politischen Farben<br />

Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />

Frédéric Mitterrand – Der neue französische Kulturminister 23<br />

Gesellschaft & Alltag<br />

Ernährung – Vorsicht vor triploiden Austern! 67<br />

Gesellschaft – Le Mondial la Marseillaise à pétanque, der 63<br />

größte Boule-Wettkampf der Welt<br />

Geschichte – Tromelin, Die Insel der vergessenen Sklaven 63<br />

Yacine Aït Kaci – Der Vater von Elyx, des Botschafters der 62<br />

guten Laune<br />

David Ken – Der Fotograf, der das Glück fotografiert 62<br />

Verkehr – Paris: das Tauziehen um die Umwandlung des 61<br />

Seine-Ufers in eine Fußgängerzone geht weiter<br />

Geschichte: Die Johnnies, die Lieblingsfranzosen der 60<br />

Engländer<br />

Frauen und Männer, die sich für die deutsch-französische 60<br />

Freundschaft einsetzen: Barbara Barberon-Zimmermann,<br />

Mitbegründerin des deutsch-französischen Kulturfestivals<br />

arabesques<br />

Brexit: Wie denken Briten, die in Frankreich leben, darüber? 60<br />

Fußball – Euro 2016: 10 Stadien warten auf die Fussballfans 59<br />

Integration – die Schwächen des französischen Systems 58<br />

Erfolgsgeschichten aus Frankreich –<br />

58<br />

Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />

Geschichte – 300. Todestag von Ludwig XIV. in Versailles: 57<br />

Begräbnisrituale leben länger als Könige<br />

Gesellschaft – Hinter den Kulissen des CROSS Corsen. 57<br />

Erinnerungskultur – Passen Gedenken und Tourismus 52<br />

zusammen?<br />

Fußball – Annike Krahn, eine deutsche Fußballerin in Paris 50<br />

Fußball-EM 2016 – Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />

EU-Hauptstadtjahre: 2013 – Nantes und Marseille werden 43<br />

europäische Hauptstädte<br />

Winterschlussverkauf – Der andere Wintersport 43<br />

Michel Chevalet – Der Mann, der den Franzosen die 42<br />

Wissenschaft erklärt<br />

Kriminalität – Angst über der Stadt 42<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Bürgerbewegung – Libérez les menhirs 42<br />

Jean Viard – Der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />

Simone Hérault – Die Stimme Frankreichs 40<br />

Berühmtheiten – Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />

Frankreichbild – Frankreichs Image in der Welt 39<br />

Académie Française – Die Unsterblichen, die 40 Wächter der 39<br />

französischen Sprache<br />

Der Präfekt – Lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />

Lido – Carien, Startänzerin im Lido 37<br />

Tourismus – Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />

Gardienne – Félisa, Gardienne in Paris 36<br />

Ehrenlegion – Geht es noch um Verdienste? 33<br />

Mona Ozouf – Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />

Fußball – Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 28<br />

Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />

Versailles – Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />

Kunst & Kultur<br />

Kultur – Festival de Piano de La Roque d’Anthéron 67<br />

Geschichte – Der Neandertaler: Unser Urahn erhält ein neues 67<br />

Image<br />

Portrait – Auf den Spuren von Jacques Prévert 64<br />

Sprache – Aussprache, Kartografie eines Systems à la 64<br />

française<br />

Kultur – 1977-2017: Centre Pompidou, 40 Jahre und immer 61<br />

noch überraschend<br />

Musik: Das unglaubliche Vermächtnis von Maurice Ravel 60<br />

Neue Museen – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />

Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />

Musée Soulages Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />

Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />

Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />

Götz Alsmann – Götz Alsmann in Paris 46<br />

Museen – Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />

ST-ART – Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />

Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />

Französisches Historisches Museum – Ein Projekt schlägt 31<br />

hohe Wellen<br />

Pariser Philharmonie – Wenn Politik von der Realität 31<br />

eingeholt wird<br />

Jean Cocteau an der Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen 28<br />

Nizza und Menton<br />

Eine Übersicht aller jemals erschienenen<br />

Themen, also auch der ausverkauften<br />

Ausgaben, finden Sie im Internet:<br />

www.frankreicherleben.de<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Lebensart<br />

Produkte – Revolution in Sachen Aperitif! 67<br />

Produkte – Les boules Quies 66<br />

Produkte – Die Zitronenpresse aus Glas von Luminarc 65<br />

Produkte – La Pléiade 64<br />

Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />

Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />

Produkte – Der gelbe Briefkasten der Post 61<br />

Produkte – Der Bistrostuhl « Drucker »: zeitlos und pariserisch 60<br />

Produkte – Bol à prénom 59<br />

Produkte – Eau de Javel 58<br />

Produkte – Sophie la girafe 57<br />

Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />

Produkte – Duralex-Gläser 53<br />

Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />

Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />

Geburtstag<br />

Bunte Töpfe – Keramik aus Vallauris 28<br />

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Per Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

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innerhalb Deutschlands 1,30 € pro Heft, maximal jedoch 9,50 € pro<br />

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Ausgabe<br />

<strong>Nr</strong>. 22<br />

<strong>Nr</strong>. 23<br />

<strong>Nr</strong>. 25<br />

<strong>Nr</strong>. 27<br />

<strong>Nr</strong>. 28<br />

<strong>Nr</strong>. 29<br />

<strong>Nr</strong>. 30<br />

<strong>Nr</strong>. 31<br />

<strong>Nr</strong>. 32<br />

<strong>Nr</strong>. 36<br />

<strong>Nr</strong>. 37<br />

<strong>Nr</strong>. 38<br />

<strong>Nr</strong>. 39<br />

<strong>Nr</strong>. 40<br />

<strong>Nr</strong>. 41<br />

<strong>Nr</strong>. 42<br />

<strong>Nr</strong>. 43<br />

<strong>Nr</strong>. 46<br />

<strong>Nr</strong>. 47<br />

<strong>Nr</strong>. 48<br />

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wird mir gesondert mitgeteilt.<br />

Datum, Unterschrift<br />

Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />

schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.


ART DE VIVRE Produkte<br />

Serie: Typisch französische Produkte (18)<br />

Châteldon<br />

Der Champagner<br />

unter den französischen Mineralwässern<br />

Sehen Sie sich diese Flasche genau an. Abgesehen<br />

von dem edel anmutenden Etikett sieht sie im<br />

Grunde genommen wie eine x-beliebige Mineralwasserflasche<br />

aus: ein Glasbehälter mit Wasser darin.<br />

Nicht mehr und nicht weniger. In diesem Fall allerdings<br />

eher weniger, denn sie hat nur einen Inhalt von 0,75 cl.<br />

Und doch ist dieses Mineralwasser in Frankreich ein regelrechter<br />

Mythos. Die Bläschen sollen so fein wie die<br />

eines hervorragenden Champagners sein. Pénélope Cruz<br />

ist angeblich ganz vernarrt in das Wasser, und Catherine<br />

Deneuve lässt es sich immer an den Drehort liefern. Im<br />

Hexagon betrachtet man das Eau de Châteldon ganz<br />

ernsthaft als den Rolls-Royce unter den natürlichen<br />

kohlesäurehaltigen Mineralwässern.<br />

Allerdings müssen Sie gar nicht erst versuchen, es<br />

in einem Supermarkt ausfindig zu machen. Dafür ist<br />

sich Châteldon – benannt nach dem kleinen Dorf in<br />

der Auvergne (rund 20 km südlich von Vichy), in dem<br />

sich die Quelle befindet – zu fein! Es wird lediglich an<br />

den Tischen sehr guter – meist sogar sternengekrönter<br />

– Restaurants, in renommierten Brasserien und edlen<br />

Mineralwasser-Bars serviert. Mit etwas Glück findet<br />

man es auch in einigen luxuriösen Feinkostgeschäften,<br />

den typisch französischen Épiceries fines. Also nur an<br />

wenigen auserwählten Orten …<br />

Nach dem Prinzip, « was rar ist, ist auch teuer »,<br />

muss man für eine Flasche Châteldon tief in die Tasche<br />

greifen: Für 0,75 Liter Mineralwasser zahlt man rund<br />

6 Euro, in manchen Restaurants sogar bis zu 20 Euro.<br />

Man kann also sagen, dass das Châteldon ein echtes<br />

Luxusprodukt ist. Dafür, dass es sich dabei eigentlich<br />

« nur » um Mineralwasser handelt, ist das schon etwas<br />

paradox … Die Franzosen sind offensichtlich verdammt<br />

gut darin, aus einem simplen Produkt ein Luxusgut zu<br />

machen.<br />

Nun mag man sich logischerweise fragen, welche<br />

Besonderheit dieses Wasser denn nun hat, die den « besonderen<br />

» Preis rechtfertigt. Als Erstes nimmt man<br />

daher das Etikett unter die Lupe. Dabei fällt auf, dass<br />

es in den eleganten Farben Gold und Silber gestaltet<br />

ist, also Farben, die nicht gerade typisch für eine Mineralwasserflasche<br />

sind. Weiterhin ist da diese stilisierte<br />

Sonne im oberen Bereich des Etiketts. Sie ist in Frankreich<br />

ein sehr bekanntes Symbol: für den Sonnenkönig<br />

Ludwig XIV. (1638-1715). Und dann sieht man vor allem<br />

noch die mysteriöse Jahreszahl 1650. Hat sie vielleicht<br />

einen Bezug zu den prunkvollen Festen des Königshauses<br />

in Versailles? Ein Gedanke, der sich beim<br />

Lesen des Rückenetiketts bestätigt: Dort steht nämlich<br />

geschrieben, dass 1650 ein sogenannter Fagon, der Arzt<br />

Ludwigs XIV., diesem nach einer sorgfältigen Analyse<br />

der diversen Quellen des Königreiches empfahl, speziell<br />

das Wasser aus Châteldon zu trinken. « Das Wasser<br />

von Châteldon wird Ihre Majestät manchmal heilen,<br />

Ihre Leiden oft lindern und Sie immer trösten », soll er<br />

gesagt haben. Und daher soll Ludwig XIV. auf dieses<br />

Anraten hin regelmäßig das Eau de Châteldon zu sich<br />

genommen haben. Man erzählt sich sogar, dass es das<br />

erste Mineralwasser war, das in einem Glasballon auf<br />

dem Rücken eines Maultiers quer durch das Königreich<br />

transportiert wurde, damit der König es täglich zur<br />

Verfügung hatte.<br />

90 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Zweifellos handelt es sich dabei um ein für das<br />

Marketing besonders schlagkräftiges historisches<br />

« Argument », das nicht zuletzt dazu dienen soll, den<br />

hohen Preis zu rechtfertigen. Und schließlich hat es<br />

zwangsläufig seinen Preis, wenn man « dasselbe Wasser<br />

» trinken will, das seinerzeit König Ludwig XIV.<br />

regelmäßig zu sich nahm. Doch wie so oft bei Werbeaussagen<br />

kommen bei genauerem Nachdenken Zweifel<br />

auf … In diesem Fall muss man nur ein bisschen in die<br />

Geschichte einsteigen: Im dem auf der Flasche in großen<br />

Lettern vermerkten Jahr 1650 waren sowohl der<br />

königliche Leibarzt Guy Crescent-Fagon (1638-1718)<br />

als auch der König selbst gerade einmal … 12 Jahre<br />

alt! Waren die beiden da nicht noch etwas jung? Die<br />

Geschichte berichtet zudem, dass Fagon zwar bis zum<br />

Tod König Ludwigs dessen Arzt war, aber erst 1693<br />

dazu ernannt wurde. Hat Ludwig XIV. das Wasser von<br />

Châteldon also tatsächlich getrunken oder handelt es<br />

sich nur um eine Legende, die dazu dienen soll, den<br />

Absatz zu steigern? Die Frage ist berechtigt. Von den<br />

Betreibern der Quelle ist zu hören, dass dieses Datum<br />

eher symbolisch als historisch zu betrachten sei …<br />

Nehmen wir das so zur Kenntnis.<br />

Was jedoch den hohen Preis von Châteldon tatsächlich<br />

rechtfertigt, ist vor allem die Knappheit, denn<br />

das Wasser entspringt einer Quelle mit einer nur sehr<br />

geringen Durchflussmenge: rund 300 Liter pro Stunde<br />

und das nicht einmal jeden Tag. In einer Stunde kann<br />

man also rund 400 Flaschen damit füllen. Andere Abfüller,<br />

zum Beispiel Volvic, produzieren in derselben<br />

Zeit Zehntausende Flaschen! Somit ist nachvollziehbar,<br />

dass das Mineralwasser Châteldon als rares Gut<br />

eingestuft und als Luxusprodukt betrachtet wird. Ein<br />

lokales Produkt, das zwar national vermarket wird, im<br />

Grunde genommen aber authentisch und einfach ist.<br />

Ein Wasser, das man gerne sans modération trinken<br />

würde …<br />

In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem<br />

französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />

Nationalheiligtümer sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen:<br />

Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52), Orangina<br />

(<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), l’école des loisirs (<strong>Nr</strong>.<br />

56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59),<br />

Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier<br />

d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>.<br />

64), Zitronenpresse aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66) und<br />

Ricard aux plantes fraîches (<strong>Nr</strong>. 67).<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 91


KULTURSCHOCK<br />

Man sagt den Deutschen nach, dass sie keinen<br />

Humor hätten … Ein ganzes Volk komplett<br />

humorlos? Dieses Klischee ist weit verbreitet,<br />

doch ist es auch gerechtfertigt?<br />

Nehmen wir das Kino als Beispiel. Eines stimmt schon:<br />

Fragen Sie in Frankreich, ob jemand einen deutschen Kabarettisten<br />

oder einen humoristischen deutschen Film<br />

kennt, wird die Antwort meist « Nein, keinen. » ausfallen.<br />

Umgekehrt in Deutschland nach französischen Komikern<br />

oder Filmen gefragt, wird die Antwort dagegen anders<br />

lauten, denn der Name Louis de Funès dürfte fast allen<br />

geläufig sein. Mit seinen Rollen – zum Beispiel als cholerischer,<br />

machthungriger, manipulativer Patriarch – und mit<br />

seinen unverwechselbaren Grimassen hat Louis de Funès<br />

nicht nur ganz Frankreich, sondern auch einen großen Teil<br />

Deutschlands verführt und zum Lachen gebracht.<br />

Wer kennt nicht Filme wie Der Gendarm von Saint<br />

Tropez (in dem er sich als cholerischer Gesetzeshüter<br />

und Patriarch Ludovic Cruchot mit einer pubertierenden<br />

Tochter oder frechen Nudisten auseinandersetzen muss),<br />

Drei Bruchpiloten in Paris (eine Karikatur des 2. Weltkriegs)<br />

oder auch den genialen « Historienfilm » Die dummen<br />

Streiche der Reichen (in dem er als geldgieriger und<br />

hartherziger Don Salluste an den Hof der deutschen Königin<br />

Dona Maria verbannt wird)? In jedem dieser Filme<br />

gibt es Szenen, die zu Klassikern wurden und praktisch<br />

auf der ganzen Welt bekannt sind. Viele Filme von Louis<br />

de Funès sind in Deutschland sehr populär, weil in fast<br />

jedem Film ein typisch deutsches Verhalten oder ein Akzent<br />

karikiert wird. Zumindest scheinen die Deutschen<br />

also über sich selbst lachen zu können.<br />

Deutschland hat kein Gegenstück zu einer solchen Art<br />

von Film hervorgebracht – und zu Louis de Funès schon<br />

gar nicht. Aber heißt das, dass die Deutschen keinen Humor<br />

haben? Selbstverständlich nicht. Doch woher rührt<br />

dann dieses Vorurteil? Die Antwort lautet wie so oft: Es<br />

gibt ein Sprachproblem. Echtes Verstehen einer anderen<br />

Kultur – jeder weiß es – führt alleine über die Sprache.<br />

Und Humor ist der beste Beweis: Übersetzen Sie einmal<br />

einen Witz! Immer bleiben die so wichtigen Feinheiten<br />

auf der Strecke. Nun haben es die Deutschen mit Filmen<br />

von Louis de Funès recht leicht: Sein Humor gründet in<br />

hohem Maße auf Gestik und Mimik. Auch wenn in der<br />

Übersetzung nicht alle Feinheiten wiedergegeben werden,<br />

seine Körpersprache und die oft karikierenden Übertreibungen<br />

machen das Verständnis grundsätzlich leicht.<br />

Obwohl es in Deutschland kein Äquivalent zu Louis<br />

de Funès gibt, kann ich Ihnen garantieren: Es gibt ihn,<br />

den deutschen Humor. Erlauben Sie mir, meine eigene<br />

Erfahrung zu erzählen. Als ich vor elf Jahren nach<br />

Deutschland kam, verfolgte ich hartnäckig das Ziel, mich<br />

in die Gesellschaft unseres Lieblingsnachbarn zu integrieren.<br />

Ich war fasziniert von der deutschen Kultur, von der<br />

tausendjährigen Geschichte des Landes und von seiner<br />

schönen Sprache. Trotz dieses großen Interesses war es<br />

keine leichte Aufgabe, und der Humor war meine größte<br />

« Integrations-Challenge ».<br />

Anfangs war ich schon glücklich, wenn ich ein kurzes<br />

Gespräch führen konnte. Sich mit deutschen Freunden<br />

zu treffen, war oft mit großer Anstrengung verbunden.<br />

Je mehr Leute zusammensaßen, desto anstrengender war<br />

es, dem Gespräch zu folgen. Sich einzumischen, war nicht<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


nur schwierig, sondern eine regelrechte Mutprobe. Noch<br />

schlimmer war es, die Scherze, Anspielungen und Wortspiele<br />

zu verstehen. Eigentlich war es fast unmöglich, da<br />

mir nicht nur die Worte, sondern auch der kulturelle Hintergrund<br />

fehlten. Letztendlich entschied ich mich dafür,<br />

zu lachen, wenn die anderen lachten … Mit der Zeit verbesserte<br />

sich mein Deutsch und ich konnte immer mehr<br />

verstehen. Doch das bedeutete noch nicht, dass ich an<br />

denselben Stellen lachen konnte wie die Deutschen. Ein<br />

unangenehmes Gefühl, denn ich fühlte mich ausgeschlossen.<br />

Ich verstand, was die Deutschen sagten, doch ich war<br />

noch weit davon entfernt, die Deutschen zu verstehen.<br />

Humor als Königsdisziplin.<br />

Wie durch ein Wunder kam an einem Samstagabend<br />

die lang ersehnte Rettung: der Film Ödipussi. Zunächst<br />

war ich skeptisch, aber wie immer neugierig. Und was für<br />

eine Offenbarung! Ich habe bei diesem Film sehr gelacht<br />

und mich sehr darüber gefreut, dass ich lachen konnte.<br />

Was machte es mir so leicht, Loriots Witz zu verstehen?<br />

Alle seine Figuren sind so prototypisch deutsch, die Situationen<br />

so sehr aus dem deutschen Alltagsleben genommen,<br />

dass ich sie sofort erkannte. Seine Darstellung eines<br />

biederen, bürokratischen, muffigen deutschen Alltags,<br />

hinter dem sich jedoch stets wunderbare, gern auch fast<br />

vulgäre sexuell angehauchte Doppeldeutigkeiten verstecken:<br />

zum Schreien komisch. Ein regelrecht subversiver<br />

Humor ist das: Was nicht gesagt werden darf, wird hier<br />

auf die doppeldeutige Spitze getrieben. Denken Sie nur an<br />

den Staubsaugervertreter der Firma Heinzelmann, der der<br />

Hausfrau sein neuestes Modell anpreist, das ihr beim Reinemachen<br />

auch noch die Dauerwelle pflegt. Sein Slogan:<br />

« Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur<br />

blasen kann. » Nicht nur Deutsche zerreißt es vor Lachen,<br />

wenn klar wird: Es geht nicht um typisch deutsche Sauberkeit,<br />

sondern um außerehelichen Verkehr.<br />

Endlich stand mir das große Tor des deutschen Humors<br />

offen. Später entdeckte ich Heinz Erhardt. Ich war<br />

begeistert von seinen Wortspielen und verdrehten Redewendungen;<br />

genauso wie in der Folge von den genialen<br />

Parodien und der Körpersprache eines Otto Waalkes<br />

oder den Kunstfiguren Hape Kerkelings: Gisela, Horst<br />

Schlämmer, Uschi Blum …<br />

Ja, die Deutschen haben viel Humor und viel humoristischen<br />

Stoff. Das Problem dabei ist, dass man die Sprache<br />

beherrschen muss, um ihn zu verstehen. Gestik, Mimik<br />

und Körpersprache sind zwar auch in der deutschen Sprache<br />

wichtig, aber sie reichen oft nicht aus, um die Feinheiten<br />

zu verstehen. Aber mal ganz abgesehen von Louis<br />

de Funès, welcher Deutsche hat denn wirklich Zugang<br />

zu unserem französischen Humor? Kaum einer kennt die<br />

deutschen Versionen von Le Père Noel est une ordure (Da<br />

graust sich ja der Weihnachtsmann) oder Les Bronzes (Die<br />

Strandflitzer).<br />

Aber es gibt auch andere Beispiele! Als 2008 die deutsche<br />

Fassung von Bienvenue chez les Ch’tis (Willkommen<br />

bei den Scht’is) in die Kinos kam, war der Film mit 2,3<br />

Millionen Besuchern ein riesiger Erfolg. Für die Übersetzung<br />

des Ch’ti, der in Nordfrankreich gesprochenen<br />

picardischen Sprache, wurde sogar ein eigener deutscher<br />

Dialekt erfunden! Ein ganz schöner Aufwand. Aber was<br />

auch beim Lernen einer anderen Sprache gilt: Der Aufwand<br />

hat sich gelohnt!<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 93


GUÉWEN A TESTÉ<br />

Danke Guéwen für inzwischen schon<br />

30 Artikel « Guéwen a testé »!<br />

<strong>Nr</strong>. 67: … wo man in Frankreich öffentliche<br />

Toiletten findet<br />

<strong>Nr</strong>. 66: … WLAN im inOui (so heißt ab jetzt der<br />

TGV)<br />

<strong>Nr</strong>. 65: … die Schlußverkäufe in Frankreich<br />

<strong>Nr</strong>. 64: … wie sich eine « Ente » fährt<br />

<strong>Nr</strong>. 63: … die Funktion eines Geschworenen<br />

<strong>Nr</strong>. 62: … Relais Routiers<br />

<strong>Nr</strong>. 61: … die neuen Umweltplaketten für Autos in<br />

Frankreich<br />

<strong>Nr</strong>. 60: … die Verbindungen zwischen<br />

französischen Flughäfen und den<br />

Stadtzentren<br />

<strong>Nr</strong>. 59: … FKK in Frankreich<br />

<strong>Nr</strong>. 58: … die Verkehrszeichen in Frankreich<br />

<strong>Nr</strong>. 57: … Travel WiFi, der mobile HotSpot<br />

<strong>Nr</strong>. 56: … Kauf einer Ferienimmobilie<br />

<strong>Nr</strong>. 55: … Wohnmobil in Frankreich<br />

<strong>Nr</strong>. 54: … der 1. Mai in Frankreich<br />

<strong>Nr</strong>. 53: … die Mitgliedschaft in einer<br />

Gewerkschaft<br />

<strong>Nr</strong>. 52: … das Klavier im Bahnhof<br />

<strong>Nr</strong>. 51: … das neue Speisenangebot im TGV<br />

<strong>Nr</strong>. 50: … automatische Mauterfassung<br />

<strong>Nr</strong>. 49: … Segway fahren<br />

<strong>Nr</strong>. 48: … ibis Hotels<br />

<strong>Nr</strong>. 47: … Train Express Régional (TER)<br />

<strong>Nr</strong>. 46: … Hochseilgarten<br />

<strong>Nr</strong>. 45: … die Kreation eines eigenen Parfums<br />

<strong>Nr</strong>. 44: … AF-Flug von Berlin nach Bordeaux<br />

<strong>Nr</strong>. 43: … Pastellworkshop<br />

<strong>Nr</strong>. 42: … Radarfallen<br />

<strong>Nr</strong>. 40: … Präsidentschaftswahl<br />

<strong>Nr</strong>. 39: … Pariser Metro<br />

<strong>Nr</strong>. 38: … Austern<br />

94 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


… was bei einer Panne auf einer<br />

französischen Autobahn zu tun ist<br />

Dies ist bereits der 30. (!) Artikel in dieser Rubrik, und aus diesem Anlass wollte ich ein eher<br />

« leichteres » Thema anschneiden. Doch das Schicksal wollte es anders. Einige Wochen vor<br />

Redaktionsschluss dieser Ausgabe war ich auf der Autobahn zwischen Bordeaux und Tours<br />

unterwegs, als mein Auto plötzlich zu stottern begann und ich schließlich auf der Standspur<br />

anhalten musste. Zwangsläufig « durfte » ich die Erfahrung machen, wie es ist, auf der Autobahn<br />

eine Panne zu haben. Die gewonnenen Erkenntnisse möchte ich nun mit Ihnen teilen,<br />

denn es ist immer sinnvoll, für den Fall der Fälle die spezifischen Vorschriften der französischen<br />

Autobahnen zu kennen …<br />

Was sind die wichtigsten Dinge bei einer Panne?<br />

Eine Panne auf der Autobahn ist immer eine gefährliche<br />

Situation, die ein besonders umsichtiges Verhalten erfordert.<br />

Zunächst einmal sollte man auf dem Standstreifen<br />

so weit rechts wie möglich anhalten – aber trotzdem<br />

ausreichend Platz lassen, damit die Passagiere auf dieser<br />

Seite aussteigen können – und die Warnblinkanlage<br />

einschalten. Bereits seit 2008 ist es in Frankreich Pflicht,<br />

dass der Fahrer in diesem Fall eine fluoreszierende<br />

Warnweste anlegt, bevor er das Auto verlässt. Alle<br />

Beifahrer müssen das Fahrzeug zwingend auf der der<br />

Fahrbahn abgewandten Seite verlassen und sich einige<br />

Meter hinter der Leitplanke in Sicherheit begeben.<br />

Selbst bei Regen darf keine Person im Auto sitzen<br />

bleiben. Der Fahrer muss in ausreichendem Abstand<br />

vom Pannenfahrzeug ein Warndreieck (das ebenfalls seit<br />

2008 zwingend mitgeführt werden muss) aufstellen.<br />

Wen und wie benachrichtigen?<br />

So erstaunlich das auch erscheinen mag, aber Pannenhelfer<br />

darf man nicht mittels Handy rufen: Auf französischen<br />

Autobahnen müssen die Notrufe zwingend von<br />

einer der Notrufsäulen entlang der Autobahn abgesetzt<br />

werden. Diese sind mit den entsprechenden Institutionen<br />

(Autobahngesellschaften, Polizei, Gendarmerie …)<br />

verbunden, und die Notrufe werden rund um die Uhr<br />

entgegengenommen. Der Grund für diese Verpflichtung<br />

liegt darin, dass die Säulen eine optimale GPS-Ortung<br />

ermöglichen und den Hilfs- und Rettungsdiensten die<br />

Arbeit erleichtern. Gut zu wissen: Die Notrufsäulen<br />

befinden sich in einem Abstand von 2,5 Kilometern<br />

und sind alle 500 Meter durch kleine Hinweisschilder<br />

angezeigt. An der Notrufsäule muss man nur auf einen<br />

Knopf drücken und ist sofort mit der Rettungsleitstelle<br />

verbunden. Diese erfragt dann Angaben über den exakten<br />

Standort des Fahrzeugs, die Automarke, die Farbe,<br />

die Anzahl der Passagiere sowie die Art der Panne.<br />

Wie lange dauert es, bis Hilfe eintrifft?<br />

Die von der öffentlichen Hand und den Autobahnbetreibern<br />

beauftragten Unternehmen verpflichten<br />

sich, innerhalb von 30 Minuten nach<br />

dem Absetzen eines Notrufs zu intervenieren.<br />

Welcher Pannendienst wird beauftragt?<br />

Dies ist eine Besonderheit in Frankreich: Bei einer<br />

Panne auf der Autobahn ist es unmöglich, seinen<br />

Pannendienst selbst auszuwählen. Die zentrale<br />

Leitstelle, welche die Notrufe entgegennimmt, entscheidet,<br />

welches Unternehmen beauftragt wird. Diese<br />

Pflicht besteht, um dem Autofahrer im Pannenfall<br />

einen bestimmten Service garantieren zu können.<br />

Die zugelassenen Pannendienste müssen bestimmte<br />

Anforderungen erfüllen. Sie müssen beispielsweise:<br />

• eine Werkstatt in der Nähe der Autobahn besitzen;<br />

• rund um die Uhr den Bereitschaftsdienst gewährleisten;<br />

• über ein entsprechendes Fahrzeug verfügen, um das<br />

liegengebliebene Auto und die Passagiere abzuholen;<br />

• Personal haben, das in den Bereichen Pannenhilfe<br />

und Abschleppen geschult ist;<br />

• in der Lage sein, den Fahrzeuginsassen in der Folge<br />

entsprechende Unterstützung zu bieten (Wartemöglichkeit,<br />

Telefon, Unterstützung beim Kontaktieren der<br />

Versicherung, gegebenenfalls Taxi- und Hotelsuche …).<br />

Im Falle von Beschwerden kann die Zulassung vorläufig<br />

ausgesetzt oder sogar ganz entzogen werden.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 95


GUÉWEN A TESTÉ<br />

Wie hoch sind (theoretisch) die Kosten?<br />

Um Autofahrern im Pannenfall unliebsame Überraschungen<br />

zu ersparen, werden die Tarife der Pannendienste<br />

jährlich durch einen ministeriellen Erlass<br />

genau festgelegt. Der aktuelle Erlass stammt vom<br />

5. September 2017 und sieht vor, dass die Kosten für<br />

die Intervention in Form einer Pauschale abgerechnet<br />

werden. Dabei werden vier Arten unterschieden:<br />

Pannenhilfe vor Ort: Im Falle einer kleineren Panne<br />

ist dies die einfachste Möglichkeit. Die Reparatur wird<br />

vor Ort durchgeführt. Die Leistung umfasst An- und<br />

Abfahrt des Pannendienstes, die Reparatur bis zu einer<br />

Dauer von 30 Minuten und kostet für ein Fahrzeug<br />

mit einem zulässigen Gesamtgewicht unter 3,5 Tonnen<br />

124,83 € inkl. MwSt.<br />

Abschleppen des Fahrzeugs auf einen Rastplatz und<br />

Pannenhilfe vor Ort: Die Leistung umfasst An- und<br />

Abfahrt des Pannendienstes, die Zeit am Ort der Panne,<br />

das Abschleppen auf einen Rastplatz sowie die Reparatur<br />

vor Ort bis zu einer Dauer von 30 Minuten und kostet<br />

124,83 € inkl. MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen<br />

Gesamtgewicht unter 1,8 Tonnen beziehungsweise<br />

154,36 € inkl. MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen<br />

Gesamtgewicht zwischen 1,8 und 3,5 Tonnen.<br />

Abschleppen des Fahrzeugs in die Werkstatt des<br />

Pannendienstes: Die Leistung umfasst An- und Abfahrt<br />

des Pannendienstes, die Zeit am Ort der Panne, das<br />

Abschleppen des Pannenfahrzeugs in die Werkstatt des<br />

Pannendienstes und kostet 124,83 € inkl. MwSt. für ein<br />

Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht unter 1,8<br />

Tonnen beziehungsweise 154,36 € inkl. MwSt. für ein<br />

Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen<br />

1,8 und 3,5 Tonnen.<br />

Abschleppen des Fahrzeugs an einen vom Fahrzeugbesitzer<br />

gewählten Ort: Die Leistung umfasst An- und<br />

Abfahrt des Pannendienstes, die Zeit am Ort der Panne,<br />

das Abschleppen des Pannenfahrzeugs an einen vom<br />

Fahrzeugbesitzer gewählten Ort bis maximal 5 Kilometer<br />

ab Verlassen der Autobahn und kostet 124,83 € inkl.<br />

MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />

unter 1,8 Tonnen beziehungsweise 154,36 €<br />

inkl. MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />

zwischen 1,8 und 3,5 Tonnen. Zusätzliche<br />

Kilometer werden als Aufpreis verrechnet; der Preis wird<br />

in diesem Fall vom Pannendienst selbst festgesetzt.<br />

Und wie hoch sind die tatsächlichen Kosten?<br />

Man sollte darauf gefasst sein, dass die tatsächlichen Kosten<br />

durch einige « kleine Extras » die man besser kennen<br />

sollte, schnell wesentlich höher liegen können. Am besten<br />

ist es, wenn man die Panne an einem Werktag zwischen 8<br />

und 18 Uhr hat, denn zwischen 18 Uhr abends und 8 Uhr<br />

morgens sowie samstags, sonntags und feiertags erhöhen<br />

sich die Kosten um 50 %. Zu berücksichtigen sind darüber<br />

hinaus alle Leistungen, die nicht in der Pauschale enthalten<br />

sind und demzufolge als Aufpreis verrechnet werden:<br />

notwendige Ersatzteile, Arbeitszeit über die in der Pauschale<br />

enthaltenen 30 Minuten hinaus (bei der Reparatur<br />

vor Ort), Abschleppen weiter als 5 Kilometer ab der dem<br />

Pannenort nächstgelegenen Autobahnausfahrt (sofern<br />

das Fahrzeug nicht in die Werkstatt des Pannendienstes<br />

gebracht wird). Die Preise dieser Leistungen können nach<br />

Belieben festgelegt werden. Der Pannendienst ist allerdings<br />

verpflichtet, diese Preise « sichtbar und lesbar » im<br />

Einsatzfahrzeug anzuzeigen; zögern Sie im Zweifelsfall<br />

nicht, danach zu fragen. Er muss zudem eine detaillierte<br />

Rechnung über die erbrachten Leistungen ausstellen.<br />

Man braucht auch gar nicht darauf zu hoffen, dass einem<br />

die Autobahnbetreiber im Pannenfall ein Geschenk<br />

machen und die Autobahngebühren erlassen: Verlässt der<br />

Abschleppwagen die Autobahn über eine Ausfahrt für<br />

Pannendienste und Servicefahrzeuge, muss der Autofahrer<br />

die Autobahngebühren entsprechend der Fahrzeugklasse<br />

und der Strecke direkt an den Pannendienst zahlen.<br />

Haben Sie darangedacht, Ihre Versicherung<br />

zu informieren?<br />

Wenn der Pannendienst vor Ort das Problem diagnostiziert<br />

hat, sollten Sie nicht vergessen, Ihre Versicherung<br />

anzurufen. Diese kann Sie darüber informieren, welche<br />

Kosten übernommen werden. Unter Umständen setzt Sie<br />

sich auch direkt mit dem Pannendienst in Verbindung,<br />

um die Übernahme bestimmter Kosten zu bestätigen<br />

oder diesen damit zu beauftragen, das Fahrzeug in eine<br />

bestimmte Vertragswerkstatt zu transportieren. Möglicherweise<br />

kümmert sie sich auch um Ihre Rückreise.<br />

Gibt es eine Alternative zur Notrufsäule?<br />

Den französischen Autobahngesellschaften ist wohl<br />

bewusst, dass das System der Notrufsäulen in Zeiten von<br />

Smartphone & Co. etwas überholt und vor allem teuer<br />

ist. Deshalb haben sie sich – mit Ausnahme der Betreiber<br />

im Südwesten Frankreichs – zusammengeschlossen und<br />

bieten eine kostenlose und einzigartige Applikation an,<br />

die Sie am besten bereits vor Fahrtantritt herunterladen.<br />

Im Falle einer Panne bringen Sie sich in diesem Fall<br />

zunächst hinter der Leitplanke in Sicherheit und rufen<br />

dann über die entsprechende Schaltfläche der App direkt<br />

die Rettungsleitstelle an. Die Applikation übermittelt<br />

dann automatisch die GPS-Daten. (App SOS Autoroute)<br />

Ich hoffe nun aber, dass Sie die Informationen in diesem<br />

Artikel gar nicht erst in der Praxis benötigen, und wünsche<br />

Ihnen bei Ihrem nächsten Aufenthalt in Frankreich<br />

eine pannenlose und vor allem unfallfreie Fahrt.<br />

96 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Leserbriefe<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Sie können sich eventuell vorstellen,<br />

wie es ist, wenn man jemandem<br />

schreibt (wie wir zum Beispiel unseren<br />

Leserbrief per E-Mail vom 31.03.<strong>2018</strong><br />

an Sie) und dann keine Rückmeldung<br />

bzw. keine Reaktion darauf erhält.<br />

Halt! Auf einen Leserbrief erhält man<br />

im Allgemeinen keine Mitteilung,<br />

so wurden wir von Fachfrauen und<br />

-männern informiert. Umso mehr<br />

trauten wir unseren Augen nicht,<br />

auf Seite 97 der letzten Ausgabe zu<br />

lesen, dass Sie möglicherweise ein<br />

gewisses Interesse an der Thematik<br />

Jumelages haben. (…) Im Namen<br />

aller bedanken sich die Jumeleure der<br />

kleinen Gruppe Jumelages Européens<br />

PTT e. V. Sektion Rüsselsheim und<br />

unsere Freunde in Évreux für Ihre<br />

Aufmerksamkeit und Ihr Interesse<br />

in der o. g. Sommerausgabe. Mit<br />

einer solchen Reaktion konnten und<br />

durften wir nicht rechnen. Merci …<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Heike und Günther Waldecker<br />

Hallo und guten Tag,<br />

ich möchte einmal Folgendes<br />

anregen: Bitte drucken Sie doch<br />

einmal Geschichten über eine<br />

Städtepartnerschaft ab. Wenn Sie<br />

diese markanten Geschichten veröffentlichen,<br />

dann bekommen auch<br />

andere Städtepartnerschaften Ideen<br />

und können sie verwirklichen.<br />

Vielleicht werden sogar neue<br />

Interessenten für eine Städtepartnerschaft<br />

gefunden.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Christoph Troester (Partnerstädteverein<br />

Kirchhundem-Lennestadt)<br />

Redaktion:<br />

Lieber Herr Troester,<br />

wir teilen Ihren Standpunkt voll und<br />

ganz. Partnerschaften zwischen deutschen<br />

und französischen Städten gehören<br />

zu den Initiativen, die man aufwerten<br />

und ermutigen muss. Sie sind oft das<br />

Ergebnis eines starken und leidenschaftlichen<br />

persönlichen Engagements. Genau<br />

das möchten wir in Frankreich erleben<br />

bekanntmachen. Es gibt zahlreiche<br />

solcher Verbindungen, die mehr oder<br />

weniger aktiv sind. Seit einigen Monaten<br />

evaluieren wir daher, welche davon<br />

am repräsentativsten für eine gelebte<br />

deutsch-französische Freundschaft sind.<br />

Wie der nebenstehende Brief von Frau<br />

und Herrn Waldecker beweist, stehen<br />

Sie mit Ihrer Anregung nicht alleine.<br />

Herzlichen Dank dafür. Wir versichern<br />

Ihnen, dass Sie bald das Ergebnis all<br />

dieser Hinweise sehen werden …<br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de · Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />

Frankreich digital erleben!<br />

Ab sofort können Sie das aktuelle<br />

Heft sowie ältere Ausgaben von<br />

Frankreich erleben auch in<br />

digitalisierter Form lesen. Erhältlich ist<br />

das Angebot über den<br />

Kiosk von Apple (für<br />

iPad), bei Google Play<br />

oder im Internet unter der<br />

Adresse e-frankreich.fr<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 97


IMPRESSUM/VORSCHAU<br />

Impressum<br />

Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />

Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />

zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />

am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />

Impressum statt.<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />

Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />

AVZ GmbH<br />

Storkower Straße 127a · 10407 Berlin<br />

Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />

Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

abo@frankreicherleben.de<br />

ISSN: 1861-4256<br />

Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />

Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine Doucet,<br />

Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Samuel Péchin, Annaïs Quetsub,<br />

Gérard Rival, Serge Robin, Sabine Schmitt<br />

Layout: Zauberhaus.eu<br />

Anzeigen Frankreich:<br />

Isabelle Schmidt<br />

Telefon Frankreich: +33 (0)1 75 439 441<br />

Telefon Deutschland: +49 (0)921 44710<br />

ischmidt@frankreicherleben.com<br />

Anzeigen Deutschland:<br />

Samuel Péchin<br />

Telefon Frankreich: + 33 (0)6 31 54 64 93<br />

spechin@frankreicherleben.com<br />

Gültige Anzeigenpreisliste: 16/<strong>2018</strong><br />

Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Landau<br />

Vetrieb:<br />

VU Verlagsunion KG · Meßberg 1 · 20086 Hamburg<br />

Tel: +49 (0)40 3019 1800<br />

Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt zusammengestellt.<br />

Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und Vollständigkeit kann jedoch<br />

nicht über nom men wer den. Der Verlag übernimmt keine Haftung für un ver langte<br />

Ein sen dun gen. Die Redaktion behält sich die Kür zung und Bearbeitung von<br />

Leserbriefen vor. Es gelten die Geschäfts bedingungen des Verlags. Beiträge,<br />

Fotos und gra fische Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich geschützt. Nach druck,<br />

auch aus zugs weise, Ver viel fäl ti gung auf foto mecha nischen und anderen Wegen<br />

sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der schrift lichen Zustimmung des<br />

Verlags.<br />

Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />

Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />

Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />

Einzelpreise im Handel: 5,90 E (D), 6,50 E (A),<br />

10,90 CHF (CH), 7,00 E (F/L/B/NL), 7,00 E (I)<br />

Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 E (D), 21,90 E (A),<br />

37,00 CHF (CH), alle anderen Länder: 26,90 E<br />

Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />

© <strong>2018</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />

unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse • S.4:<br />

Kunsthalle München, DR; Serge Robin, Ajc Presse; Nicole Cobac, Ajc Presse<br />

• S.6-7: Serge Robin, Ajc Presse; Pixabay; Didier Veysset; P. Bernard,<br />

Association Les plus beaux villages de France • S.8-9: Philippe Ariagno;<br />

Collectif Captain Boomer, DR ; Christian Louboutin, DR; Culturespaces, DR<br />

• S.10-11: La Poste, DR; Pixabay; Lucky Comics <strong>2018</strong>, DR; Aéroports de<br />

Paris, DR; Pixabay • S.12-22: DR • S.23: Arte, DR • S.24: DR • S.26-38:<br />

Serge Robin, Ajc Presse • S.36-39: Serge Robin, Ajc Presse • S.40-47:<br />

Serge Robin, Ajc Presse • S.48-49: Serge Robin, DR • S.50: Collection<br />

Arbogast, Château Vodou Strasbourg, Maison Victor Schœlcher, DR • S.51:<br />

Maison Victor Schœlcher, DR; Maison Anne-Marie Javouhey, DR • S.52:<br />

Maison de la Négritude, DR, Serge Robin, Ajc Presse • S.53: Serge Robin,<br />

Ajc Presse • S.54-55: Collection RMN, Château de Blérancourt, Maison<br />

Victor Schœlcher, DR; Serge Robin, Ajc Presse; Maison Victor Schœlcher,<br />

DR • 56: Route des abolitions de l’esclavage, DR • S.57: Serge Robin, Ajc<br />

Presse; Route des abolitions de l’esclavage, DR • S.58: Serge Robin, Ajc<br />

Presse • S.60-62: DR • S.64-72: Serge Robin, Ajc Presse • S.74-75: Grand<br />

Hôtel & Spa Gerardmer, DR • S.76: Grand Hôtel & Spa Gerardmer; Serge<br />

Robin, Ajc Presse • S.78-81: Kunsthalle München, DR • S.82-83: Pixabay<br />

• S.84-85: Nicole Cobac et Maurice Albert, Ajc Presse • S.90: Serge Robin,<br />

Ajc Presse • S.92-93: Pixabay • S.4-95: Ajc Presse, DR • S.98: Serge<br />

Robin, Ajc Presse.<br />

In der nächsten Ausgabe von Frankreich erleben,<br />

die Ende November im Handel erhältlich sein<br />

beziehungsweise in Ihrem Briefkasten stecken<br />

wird, möchten wir Ihnen einmal mehr « etwas<br />

andere » Menschen und Orte vorstellen.<br />

Dabei wagen wir uns sogar an einen<br />

der touristischsten und bekanntesten<br />

Orte Frankreichs, über den<br />

eigentlich schon alles gesagt und geschrieben<br />

zu sein scheint: die Bucht<br />

des MONT-SAINT-MICHEL.<br />

Und doch haben sich unsere Journalisten<br />

der Herausforderung gestellt<br />

und möchten Ihnen diesen Berg unter<br />

einem ganz neuen und unerwarteten<br />

Blickwinkel und in einer ganz<br />

besonderen Atmosphäre zeigen …<br />

Dann versuchen<br />

wir gemeinsam<br />

nachzuvollziehen,<br />

warum ein kleines<br />

ELSÄSSI-<br />

SCHES DORF<br />

heute eines der<br />

beliebtesten Dörfer<br />

Frankreichs ist<br />

und warum eine Thermalstadt am Ufer eines Sees<br />

heute in der ganzen Welt für ihr Wasser bekannt<br />

ist …<br />

Zu guter Letzt entdecken wir mit<br />

den Augen eines der bekanntesten<br />

französischen Journalisten, Albert<br />

Londres (1884-1932), eine ganz<br />

lebendige und offene Seite von<br />

Marseille. Obwohl dieses Bild von<br />

MARSEILLE bereits aus den<br />

30er-Jahren stammt, ist es verblüffend<br />

aktuell.<br />

… Und vieles mehr …<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 69 - Winter <strong>2018</strong>/19<br />

Erscheint am 20. November <strong>2018</strong><br />

98 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>


Großzügige Unterkünfte im modernen Design, eine Wellnesslandschaft<br />

mit 5 Saunen, Sonnenterrasse und Boddenblick, ein Fitnessstudio mit<br />

professionellen Geräten, ein Hobbyraum mit Billardtisch, Tischtennisplatte<br />

und Tischfußball sowie eine Lounge mit Kamin und Panoramablick,<br />

mönchgut living & spa bietet Ihnen alles, um einen perfekten Urlaub auf<br />

Rügen zu verleben. Die Lage im Herzen des romantischen Fischerdorfes<br />

Gager im UNESCO­Biosphärenreservat Südost­Rügen verspricht zudem<br />

Entspannung und Erholung inmitten unberührter Natur, nur wenige Minuten<br />

vom Ostseestrand und den berühmten Seebädern der Insel entfernt.<br />

www.moenchgut-living.de


Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />

Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />

Denn Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks<br />

Lubéron, nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser<br />

atemberaubende Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />

Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />

und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im Ort<br />

mit. Schließlich bilden die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen<br />

Design eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence<br />

finden werden.<br />

www.provence-living.fr

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