Nr. 68 - Herbst 2018
Loire-Tal: Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten Corrèze: Les Tours de Merle: Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein Ostfrankreich: Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei Vogesen: Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen Chantals Rezept: Die echte hausgemachte Mayonnaise
Loire-Tal: Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten
Corrèze: Les Tours de Merle: Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein
Ostfrankreich: Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei
Vogesen: Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen
Chantals Rezept: Die echte hausgemachte Mayonnaise
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>68</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong><br />
LOIRE-TAL · NOUVELLE-AQUITAINE · VOGESEN · OSTFRANKREICH · LA MARSEILLAISE<br />
Loire-Tal<br />
Eine faszinierende Reise<br />
ins Land der Troglodyten<br />
Nouvelle-Aquitaine<br />
Das Gefühl, in Machu Picchu zu sein<br />
Vogesen<br />
Eine Fotoausstellung<br />
unter freiem Himmel<br />
Ostfrankreich<br />
Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei<br />
Rezept Die echte hausgemachte Mayonnaise<br />
Kultur Amüsante Geschichten rund um die « Marseillaise »<br />
Praktisch Pannenhilfe auf französischen Autobahnen<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
das Titelbild macht neugierig und ist<br />
kein leeres Versprechen: Die Ausgabe<br />
von Frankreich erleben, die Sie<br />
gerade in Händen halten, wartet mit<br />
überraschenden Entdeckungen in ganz Frankreich auf.<br />
Auf den folgenden Seiten werden Sie zum Beispiel eine<br />
fantastische Reise unter die Erdoberfläche unternehmen.<br />
Wir nehmen Sie mit in eine andere Zeit<br />
und schlendern mit Ihnen durch die spektakulären<br />
kathedralartigen Höhlen einer<br />
Stätte, die den geheimnisvollen Namen Le<br />
Mystère des Faluns trägt. Zurück im Tageslicht<br />
spazieren wir im selben erstaunlichen Dorf im<br />
Pays-de-la-Loire durch eine Landschaft<br />
voller Canyons. Über unseren Köpfen<br />
sehen wir Andenkondore, Ibisse und<br />
Papageien fliegen; wir sind von den<br />
verschiedensten Vögeln aus aller<br />
Welt umgeben, die hier unter einem<br />
riesigen Netz, im größten südamerikanischen<br />
Vogelhaus Europas<br />
leben. Sie erfahren dabei, dass<br />
eine passionierte Familie Pionierarbeit<br />
geleistet hat, indem<br />
sie einen Zoo in einen innovativen<br />
Bioparc verwandelte, der sich nun für<br />
den Schutz bedrohter Tierarten einsetzt.<br />
Aber es warten noch ganz andere spektakuläre<br />
Dinge auf Sie: Zwischen Aurillac<br />
und Brive-la-Gaillarde, im Departement<br />
Corrèze, entdecken Sie Ruinen, die mit der<br />
Inkastadt Machu Picchu durchaus mithalten<br />
können.<br />
Die<br />
grandiosen<br />
Tours de Merle<br />
erzählen auf ungewöhnliche<br />
Art von einer<br />
überraschenden Neuerung<br />
des 11. Jahrhunderts: Zu der Zeit erfanden<br />
die dort ansässigen Lehnsherren nämlich<br />
bereits eine Form von Gemeinschaftseigentum.<br />
Auf einem Vogesengipfel treffen wir auf begeisterte<br />
und begeisternde Menschen. Sie laden uns auf einen<br />
Spaziergang durch Pinienwälder und Wiesen ein,<br />
in dessen Verlauf wir eine unerwartete Fotoausstellung<br />
unter freiem Himmel besuchen und<br />
dabei erleben, wie die Umgebung die Wirkung<br />
von Fotografien verändern kann.<br />
Und schließlich werden wir auch einen<br />
ganz anderen Blick auf die Geschichte<br />
Frankreichs werfen und dabei eine<br />
der dunklen Seiten, nämlich den<br />
Sklavenhandel, hinterfragen. Im<br />
Verlaufe einer längeren Reise erfahren<br />
Sie, dass eine Region im Osten<br />
Frankreichs eine wichtige – wenn auch noch<br />
weitgehend unbekannte – Vorreiterrolle bei der<br />
Abschaffung der Sklaverei innehatte. Auf der<br />
Route des Abolitions de l‘Esclavage kann man<br />
diese unbekannte Seite der französischen<br />
Geschichte nun entdecken und würdigen.<br />
Sie werden spüren, dass wir selbst im Laufe der<br />
Reportagen und Begegnungen, die wir während<br />
der Vorbereitung dieser Ausgabe gemacht<br />
haben, mitgerissen wurden. Diese Begeisterung<br />
mit Ihnen zu teilen ist nicht nur unser Ziel, sondern<br />
auch eine echte Freude! Viel Spaß beim Lesen!<br />
Titelbild: Im Inneren der Stätte Le Mystère des Faluns in Doué-en-Anjou<br />
(Maine-et-Loire) können sich Kinder in einer der kathedralartigen Höhlen mit dem<br />
Behauen von Steinen vertraut machen.<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 3
INHALT<br />
Corrèze · 40<br />
Loire-Tal · 26<br />
Quand on aime<br />
la France · 78<br />
Rezept · 84<br />
La Marseillaise · 82<br />
Ostfrankreich · 48<br />
Vogesen · 64<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Lille<br />
64 · Vogesen<br />
48 · Champagney<br />
26 · Loire-Tal<br />
Nantes<br />
Dijon<br />
Tours<br />
48 · Chamblanc<br />
40 · Corrèze<br />
Bordeaux<br />
48 · Emberménil<br />
PARIS<br />
Lyon<br />
Strasbourg<br />
48 · Fessenheim<br />
48 · La Cluse<br />
et Mijoux<br />
64 Vogesen<br />
Eine Fotoausstellung unter freiem Himmel im Herzen der Vogesen<br />
Bis Mitte November findet in Le Haut-du-Tôt, der höchstgelegenen<br />
Gemeinde der Vogesen, die dritte Ausgabe der beispiellosen<br />
Fotoausstellung Les Sentiers de la photo statt. Sie lädt zu einem<br />
unvergleichlichen Spaziergang durch die prachtvolle Landschaft<br />
ein, bei dem man mehr als 130 großformatige Fotos der besten<br />
regionalen und internationalen Fotografen entdecken kann.<br />
74 Hotel<br />
Grand Hôtel & Spa Gérardmer<br />
Frankreich heute<br />
Toulouse<br />
Marseille<br />
78 Quand on aime la France:<br />
Roger Diederen, Direktor der Kunsthalle München<br />
Roger Diederen ist der Direktor der Kunsthalle München. Er ist<br />
überzeugter Europäer und hat sein Leben der Kunst gewidmet.<br />
Sein Ziel: Durch Kunst einen Austausch entstehen zu lassen<br />
und eine ganz andere Auseinandersetzung mit unserer Welt<br />
zu ermöglichen. Wir haben uns mit ihm unterhalten.<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
26 Loire-Tal<br />
Eine faszinierende Reise ins Land der Troglodyten<br />
Das Tal der Loire ist weltweit für seine zahlreichen<br />
Schlösser bekannt. Doch zwischen Angers und<br />
Saumur besitzt es noch andere charakteristische<br />
Sehenswürdigkeiten, die zwar weniger bekannt, aber<br />
mindestens genauso faszinierend sind: ein unglaubliches,<br />
mehr als 1500 Kilometer langes, unterirdisches<br />
Tunnelsystem mit Höhlen, Grotten und Stollen.<br />
40 Corrèze<br />
Das Gefühl, in der Inkastadt Machu Picchu zu sein<br />
Hinter einer der unzähligen Kurven einer Straße im<br />
Departement Corrèze bietet sich plötzlich inmitten<br />
eines dichten Waldes der unglaubliche Anblick<br />
grandioser Ruinen. Wie von Zauberhand scheinen<br />
sie in 30 Meter Höhe auf einen 200 Meter langen<br />
und 40 Meter breiten Felsvorsprung gesetzt worden<br />
zu sein: Die Tours de Merle flößen Respekt ein.<br />
48 Ostfrankreich<br />
Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei<br />
Meist werden die Französische Revolution und die<br />
Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789<br />
so präsentiert, als hätte sich das Volk spontan und solidarisch<br />
im ganzen Land gleichzeitig erhoben, um diese<br />
Rechte für die Menschen zu erwirken. Dass bestimmte<br />
Gebiete dabei eine Vorreiterrolle gespielt haben, vergisst<br />
man meist. Sieht man sich den Fall der Abschaffung<br />
der Sklaverei in Frankreich genauer an, dann stellt man<br />
fest, dass einige Regionen diese Tragödie der Menschheitsgeschichte<br />
viel früher anprangerten als andere.<br />
Art de vivre<br />
82 Kultur<br />
Amüsante Geschichten rund um die französische<br />
Nationalhymne La Marseillaise<br />
Nachdem die französische Nationalmannschaft am 15. Juli<br />
dieses Jahres Fußballweltmeister geworden war, hörten die<br />
Menschen auf der ganzen Welt während der anschließenden<br />
Siegerehrung die Marseillaise. Wir nehmen dies zum Anlass,<br />
« hinter die Kulissen » dieser berühmten Hymne zu blicken …<br />
84 Chantals Rezept<br />
Die echte hausgemachte Mayonnaise<br />
90 Produkt<br />
Châteldon: der Champagner unter den<br />
französischen Mineralwässern<br />
Dieses Mineralwasser ist in Frankreich ein regelrechter Mythos.<br />
Die Bläschen sollen so fein wie die eines hervorragenden Champagners<br />
sein. Im Hexagon betrachtet man das Eau de Châteldon<br />
ganz ernsthaft als den Rolls-Royce unter den natürlichen kohlesäurehaltigen<br />
Mineralwässern. Wir wollten wissen, warum.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Kulturprogramm<br />
14 On lit<br />
16 On lit en France<br />
20 On écoute<br />
22 On regarde<br />
24 On surfe<br />
63 Abonnement<br />
86 Nachbestellungen<br />
92 Kulturschock<br />
95 Guéwen a testé<br />
97 Leserbriefe<br />
98 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet: www.frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 5
ON EN PARLE<br />
PARISER BISTROS<br />
Bistros der Seine-Stadt bald Weltkulturerbe?<br />
Rund 1000 der insgesamt 14 000 Lokale in Paris sind<br />
Bistros. Diese für Paris typischen Lokale sind allerdings<br />
angeblich bedroht, da Sandwicheries und sonstige<br />
Ketten- beziehungsweise Fast-Food-Restaurants immer<br />
mehr überhandnehmen. Wo sonst als in einem Bis tro<br />
kann man heute noch ganz einfach ein Œuf Mayonnaise<br />
essen, an der Theke einen Kaffee trinken und dabei das Hin<br />
und Her des Servicepersonals beobachten oder stundenlang<br />
sitzen und die Zeitung lesen? Eine Berufsvereinigung,<br />
die von Persönlichkeiten aus der Welt der Kultur ( Jacques<br />
Weber, Pierre Arditi, Charles Berling, Yolande Moreau,<br />
Marianne James …) unterstützt wird, hat nun beschlossen,<br />
sich für den Erhalt dieser Lokale einzusetzen. Da die Bistros<br />
laut Alain Fontaine, dem Präsidenten dieser Interessenvertretung<br />
und zugleich Besitzer des familiären Bistros<br />
Le Mastroquet im Quartier de la Bourse, « genauso wie der<br />
Eiffelturm oder der Louvre zur Identität von Paris gehören<br />
», muss man sie schützen. Die Vereinigung hat vor, die<br />
Pariser Bistros zum immateriellen Kulturerbe der<br />
UNESCO ernennen zu lassen. Das erste Dossier für dieses<br />
Vorhaben soll im September dem französischen Kulturministerium<br />
präsentiert werden, das dann entscheiden wird,<br />
ob man die Bewerbung im März 2019 an die UNESCO<br />
übermittelt oder nicht. Die Antwort der internationalen<br />
Institution würde frühestens im Dezember 2019 oder im<br />
Januar 2020 erwartet.<br />
FUSSBALL<br />
Franzosen Weltmeister in doppelter Hinsicht<br />
Jeder weiß inzwischen, dass Frankreich die Fußballweltmeisterschaft <strong>2018</strong> gewonnen hat. Die Wenigsten<br />
wissen dagegen, dass Frankreich auch die meisten Spieler dieser Weltmeisterschaft stellte. Dies berichtet<br />
die amerikanische Zeitung Washington Post. Sie kam auf die Idee, zu analysieren, welche Nationalitäten<br />
die 736 Spieler dieses Wettkampfes haben. Von den 736 Spielern waren 50 französischer Abstammung.<br />
Damit war Frankreich mit Abstand das meistvertretene Land vor Brasilien mit « nur » 28 Spielern. 21 der 50<br />
Fußballer spielten dabei für das Hexagon, 29 vertraten andere Länder (z. B. Marokko, Tunesien und Senegal).<br />
Nur zwei Spieler der französischen Nationalmannschaft Les Bleus sind dagegen im Ausland geboren: Steve<br />
Mandanda in der Demokratischen Republik Kongo und Samuel Umtiti in Kamerun.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
KINO<br />
PARISER METRO<br />
Dem Metroticket<br />
droht bald das Aus<br />
Vielen Parisern wird es fehlen, aber<br />
die Zeiten ändern sich: Das legendäre<br />
Ticket der Pariser Metro, dieses<br />
kleine, geschichtsträchtige Stück<br />
Karton, wird in absehbarer Zeit<br />
durch kontaktlose Karten ersetzt,<br />
mit denen man dann die öffentlichen<br />
Verkehrsmittel in Stadt und Region<br />
nutzen kann. Diese Entscheidung<br />
hat auch einen ökologischen<br />
Hintergrund, da in der Hauptstadt pro<br />
Jahr schätzungsweise 550 Millionen<br />
entwertete Tickets einfach auf den<br />
Boden geworfen werden.<br />
Paris & Kino: eine besondere Beziehung<br />
Paris hatte schon immer eine besondere Beziehung<br />
zum Kino. Mit 88 Filmtheatern und insgesamt 420<br />
Sälen (gegenüber 389 im Jahr 2015) ist Paris die absolute<br />
Hauptstadt des Kinos. Bei einem Bummel durch die Stadt wird<br />
man sich dieser Tatsache sehr schnell bewusst, da es in jedem<br />
Viertel ein oder mehrere Kinos gibt. Laut Stadtverwaltung<br />
erreicht man von jedem x-beliebigen Punkt der Stadt in<br />
maximal 15 Gehminuten das nächste Lichtspieltheater. Die<br />
aktuelle Studie der amerikanischen Marktforschungsfirma<br />
ComScore geht noch weiter: Das Pariser Kino UGC Cité-<br />
Ciné les Halles im historischen Zentrum von Paris hält mit<br />
3,27 Millionen Besuchern im Jahr 2017 den weltweiten<br />
Besucherrekord. In jenem Jahr gab es dort 70 000<br />
Vorführungen, bei denen Kinofreunde 492 Filme ansehen konnten,<br />
die von Filmemachern aus 85 Nationen realisiert worden waren. Ein<br />
schöner Rekord!<br />
PLUS BEAUX VILLAGES DE FRANCE<br />
Zwei neue<br />
Auserwählte<br />
Am 29. und 30. Juni <strong>2018</strong> wählte die für die<br />
Prüfung der Bewerbungen und Vergabe<br />
der Auszeichnung zuständige Fachkommission<br />
der Plus beaux Villages de France zwei neue<br />
Dörfer aus, die dieses begehrte Label erhielten: La<br />
Romieu im Departement Gers und Villeréal im<br />
Departement Lot-et-Garonne. Wie alle neu aufgenommenen<br />
Gemeinden werden auch diese Orte<br />
nach 6 bis 9 Jahren erneut beurteilt. Aktuell hat<br />
die Vereinigung ihr Gütesiegel an 158 Dörfer vergeben.<br />
Die Karte kann unter www.les-plus-beauxvillages-de-france.org<br />
abgerufen werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
GESTRANDETER WAL<br />
Das soll aufrütteln<br />
Am 8. Juni dieses Jahres erlebten die Menschen in<br />
der Umgebung des Lac de Serre-Ponçon, genauer<br />
gesagt bei Savines-le-Lac (Hautes-Alpes), eine<br />
Überraschung: Bereits am Vorabend hatte die Lokalpresse<br />
ein Foto veröffentlicht, das angeblich den Schatten eines<br />
unter der Wasseroberfläche schwimmenden Wales zeigte.<br />
Am frühen Morgen war es dann vermeintlich Gewissheit,<br />
denn zur allgemeinen Überraschung lag ein – angeblich<br />
gestrandeter – 15 Meter langer männlicher Pottwal am<br />
Ufer des Sees – mitten in den Bergen, weit weg vom<br />
Meer. Um ihn herum schien ein Team von Wissenschaftlern<br />
mit der Rettung des Kolosses beziehungsweise mit<br />
der Suche nach einer Erklärung für diese seltsame Begebenheit<br />
beschäftigt zu sein. Sogar die Ankunft von Spezialisten<br />
aus Marseille sowie des Bürgermeisters von Savines-le-Lac<br />
wurden angekündigt. Das Ganze stellte sich<br />
jedoch als ein riesiges Kunstprojekt heraus, das die Verschmutzung<br />
der Ozeane und die Gefährdung der Unterwasserwelt<br />
anprangern sollte. Anlass für die Aktion war<br />
der Internationale Tag des Meeres. Medien und lokale<br />
Behörden waren von dem für diese Inszenierung verantwortlichen<br />
belgischen Künstlerkollektiv « Captain Boomer<br />
» eingeweiht worden. Die Künstlergruppe hatte unter<br />
anderem bereits 2017 in Paris für Aufsehen gesorgt, als<br />
ein ebenfalls 15 Meter langer Wal am Quai de la Tournelle<br />
« gestrandet war ».<br />
MODE<br />
Markenschutz für rote Sohlen<br />
Christian Louboutin gilt als einer der größten französischen Schuh- und Hand taschendesigner<br />
und ist weltweit für seine High Heels berühmt, die man an ihren roten Sohlen<br />
erkennt. Das Haus Louboutin hat das spezifische Rot der Farbe Pantone 18-1663TP<br />
als Marke eintragen lassen, doch Schuhhersteller aller Preisklassen haben die Idee<br />
trotzdem jahrelang kopiert. Angesichts der Verletzung seiner Markenrechte hat<br />
Christian Louboutin mehrere Prozesse durchgefochten, unter anderem auch gegen das<br />
Haus Yves Saint-Laurent. Der Europäische Gerichtshof hat ihm nun recht gegeben. Er<br />
erklärte die rote Schuhsohle als durchaus schutzwürdig im Sinne einer Marke.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
EINTAUCHEN IN DIE KUNST<br />
Dritte Stätte für monumentale<br />
Projektionen in Bordeaux<br />
Nach dem enormen Erfolg der Stätten Carrières<br />
de Lumières in Les Baux-de-Provence (500 000<br />
Besucher pro Jahr) und L‘Atelier des Lumières<br />
in Paris (300 000 Besucher innerhalb von zwei<br />
Monaten nach der kürzlich erfolgten Eröffnung)<br />
wird das auf monumentale immersive<br />
Projektionen von Kunstwerken spezialisierte<br />
Unternehmen Culturespaces eine dritte Stätte in<br />
Frankreich eröffnen: Bassins de Lumières. Dazu<br />
soll ein Teil der ehemaligen Unterwasserbasis<br />
der Stadt genutzt werden. Geplant sind<br />
multimediale Ausstellungen nach dem Vorbild<br />
derer in Paris und Les Baux-de-Provence<br />
(Chagall, Picasso, Klimt, van Gogh) sowie<br />
zusätzlich drei bis vier Ausstellungen pro Jahr,<br />
die sich jeweils aktuellen digitalen Kreationen<br />
widmen<br />
sollen. Die<br />
Eröffnung ist<br />
für Sommer<br />
2020<br />
geplant.<br />
LUXUSWAREN<br />
Vendôme ist in<br />
Der renommierte Lederwarenhersteller Vuitton,<br />
eine Tochtergesellschaft des französischen<br />
Luxuswarenkonzerns Louis Vuitton Moët<br />
Hennessy (LVMH) hat beschlossen, in Vendôme<br />
(Loir-et-Cher) für 1,7 Millionen Euro eine<br />
ehemalige Kaserne mit einer Fläche von<br />
3000 m² zu erwerben. Nach umfangreichen<br />
Renovierungsarbeiten soll dort ein<br />
Konfektionsbetrieb eingerichtet werden, der<br />
am Ende 200 Menschen beschäftigen wird.<br />
Die Stadtverwaltung von Vendôme hat sich<br />
ihrerseits verpflichtet, für die bescheidene<br />
Summe von 10 000 Euro einen Teil der<br />
Rechte für die Marke « Vendôme » abzutreten,<br />
die alle Produkte zieren soll, die mit der<br />
Lederverarbeitung verbunden sind. Auf diese<br />
Weise kann Vuitton mit der Homonymie<br />
zwischen der Stadt Vendôme und der Adresse<br />
der prestigeträchtigsten Pariser Boutique am<br />
Place Vendôme <strong>Nr</strong>. 2 spielen.<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Frankreich noch immer das meistbesuchte Land der<br />
Welt ++ Laut den aktuellsten offiziellen Statistiken hat Frankreich im<br />
Jahr 2017 seinen Platz als das meistbesuchte Land der Welt behauptet.<br />
Mit 86,9 Millionen ausländischen Touristen im französischen Mutterland<br />
(5,1 Millionen mehr als 2016) gab es sogar einen neuen Besucherrekord.<br />
Dieser Sprung nach oben ist nach dem Einbruch im Jahr 2016 vor allem<br />
auf die Rückkehr der europäischen Besucher (+5,6 %) zurückzuführen.<br />
Junge Franzosen lesen mehr als gedacht ++ Laut<br />
einer Studie des Instituts IPSOS im Auftrag des Centre National du Livre<br />
(CNL) lesen junge Französinnen und Franzosen der Altersgruppe 15 –<br />
25 Jahre mehr als angenommen, wobei zwischen den Geschlechtern<br />
ein deutlicher Unterschied besteht. 86 % der befragten Franzosen<br />
haben in den vergangenen 12 Monaten 13 Bücher gelesen, vor allem<br />
in den Kategorien Roman, Fantasy, Science-Fiction und Krimi. Junge<br />
Französinnen lesen nach dieser Befragung im Durchschnitt drei Bücher<br />
mehr pro Jahr.<br />
Dem Flusstourismus geht es sehr gut ++ Mehr als 11<br />
Millionen Passagiere sind 2017 auf französischen Flüssen gereist. 2016<br />
waren es noch weniger als 10 Millionen. Die Kultur des Flusstourismus<br />
scheint vor allem bei ausländischen Touristen (Deutsche, Engländer,<br />
Holländer, Belgier) beliebt zu sein, doch die Veranstalter hoffen, nach<br />
und nach auch mehr französische Kunden zu gewinnen. Dafür setzen sie<br />
besonders auf Angebote für verlängerte Wochenenden. Da beispielsweise<br />
der Canal du Midi im Sommer immer sehr überlaufen ist, soll das Angebot<br />
der Kreuzfahrtanbieter auf andere schiffbare Wasserstraßen und<br />
Saisonen ausgeweitet werden.<br />
A 28: die teuerste Autobahn Frankreichs ++ Der<br />
Autobahnabschnitt der A28 zwischen Rouen (Seine-Maritime) und<br />
Alençon (Orne), im Herzen der Normandie, erhält die Auszeichnung<br />
als teuerste Autobahn! Knapp 0,16 Cents zahlt ein Autofahrer in der<br />
Kategorie 1 für einen Kilometer. Von Bauwerken wie dem Viadukt von<br />
Millau oder dem Prado-Tunnel in Marseille abgesehen, ist dies gemäß<br />
der Zeitschrift Marianne der höchste Preis. Das Phänomen ist fast<br />
unglaublich, denn die Gebühren sind unaufhörlich angestiegen: Zwischen<br />
2005 und <strong>2018</strong> haben sich die Kosten für die 150 Kilometer zwischen<br />
Rouen und Alençon von 11,40 € auf 23,70 € mehr als verdoppelt …<br />
Franzosen und Internet ++ Nach der aktuellsten Umfrage von<br />
OpinionWay zu den Gewohnheiten in Sachen Internet liegt Frankreich<br />
in etwa gleichauf mit seinen Nachbarn: 86 % der Bevölkerung hat<br />
Internetanschluss (Deutschland 89 %, Spanien 84 %). An der Spitze liegt<br />
jedoch Großbritannien, wo 94 % der Menschen ans WWW angeschlossen<br />
sind. Die Franzosen interessieren sich laut Studie mehr für Dinge, die<br />
im Alltag nützlich sind, als für soziale Netzwerke. Jeder fünfte Franzose<br />
surft ausschließlich im Web, nutzt keine Applikationen und meidet alle<br />
sozialen Netzwerke. Diese Menschen lieben vor allem alles, was mit<br />
Mobilität in Zusammenhang steht (Reisen, Teilen von Fahrzeugen …) und<br />
kaufen gerne online ein.<br />
Frankreich Frankreich erleben erleben · <strong>Herbst</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> <strong>2018</strong> · 9 · 9
ON EN PARLE<br />
BRIEFMARKE<br />
Das neue Gesicht der<br />
Marianne enthüllt<br />
Es ist eine Tradition<br />
in Frankreich, das<br />
Gesicht der Republik,<br />
Marianne, das unter anderem<br />
auf vielen gängigen Briefmarken zu<br />
sehen ist, regelmäßig zu überarbeiten. Emmanuel<br />
Macron wollte sie « stark, stolz und entschlossen »<br />
und enthüllte im Juli ihr neues Antlitz. Es ist ein Werk<br />
von YZ (der Künstlername von Yseult Digan), einer an<br />
der Elfenbeinküste (Abidjan) lebenden französischen<br />
Künstlerin, die hauptsächlich durch ihre Street-Art bekannt<br />
wurde.<br />
COMIC<br />
Lucky Luke in Paris<br />
WINDENERGIE<br />
Windräder für die Îles du Ponant<br />
Der französische Senat hat soeben die<br />
Zustimmung für die Errichtung von<br />
Windrädern in bestimmten Gebieten gegeben,<br />
die bis dato durch Stromerzeugungsaggregate<br />
auf Heizölbasis versorgt wurden. Dazu<br />
gehören beispielsweise die Îles du Ponant, vor<br />
allem Ouessant und Sein, im Departement<br />
Finistère.<br />
Für sein 80. Abenteuer<br />
reist der berühmte<br />
Cowboy und Comic-<br />
Held in die französische<br />
Hauptstadt! In dem<br />
neuen Album, das<br />
Anfang November <strong>2018</strong><br />
erscheinen wird, hat das<br />
Texter-Zeichner-Duo Jul<br />
und Achdé beschlossen,<br />
dass ihr Held die<br />
gewohnten Ebenen<br />
des Wilden Westens<br />
gegen die Straßen der<br />
französischen Hauptstadt tauschen wird. Eine Premiere für<br />
diese Figur, die den amerikanischen Kontinent noch niemals<br />
verlassen hat! Quellen, die den Band bereits gesehen haben,<br />
lassen verlauten, dass Lucky Luke sogar dem Schöpfer<br />
der Freiheitsstatue, Auguste Bartholdi, begegnet und dass<br />
das berühmte Pferd, Jolly Jumper, in Frankreich aufgrund<br />
der Aussprache Joli Jean-Pierre gerufen wird … Das kann<br />
spannend werden!<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
GLÜCKSPIEL<br />
18 auserwählte Denkmäler<br />
Von den 270 « gefährdeten Monumenten », die in Frankreich erfasst sind,<br />
wurden nun vom französischen Kulturministerium 18 ausgewählt, die<br />
in den Genuss von Zuwendungen aus dem neu geschaffenen Loto du<br />
patrimoine kommen werden. Sie sind auf den Rubbellosen abgebildet,<br />
die für 15 € in Frankreich verkauft werden; die Spieler können dabei<br />
bis zu 1,5 Millionen Euro gewinnen. Ein Teil der Einnahmen – die sich<br />
schätzungsweise auf 15 bis 20 Millionen Euro belaufen werden – wird zur<br />
Finanzierung von Arbeiten zur Rettung und Restaurierung der ausgewählten Denkmäler<br />
verwendet. Zu diesen Monumenten zählen: das Haus von Pierre Loti in Rochefort-sur-Mer<br />
(Charente-Maritime), das Fort Cigogne auf den Glénan-Inseln (Finistère), die Rotonde Montabon<br />
(Sarthe) und das Haus von Aimé Césaire in Fort-de-France (Martinique).<br />
PARISER FLUGHÄFEN<br />
Zwei neue Sterneköche<br />
Auf dem Flughafen Paris-Charlesde-Gaulle<br />
(Roissy) gibt es zwei neue<br />
Sternerestaurants. Das Restaurant<br />
Le Teppan befindet sich am Terminal 1<br />
(im öffentlichen Bereich der Ebene 2).<br />
Thierry Marx bietet darin ein<br />
sogenanntes « Fast-Casual-Angebot »<br />
aus hochwertigen, frischen, regionalen<br />
Produkten mit « originellen Gewürzen »<br />
(Käse- oder Wurstplatte ab 14 €,<br />
Gerichte ab 19 €, Menüs ab 24 €). Am<br />
Terminal 2F bietet Guy Martin in seinem<br />
Restaurant French Taste seinerseits eine<br />
moderne Bistronomieküche (Gerichte<br />
ab 19,50 €, Vorspeise/Hauptgang oder<br />
Hauptgang/Dessert ab 27 €, Vorspeise/<br />
Hauptgang/Dessert ab 34 €).<br />
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KRIEG AN DER SPITZE (FORTSETZUNG)<br />
Mehrere Sternköche im Eiffelturm? Ja!<br />
Der « Krieg der Sterneköche », den wir Ihnen<br />
in unserer letzten Nummer angekündigt<br />
haben, wurde soeben entschieden:<br />
Gewonnen hat das vom Unternehmen<br />
Sodexo vorgeschlagene Küchenchefduo<br />
Frédéric Anton und Thierry Marx. Sie wurden<br />
ausgewählt, um alle Restaurationsbetriebe<br />
des Eiffelturms (Feinschmeckerrestaurant<br />
Jules Verne, Brasserie 58 Tour Eiffel sowie die<br />
Selbstbedienungsrestaurants) zu leiten. Der seit<br />
2008 dort vertretene Alain Ducasse und der<br />
Konzern Elior müssen also das Feld räumen. Die<br />
Konzession beginnt im September 2019 für<br />
die Dauer von 10 Jahren.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 11
KULTURPROGRAMM<br />
Auf keinen Fall verpassen<br />
Picasso. Chefs d’œuvre!<br />
Nach der überaus erfolgreichen Ausstellung « Guernica » setzt das Pariser<br />
Picasso-Museum im <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> die Würdigung von Pablo Picassos Meisterwerken<br />
fort. In dieser bedeutenden Ausstellung versammelt es Werke des<br />
Meisters aus der ganzen Welt, von denen einige zum ersten Mal in Paris<br />
gezeigt werden. Dabei wird auf ganz neuartige und zugegebenermaßen<br />
mutige Weise hinterfragt, was der Begriff « Meisterwerk » eigentlich für<br />
Picasso selbst bedeutete. Über dieses umfassende Thema könnte man erschöpfend<br />
diskutieren, zumal die ideale Schönheit, das absolute Meisterwerk,<br />
für jeden Künstler eine eigene Bedeutung hat beziehungsweise sogar eine<br />
sehr persönliche und subjektive Suche auslösen kann. Eine seltene Gelegenheit,<br />
einige der größten Werke Picassos aus der Nähe zu betrachten.<br />
Paris, Musée Picasso, 4. September <strong>2018</strong> bis 13. Januar 2019.<br />
www.museepicassoparis.fr<br />
20 Jahre Regards de Provence<br />
Liebe<br />
Das Musée du Louvre-Lens, das mittlerweile zu den<br />
bedeutendsten Museen Frankreichs zählt, macht in<br />
diesem <strong>Herbst</strong> mit einer wichtigen Ausstellung von<br />
sich reden, die einem universellen Gefühl gewidmet<br />
ist: der Liebe. Alle Epochen, vom Sündenfall bis hin<br />
zur Suche nach Freiheit Ende des 20. Jahrhunderts,<br />
wurden dahingehend untersucht, wie sie nach und<br />
nach die Frau, die Liebe, die Lust und das Gefühl<br />
rehabilitiert haben, um schließlich mit der Erfindung<br />
der « freien Liebe » zu enden. Anhand der rund<br />
250 präsentierten Werke (Fragonard, Delacroix,<br />
Rodin, Claudel, Niki de Saint-Phalle …) kann<br />
man die unglaubliche<br />
Geschichte von Liebe<br />
und Liebschaften<br />
nachvollziehen.<br />
Lens, Musée du<br />
Louvre-Lens, 26.<br />
September <strong>2018</strong> bis<br />
21. Januar 2019.<br />
www.louvrelens.fr<br />
Die Stiftung<br />
Regards de<br />
Provence wurde<br />
vor 20 Jahren<br />
von einem<br />
Sammler- und<br />
Mäzenenpaar<br />
aus Marseille<br />
gegründet. Seitdem<br />
setzt sie sich<br />
aktiv dafür ein,<br />
das künstlerische, kulturelle und musikalische Erbe<br />
der Provence im Allgemeinen und von Marseille im<br />
Besonderen, vom 18. Jahrhundert bis heute, zu sammeln,<br />
aufzuwerten und der Öffentlichkeit zugänglich<br />
zu machen. Anlässlich dieses runden Geburtstags<br />
zeigt sie eine Retrospektive auf 20 Ausstellungen,<br />
die an so symbolträchtigen Orten der Stadt wie dem<br />
Château Borély, dem Palais des Arts und dem Musée<br />
Regards de Provence selbst stattfanden und die Geschichte<br />
der Stiftung prägten. Mit den mehr als 338<br />
in den Sammlungen referenzierten Künstlern kann<br />
man dabei sicher sein, in dieser Ausstellung einen<br />
interessanten « Blick auf die Provence » zu werfen!<br />
Marseille, Musée Regards de Provence,<br />
bis 17. Februar 2019.<br />
www.museeregardsdeprovence.com<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Außerdem lohnenswert<br />
Karikaturen:<br />
Hugo à la une<br />
Die Verantwortlichen des<br />
schönen Pariser Museums<br />
Maison Victor Hugo am<br />
Place des Vosges hatten<br />
die geniale Idee, mit einer<br />
Ausstellung aufzuzeigen,<br />
wie Karikaturisten den<br />
berühmten französischen<br />
Schriftsteller sahen. Hugo<br />
war zeitlebens politisch sehr<br />
engagiert und wurde daher<br />
regelmäßig gezeichnet, mal<br />
zärtlich, mal unbarmherzig<br />
… Eine unerwartete und oft<br />
lehrreiche Sicht auf Victor<br />
Hugo!<br />
Paris, Maison de Victor Hugo,<br />
13. September <strong>2018</strong> bis 6. Januar 2019.<br />
www.maisonsvictorhugo.paris.fr<br />
Camille und<br />
Paul Claudel<br />
Die erste<br />
Sonderausstellung<br />
des im Jahr 2017<br />
eingeweihten Musée<br />
Camille Claudel ist<br />
die bisher einzige, die<br />
sich ausschließlich<br />
der französischen<br />
Malerin und Künstlerin<br />
widmet, die sowohl<br />
Mitarbeiterin als auch<br />
Geliebte und Muse des<br />
Bildhauers Auguste<br />
Rodin war. Die Ausstellung zeigt auf sehr aufschlussreiche Weise,<br />
welche Beziehung Camille zu ihrem Bruder, dem Dichter und<br />
Schriftsteller Paul Claudel hatte.<br />
Nogent-sur-Seine, Musée Camille Claudel,<br />
29. September <strong>2018</strong> bis 13. Januar 2019.<br />
www.museecamilleclaudel.fr<br />
Planche(s) Contact<br />
Das 2010 in Deauville gegründete Festival Planche(s) Contact<br />
zählt mittlerweile zu den tonangebenden Fotofestivals in<br />
Frankreich. Seine Besonderheit: Gezeigt werden die Arbeiten<br />
von Fotografen,<br />
die in die Stadt<br />
eingeladen<br />
wurden, um hier<br />
ihr fotografisches<br />
Universum mit<br />
dem der Stadt<br />
zu verbinden.<br />
Die Werke<br />
stammen sowohl<br />
von bekannten<br />
Fotografen als auch<br />
von jungen Talenten<br />
und werfen einen oft<br />
unkonventionellen<br />
und interessanten<br />
Blick auf Deauville. Eine nicht alltägliche Art, die Stadt zu<br />
entdecken – oder wiederzuentdecken.<br />
Deauville, 20. Oktober bis 25. November <strong>2018</strong><br />
www.indeauville.fr<br />
ST-ART<br />
Strasbourg<br />
<strong>2018</strong><br />
Die unseres<br />
Erachtens<br />
seit Jahren<br />
bedeutendste<br />
Messe für<br />
zeitgenössische<br />
Kunst in Frankreich<br />
hat zu ihrer 23. Auflage erneut einen anspruchsvollen<br />
Ehrengast eingeladen: das Museu Picasso in Barcelona. Die<br />
innovative Idee, im Rahmen einer Messe ein richtiges Museum<br />
zu schaffen, ist für die Organisatoren eine echte technische<br />
Herausforderung. Ein Grund mehr, während dieser drei Tage<br />
Straßburg zu besuchen.<br />
Straßburg, Parc des expositions, 16. bis 18. November <strong>2018</strong>.<br />
www.st-art.com<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 13
ON LIT<br />
NATUR/WOHLBEFINDEN<br />
Lavendel unter einem neuen Blickwinkel<br />
Dieses Buch ist eine wunderschöne Entdeckung! Man könnte<br />
meinen, über Lavendel sei schon alles geschrieben worden – mit<br />
mehr oder weniger großem Talent und wirtschaftlichem Erfolg.<br />
Dass dem nicht so ist, zeigen die Biologin und Heilpraktikerin<br />
Elke Puchtler und der Darmstädter Pala-Verlag (dessen Slogan<br />
« Bücher für ein gutes Leben » alleine bereits vielversprechend ist),<br />
denn das vor Kurzem erschienene Buch behandelt das Thema<br />
packend und auf nicht alltägliche Art. Anstatt einmal mehr<br />
die « ewige Schönheit » oder den unvermeidlich « betörenden<br />
Duft » eines Lavendelfeldes zu beschreiben, geht dieses Werk<br />
ganz neue, bisher noch nicht ausgetretene Pfade und nimmt<br />
uns beispielsweise in einem Kapitel mit auf die « Spuren der<br />
violetten Blume quer durch Deutschland ». Man erfährt darin<br />
nicht nur, dass sich Lavendel auch in Deutschland wohlfühlt,<br />
sondern dass er laut der<br />
Autorin dort zudem eine<br />
vielversprechende Zukunft<br />
vor sich hat. Beispiele<br />
wie der Buckelapotheker<br />
und Olitätenhändler aus<br />
Thüringen, die Bamberger<br />
Kräutergärtnerei<br />
Mussärol, die Gärtnerei<br />
Rose aus Erfurt, Aries<br />
Umweltprodukte aus Stapel<br />
oder die Detmolder Natur Duft Manufaktur Taoasis belegen<br />
dies treffend. Ein nützliches Buch, das frischen Wind in die<br />
eingefahrenen Ansichten über Lavendel bringt!<br />
Elke Puchtler: Lavendelschätze – Von Pflanzen, Düften und Menschen: Gartenpraxis, Heilkraft, Entspannung, Rezepte • Pala Verlag, 192 Seiten • ISBN: 978-3895663772.<br />
GESCHICHTE<br />
Sanary-sur-Mer: Exil für deutsche<br />
und österreichische Intellektuelle<br />
Ein Fischerdorf bei Toulon war einst « Hauptstadt<br />
der deutschen Literatur ». So jedenfalls sah es<br />
Ludwig Marcuse. Nach Hitlers Machtergreifung<br />
flohen zahlreiche deutsche Literaten an die Côte<br />
d’Azur. Ernst Toller und Bertolt Brecht trafen sich<br />
in Sanary-sur-Mer am Hafen, Lion Feuchtwanger<br />
besaß dort ein Haus am Meer, Thomas Mann und seine Frau besuchten<br />
dort die Kirmes. Doch das Exil unter Palmen wurde bald zur Falle, denn<br />
bei Kriegsbeginn erklärte Frankreich die Deutschen zu feindlichen<br />
Ausländern. Wer nicht rechtzeitig nach Übersee emigrieren konnte,<br />
wurde interniert, deportiert und ermordet. Magali Nieradka-Steiner<br />
arbeitet an den Universitäten von Heidelberg und Mannheim und<br />
kennt die Côte d’Azur sehr gut, da sie einige Jahre dort lebte. Ihr Buch<br />
hilft uns, das Schicksal der rund 50 deutschen und österreichischen<br />
Intellektuellen besser zu verstehen, die zwischen 1933 und 1942 nach<br />
Sanary-sur-Mer ins Exil flüchteten. Die Autorin hatte Zugang zu bisher<br />
nicht bekannten Dokumenten und konnte mit den letzten Zeitzeugen<br />
sprechen. Entstanden ist eine ausgesprochen gut dokumentierte Arbeit,<br />
die dazu beiträgt, diese oft unbekannte Seite der deutsch-französischen<br />
Geschichte zu verbreiten und im Gedächtnis zu bewahren.<br />
Magali Nieradka-Steiner: Exil unter Palmen – Deutsche Emigranten in<br />
Sanary-sur-Mer • Theiss Verlag, 272 Seiten • ISBN: 978-3806236569.<br />
COMIC<br />
Gérard Depardieu: der Erfolgscomic<br />
in deutscher Sprache<br />
In der Ausgabe <strong>Nr</strong>. 63 von Frankreich erleben stellten<br />
wir Ihnen den exzellenten Comic von Mathieu Sapin<br />
vor, der fünf Jahre an der Seite von Gérard Depardieu<br />
verbracht hatte. Das Album war in Frankreich ein<br />
riesiger Erfolg. Sapin ist es darin gelungen, den Star<br />
in seiner ganzen Komplexität zu erfassen, ohne<br />
ihn zu verherrlichen oder dunkle Stellen seiner<br />
Persönlichkeit unter den Tisch fallen zu lassen. Man<br />
entdeckt einen zutiefst menschlichen Depardieu<br />
mit allen seinen Stärken und Schwächen. Ein großer<br />
französischer Schauspieler, der sich vielseitiger<br />
erweist, als er oft dargestellt wird. Die gute Nachricht:<br />
Der Comic wurde nun auf<br />
Deutsch übersetzt!<br />
Mathieu Sapin: Gérard,<br />
fünf Jahre am Rockzipfel von<br />
Depardieu (Originaltitel: Gérard,<br />
cinq années dans les pattes de<br />
Depardieu) • Reprodukt-Verlag, 160<br />
Seiten• ISBN: 978-3956401435.<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
ROMAN<br />
ROMAN<br />
Porträt einer anderen Kindheit<br />
Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter<br />
Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène,<br />
besorgniserregende Veränderungen an ihm<br />
festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern<br />
sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt.<br />
Der Junge funktioniert und kümmert sich um die<br />
unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. In<br />
deren Augen ist also so weit alles gut. Doch Théo trinkt<br />
heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der<br />
Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Denn wer<br />
sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es<br />
tun, doch wie soll das gehen, ohne dass er die Eltern<br />
verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu<br />
gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, aber<br />
Théo ist sein einziger Freund. Und einen Freund verrät<br />
man nicht. Außerdem würde er damit auch seinem<br />
großen Bruder in den Rücken fallen, denn der besorgt<br />
den Alkohol für die Minderjährigen. Und er ist es auch,<br />
der das gefährliche Spiel<br />
in dem schneebedeckten<br />
Park vorschlägt, bei dem<br />
Théo bewusst den eigenen<br />
Tod in Kauf nimmt. Dieses<br />
vor einigen Monaten in<br />
Frankreich erschienene Buch<br />
von Delphine de Vigan, die<br />
unter anderem 2015 in Paris<br />
mit dem renommierten Prix<br />
Renaudot ausgezeichnet<br />
wurde, ist im Hexagon sehr<br />
erfolgreich. Mit viel Sinn für<br />
die Realität, aber auch mit viel<br />
Sensibilität, lässt sie uns in die<br />
Welt voller Widersprüche und Gewalt einer in Trennung<br />
befindlichen Familie eintauchen. Vor allem aber in die<br />
oft heimtückisch lauernden Folgen dieser Trennung für<br />
das Kind, dessen Lehrerin versucht, es zu retten. Ein oft<br />
erschütternder Roman, der die Realität der heutigen<br />
französischen Gesellschaft widerspiegelt. Er ist daher<br />
mehr als nur ein Roman, nämlich ein lebensnahes<br />
Porträt eines Teils des heutigen Frankreichs.<br />
Die mutige und radikale<br />
Stimme einer Generation<br />
Am 13. November 2015 gerät die Welt der fünfundzwanzigjährigen<br />
Ava völlig aus den Fugen. Nach<br />
dem Anschlag auf den Pariser<br />
Konzertsaal Bataclan macht sich<br />
eine wuchernde Furcht in Ava breit,<br />
und sie kann nicht anders, als sich<br />
permanent mit den Bildern des<br />
Schreckens zu beschäftigen. Immer<br />
wieder betrachtet sie Fotografien<br />
der Opfer, lernt Wikipedia-Einträge<br />
terroristischer Attentate auswendig<br />
und sieht sich Gewaltvideos auf<br />
YouTube an. Als sie auch noch<br />
ihren Job im Apple-Store verliert,<br />
streift sie ziellos durch die Straßen<br />
der Stadt. Wie ein Katalysator<br />
der Realität absorbiert Ava alles,<br />
was sie sieht, um der immer<br />
absurder scheinenden Welt einen<br />
kleinen Funken Sinnhaftigkeit<br />
abzugewinnen. 2014 publizierte die<br />
damals erst 23 Jahre alte Autorin, die Philosophiestudentin Frederika<br />
Amalia Finkelstein, ihren ersten Roman L‘oubli, der viel von sich reden<br />
machte (allerdings nicht auf Deutsch übersetzt wurde). Geradeheraus<br />
und mit direkten Worten erzählt sie darin aus der Sicht einer jungen<br />
Frau die sehr schmerzliche und persönliche Geschichte des Großvaters,<br />
der der Shoa entkam. Dieses Buch rief viele Reaktionen hervor, sorgte<br />
in gewisser Weise durch seine Radikalität sogar für einen Schock in der<br />
französischen Gesellschaft, die daran erinnert wurde, dass die junge<br />
Generation Frankreichs das Recht dazu hat und durchaus in der Lage<br />
ist, sich zu gesellschaftlichen Fragen zu äußern, auch wenn diese die<br />
Vergangenheit betreffen. In diesem 2017 veröffentlichten, zweiten<br />
Roman, setzt die Autorin ihre unbarmherzige Auseinandersetzung<br />
mit der derzeitigen französischen Gesellschaft fort. Fast wie in Form<br />
eines Tagebuches entdeckt der Leser die Ängste einer jungen Frau, die<br />
urplötzlich mit dem Grauen unserer Zeit, mit entsetzlichen Attentaten<br />
konfrontiert wird. Er entdeckt ihre Enttäuschung, als sie in einem so<br />
jungen Alter konstatieren muss, dass Frieden vielleicht gar nicht mehr<br />
möglich ist, gleichzeitig aber auch ihre fast unglaubliche Fähigkeit,<br />
schließlich doch zu der Überzeugung zu gelangen, dass es noch<br />
Hoffnung auf eine bessere Welt gibt. Am Ende kommt man zu der<br />
Erkenntnis: Es gibt noch eine junge Generation, die stark genug ist, an<br />
einen « dauerhaften und ansteckenden Optimismus » zu glauben.<br />
Delphine de Vigan: Loyalitäten (Originaltitel: Les<br />
loyautés) • DuMont Buchverlag, 180 Seiten • ISBN 978-<br />
3832183592. Erscheint am 17. September <strong>2018</strong>.<br />
Frederika Amalia Finkelstein: Die Getriebenen (Originaltitel: Survivre) • Suhrkamp<br />
Verlag, 148 Seiten • ISBN: 978-35184<strong>68</strong>951. Erscheint am 5. September <strong>2018</strong>.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 15
ON LIT EN FRANCE<br />
Sage mir, was du liest,<br />
und ich sage dir, wer du bist …<br />
Unsere Auswahl an Büchern, über die man zurzeit in Frankreich spricht<br />
IL SAVAIT QUE JE GARDAIS<br />
TOUT<br />
Anne Pingeot, Unterhaltungen mit Jean-<br />
Noël Jeanneney, Gallimard / France Culture,<br />
120 Seiten, ISBN 978-2072781766.<br />
LES LEÇONS DU POUVOIR<br />
François Hollande, Stock, 412 Seiten, ISBN 978-2234084971.<br />
Es war eines der bestgehüteten<br />
Geheimnisse der Französischen<br />
Republik: 32 Jahre lang führte der<br />
ehemalige französische Staatspräsident<br />
François Mitterrand (1916-1996)<br />
ein Doppelleben, in dem er seine Zeit<br />
zwischen zwei Frauen teilte: seiner offiziellen<br />
Ehefrau Danielle Mitterrand<br />
und der anderen großen Liebe seines<br />
Lebens, Anne Pingeot, die ihm 1974<br />
eine Tochter namens Mazarine schenkte.<br />
Erst als die Franzosen die drei Frauen bei der Beerdigung<br />
von François Mitterrand im Jahr 1996 Hand in Hand vor<br />
dem Sarg des Leichnams stehen sahen, erfuhren sie von<br />
dieser Beziehung. 2016, anlässlich seines 20. Todestages,<br />
erschienen in Frankreich zwei von François Mitterrand<br />
selbst verfasste Werke: Lettres à Anne (1962-1995) und<br />
Journal pour Anne (1964-1970). Beide Bücher waren sehr<br />
erfolgreich, vor allem jedoch das erste, das 1218 Liebesbriefe<br />
von François Mitterrand an Anne Pingeot enthält.<br />
Der Radiosender France Culture nahm diese Veröffentlichungen<br />
zum Anlass, fünf Gespräche zwischen Anne<br />
Pingeot und dem aktuellen Präsidenten der Bibliothèque<br />
nationale de France, Jean-Noël Jeanneney, zu senden. Das<br />
Buch Il savait que je gardais tout ist die wortgetreue Niederschrift<br />
dieser Unterhaltungen. Weit entfernt von jeglichem<br />
Voyeurismus entdeckt man darin die Erinnerungen<br />
einer liebenden Frau mit einem außergewöhnlichen<br />
Schicksal. Anne Pingeot spricht in diesen fesselnden Gesprächen<br />
mit Anstand, aber ohne Tabu über ihre erstaunliche<br />
Beziehung zum damaligen Staatspräsidenten. Es ist<br />
die Geschichte eines Paares im Schatten und gleichzeitig<br />
das Porträt einer äußerst freien Frau, der eine beispielhafte<br />
berufliche Laufbahn gelang und die trotzdem ihre eigene<br />
Privatsphäre und die ihrer Tochter schützen konnte.<br />
Ehemalige Präsidenten der französischen<br />
Republik schreiben nach ihrer Amtszeit<br />
oft Bücher, in denen sie meist den unangenehmen<br />
Eindruck hinterlassen, eher die<br />
Maßnahmen der Vergangenheit rechtfertigen,<br />
als Lehren daraus ziehen zu wollen. François<br />
Hollande, der den Élysée-Palast im Mai 2017<br />
verließ, gelingt es jedoch mit diesem Buch,<br />
scharfsichtig und ohne Nachsicht auf seine<br />
Amtsperiode zurückzublicken. Man ist eher<br />
auf ein mittelmäßiges Werk eingestellt, entdeckt<br />
aber ein sehr persönliches, lebendiges<br />
und interessantes Buch. Die Franzosen sind<br />
dafür im Übrigen<br />
offensichtlich<br />
empfänglich:<br />
Seit dem<br />
Erscheinen<br />
verkauft es sich<br />
außerordentlich<br />
gut, was<br />
für ein politisches<br />
Buch<br />
in Frankreich<br />
eher selten ist.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
277492_Schmitz_Anzeige_1 19.06.<strong>2018</strong> 16:19<br />
REVIENS<br />
Samuel Benchetrit, Grasset, 252 Seiten, ISBN 978-2246784029.<br />
Der Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur<br />
Samuel Benchetrit hat unter anderem das Buch Chien<br />
veröffentlicht, das sich durch eine überschäumende<br />
Vorstellungskraft auszeichnet und das er selbst als<br />
Kinofilm umsetzte. In seinem aktuellen Roman<br />
hat er nichts von seiner Fähigkeit verloren, einen<br />
zugleich ernsten, lustigen und bewegenden Blick<br />
auf die unterschiedlichsten Lebenssituationen zu<br />
werfen. Seine Hauptperson, ebenfalls Schriftsteller,<br />
ist plötzlich allein, da der geliebte Sohn zu einer<br />
Weltreise aufgebrochen ist. Auf einmal fehlt ihm jede Inspiration. « Literatur,<br />
komm zurück! Inspiration, komm zurück! Sohn, komm zurück! »,<br />
scheint er zu rufen … Dann stellt eine Begegnung in einem Altersheim<br />
sein Leben erneut auf den Kopf. Dieses Buch gehört zu den meisterwarteten<br />
des traditionellen Auftakts der Literatursaison im September.<br />
ANZEIGE<br />
Ulrich Robin<br />
Das Vermächtnis<br />
oder<br />
Von Lilien lernen<br />
LE LAMBEAU<br />
Philippe Lançon, Gallimard, 512 Seiten, ISBN 978-2072<strong>68</strong>9079.<br />
Am 7. Januar 2015 begibt sich der Journalist Philippe Lançon nach<br />
Paris zur Redaktionssitzung des kleinen Magazins, dem die Mittel fehlen<br />
und für das er gemeinsam mit anderen sorglosen und freiheitsliebenden<br />
Freunden arbeitet. Während der Besprechung dringen zwei schwarz<br />
gekleidete, vermummte und schwer bewaffnete Männer in den Raum<br />
ein und schießen auf alles, was sich bewegt. Philippe Lançon sieht einen<br />
Freund nach dem anderen zu Boden sinken. Ihm selbst wird durch die<br />
Schüsse der Kiefer weggerissen. Es ist das Attentat auf Charlie Hebdo.<br />
Wie durch ein Wunder überlebt Philippe Lançon. Er wird ins Krankenhaus<br />
transportiert und muss zwischen Januar und November 2015 17<br />
Operationen über sich ergehen lassen. Sein Buch Le lambeau, das genau<br />
von dieser Zeit handelt, ist ein sehr aufrichtiges, bedrückendes und gelungenes<br />
Werk. Ohne Mitleid zeichnet es den Weg eines Mannes nach,<br />
dessen Leben ganz plötzlich auf den Kopf gestellt wird und der es seitdem<br />
allmählich wieder neu aufbaut. Gleichzeitig ist dies eine aufrüttelnde<br />
Hommage an das Personal des Krankenhauses.<br />
Dem Autor, der niemals Wut oder<br />
Rachegedanken aufkommen lässt, ist es<br />
gelungen, sowohl die breite Öffentlichkeit<br />
als auch die Literaturkritiker anzusprechen.<br />
Sein Buch, eines der erfolgreichsten<br />
Werke der französischen Literaturszene<br />
der letzten Monate, zeugt von einer<br />
beispielhaften Sensibilität und Menschlichkeit.<br />
Hat man es gelesen, ist man<br />
zweifellos aufgewühlt, aber auch stärker,<br />
denn obwohl man den Schmerz und die<br />
Angst des Autors spürt, ist dies keine deprimierende<br />
Erzählung. Ganz im Gegenteil:<br />
Es ist eine tolle Lektion fürs Leben!<br />
„Das Vermächtnis oder Von Lilien lernen“<br />
ist ein vielschichtiger Roman<br />
über die Wunden der Nachkriegszeit,<br />
über Schuld, über den Beginn des<br />
Massentourismus und der Eventkultur<br />
und die deutsch-französischen Beziehungen.<br />
Im Mittelpunkt des Geschehens:<br />
Alman, deutscher Aussteiger in<br />
Chartres und Françoise, seine Geliebte.<br />
Der Autor erzählt mit souveräner<br />
Sprachkraft und feinem, untergründigem<br />
Witz die Ge schichte eines Fremden<br />
und Außen seiters, und seiner<br />
Beziehungsprobleme. Eingebettet in<br />
die Beschreibungen französischer Lebensart,<br />
des Geschehens in und um<br />
Chartres und eines, wenn auch nur virtuellen<br />
Ausflugs in die nahe gelegene<br />
französische Metropole. Auf subtile<br />
Weise verflicht er Gegenwart und Vergangenheit.<br />
Sie treffen sich schließlich<br />
auf überraschende Weise im Symbol<br />
der Lilie.<br />
Ulrich Robin<br />
Das Vermächtnis<br />
oder<br />
Von Lilien lernen<br />
1. Auflage 2017<br />
Taschenbuch, 251 Seiten<br />
ISBN: 978-3-86460-695-3<br />
14,90 EUR<br />
www.book-on-demand.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 17
ON LIT EN FRANCE<br />
Rentrée littéraire <strong>2018</strong><br />
DER AUFTAKT DER LITERATURSAISON IN ZAHLEN<br />
Der diesjährige Auftakt der Literatursaison kündigt sich mit 567 Neuerscheinungen<br />
gegenüber dem Vorjahr (581 Neuerscheinungen) als etwas<br />
zurückhaltender an. Die Anzahl der ausländischen Romane ist leicht rückläufig<br />
(186 gegenüber 191 im Vorjahr), die Anzahl der Erstlingswerke ist mit<br />
94 allerdings deutlich gestiegen und so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr.<br />
Dazu muss man wissen, dass sich das Vertrauen der Verleger in die Petits nouveaux<br />
in den letzten Monaten ausgezahlt hat, denn Leïla Slimani, Gaël Faye<br />
und David Lopez führten mit ihren Werken lange die Bestsellerlisten an …<br />
Wie immer gibt es einige Werke, die von Literaturfreunden<br />
mit besonderer Spannung erwartet werden. Dazu gehören:<br />
LES PRÉNOMS ÉPICÈNES<br />
(Albin Michel) von Amélie Nothomb,<br />
eine Vater-Tochter-Beziehung, bei der es um<br />
Vornamen geht, die sowohl von Frauen als<br />
auch von Männern getragen werden können.<br />
JACQUES À LA GUERRE<br />
(Plon) von Philippe Torreton, ein Erstlingswerk,<br />
das der Autor seinem Vater widmet.<br />
UN TOURNANT DE LA VIE<br />
(Flammarion) von Christine Angot,<br />
in dem es um Liebe geht.<br />
KHALIL<br />
(Julliard) von dem algerischen Schriftsteller<br />
Yasmina Khadra, in dem er die wahre<br />
Geschichte eines jungen Marokkaners hinterfragt,<br />
der in Belgien in die Fänge eines<br />
dschihadistischen Netzwerks gerät und 2015<br />
ein – glücklicherweise misslungenes – Attentat<br />
in der Region von Paris begeht.<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
À SON IMAGE<br />
Jérôme Ferrari, Actes Sud, 224 Seiten, ISBN 978-2330109448.<br />
Jérôme Ferrari, lebt auf Korsika, unterrichtet<br />
dort Philosophie und hat bereits mehrere Romane<br />
geschrieben. In seinem neusten Werk spricht<br />
er ein Thema an, das ihm am Herzen liegt: die<br />
Macht der Fotografie im Alltag. Dafür hat er<br />
sich eine Art originelles « Requiem » ausgedacht:<br />
den Trauergottesdienst, den ein bekannter<br />
korsischer Priester für seine verstorbene Nichte<br />
und gleichzeitig sein Patenkind, Antonia, hält.<br />
Die Fotografin, die bei einem Autounfall auf<br />
Korsika ums Leben kam, widmete ihr Leben<br />
den Bildern: von unerträglichen Kriegsbildern<br />
bis hin zu nichtssagenden<br />
Hochzeitsfotos.<br />
Voller<br />
beißender Ironie<br />
schöpft der Autor<br />
seine Inspiration<br />
aus der Île de la<br />
Beauté und hilft<br />
dem Leser letzten<br />
Endes dabei,<br />
diese besser kennenzulernen<br />
…<br />
LE VOYAGE À WANNSEE<br />
Patrick Fort, Gallimard, 164 Seiten,<br />
ISBN 978-2072766176.<br />
In seinem zweiten Roman<br />
interessiert sich Patrick Fort für<br />
Deutschland und eine der symbolträchtigsten<br />
Figuren der deutschen<br />
Romantik: Heinrich von<br />
Kleist. Es geht um die 25 letzten<br />
Stunden im Leben des Dichters<br />
und seiner Geliebten, Henriette<br />
Vogel. Patrick Fort erzählt, wie das Paar am 21. November<br />
1811 am Ufer des Wannsees gemeinsam Selbstmord<br />
beging. Und vor allem, wie Kleist seinen engen Freund<br />
Ernst Friedrich Peguilhen zum Testamentsvollstrecker<br />
bestimmte. Mit einer Balance zwischen historischen Fakten<br />
und Fiktion gelingt es Patrick Fort diese Begebenheit<br />
in eine universelle und zeitlose Geschichte von Freiheit,<br />
Liebe und Freundschaft zu verwandeln, durch die sich<br />
die Franzosen angesprochen fühlten. Gleichzeitig ist das<br />
Buch eine schöne Hommage an die deutsche Romantik.<br />
An dieser Stelle sei noch ein Hinweis auf ein zufälliges<br />
Zusammentreffen einer Zeit im Leben Heinrichs<br />
von Kleist und dieser Ausgabe von Frankreich erleben<br />
gestattet: Kleist befand sich nämlich eine Zeit lang<br />
im Fort de Joux in Gefangenschaft, ganz unweit der<br />
Zelle, in der auch Toussaint Louverture bis zu seinem<br />
Tod untergebracht war (siehe Seite 48: « Ostfrankreich<br />
– Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei »).<br />
Französisch lernen mit dem Original<br />
Für noch mehr<br />
Frankreichgefühl:<br />
die Themenhefte Paris<br />
und À table.<br />
En français bien sûr, mit<br />
deutschen Vokabeln.<br />
www.sprachzeitungen.de
ON ÉCOUTE<br />
FILMMUSIK/MUSICAL/OPERETTE<br />
Isabelle Georges und Jeff<br />
Cohen: Vienne-Paris-Hollywood<br />
Das Schicksal hängt manchmal vom Zufall ab: Die französische Sängerin<br />
Isabelle Georges und der amerikanische Pianist Jeff Cohen kannten sich<br />
nicht, bis Isabelle Georges eines Tages bei der Liveaufnahme eines Konzertes<br />
kurzfristig für eine deutsche Sängerin einspringen musste. Aus diesem Zufall<br />
entstand eine spontane künstlerische Verbundenheit zwischen den beiden<br />
Musikern und in der Folge das Album Vienne-Paris-Hollywood. Es bewegt sich an der Schnittstelle von Geschichte<br />
und künstlerischem Schaffen und erweist auf intelligente Art sowohl Komponisten als auch Interpreten die<br />
Ehre, die vor der Grausamkeit des Naziregimes flohen und in der Musik die Kraft fanden, sich anderswo ein<br />
neues Leben aufzubauen. Dazu zählen Nobert Glanzberg (der beispielsweise die Musik des Chansons Padam<br />
Padam komponierte, das Edith Piaf 1951 interpretierte), Kurt Weill (bekannt unter anderem als Komponist der<br />
Dreigroschenoper), Erich Wolfgang Korngold (der in New York zu einem der bekanntesten Filmmusikkomponisten<br />
avancierte) oder auch Marlene Dietrich. Voller Humor und Lebensfreude bewegt sich diese CD gekonnt zwischen<br />
Operette, Musical und Filmmusik. Sie zeugt auf beruhigende Weise davon, dass die künstlerische Kreation<br />
manchmal eine Kraft verschafft, die stärker ist, als alles andere. Hervorzuheben ist auch das ausgezeichnet<br />
gemachte Begleitheft, das der CD beiliegt und in Französisch, Englisch und Deutsch verfasst ist.<br />
SOUL/POP/ELECTRO<br />
CHANSON<br />
Marc<br />
Lavoine:<br />
Je reviens<br />
à toi<br />
Nach sechs langen<br />
Jahren präsentiert<br />
der französische Sänger mit der rauen<br />
und einfühlsamen Stimme nun sein 12.<br />
Album. Die CD ist eher melancholisch<br />
– manche bezeichnen sie sogar als<br />
düster –, da sie die traurigen Ereignisse<br />
widerspiegelt, die Marc Lavoine in<br />
letzter Zeit widerfahren sind. Dazu<br />
zählen der Tod seiner ersten und die<br />
Trennung von seiner zweiten Frau.<br />
Der Sänger selbst zieht es vor, in<br />
seinen Äußerungen dieses Album als<br />
« Huldigung des Lebens und derer, die<br />
um uns sind » zu bezeichnen. Eines ist<br />
auf jeden Fall sicher: Die zehn neuen<br />
Chansons lassen nicht gleichgültig. Die<br />
Stärke der CD liegt darin, dass man die<br />
Titel, je nach seinem eigenen Gefühl, als<br />
zärtlich, liebevoll oder aber eher traurig<br />
empfinden kann …<br />
Axelle Red: Exil<br />
Das erste Album von Axelle Red erschien vor 25 Jahren. Die<br />
berühmte belgische Sängerin, die mittlerweile 50 Jahre alt ist<br />
und oft als « die französischste aller belgischen Künstlerinnen »<br />
bezeichnet wird, präsentiert uns mit Exil zehn Chansons, die<br />
meisten davon in französischer Sprache. Auf der sehr dynamischen<br />
und lebendigen CD – Axelle Red arbeitete unter anderem mit<br />
Dave Stewart von der Band Eurythmics zusammen – spricht die<br />
Künstlerin ein Thema an, das ihr sehr am Herzen liegt: das Exil. Auf<br />
diese Art pflegt die Sängerin ihr Image einer engagierten Frau (die<br />
Feministin tritt für humanitäre Angelegenheiten ein und unterstützt<br />
beispielsweise UNICEF in Belgien), bringt aber gleichzeitig auch<br />
Lebensfreude zum Ausdruck, weil sie vom Exil in all seinen Facetten<br />
spricht, die durchaus auch positiv sein können. « Wir leben alle im<br />
Exil », meint die Künstlerin, « denn wir haben alle Reisen vor uns.<br />
Die Antworten liegen im Teilen, denn das macht uns glücklich. »<br />
Das letzte Chanson, Le plus beau reste à venir, entspricht dem<br />
Stil des ganzen Albums, denn es<br />
enthält eine Botschaft voller<br />
Optimismus und Hoffnung<br />
auf Humanität.<br />
Zusammen mit der<br />
sanften Stimme von<br />
Axelle Red sorgt es für<br />
einen einzigartigen<br />
Glücksmoment.<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
KLASSIK<br />
Nicolas Dautricourt (Violine) und<br />
Juho Pohjonen (Klavier): Sonaten von Bach<br />
Wenn man die sechs Sonaten für Violine und Klavier von Bach nicht auf einem Cembalo spielt – für das sie<br />
geschrieben wurden – sondern auf einem modernen Klavier, dann ist<br />
das eine mutige und riskante Entscheidung. Daran ändert auch<br />
die Tatsache nichts, dass dieses Klavier ein Konzertflügel<br />
von Steinway ist. Dem finnischen Pianisten Juho Pohjonen<br />
gelingt dies allerdings sehr gut; offensichtlich hat<br />
er das perfekte Gleichgewicht zur Virtuosität eines<br />
der brillantesten französischen Violinisten, Nicolas<br />
Dautricourt, gefunden. Die CD zeigt, dass die klassische<br />
Musik bei Weitem nicht so eingefahren ist, wie man<br />
manchmal denken mag. Ein kleines Detail am Rande:<br />
Nicolas Dautricourt spielt hier auf einer Stradivari von<br />
1713. Beim Abspielen der zweiten CD der Kassette erleben<br />
Sie noch eine letzte Überraschung. Ganz am Ende, nach<br />
dem 14. Titel, gibt es eine unerwartete – da nirgends erwähnte –<br />
Zugabe: eine improvisierte, jazzige Version von Bachs Choral Jesus bleibet<br />
meine Freude. Hier spürt man, wie groß die musikalische Übereinstimmung der beiden Interpreten und der<br />
Spaß am gemeinsamen Musizieren sind.<br />
DER PAY-TV-SENDER FÜR<br />
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„Die beste Serie des Jahres<br />
kommt aus Frankreich”<br />
Le Parisien<br />
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STAFFEL 2
ON REGARDE<br />
DOKUMENTARFILM<br />
Das Kind ist der Meister<br />
1907 begründete Maria Montessori (1870-1952) die<br />
nach ihr benannte Montessori-Methode. Es handelt<br />
sich dabei um ein pädagogisches Lehr- und Bildungskon<br />
zept, bei dem das Kind im Zentrum steht. Dabei wird<br />
das natürliche Verlangen zu lernen, die sogenannte « intrinsische<br />
Motivation », gefördert und unterstützt. Die Methode<br />
er freute sich schnell einer immer größeren Beliebtheit und<br />
ver breitete sich rasant. Heute gibt es weltweit mehr als 40 000<br />
Montessori-Schulen. Als der Filmemacher Alexandre<br />
Mourot zum ersten Mal Vater wird, kommen eine ganze<br />
Menge neuer Fragen auf ihn zu. Ausgerüstet mit seiner Kamera<br />
besucht er Frankreichs älteste Montessori-Schule. Hier<br />
trifft er auf glückliche Kinder, die die Vorteile ihrer Freiheit<br />
genießen und doch sehr<br />
diszipliniert ihren « Aufgaben<br />
» nachgehen. Ob lesen,<br />
Brot backen, rechnen,<br />
schlafen oder spielen – die<br />
Erzieher bleiben sehr diskret<br />
und im Hintergrund.<br />
Die Kinder selbst sind<br />
es, die dem Regisseur<br />
durch ihre Entwicklung<br />
eine ganz eigene<br />
Dramaturgie vorgeben<br />
und so zu den eigentlichen<br />
Erzählern ihrer<br />
Geschichte werden.<br />
Dieser Dokumentarfilm<br />
taucht in eine<br />
Klasse mit Kindern im<br />
Alter von 3 bis 6 Jahren<br />
an Frankreichs ältester Montessori-Schule in Roubaix<br />
ein. Dabei gelingt es ihm auf wunderbare Weise, den Zuschauer<br />
den Geist von Montessori hautnah, nämlich aus der<br />
Sicht von Kindern, erleben zu lassen. Der Regisseur erreicht<br />
dies einerseits mit seiner Sensibilität als besonders einfühlsamer<br />
Vater eines kleinen Mädchens, andererseits aber auch<br />
durch sein Gespür für kindliche Reaktionen. Dabei ist er in<br />
der Lage, seine eigenen Vorurteile über die Erziehung infrage<br />
zu stellen. Das Ergebnis verblüfft durch seine Intelligenz<br />
und Menschlichkeit. Der Film wirft Fragen über die<br />
Erziehung von Kindern auf, bringt uns manchmal zum<br />
Schmunzeln, vor allem aber berührt er uns. Ein filmisches<br />
Juwel, das man mit einem unendlichen Vergnügen ansieht!<br />
Das Prinzip Montessori - Die Lust am Selber-Lernen • Frankreich 2017,<br />
100 min • Originaltitel: Le Maître est l’enfant • Ein Film von Alexandre<br />
Mourot, mit Christian Maréchal, Kate Short, Hélène Deswaerte und<br />
den Kindern Agathe, Charlie, Charlotte, Etienne, Garance, Gérard,<br />
Léa, Séraphine und Valentine • Ab 6. September <strong>2018</strong> im Kino.<br />
THRILLER/DRAMA<br />
Hitchcock à la française<br />
Als sich die attraktive Chloé in ihren Psychotherapeuten Paul verliebt, scheinen<br />
all ihre Probleme gelöst. Sie zieht mit ihm zusammen, doch schon bald merkt<br />
sie, dass er ihr etwas verheimlicht. Durch Zufall entdeckt Chloé, dass Paul einen<br />
Zwillingsbruder hat, der ebenfalls Therapeut ist. Von Neugier getrieben, begibt<br />
sie sich bei ihm in Behandlung. François Ozon gelingt mit diesem Film einmal<br />
mehr ein sehr aufregender und verstörender Thriller. Von Minute zu Minute taucht<br />
man tiefer in einen Psychokrimi ein, dessen Spannung und Erfindungsgeist<br />
grenzenlos zu sein scheinen. Große Kunst, die uns an einen anderen Meister solch<br />
spannungsgeladener Filme erinnert: Alfred Hitchcock.<br />
Der andere Liebhaber • Frankreich <strong>2018</strong>, 104 min • Originaltitel: L’amant double • Ein Film von François Ozon, mit Marine Vacth,<br />
Jérémie Renier, Jacqueline Bisset u. a. • Sprachen: Deutsch, Französisch • Untertitel: Deutsch • Ab sofort im Handel.<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
SERIE<br />
Quakquak und die Nichtmenschen<br />
Bruno Dumont nimmt die Zuschauer aufs Neue mit in seine flämische<br />
Heimat im Norden Frankreichs. In der zweiten Staffel der Mini-Serie,<br />
welche die erste Staffel « Kindkind » fortsetzt, wagt der Regisseur den<br />
erzählerisch-humoristischen Spagat zwischen aktuellen Themen wie<br />
Fremdenfeindlichkeit und populistischer Lokalpolitik sowie einem<br />
skurril-überspitzten Weltuntergangsszenario. Mit seiner Mini-Serie<br />
hat Bruno Dumont eine Fernsehserie geschaffen, die überrascht und<br />
konsequent mit Konventionen bricht.<br />
Serie von Bruno Dumont, 4 x 52 Min. • 20. (1+2) und 27. (3+4) September <strong>2018</strong> um 21:40<br />
DOKUMENTATION<br />
Die Zeichnungen des Christian Dior<br />
Im Rahmen seines diesjährigen Fashion Weekends<br />
zeigt ARTE eine neue Dokumentation von Loïc<br />
Prigent, die dem genialen Modeschöpfer und<br />
Zeichner Christian Dior gewidmet ist. Christian<br />
Dior entwarf seine Kleider stets selbst. Die Skizzen<br />
dazu verwahrte er in einem sicheren Raum in Paris.<br />
Heute erzählen sie die Geschichte eines Mannes,<br />
der Anfang 1947 mit seiner allerersten Kollektion<br />
die Welt eroberte.<br />
FILM<br />
Feine<br />
Gesellschaft<br />
Nordfrankreich<br />
1910. Der<br />
Fischersohn « Ma<br />
Loute » verliebt sich<br />
Hals über Kopf in<br />
Billie, Tochter (oder eher Sohn?) einer reichen, bürgerlichen<br />
Familie.<br />
Der Filmemacher Bruno Dumont zeigt mit « Feine<br />
Gesellschaft » eine ganz neue Form der Komik. Die<br />
Komödie ist innerhalb des ARTE FilmFestivals zu sehen.<br />
Im November reserviert ARTE Sendeplätze zur besten<br />
Sendezeit für internationale ARTE-Koproduktionen, die<br />
zuvor auf zahlreichen großen Festivals und im Kino zu<br />
sehen waren.<br />
Ein Film von Bruno Dumont (Originaltitel: Ma Loute), mit<br />
Juliette Binoche, Fabrice Luchini, Valeria Bruni Tedeschi,<br />
u. a., 100 Min. • 19. November <strong>2018</strong> um 21:55<br />
Dokumentation von Loïc Prigent, 52 Min. •<br />
30. September <strong>2018</strong> um 21:45<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />
Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 23
ON SURFE<br />
RASTPLÄTZE<br />
Ausgeruht auf französischen<br />
Autobahnen unterwegs<br />
Vor allem, wenn man mit Kindern reist, kann<br />
eine Fahrt auf der Autobahn stressig werden.<br />
Rückt dann der Moment für eine Pause näher,<br />
gilt es, die verschiedensten Ansprüche unter<br />
einen Hut zu bringen: Toilette, Getränke, Essen,<br />
Spielplatz für die Kinder, günstiges Benzin … Diese<br />
bedienerfreundliche App informiert im Voraus<br />
über die Rastplätze und ihre jeweiligen Angebote<br />
auf einer bestimmten Autobahnstrecke. Beim<br />
Start gibt man das geplante Ziel ein und erhält<br />
automatisch eine Auflistung aller Rastplätze<br />
inklusive detaillierter Angaben<br />
zu den Dienstleistungen. Die<br />
App gibt sogar an, wo sich<br />
auf der Strecke die günstigste<br />
Tankstelle befindet. Demnächst<br />
sollen auch die Nationalstraßen<br />
in Frankreich abgedeckt,<br />
Parkplätze für Wohnmobile<br />
angezeigt sowie Warnhinweise<br />
in Echtzeit zur Verkehrssituation<br />
gegeben werden.<br />
App (kostenlos) Aire de repos<br />
BADEN<br />
Die schönsten Badeplätze an<br />
Flüssen und Seen in Frankreich<br />
Seit einigen Jahren setzt sich das<br />
warme Sommerwetter häufig bis in den<br />
September fort. Bei einem Aufenthalt in<br />
Frankreich verspürt man daher auch dann<br />
noch oft die Lust auf ein kühles Bad. Diese<br />
Applikation ist die Onlineversion eines<br />
sehr schönen Buches, das im Übrigen<br />
auch in englischer Sprache erschienen<br />
ist und die 400 schönsten Süßwasserbadeplätze des Hexagons<br />
(Flüsse, Seen, Wasserfälle, Naturbecken) auflistet. Sie wird<br />
regelmäßig aktualisiert und weist in der Tat auf einige unbekannte<br />
« Prunkstücke » hin, was den Preis wirklich rechtfertigt.<br />
RADFAHREN<br />
Endlich<br />
ein geeignetes<br />
GPS für<br />
Radfahrer<br />
Autofahrer haben bereits seit einigen<br />
Jahren mit « Waze » ihre Lieblingsapp<br />
für die Routenplanung. Nun kommen<br />
auch endlich Radfahrer in den Genuss<br />
eines solchen Angebotes. « Geovelo » ist<br />
die erste GPS-Applikation zur Planung von Radstrecken. Diese<br />
wegweisende Applikation wurde von einem französischen<br />
Startup entwickelt und bietet den Service<br />
heute für 14 französische Städte an,<br />
wobei das ehrgeizige Ziel darin besteht,<br />
bis 2019 ganz Europa abzudecken. Mit<br />
ihrer Hilfe finden Radfahrer schnell und<br />
mit nur wenigen Klicks sichere Radwege<br />
für die geplante Route. Um den Nutzern<br />
fahrradtaugliche Wege anzeigen zu<br />
können, analysieren und überprüfen die<br />
Teams von Geovelo die Informationen<br />
und Rückmeldungen der Nutzer. Auf<br />
der Basis von Kriterien wie Sicherheit,<br />
Steigung bzw. Gefälle, Belag oder Lärm<br />
werden die Straßen hinsichtlich ihrer Praktikabilität für<br />
Radfahrer bewertet. Der Nutzer muss nur den gewünschten<br />
Ausgangspunkt sowie das Ziel eingeben, das spezialisierte<br />
GPS schlägt dann dem Radfahrer die ideale Strecke vor und<br />
berechnet die benötigte Zeit. Dabei wird nicht wie üblich die<br />
kürzeste Route ausgewählt, sondern es werden Radwege und<br />
wenig befahrene Straßen bevorzugt, damit der Nutzer eine<br />
angenehme und sichere Fahrt hat. Weitere Möglichkeiten<br />
sind: die Anzeige verschiedener Streckenvorschläge, die<br />
auf das Profil des Radfahrers (Anfänger, Profi, Urlaub …)<br />
abgestimmt sind, die Speicherung der Strecke, um später<br />
die Statistik (Distanz, Zeit, Durchschnittsgeschwindigkeit …)<br />
dazu anzusehen, das Abrufen von Vorschlägen für<br />
touristische Sehenswürdigkeiten<br />
in der Umgebung, Informationen<br />
über die nächstgelegenen<br />
Radverleihstationen.<br />
App (kostenlos) Geovelo<br />
App (5,49 €) Baignades sauvages France<br />
Buchausgabe: Baignades sauvages France, Édition Ouest-France, 20 € (engl.<br />
Titel: Wild Swimming); nähere Informationen siehe www.baignadesauvage.fr<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Loire-Tal<br />
Eine faszinierende Reise<br />
ins Land der Troglodyten<br />
Das Tal der Loire ist weltweit für seine zahlreichen<br />
Schlösser bekannt. Doch zwischen Angers und<br />
Saumur besitzt es noch andere charakteristische<br />
Sehenswürdigkeiten, die zwar weniger bekannt,<br />
aber mindestens genauso faszinierend sind: ein<br />
unglaubliches, mehr als 1500 Kilometer langes,<br />
unterirdisches Tunnelsystem mit Höhlen, Grotten<br />
und Stollen. Es handelt sich dabei um einen der<br />
ausgedehntesten und vielfältigsten Höhlenkomplexe<br />
Europas. Das Epizentrum dieses ungewöhnlichen<br />
Universums ist der kleine Ort Doué-en-Anjou,<br />
in dessen Umgebung es die höchste Dichte<br />
an unterirdischen Bewohnern in Frankreich gab.<br />
Dies sind die besten Voraussetzungen für eine<br />
spannende und unvergessliche Reise durch eine<br />
unterirdische Welt.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
Die Inszenierung in der Stätte Le<br />
Mystère des Faluns ist eine Mischung aus<br />
Wissenschaft und Poesie und erinnert<br />
an die Zeit vor 10 Millionen Jahren,<br />
als sich in der Gegend von Douéen-Anjou<br />
ein (nicht sehr tiefes) Meer<br />
ausdehnte. Nach und nach entstand der<br />
Muschelsandstein, ein relativ weiches<br />
Felsgestein, in das die hier ansässigen<br />
Bauern ab dem 18. Jahrhundert<br />
diese riesigen unterirdischen Höhlen<br />
gegraben haben. Unten: Vor nicht<br />
allzu langer Zeit wurde eine Statue<br />
in den Muschelsandstein gehauen,<br />
um an diese Männer zu erinnern.<br />
Einzigartig », « erstaunlich », « unglaublich », « wunderbar », « faszinierend » …<br />
Beim Lesen mancher Artikel, Reiseberichte oder Reiseführer ist offensichtlich,<br />
dass man mit solchen Adjektiven in der heutigen Zeit nicht gerade sparsam umgeht.<br />
Dies gilt umso mehr für Frankreich, ein Land, in dem man zum Beispiel ohne<br />
Scheu von der « schönsten Avenue der Welt » spricht. Als ob heutzutage alles zwangsläufig<br />
« außergewöhnlich » sein müsste, um interessant zu sein. Superlative sind in,<br />
selbst auf die Gefahr hin, mit ihnen die Realität zu verzerren. Innerhalb unserer Redaktion<br />
achten wir deshalb beim Schreiben eines Artikels immer darauf, solche Eigenschaftswörter<br />
nur sehr zurückhaltend einzusetzen … Schließlich haben alle Wörter einen<br />
Sinn und jede Beschreibung ist eine subjektive Aussage. Und doch haben wir uns<br />
entschlossen, über eine « faszinierende Reise » zu berichten. Obwohl diese Reise, die wir<br />
zu Beginn des Sommers im Tal der Loire unternommen haben, mit nur knapp 15 Kilometern<br />
auf den ersten Blick recht kurz erscheint, hat sie uns zutiefst geprägt. In diesem<br />
Sinne stehen wir diesmal voll dazu, wenn wir von einer « einzigartigen », « erstaunlichen<br />
», « unglaublichen », « wunderbaren » und « faszinierenden » Reise durch das unterirdische<br />
Leben von einst und heute sprechen.<br />
Ein beeindruckender Einstieg in das Thema:<br />
das Geheimnis des Muschelsandsteins<br />
Es ist unmöglich, sie zu übersehen: Wenn man einige Dörfer im Loire-Tal durchquert,<br />
fallen unweigerlich die zahlreichen Häuser auf, die an den Felsen kleben. Man<br />
nennt sie Maisons troglodytes, umgangssprachlich auch liebevoll Troglos. Wurden sie<br />
früher kaum beachtet – man ging davon aus, dass man ziemlich arm sein müsse, um<br />
in einer derartigen Behausung zu leben –, so werden sie seit einigen Jahren nahezu<br />
begeistert nachgefragt, und die Preise bei den Immobilienagenturen gehen konstant<br />
nach oben. In einem Troglo zu wohnen, liegt im Trend. Es gibt mittlerweile zahlreiche<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 29
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
Berichte, welche die Vorzüge dieser Höhlen herausstreichen: Sofern sie gut belüftet<br />
und unterhalten werden, sind sie nämlich überhaupt nicht feucht, wie viele meinen.<br />
Sie sind sogar komfortabel und der Gesundheit durchaus zuträglich, da sie im Sommer<br />
die Kühle und im Winter die Wärme im Inneren bewahren, also darüber hinaus auch<br />
noch einen ökonomischen Aspekt haben … Obwohl an den Hängen viele dieser charmanten<br />
Felsenhäuser kleben, sind sie im Grunde genommen nur die Spitze des Eisbergs,<br />
also der sichtbare Teil einer noch viel ausgedehnteren unterirdischen Welt. Es<br />
gibt noch andere Troglos, die ihrerseits viel versteckter, manchmal sogar im Geheimen<br />
verborgen sind. Man nennt sie Troglodytes de plaine, Höhlenwohnungen der Ebene.<br />
Um sie zu konstruieren, musste man nicht waagrecht in den Hang, sondern senkrecht<br />
in den Boden graben. Eine gigantische Aufgabe, von der Generationen gelebt haben,<br />
indem sie die wertvollen Steinblöcke aus der Erde holten, aus denen die Häuser und<br />
Schlösser der Region erbaut sind. So entstanden kilometerlange Stollen, die heute ein<br />
unglaubliches unterirdisches System bilden, von dem man weiß, dass nur ein winziger<br />
Teil erforscht ist. Und genau diese Höhlen kann man in Doué-en-Anjou, einer kleinen,<br />
ruhigen Stadt, rund 20 Kilometer südwestlich von Saumur, entdecken.<br />
Von all den Orten, die man besichtigen kann, sollte man unbedingt mit Perrières<br />
beginnen. Die in das für diese Gegend so typische Gestein – Falun (Muschelsandstein)<br />
– gegrabenen, kathedralartigen unterirdischen Höhlen sind mit ihrer Höhe<br />
von 15 bis 20 Metern sehr beeindruckend. Die Besichtigung dieser Stätte, die den<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
passenden Namen Le mystère des Faluns trägt, erfolgt in Form eines 600 Meter langen<br />
unterirdischen Spaziergangs, der keine nennenswerten Schwierigkeiten aufweist und<br />
circa eine knappe Stunde dauert. Dabei kann man die Besonderheit und die Vielfalt<br />
dieses Untergrundes gut nachvollziehen. Dank einer gelungenen Inszenierung – eine<br />
Agentur aus Angers hat dafür eigens eine stimmige Verbindung aus Lichtprojektion<br />
und Musik konzipiert – erfährt man auf lebendige und einfache Art, wie alles vor langer,<br />
langer Zeit, nämlich vor ungefähr 10 Millionen Jahren, begann. Das Klima war<br />
damals subtropisch und das Gebiet von Meer bedeckt. Die riesigen Höhlen waren Teil<br />
der Unterwasserwelt, in der Wale, Haie, Quallen und Mantarochen lebten. Davon<br />
zeugen die Spuren, die man im heutigen Felsgestein gefunden hat. Das Meer lagerte<br />
nach und nach Schichten von Muscheln ab, die im Laufe der Zeit zermahlen und<br />
gepresst wurden, bis schließlich eine Art grobkörniger Sand mit einer beige-orangen<br />
Farbe und daraus dann im Laufe der Zeit eben dieser Muschelsandstein entstand.<br />
Im 18. Jahrhundert führten die Landwirte hier ein friedliches Leben, als um 1750/70<br />
eine neue Kulturpflanze in den Gärten des Schlosses von Versailles Einzug hielt, die die<br />
örtliche Wirtschaft grundlegend verändern sollte: die Rose. Sie akklimatisierte sich sehr<br />
gut in der Region rund um Doué-en-Anjou – wir werden in einer späteren Ausgabe<br />
von Frankreich erleben nochmals auf die Königin der Blumen zurückkommen –, und die<br />
Nachfrage war entsprechend hoch. Um dieser nachzukommen, benötigte man Arbeitskräfte,<br />
die irgendwo untergebracht werden mussten. Steine waren also nötig, um neue<br />
Häuser zu bauen. Die Landwirte kannten die Bodenverhältnisse gut und wussten, dass<br />
man nicht lange suchen musste, um auf Muschelsandstein zu stoßen. Sie begannen zu<br />
graben und entwickelten dafür eine einfache, aber sehr effiziente Technik: Zunächst<br />
bohrten sie eine kleine Öffnung in die Erde, nicht mehr als ein paar Meter, denn das<br />
wertvolle kultivierbare Land brauchte man schließlich für die Rosen. Dann gruben sie<br />
nach und nach immer tiefer und vergrößerten dabei die Aushöhlung, bis sie schließlich<br />
auf Grundwasser stießen. In der Regel war dies in einer Tiefe von rund 20 Metern der<br />
Fall. Das Loch, aus dem sie das Gestein mithilfe einer Seilwinde nach oben beförderten,<br />
nahm allmählich die Form einer Flasche an. Nachdem ein solcher Hohlraum ausgebeutet<br />
war, wurde die Öffnung des « Flaschenhalses » wieder verschlossen und die Familie<br />
begann ihre Arbeit einige Dutzend Meter entfernt von vorne. Bei der Besichtigung der<br />
Stätte Mystère des Faluns durchquert man rund 50 beeindruckende Höhlen – die nun<br />
miteinander verbunden sind – und kann dabei das Geheimnis des Muschelsandsteins<br />
lüften. Man schätzt jedoch, dass sich allein im Umfeld des Parkplatzes dieser Stätte<br />
ungefähr 500 solcher Troglodytes befinden …<br />
Linke Seite: In dieser Gegend gibt es<br />
noch zahlreiche mehr oder weniger<br />
aufgegebene Höhlenwohnungen. Wie<br />
hier in Rochenmenier stößt man nicht<br />
selten auf eine solche Behausung,<br />
die zum Kauf angeboten wird.<br />
Diese Seite: Didier Chabot ist Leiter<br />
und gleichzeitig begeisterter Guide<br />
der Stätte Troglodytes et sarcophages,<br />
wo der erstaunte Besucher erfährt,<br />
dass man aus diesem Material<br />
auch Steinsärge herstellte.<br />
Gefolgt von einem unerwarteten Steinbruch mit Sarkophagen<br />
In Doué-en-Anjou gibt es aber noch einen anderen erstaunlichen Ort: Troglodytes<br />
et Sarcophages. Dort erfährt man mehr über eine andere Verwendung des Muschelstandsteins,<br />
lange bevor die Menschen mit ihm Häuser bauten. Es handelt sich dabei<br />
vermutlich um die älteste Abbaustätte für dieses Gestein in der Gegend. Sie wurde<br />
vor rund 20 Jahren durch einen Zufall vom Archäologen Michel Cousin entdeckt.<br />
Wie bereits andere vor ihm hatte er bemerkt, dass es bei Angers Steinsärge gab, die<br />
aus der merowingischen Zeit stammen. Man schätzt, dass sie zwischen dem 5. und<br />
7. Jahrhundert gefertigt wurden. Damals war es üblich, dass wichtige Persönlichkeiten<br />
(Lehnsherren, Mitglieder des Klerus, Militärangehörige …) nach ihrem Tod in<br />
einem solchen Sarkophag beigesetzt wurden. Michel Cousin hatte in diesem Zusammenhang<br />
zwei Details bemerkt: die orange Farbe und den grobkörnigen Stein. Für<br />
ihn gab es keinen Zweifel, dass es sich dabei um Muschelsandstein handelte. Dieser<br />
musste zwangsläufig aus dem Bereich von Doué-en-Anjou stammen. Bislang wusste<br />
aber niemand, wo diese Steinsärge genau gefertigt worden waren. Im Hinterhof eines<br />
Maison troglodyte in Doué fand der Archäologe dann einige Trümmer, die er richtigerweise<br />
solchen Sarkophagen zuordnete. Geduldig räumte er Tonnen von Abfällen<br />
beiseite, bis er den Eingang in einen Hohlraum und dahinter ein regelrechtes Gangsystem<br />
entdeckte. Damit hatte er eine unglaubliche Produktionsstätte von Steinsärgen<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 31
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
ausfindig gemacht, von der man bisher schätzungsweise nur ein Drittel der Gänge<br />
entdeckt hat. Bei der Besichtigung entsteht das Gefühl, als sei die Zeit urplötzlich in<br />
einer Epoche stehengeblieben, in der man hier noch Muschelsandstein abbaute. Nach<br />
heutigen Berechnungen wurden dort 25 000 bis 30 000 Sarkophage hergestellt, alle<br />
vier Tage einer. Um eine Vorstellung von der kolossalen Arbeit zu haben, muss man<br />
wissen, dass ein solcher Steinsarg rund eine Tonne wog.<br />
Von dieser aufwändigen Arbeit, Steinsärge aus dem Muschelsandstein zu hauen,<br />
konnten mehrere Jahrhunderte lang zahlreiche Familien leben. Die Stätte Le Mystère<br />
des Faluns hat gezeigt, dass der Abbau von Steinen für den Bau von Häusern dazu<br />
beitrug, die Lebensbedingungen der Bewohner dieser Region entscheidend zu verbessern.<br />
Damit ist aber die Bedeutung des Muschelsandsteins in dieser Gegend noch<br />
lange nicht abschließend behandelt. Einige Kilometer entfernt verdankt ein ganzes<br />
Höhlendorf dem Stein seine Existenz: Rochenmenier.<br />
Nicht nur eine Höhle, sondern ein ganzes Höhlendorf<br />
Die Erkundung von Rochenmenier ist erstaunlich. Die Gassen und die Kirche erwecken<br />
auf den ersten Blick den Eindruck, dass es sich um ein hübsches, friedliches<br />
Dorf in der Ebene handelt, wie es hier so viele gibt. Doch in Rochenmenier spielte sich<br />
das Wichtigste unter der Erdoberfläche ab. Wie das sechs Kilometer südöstlich liegende<br />
Doué-en-Anjou zeichnet sich auch dieses Dorf dadurch aus, dass es auf einer Ader aus<br />
Muschelsandstein liegt. Die Bewohner von Rochenmenier bauten das Gestein ebenfalls<br />
ab, wenn auch auf andere Art. Die meisten waren Bauern und begannen damit,<br />
einen Hof anzulegen, der meist auch einen Garten enthielt. Durch das Hacken wurde<br />
aus dem Hof schnell eine Art Steinbruch unter freiem Himmel, von dem aus man<br />
unterirdische Wohnungen in den Muschelsandstein grub. Sie boten Platz für die sich<br />
vergrößernde Familie, dienten als Stallungen für Tiere oder als Scheunen zum Lagern<br />
landwirtschaftlicher Gerätschaften. Da sich die Bauern von Rochenmenier nicht an der<br />
Oberfläche ausbreiten konnten, erweiterten sie ihren Betrieb einfach unterirdisch.<br />
So wurden zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert in dem Dorf auf rund 40 Bauernhöfen<br />
nach und nach 250 unterirdische Höhlen gegraben. Im Laufe der Zeit entstand<br />
ein beeindruckendes Höhlendorf, das umfangreichste dieser Region, von dem<br />
es heute noch schöne Zeugnisse gibt, wie die beiden Höfe aus der Zeit Ende des 17./<br />
Anfang des 18. Jahrhunderts, in denen sich nun das Musée Village Troglodytique de<br />
Rochemenier befindet. Die Besichtigung dieser außergewöhnlichen Stätte ist ein angenehmer<br />
Spaziergang durch rund 20 Höhlen – die auf einem Areal von einem Hektar<br />
verteilt sind –, bei dem man die in gewisser Weise « labyrinthische » Anordnung dieser<br />
Höfe nachvollziehen kann. Scheunen, Weinkeller, Ställe, Schlafzimmer, Höfe, sogar<br />
eine unterirdische Kapelle, sind durch ein Netz von Wegen verbunden, die teils unter<br />
freiem Himmel verlaufen, teils in den Fels gehauen wurden. Vermutlich versteht man<br />
gerade an diesem Ort die spezifische Organisation eines Höhlendorfes am besten.<br />
Und doch kann man bei einem Besuch in dieser Region noch weiter gehen und die<br />
Gelegenheit nutzen, das Höhlenleben selbst auszuprobieren. Dazu begebe man sich<br />
ins einige Hundert Meter entfernte Hotel Rocaminori …<br />
Im Musée Troglo in Rochenmenier<br />
kann man sich das Leben in diesen<br />
Höhlenwohnungen vor Augen führen,<br />
die untereinander durch Öffnungen<br />
verbunden sind. Auch hier beeindrucken<br />
einige Räume durch ihre Größe.<br />
Ein kuscheliges Nest im Felsen<br />
Was für eine tolle Erfahrung, eine Nacht in diesem « Höhlenhotel » mit allem<br />
Komfort zu verbringen! Dies beginnt bereits bei der Ankunft: Wie für dieses Dorf<br />
typisch, befindet sich der Eingang « oben ». Über einen abfallenden Weg gelangt man<br />
zu Fuß nach unten in den ehemaligen Tagebau-Steinbruch, an den heute die verschiedenen<br />
Bereiche des Hotels und die beiden Restaurants angrenzen.<br />
Alles begann im April 1991 mit einem Steinmetz, der eine Leidenschaft für den<br />
typischen Muschelsandstein hegte. Er besaß eine kleine Höhlenwohnung, die er zu<br />
seinem Vergnügen sukzessive ausgebaut hatte. Ihm kam der Gedanke, diese für die<br />
Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ein paar Kleinigkeiten zum Essen anzu-<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 33
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
bieten. Das Konzept war ein voller Erfolg. Zusammen mit seiner Frau beschloss er<br />
dann, in den in den Fels gehauenen Räumen zunächst ein, dann ein zweites Restaurant<br />
zu eröffnen. Heute befindet sich dort ebenfalls das 3-Sterne-Hotel Rocaminori,<br />
das nun bereits von den nächsten Generationen geleitet wird. Was an diesem Ort<br />
neben dem allgegenwärtigen Fels am meisten beeindruckt, ist die erholsame Atmosphäre.<br />
Vielleicht weil man zwangsläufig ein wenig von der Welt abgeschlossen ist, da<br />
es kein Mobilfunknetz gibt und man in den Zimmern bewusst auf die Einrichtung<br />
von WLAN verzichtet hat. Nur in einigen öffentlichen Bereichen des Hotels hat man<br />
Empfang. Aber im Grunde fällt es nicht schwer, darauf zu verzichten. Zudem absorbiert<br />
das Gestein die Geräusche dermaßen, dass selbst ein Sturm « oben auf der Erde »<br />
die Ruhe « dort unten » nicht stört. Am meisten erstaunt aber, dass es nicht feucht ist.<br />
Die Besitzer haben nämlich ein sehr effizientes Belüftungssystem auf der Basis von<br />
Erdwärmetauschern installiert, mit dem die Belüftung jedes Zimmers gesteuert und<br />
überwacht werden kann, sodass überall ein ausgeglichenes Raumklima herrscht. Das<br />
Konzept ist in Europa einzigartig und trägt zum ausgezeichneten Ruf des Hauses bei.<br />
Der Bioparc im ehemaligen Muschelstandstein-Steinbruch: mehr als ein Zoo<br />
Diese Seite: Alle Zimmer des Hotels<br />
Rocaminori in Rochenmenier sind in den<br />
Fels gegraben, damit die Gäste selbst die<br />
Erfahrung einer « Höhlenübernachtung »<br />
machen können – mit 3-Sterne-<br />
Komfort wohlgemerkt!<br />
Rechte Seite: Im Bioparc in Douéen-Anjou<br />
sieht man viele Tiere,<br />
die ebenfalls in den Höhlen des<br />
Muschelsandsteins zu Hause sind.<br />
Nach den Entdeckungen des Vortages und einer erholsamen Nacht im Höhlenzimmer<br />
könnte man meinen, man habe bereits alle ausgefallenen Orte besucht und<br />
nichts könne einen nun noch in Erstaunen versetzen. Doch das wäre ein Irrtum. Was<br />
uns heute auf unserer Reise noch erwartet, ist in Europa – vermutlich sogar auf der<br />
ganzen Welt – einzigartig und absolut außergewöhnlich.<br />
Es geht zurück Richtung Doué-en-Anjou. Bei diesem letzten Halt wollen wir etwas<br />
entdecken, was auf den ersten Blick ein ganz « normaler » Zoo sein könnte, sich<br />
aber als eine der ausgereiftesten und einfallsreichsten Nutzungen ehemaliger Höhlenwohnungen<br />
herausstellen wird, die es gibt: der Bioparc in Doué-en-Anjou.<br />
Stellen Sie sich vor, dass hier ein Mann namens Louis Gay, der es liebte, Tiere in<br />
der freien Natur zu beobachten, an einem Sommertag im Jahr 1960 auf den Gedanken<br />
kam, den ehemaligen Muschelsandstein-Steinbruch als natürliches Gehege für<br />
Tiere zu nutzen. Am 14. Juli 1961 eröffnete er den Zoo des Minières, einen klassischen<br />
Zoo, in dem es unter anderem eine Löwin, ein Dromedar, eine Schlange und einen<br />
Schimpansen gab. Sein Sohn, Pierre Gay, ein passionierter Reisender mit einer unstillbaren<br />
Neugierde, hatte auf seinen Reisen quer über unseren Planeten schon lange<br />
das Gefühl gehabt, dass man den Zoo als solches weiterentwickeln müsse. Seiner<br />
Meinung nach darf sich dieser nicht mehr nur darauf beschränken, Tiere einzusperren,<br />
um sie den Blicken egoistischer Besucher auszusetzen, sondern Zoos müssen in<br />
einen Prozess integriert werden, der nicht nur den Schutz der Tiere, sondern auch<br />
den der Menschen selbst zum Ziel hat. Um die Tiere zu schützen, muss man die<br />
Menschen vor Ort zunächst in die Lage versetzen, sie überhaupt schützen zu können.<br />
Dafür muss man ihnen eine so fortschrittliche Denkweise vermitteln, dass sie in<br />
der Lage sind, sich um das Wohlergehen der Tiere zu sorgen. Man muss aus einem<br />
solchen Tierpark ein Universum machen, das die Möglichkeit für Entdeckungen und<br />
Eindrücke bietet. Es darf nicht mehr darum gehen, den Anblick eines Löwen als Höhepunkt<br />
zu erleben, sondern darum, ihn erst aufspüren zu müssen, seine Anwesenheit<br />
zu spüren, und dabei auch dessen Freiheit zu respektieren, nicht aus seinem Versteck<br />
herauszukommen. Dafür waren die in den Muschelsandstein gehauenen « Gehege »<br />
inmitten der Landschaft ein echter Glücksfall. Sie ermöglichten die Konzeption einer<br />
ganz neuen Art von Tierpark, der sich inzwischen zu einem weltweit anerkannten<br />
Modell entwickelt hat.<br />
François Gay, der nun in der dritten Generation den Bioparc gemeinsam mit seinem<br />
Vater leitet, leistete ebenfalls einen Beitrag zu seiner Weiterentwicklung: Der<br />
Landschaftsingenieur absolvierte seinen Abschluss an der École du Paysage in Blois,<br />
brachte ebenfalls neue Ideen ein und lancierte ganz innovative Umgestaltungen, die<br />
erst durch den Muschelsandstein möglich wurden. 2005 wurde durch Grabungen<br />
in Gestein und Erde beziehungsweise die Reinigung bestehender Hohlräume ein<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 35
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
drei Hektar großes Vallée des Rhinocéros angelegt. Als unglaublicher Fingerzeig der<br />
Geschichte fand Julie, die Tochter von Pierre Gay, bei den Arbeiten inmitten des<br />
Muschelsandsteinaushubs … den Backenzahn eines Nashorns! Im Gestein war tatsächlich<br />
ein Überrest dieser Spezies eingeschlossen, die bereits vor 5 bis 23 Millionen<br />
Jahren hier gelebt hatte!<br />
Eine andere, in ihrer Art einzigartige Einrichtung ist das größte « südamerikanische<br />
Vogelhaus » Europas. Dort kann der Besucher auf spannende Art in eine Welt<br />
eintauchen, in der mehr als 600 Vögel (35 Spezies) in einem ehemaligen Steinbruch<br />
unter freiem Himmel leben. Die einzigartige und unermesslich große Geografie des<br />
Ortes hat es ermöglicht, ein ausgeklügeltes System von Netzen zu installieren, die die<br />
Tiere in der Höhe zwar begrenzen, für die Besucher jedoch nahezu unsichtbar sind.<br />
Im Prinzip ist es gelungen, eine Art Ökosystem zu kreieren, in dem die Tiere sich<br />
wieder in ihrer natürlichen Lebensweise einrichten können. Beim Besuch des Bioparc<br />
Die ehemaligen Steinbrüche sind natür<br />
liche Gehege, die auch auf die Größe<br />
von Giraffen optimal abgestimmt sind.<br />
Besonders beeindruckend sind jedoch<br />
die Volieren: Die Be sitz er – die drei<br />
Generationen sind un ten abgebildet –<br />
haben oben auf den Steinbrüchen speziell<br />
dafür ent wickel te Stahlnetze gespannt,<br />
so dass die Vögel einen einzigartigen<br />
Be reich zur Verfügung haben, in dem<br />
sie (fast) wie in Freiheit leben.<br />
Nächste Seite: Das Bar-Restaurant des<br />
Parks liegt oberhalb des Giraffengeheges.<br />
In einem anderen durch den Fels<br />
abgegrenzten und geschützten Bereich<br />
entwickelt sich heute auf ganz natürliche<br />
Weise ein eigenes Ökosystem.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />
Lesetipps & Reiseinfos<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66: Mit dem<br />
Hausboot auf der Mayenne<br />
(80 km entfernt)<br />
Mayenne ist nicht nur der Name<br />
eines Departements im<br />
Westen Frankreichs.<br />
Auch ein Fluss, der die<br />
Regionen Pays-de-la-<br />
Loire und Normandie<br />
durchquert, wird so<br />
genannt. Die Mayenne<br />
entspringt rund 15 Kilometer westlich von Alençon<br />
und mündet nach circa 200 Kilometern in die<br />
Loire. Ihre Ufer sind relativ unberührt, hier ist<br />
der Massentourismus noch nicht angekommen.<br />
Daher kann man an diesem Fluss wunderbar<br />
ausprobieren, wie es ist, als Kapitän ein Hausboot<br />
über das Wasser zu steuern.<br />
stellt man schnell fest, dass alle diese Hohlräume – ob vorhanden oder neu<br />
gegraben – eine unglaubliche Chance waren und immer noch sind. Sie liefern<br />
Ideen für die Entwicklung des Parks, da sie es wesentlich vereinfachen, neue<br />
« Gehege » zu schaffen und neue Milieus einzurichten, in denen das Zusammenleben<br />
von Mensch und Tier unter optimalen Bedingungen möglich ist. Es<br />
ist offensichtlich, dass sich hinter diesem Zoo ein tieferer Sinn verbirgt. Es ist<br />
ein Park voller Leben, der zudem mit Menschen in der ganzen Welt zusammenarbeitet,<br />
die sich ihrerseits für die Erhaltung von Tierarten einsetzen.<br />
Verlässt man den Bioparc, so nimmt man unzählige Eindrücke mit. Man hat<br />
das Gefühl, mit den Tieren und der Natur « wieder verbunden » zu sein, und<br />
dieses Gefühl ist faszinierend. Je länger man darüber nachdenkt, desto mehr<br />
sagt man sich, dass der Muschelsandstein daran nicht unbeteiligt oder sogar<br />
« die Seele des Ortes » ist. Im Grunde genommen weiß das niemand so ganz<br />
genau. Aber die Reise in das Land der Höhlenwohnungen ist auf jeden Fall<br />
faszinierend!<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59: Tours, frischer<br />
Wind im Loire-Tal<br />
(94 km entfernt)<br />
Ist Tours – eine Stadt die lange<br />
Zeit diskret aufgetreten<br />
ist und nicht viele<br />
Touristen angezogen<br />
hat – vielleicht gerade<br />
dabei, sich in Sachen<br />
Attraktivität Bordeaux<br />
anzunähern? Ganz<br />
nach dem Vorbild ihrer «großen Schwester»<br />
in der Region Aquitaine ist Tours seit einigen<br />
Jahren ebenfalls im Begriff, sich unablässig zu<br />
erneuern und umzugestalten: Es gibt hier eine<br />
der modernsten Straßenbahnen Frankreichs,<br />
belebte Fußgängerzonen, nicht alltägliche<br />
Besichtigungsmöglichkeiten, eine Fülle<br />
einladender Bars und Restaurants, Open-Air-<br />
Konzerte, gemütliche Lokale am Flussufer … Es<br />
weht eindeutig ein frischer Wind! Und die Dynamik<br />
von Tours macht dabei nicht an den Stadtgrenzen<br />
halt, in gewisser Weise hat die ganze Region<br />
Centre-Val de Loire durch sie neuen Schwung<br />
erhalten. Genug Gründe also für Neugierige, sich in<br />
Tours auf Entdeckungsreise zu begeben!<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />
DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />
SIE AUF SEITE 86.<br />
Für alle, die noch<br />
tiefer einsteigen<br />
möchten:<br />
Pierre Gay, der Sohn des<br />
Gründers des Zoos in<br />
Doué-en-Anjou und Vater<br />
des aktuellen Direktors,<br />
veröffentlichte 2016 das<br />
Buch Une promesse de<br />
nature – Du zoo au Bioparc,<br />
une révolution (Éditions<br />
Delachaux et Niestlé,<br />
190 Seiten, ISBN: 978-<br />
2603024164). Am Beispiel der Umwandlung des<br />
eigenen Zoos in einen Bioparc erklärt er, warum<br />
sich die zoologischen Gärten auf der ganzen<br />
Welt verändern müssen und wie sich manche<br />
Zoos bereits innerhalb von einigen Jahrzehnten<br />
von « Naturkonsumenten » zu unverzichtbaren<br />
Partnern für den Schutz bedrohter Tierarten<br />
entwickelt haben.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Lannion<br />
Saint-Malo<br />
Dinard<br />
Avranches<br />
A28/E402<br />
Brest<br />
Terminologischer Hinweis: Ile Im de Dezember Sein<br />
2016 haben sich mehrere benachbarte<br />
Gemeinden im Departement Pointe Maine-et-Loire<br />
(darunter auch Doué-la-Fontaine) du Razzu einer<br />
einzigen Gemeinde namens Doué-en-<br />
Anjou zusammengeschlossen. Wir haben<br />
diese offizielle Bezeichnung übernommen.<br />
Möglicherweise findet man jedoch auf<br />
Landkarten und im Internet noch den<br />
ehemaligen Namen Doué-la-Fontaine.<br />
Doué-en-Anjou …<br />
… Berlin 1381 km … Hamburg 1230 km<br />
… Köln 816 km … Frankfurt 920 km<br />
… München 1155 km … Wien 1562 km<br />
… Zürich 860 km … Paris 333 km<br />
… Angers 41 km … Saumur 17 km<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus dem<br />
deutschsprachigen Raum direkt angeflogen<br />
wird, ist Nantes-Atlantique (129 km).<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof befindet<br />
sich in Angers (41 km).<br />
Le Mystère des Faluns<br />
Site des Perrières<br />
7, rue d’Anjou<br />
49700 Doué-en-Anjou<br />
Telefon: + 33(0)2 41 59 71 29<br />
www.les-perrieres.com<br />
Die Öffnungszeiten sind im Jahresverlauf<br />
unterschiedlich, informieren Sie sich daher im<br />
Internet. Geschlossen von Anfang November<br />
bis Anfang Februar.<br />
Eintritt: 7 €, ermäßigt ab 4,50 €.<br />
N12/E50<br />
Saint-Brieuc<br />
N12/E50<br />
N164<br />
Die Stätte ist auch für Menschen mit<br />
eingeschränkter Mobilität gut zugänglich.<br />
Quimper<br />
D7<strong>68</strong><br />
Troglodytes et Sarcophages<br />
N165/E60<br />
1, rue de la Croix Mordret N24<br />
49700 Doué-en-Anjou<br />
Telefon: +33<br />
Lorient<br />
(0)2 41 59 24 95<br />
www.troglo-sarcophages.fr Vannes<br />
Nur geführte Besichtigungen. N165/E60 Die<br />
Öffnungszeiten Quiberon sind im Jahresverlauf<br />
unterschiedlich, informieren Sie sich daher<br />
im Internet.<br />
La Baule<br />
Geschlossen von Anfang November bis<br />
Anfang Februar.<br />
St. Nazaire<br />
Ab einer Teilnehmerzahl von 5 Personen<br />
kann auch außerhalb der Öffnungszeiten<br />
ganzjährig eine Führung reserviert werden.<br />
Eintritt: 5,40 €, ermäßigt ab 3,70 €.<br />
Musée Troglo de Rochemenier<br />
Le village troglodytique<br />
14, rue du musée<br />
49700 Louresse-Rochemenier<br />
Telefon: +33 (0)2 41 59 18 15<br />
www.troglodyte.fr<br />
Die Öffnungszeiten sind im Jahresverlauf<br />
unterschiedlich, informieren Sie sich daher im<br />
Internet. Dezember und Januar geschlossen.<br />
Eintritt 6,50 €, ermäßigt ab 3,30 €.<br />
Hôtel Rocaminori ***<br />
13, rue du musée<br />
49700 Louresse-Rochemenier<br />
Telefon: +33 (0)2 41 50 03 12<br />
www.rocaminori-hotel.fr<br />
Zimmer und Suiten 110 bis 140 €.<br />
N176/E401<br />
Rennes<br />
A84<br />
A11/E60<br />
A87<br />
Le Mans<br />
Montalivet<br />
Mont-Saint-Michel<br />
Nantes<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
A86/E60<br />
Doué-en-Anjou<br />
Alençon<br />
Monts<br />
Bioparc A83<br />
Poitiers<br />
103, rue de Cholet<br />
Saint-Sigismond<br />
49700 Doué-en-Anjou<br />
Telefon: N11/E601 +33 (0)2 41 59 18 Niort 58<br />
www.bioparc-zoo.fr<br />
La Rochelle<br />
Die Öffnungszeiten sind im Jahresverlauf<br />
E5/A10<br />
unterschiedlich, informieren Sie sich daher im<br />
Internet. Dezember und Januar geschlossen.<br />
Eintritt: 22,50 E602/A837 €, ermäßigt 17 € (20,50 € /<br />
15,50 € bei Kauf der Eintrittskarte über die<br />
Website).<br />
Das Ticket gilt jeweils für den Angoulême<br />
ganzen Tag;<br />
Wiedereintritt nach Verlassen ist daher<br />
möglich.<br />
Tours<br />
A10/E5<br />
Genießen Sie Ihren Frankreich-Urlaub einfach im Kino! A89/E70<br />
GÉRARD<br />
DEPARDIEU<br />
DANIEL<br />
AUTEUIL<br />
SANDRINE<br />
KIBERLAIN<br />
Le Porge<br />
ADRIANA Bordeaux<br />
Cap-Ferret<br />
UGARTE<br />
E5/A10<br />
A52/E72<br />
Périgueux<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Souil<br />
Dord<br />
Mimizan<br />
E5-E70/A63<br />
Hossegor<br />
France<br />
Biarritz<br />
Hendaye<br />
Montag A83 bis Donnerstag Pauschale Soirée<br />
étape (Abendessen, Übernachtung,<br />
Les Sables-Frühstückd’Olonne 98 €.<br />
Donostia-<br />
S. Sebastian<br />
EIN FILM VON DANIEL AUTEUIL<br />
Sare<br />
Bayonne<br />
A64/E80<br />
Pau<br />
Pamplona<br />
Spanien<br />
/VerliebtInMeineFrau<br />
AB 11.10. IM KINO
UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />
LES TOURS DE MERLE<br />
Das Gefühl, in der Inkastadt<br />
Machu Picchu zu sein<br />
Hinter einer der unzähligen Kurven der Departementsstraße<br />
zwischen Aurillac und Brive-la-Gaillarde (Corrèze) bietet sich<br />
plötzlich inmitten eines dichten Waldes der unglaubliche Anblick<br />
grandioser Ruinen. Wie von Zauberhand scheinen sie in<br />
30 Meter Höhe auf einen 200 Meter langen und 40 Meter breiten<br />
Felsvorsprung gesetzt worden zu sein, der inmitten einer<br />
Schleife des Dordognezuflusses Maronne liegt: Die Tours de<br />
Merle flößen Respekt ein. Bei den mysteriösen und beeindruckenden<br />
Ruinen handelt es sich um ehemalige Häuser und<br />
Türme, die zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert errichtet<br />
wurden und einem Adlernest gleichen. Nachdem die Lehnsherren,<br />
die dort in einer erstaunlichen Art von Eigentümergemeinschaft<br />
lebten, den Ort aufgaben, geriet er lange in Vergessenheit.<br />
Heute ist er ein echtes touristisches Highlight, das<br />
allerdings noch relativ unbekannt ist.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />
Comparaison n‘est pas raison, besagt ein altes französisches Sprichwort aus dem<br />
13. Jahrhundert, dessen deutsches Pendant « der Vergleich hinkt » lautet. Die<br />
Überreste der mittelalterlichen Tours de Merle im Departement Corrèze mit<br />
der majestätischen peruanischen Ruinenstadt der Inkas Machu Picchu zu vergleichen,<br />
erscheint wirklich etwas riskant. Historisch gesehen haben die beiden Stätten<br />
selbstverständlich überhaupt nichts gemeinsam. Und doch kommt einem dieser<br />
Vergleich unweigerlich in den Sinn, wenn man hinter einer Kurve plötzlich die<br />
Tours de Merle auftauchen sieht. Wie die ehemalige Stadt Machu Picchu haben<br />
auch diese Ruinen etwas Spektakuläres. Und in beiden Fällen taucht<br />
man beim Näherkommen nach und nach in eine andere Welt ein …<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />
Nimmt man vom Dorf Saint-Bonnet-les-Tours-de-<br />
Merle die malerische, enge Departementsstraße 136<br />
in Richtung der besagten Stätte, dann durchquert man<br />
eine Landschaft, in der die Natur mit jedem Kilometer<br />
ein bisschen mehr die Oberhand gewinnt: Die Abhänge<br />
werden immer steiler, die Schluchten tiefer, und der<br />
Wald ist bald omnipräsent. Man hat den Eindruck, dass<br />
sich die Spuren menschlichen Lebens mehr und mehr<br />
entfernen: Häuser und kultivierte Flächen machen einer<br />
allgegenwärtigen Natur Platz. Grandios. Diese einmalige<br />
Umgebung wurde im Übrigen von der UNESCO als<br />
« Biosphärenreservat » und von der Europäischen Union<br />
als « Natura-2000-Schutzgebiet » klassifiziert.<br />
Und dann taucht urplötzlich hinter einer Kurve ein<br />
unerwartetes Bild auf: die bereits erwähnten Ruinen von<br />
Türmen und Häusern auf dem Felsvorsprung mitten im<br />
Wald. Die Überraschung ist so groß, dass man unweigerlich<br />
Lust verspürt, anzuhalten. Klugerweise wurden<br />
Parkmöglichkeiten eingerichtet, sodass man sich die Zeit<br />
nehmen und auf einen Felsen klettern oder zwischen zwei<br />
Bäumen hindurch ein Foto schießen kann, um sich diese<br />
spektakuläre und zugleich verwirrende Landschaft einzuprägen<br />
und sie für die Ewigkeit festzuhalten. Es ist nicht<br />
von der Hand zu weisen, dass man – wie bei der Inkastadt<br />
Machu Picchu – in Bann gezogen wird …<br />
Vor allem die Art, wie die Natur diesen Ort hier<br />
beherrscht, ist frappierend. Das macht sich zum einen<br />
an der Geräuschkulisse bemerkbar: Das leise Rauschen<br />
des Flusses Maronne, der unterhalb dahinfließt und den<br />
Felsvorsprung mit den Tours de Merle nahezu wie eine<br />
natürliche Halbinsel abgrenzt, und das Zwitschern der<br />
zahlreichen Vögel, die in den umliegenden Bäumen nisten,<br />
werden nur ab und zu durch das Motorengeräusch<br />
eines vorbeifahrenden Autos gestört – was aber glücklicherweise<br />
(noch) selten ist. Und zum anderen sieht man<br />
es auch an der imposanten Art, wie die Ruinen der Tours<br />
de Merle buchstäblich aus der fast erdrückenden Vegetation<br />
hervorbrechen. Dass diese Pflanzenwelt etwas Tropisches<br />
hat, wird einem vor allem bewusst, wenn man<br />
die Stätte besucht. Die Natur dominiert alles: Die Felsen<br />
sind moosbedeckt, auf den Steinen rankt Efeu mit glänzenden,<br />
immergrünen Blättern, Sonne und Feuchtigkeit<br />
haben den Mauern eine hübsche Patina verliehen. All dies<br />
schafft eine erstaunliche Atmosphäre. Ohne Zweifel liegt<br />
ein gewisser Zauber in der Luft, der den Besucher in eine<br />
imaginäre Welt versetzt und die Besichtigung zu einem<br />
außergewöhnlichen Erlebnis werden lässt.<br />
Um diese bemerkenswerten Ruinen besser zu verstehen,<br />
sollte man die Stätte auf jeden Fall besuchen. Man<br />
erfährt dabei, dass es sich bei diesen Überresten weder<br />
– wie man zunächst vielleicht glauben mag – um ein ehemaliges<br />
Schloss noch um ein klassisches befestigtes Dorf<br />
handelt, sondern um mehrere unabhängige Gebäude. Sie<br />
wurden im Laufe der Zeit von Lehnsherren errichtet, die<br />
sich hier in der Nachbarschaft anderer Adeliger niederließen.<br />
So überraschend dies auch erscheinen mag, die Tours<br />
de Merle sind in gewisser Weise der Vorläufer dessen, was<br />
man heute als « Wohnanlage » bezeichnen würde: Ein<br />
Ort, an dem mehrere Familien nahe beieinander leben,<br />
jede jedoch ihre eigene Unterkunft hat. Das besonderes<br />
Merkmal dieser Gemeinschaft war, dass alle Bewohner<br />
reiche Lehnsherren und mehr oder weniger eng miteinander<br />
verwandt waren.<br />
Das genaue Datum der ersten Bauten ist bis heute nicht<br />
bekannt. Geschichtsforscher gehen allerdings davon aus,<br />
dass sich eine erste Adelsfamilie namens de Merle Anfang<br />
des 12. Jahrhunderts dort niederließ. Demnach wurde ihr<br />
Gebäude sehr wahrscheinlich Ende des 11. Jahrhunderts<br />
errichtet. Die hochgelegene, isolierte und optimal verteidigungsfähige<br />
Lage bot wichtigen Familien der damaligen<br />
Zeit ein besonders geschütztes Umfeld und sorgte in<br />
der Folge schon bald für Missgunst. Zumal sich der Ort<br />
darüber hinaus an der Grenze zwischen dem Herzogtum<br />
Aquitanien und den Grafschaften Auvergne und Toulouse<br />
befand und für die dort ansässigen Lehnsherren eine<br />
praktische und einträgliche Zahlstelle darstellte. Im Laufe<br />
der Jahre wurden sieben herrschaftliche Familien von<br />
den « attraktiven Grundstücken » auf dem Felsvorsprung<br />
angezogen. Eine nach der anderen errichtete in der Folge<br />
familiärer Bande ein Gebäude und ließ sich dort nieder.<br />
Ein Charakteristikum dieser Ansammlung von Gebäuden,<br />
in denen die Adelsfamilien lebten, besteht darin, dass<br />
die Anordnung nicht rein zufällig entstand. Sie entsprach<br />
dagegen einer für die damalige Zeit sehr modernen Organisation,<br />
die auf sonderbare Weise an die Regelungen einer<br />
heutigen Eigentümergemeinschaft erinnert. Auch wenn die<br />
Lehnsherren meist miteinander verwandt waren, kam es<br />
nicht infrage, ein neues Gebäude irgendwo oder irgendwie<br />
zu errichten. Bestimmte Vorschriften – heute würde man<br />
diese unter dem Begriff « Städteplanung » zusammenfassen<br />
– sahen beispielsweise vor, dass kein Turm wesentlich<br />
höher oder imposanter als der des Nachbarn sein durfte,<br />
um dessen Macht nicht in den Schatten zu stellen (und<br />
natürlich, um dessen Sicht nicht zu verbauen …). Historiker<br />
fanden mehrere Urkunden, welche die Regeln dieser<br />
« Eigentümergemeinschaft » von Merle beschreiben. So war<br />
zum Beispiel genau festgelegt, dass in einem Umkreis von<br />
moins d‘une brasse (weniger als ca. 1,60 Meter) um den Tour<br />
de Pesteil kein weiteres Gebäude errichtet werden durfte.<br />
Fulcon de Merle (geboren ca. 1250, gestorben nach<br />
1318) galt als der mächtigste Lehnsherr der Ansiedelung.<br />
Die Ruinen seines Turmes, der aus dem 13. Jahrhundert<br />
stammt und vier Etagen hoch war, vermitteln noch heute<br />
einen Eindruck seines Stellenwerts und seiner Macht.<br />
Gleich daneben befindet sich das ehemalige Gebäude seines<br />
Bruders Hugues de Merle (Geburtsdatum unbekannt,<br />
gestorben vor 1321). Es stammt aus dem 16. Jahrhundert,<br />
bestand aus drei Etagen und ist heute eines der besterhaltenen<br />
Häuser dieser Ansiedlung. Etwas weiter, ganz<br />
im Süden des Ortes, staunt man heute noch über zwei<br />
Konstruktionen aus dem 13. Jahrhundert: Tour de Noailles<br />
und Tour des Pesteil. Letzterer war als Wohnturm mit<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 45
UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle-Aquitaine / Corrèze<br />
nicht weniger als fünf Ebenen angelegt.<br />
Archäologen und Spezialisten<br />
zufolge waren für den Bau 1<strong>68</strong> 000<br />
Tonnen Mörtel, 56 Tonnen Kalk<br />
und 2800 Quadersteine notwendig.<br />
Dazu muss man wissen, dass ein<br />
Steinmetz pro Arbeitstag (rund 10<br />
Stunden) schätzungsweise einen<br />
Stein fertigte. Heute gelangt man<br />
über eine Treppe zu einer Terrasse<br />
oben auf dem Turm, von der aus<br />
man einen grandiosen Panoramablick<br />
über die gesamte Stätte hat.<br />
Ein Besuch der Tours de Merle<br />
bietet heutzutage die seltene Gelegenheit,<br />
auf einer überschaubaren<br />
Fläche mehrere herrschaftliche<br />
Behausungen zu sehen. Dabei stellt<br />
man sehr schnell fest, dass es dort<br />
keine Spuren des « gemeinen Volkes »<br />
gibt, da sich dieses diskret weiter unten,<br />
außerhalb dieses privilegierten<br />
Bereiches niederzulassen hatte. Der<br />
hochgelegene Ort war dem Adel<br />
vorbehalten. Unweigerlich muss<br />
man da eine Parallele zu sogenannten<br />
« sicheren » Dörfern mancher<br />
Länder ziehen, in denen heutzutage<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
d’Olonne<br />
A83<br />
Poitiers<br />
wohlhabende Hausbesitzer zusammen<br />
wie in einem « geschützten<br />
Kokon » leben können. Man schätzt,<br />
dass 1350 auf dem Felsplateau und<br />
in der Umgebung von Merle rund<br />
100 Menschen – Adelige und Nichtadelige<br />
– in insgesamt 30 Gebäuden<br />
wohnten.<br />
Mit der Zeit sank allerdings die<br />
Anziehungskraft dieses Ortes in<br />
den Augen der Lehnsherren, da es<br />
inzwischen möglich war, an anderen<br />
Orten unter viel bequemeren Umständen<br />
zu leben. Umso mehr, als<br />
dass es der Fortschritt im Bereich Cap-Ferret<br />
der Artillerie Feinden zwischenzeitlich<br />
ermöglichte, von den umliegenden<br />
Hügeln aus anzugreifen. Es<br />
war also vordringlich geworden, Mimizan den<br />
Felsvorsprung zu verlassen, was sie<br />
dann auch nach und nach taten. Die<br />
Dorfbewohner, die an den Hängen<br />
unterhalb lebten und demzufolge<br />
nicht mehr durch die Lehnsherren<br />
Hossegor<br />
Pamplona<br />
Montalivet<br />
Le Porge<br />
Bayonne<br />
torique klassifizierte Stätte wurde in<br />
der Zwischenzeit teilweise renoviert,<br />
neu gestaltet und aufgewertet, um<br />
die notwendigen Voraussetzungen<br />
für eine Besichtigung zu schaffen.<br />
Heute beschäftigen uns die Ruinen<br />
sowohl durch ihre Schönheit und<br />
die unberührte Umgebung als auch<br />
durch ihre Botschaft, dass das einstmals<br />
sehr begehrte « VIP-Dorf » bei<br />
den adligen Bewohnern letztendlich<br />
aus der Mode kam. Die Ausstrahlung<br />
und Poesie des atemberaubenden<br />
Ortes haben einen Zauber<br />
entstehen lassen, durch den Merle<br />
wieder auflebt. Von den seinerzeit<br />
prunkvollen Bauten zeugen würdevolle<br />
Ruinen, die uns an andere<br />
Ruinen erinnern, nämlich die der<br />
architektonischen Schmuckstücke<br />
der Inkas. Vielleicht hinkt der Vergleich<br />
ja … Aber es macht Freude,<br />
sich in Merle auch ein bisschen wie<br />
in der Ruinenstadt Machu Picchu zu<br />
fühlen …<br />
N11/E601<br />
Lesetipps La Rochelle für Ausflüge in die Umgebung & Reiseinfos<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60: Vallée de la<br />
E602/A837<br />
Dordogne, wo man « wie Gott<br />
in Frankreich lebt » (+/- 20 km<br />
entfernt)<br />
Angoulême Das Vallée de la<br />
Dordogne zieht<br />
sich durch drei<br />
Departements<br />
(Dordogne, Lot und<br />
Corrèze) und ist eine<br />
besonders Périgueux<br />
privilegierte<br />
Gegend. Hier lässt es sich angenehm und A89/E70 friedlich<br />
leben, man ist umgeben E5/A10 von wunderschönen<br />
Landschaften, außergewöhnlichen<br />
architektonischen und historischen Kulturgütern<br />
Bordeaux<br />
und kann dazu noch eine schmackhafte Sarlat-le-Canéda<br />
Küche<br />
genießen. Kurz: Diese Ecke Frankreichs kann zu<br />
A52/E72<br />
Recht als kleines Paradies bezeichnet werden!<br />
Sarlat, La Roque Gageac, Rocamadour, Gouffre<br />
du Padirac und der Neandertaler sind zwar die<br />
bekanntesten Botschafter dieser Region, aber bei<br />
Weitem nicht die einzigen. Vor allem im östlichen<br />
Teil des Tals (Lot und Corrèze), über den wir<br />
hier berichten wollen, gibt es ein touristisches<br />
E5-E70/A63 Potenzial, das überraschenderweise noch<br />
weitgehend unbekannt ist. Verlässt man also die<br />
ausgetretenen Pfade und folgt den Hinweisen<br />
derer, die hier leben, dann entdeckt man schnell<br />
den France<br />
Charme eines Tales, der den Ausdruck « leben<br />
wie Gott in Frankreich » absolut rechtfertigt.<br />
A64/E80 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 65: Die deutschfranzösische<br />
Freundschaft,<br />
welch eine Energie! (Beaulieusur-Dordogne,<br />
33 km entfernt)<br />
Pau<br />
Vom 30. September<br />
bis 5. Oktober 2017<br />
sind 15 Elektro- und<br />
Hybridautos quasi<br />
ohne Lärm und ohne<br />
schädliche Emissionen<br />
im Rahmen der ersten<br />
Tour d’E-Mobilité von Mannheim in das Vallée<br />
de la Dordogne gefahren und haben gezeigt,<br />
welch wunderbare Energie aus der deutschfranzösischen<br />
Freundschaft entstehen kann.<br />
Spanien<br />
Saint-Sigismond<br />
E5/A10<br />
Niort<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42: Bastiden, die<br />
neuen Städte des Mittelalters<br />
(Domme, 103 km entfernt)<br />
Im Mittelalter, insbesondere im<br />
13. und 14. Jahrhundert,<br />
entstanden in den<br />
meisten euro päisch<br />
en Ländern aus<br />
politischen, mili tärischen,<br />
wirt schaftlichen<br />
oder demografischen<br />
Gründen<br />
neue Dörfer und Städte. So auch in Frankreich, vor<br />
allem in den Regionen Aquitanien, Midi-Pyrénées<br />
und Languedoc-Roussillon im Südwesten des<br />
Landes. Man schätzt, dass dort damals rund<br />
600 neue Siedlungen gegründet wurden, die alle<br />
dem gleichen Grundmuster folgten. Bis heute<br />
sind rund 300 der als Bastiden bezeichneten<br />
Städte erhalten. Es gibt dabei einige Parallelen zu<br />
Immobilienprojekten aus heutiger Zeit.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />
DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />
SIE AUF SEITE 86.<br />
Limoges<br />
Les Tours A20/E9 de Merle …<br />
… Berlin 1473 km … Hamburg 1416 km<br />
… Köln 1010 km … Frankfurt 931 km<br />
… München 1060 km … Wien 1474 km<br />
… Zürich 757 km … Paris 525 km<br />
… Clermont-Ferrand 170 km<br />
… Brive-la-Gaillarde 64 km<br />
Der nächstgelegene Flughafen ist Brive-Vallée<br />
de la Dordogne (77 km). Er wird von den<br />
Flughäfen Paris-Orly und Lyon-Saint-Exupéry<br />
aus angeflogen, zu denen es wie de rum<br />
Direktverbindungen aus dem deutschsprachigen<br />
Toulouse Raum gibt. Der nächst ge le gene<br />
Flughafen, der aus diesen Ländern di rekt<br />
angeflogen wird, ist Toulouse-Blagnac<br />
(224 km).<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof befin Narbonne det<br />
sich in Montauban (182 km). A81/E80<br />
Limoux<br />
Les Tours de Merle<br />
19220 Saint-Geniez-ô-Merle<br />
A9/E15<br />
France<br />
Telefon: +33 (0)5 55 28 22 31<br />
www.toursdemerle.fr<br />
Andorra<br />
Montluçon<br />
Collioure<br />
Die Stätte kann von Anfang April Céret bis Anfang<br />
November besichtigt werden.<br />
April, Mai, Juni: täglich von 14 bis 18 Uhr. AP7/E15<br />
Juli, August: täglich von 10 bis 19 Uhr.<br />
Spanien<br />
September: täglich von 14 bis 18 Uhr.<br />
Oktober: nur sonntags von 14 bis 18 Uhr.<br />
Während der Schulferien an Aller heiligen (20.<br />
Oktober bis 4. November <strong>2018</strong>): täglich von<br />
14 bis 18 Uhr.<br />
Achtung: letzter Einlass ein Stunde vor<br />
Schließung.<br />
Je nach Saison 5,50 € oder 6,50 €, Kinder<br />
und Jugendliche von 6 bis 15 Jahren ermäßigt<br />
3,50 €, Kinder bis 6 Jahre haben freien<br />
Eintritt.<br />
Es gibt einen kostenlosen Parkplatz, von dem<br />
aus ein angenehmer und gut ausgeschilderter<br />
Weg in rund zehn Minuten zu den Ruinen<br />
führt.<br />
Verlangen Sie am Eingang das informative<br />
Begleitheft in deutscher Sprache.<br />
Feste Schuhe sind empfehlenswert, da die<br />
Wege steinig und oft steil sind.<br />
A71/E11<br />
beschützt wurden, verließen ab Ende<br />
Biarritz<br />
des 17. Jahrhundert Hendaye ebenfalls diese<br />
Gegend. Damit war das Kapitel Sarede-<br />
finitiv beendet. Die<br />
Donostia-<br />
Tours de Merle<br />
S. Sebastian<br />
gerieten in Vergessenheit und wurden<br />
von der Vegetation überwuchert.<br />
Die seit 1927 als Monument his-<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
A89/E70<br />
Saint-Geniez-ô-Merle<br />
Aurillac<br />
Perpignan<br />
A75/E11<br />
A75/E11<br />
Lodève<br />
Bézier<br />
Sa<br />
le<br />
M<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 47
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Die Geschichte besteht oftmals aus vielen kleinen – manchmal unbekannten – Geschichten.<br />
Meist werden die Französische Revolution und die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte<br />
von 1789 als Leistung eines ganzen Volkes und als große geschichtliche Ereignisse<br />
präsentiert. Das Volk hat sich angeblich spontan und solidarisch im ganzen Land<br />
gleichzeitig erhoben, um diese neuen natürlichen Rechte für die Menschen zu erwirken.<br />
Dass bestimmte Gebiete dabei eine Vorreiterrolle gespielt haben, vergisst man meist.<br />
Sieht man sich nämlich den Fall der Abschaffung der Sklaverei in Frankreich genauer an,<br />
dann stellt man fest, dass einige Regionen bei der Anprangerung dieser Tragödie der<br />
Menschheitsgeschichte viel fortschrittlicher waren als andere. Ein Beispiel dafür ist vor<br />
allem der Osten Frankreichs. Die heutigen Regionen Grand-Est und Bourgogne-Franche-<br />
Comté waren – was wenig bekannt ist – die Wiege der abolitionistischen Bewegung. Heute<br />
verbindet die Route des Abolitions de l’Esclavage verschiedene Stätten, in denen man im<br />
Rahmen eines Gedenktourismus sehr beeindruckende Entdeckungen machen kann.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 49
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
Christiane Taubira (1993-2012 Abgeordnete von Französisch-Guyana,<br />
2012-2016 Justizministerin), die das am<br />
10. Mai 2001 verabschiedete französische Gesetz, das die<br />
Anerkennung von Sklaverei und Sklavenhandel als Verbrechen gegen<br />
die Menschlichkeit anstrebt, im Wesentlichen initiiert hatte,<br />
veröffentlichte 2015 ein Buch mit dem Titel L‘esclavage raconté à ma<br />
fille (Editions Philippe Rey). Darin teilt sie mit dem Leser einen Dialog<br />
zwischen Mutter und Tochter über Sklaverei, Handel mit und<br />
Ausbeutung von Menschen, Kolonisierung und Freiheitskampf.<br />
Inmitten dieser facettenreichen und leidenschaftlichen Unterhaltung<br />
gibt es eine Passage, die besonders aufhorchen lässt. An<br />
einer Stelle nämlich will die Mutter den kritischen Geist ihrer<br />
Tochter fördern und fordert diese auf, das in der Schule Gelernte,<br />
beziehungsweise die Lehren der Gesellschaft im weitesten<br />
Sinne, zu hinterfragen: « Was hast du gelernt? Dass der<br />
brillante Schriftsteller und Humanist Condorcet […] ein<br />
herausragender Abolitionist war? Das hat ihn nicht daran<br />
gehindert, eine allmähliche Abschaffung vorzuschlagen, die<br />
sich über 66 Jahre hinziehen sollte! […] Mein Schatz, hast<br />
du gelernt, dass Mirabeau zwar die ‹ kolonialen Tyrannen,<br />
die den Negern den Stellenwert von Lasttieren zusprachen<br />
›, anprangerte und die Notwendigkeit, die Sklaverei<br />
abzuschaffen, bekräftigte, gleichzeitig aber aus erstaunlich<br />
egoistischen Motiven empfahl, dabei nur sukzessive vorzugehen,<br />
da ‹ die weißen Sklavenhalter wie üblich ins Mutterland<br />
zurückkehren und dabei all ihre Sitten, Gewohnheiten und<br />
Prinzipien mitbringen würden ›, und dies die in der Konstitution<br />
festgeschriebene Freiheit gefährden würde? […] Hast du gelernt,<br />
dass Voltaire überaus einträgliche Aktien an Unternehmen besaß,<br />
die im Sklavenhandel tätig waren – er, der immer die Macht der<br />
Ungerechtigkeit und die Gewalttätigkeit von Vorurteilen bekämpft<br />
hat? […] Hast du gelernt, dass die Geschäfte der im Sklavenhandel<br />
tätigen Reeder in den ehrenwerten Jahren der Revolution, zwischen<br />
1788 und 1793 am besten liefen? […] Hast du gelernt, dass<br />
die Revolution von 1789 die Sklaverei nicht abgeschafft hat, sondern<br />
dass sich erst der Nationalkonvent von 1794 dazu durchgerungen<br />
hat? […] Hast du gelernt, dass der große Napoleon Bonaparte,<br />
der Mann der Eroberungen, der Expedition nach Ägypten und des<br />
Code civil, in Sorge um die Interessen der Kolonisten […] 1802 die<br />
Sklaverei unverzüglich wieder eingeführt hat? … » […]<br />
« Das ist brutal! », antwortet ihre Tochter.<br />
« Natürlich ist das brutal. Das ist ein Angriff auf die Legende<br />
der Aufklärung », setzt die Mutter, Christiane Taubira, engagierter<br />
als jemals zuvor fort.<br />
« Die Legende der Aufklärung » … Dieser Begriff veranschaulicht,<br />
wie komplex die Beziehung eines Landes<br />
zu seiner Geschichte ist. Egal welchen Landes. Was ist<br />
noch historische Wahrheit, wo beginnt der Roman national,<br />
die « nationale Meistererzählung », wie man diesen<br />
typisch französischen Ausdruck am ehesten ins Deutsche<br />
übersetzen kann? Natürlich bezieht sich diese Fragestellung<br />
nicht nur auf Frankreich. Und doch ist sie in diesem Land<br />
besonders legitim, da die universelle Bedeutung der Französischen<br />
Revolution und der Erklärung der Menschenund<br />
Bürgerrechte zwangsläufig einen Einfluss auf die<br />
Darstellung der Geschichte des Landes hatte. Was also<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
die Abschaffung der Sklaverei angeht, sind die Dinge<br />
vielleicht nicht so einfach, wie sie scheinen mögen …<br />
Das Bild einer französischen Nation, die sich während<br />
der Revolution spontan und gleichzeitig, wie ein einziges<br />
Wesen, erhebt, um den Sklavenhandel anzuprangern<br />
und dessen Abschaffung zu erwirken, muss in der Tat<br />
sehr relativiert werden. Heute kann man nun auf ganz<br />
unerwartete Weise – nämlich im Rahmen von Besichtigungen<br />
–, vor allem aber auf sehr fesselnde Art, mehr<br />
über eine regelrechte europäische Kolonialindustrie<br />
erfahren, die im Laufe von knapp fünf Jahrhunderten<br />
(vom 15. bis 19. Jahrhundert) vermutlich zwischen 12<br />
und 15 Millionen Afrikaner vernichtete. Und gleichzeitig<br />
kann man all denen Anerkennung zollen, die<br />
sich als Erste gegen diese Tragödie der Geschichte der<br />
Menschheit erhoben, sich ihr widersetzten.<br />
Als zu Beginn der 90er-Jahre die UNESCO und<br />
die Vereinten Nationen dazu aufforderten, auf internationaler<br />
Ebene Forschungsarbeiten zur Geschichte<br />
von Sklaverei und Sklavenhandel durchzuführen,<br />
hatte man in Frankreich – vor allem auf universitärer<br />
Ebene – bereits damit begonnen, die Rolle des Landes<br />
in diesem Kontext zu hinterfragen. Allerdings<br />
waren diese Arbeiten noch ziemlich vertraulich.<br />
Logischerweise hatten sich diese hauptsächlich auf<br />
die Küstengebiete Frankreichs konzentriert. Wie<br />
ganz Europa – England an der Spitze (alleine von<br />
Liverpool gingen 4894 Expeditionen aus, ebenso viele,<br />
wie von allen französischen Häfen zusammen) – war Frankreich<br />
stark in den Sklavenhandel involviert. Forscher und Historiker<br />
interessierten sich besonders für Nantes, La Rochelle, Bordeaux,<br />
Saint-Malo, Le Havre, Rouen und Marseille, da dies die wichtigsten<br />
französischen Häfen für die Geschäfte mit Sklaven waren. Die<br />
Forschungen zeichneten sich mal durch mehr, mal durch weniger<br />
Mut und guten Willen aus, den Finger in die Wunde dieser unrühmlichen<br />
Vergangenheit zu legen.<br />
Weiter östlich, im Landesinneren, also fern dieser genannten<br />
Häfen, begann jedoch gleichzeitig ein Gedanke ganz anderer<br />
Natur zu keimen. Eine andere Art der Aufarbeitung, die sich mit<br />
den Ursprüngen der Abschaffung des Sklaventums beschäftigte.<br />
Mehrere Arbeiten in diesem Bereich ließen bereits erahnen, dass<br />
die Gebiete im Osten Frankreichs diesbezüglich eine Art « Vorreiterrolle<br />
» gespielt hatten. Angesichts der Anzahl der Indizien<br />
und ihrer historischen Wahrheit wurde beschlossen, eine Route des<br />
Abolitions de l’Esclavage einzurichten. Ihr Ziel sollte sein, mehrere<br />
Orte zu verbinden: Emberménil (Meurthe-et-Moselle), Fessenheim<br />
(Haut-Rhin), Champagney (Haute-Saône), Château de Joux<br />
(Doubs) und Chamblanc (Côte d’Or). All diesen Orten ist gemein,<br />
dass sie von den historischen Verbindungen zwischen der Region<br />
im Osten und der Abschaffung der Sklaverei zeugen. Diese bahnbrechende<br />
Initiative hat sich als Erfolg erwiesen: Die fünf Orte ziehen<br />
inzwischen pro Jahr rund 75 000 Besucher an und haben dazu<br />
Vorherige Doppelseite: Hommage an Toussaint<br />
Louverture im Château de Joux vor dem Eingang<br />
der Zelle, in der er eingesperrt war.<br />
Linke Seite: gefesselter Fetisch (Musée Victor Schœlcher/<br />
Sammlung Arbogast, Château Vodou Straßburg).<br />
Oben: Dekret vom April 1848 über die<br />
Abschaffung der Sklaverei in den französischen<br />
Kolonien (Musée Victor Schœlcher).<br />
Unten: Urkunde vom Mai 1831 über die Freilassung<br />
eines Sklaven (Maison Anne-Marie Javouhey).<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 51
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
beigetragen, dass Ostfrankreich offiziell zum nationalen,<br />
beiziehungsweise sogar europäischen Zentrum für die Geschichte<br />
und das Gedenken an das Sklaventum und dessen<br />
Abschaffung wurde. Nach und nach ist ein sehr vielfältiges<br />
touristisches Angebot (Schlösser, Museen, Häuser von illustren<br />
Persönlichkeiten …) entstanden, mit dessen Hilfe<br />
man sich die besondere Rolle dieser Gegend in Bezug auf<br />
die Abschaffung der Sklaverei vor Augen führen kann.<br />
Man muss wissen, dass die fünf Orte der Route des Abolitions<br />
sehr weit voneinander entfernt sind. Von Nord nach<br />
Süd erstreckt sich diese « Straße der Abschaffung der Sklaverei<br />
» über eine Distanz von 500 Kilometern. Sie zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass sie einen globalen Überblick über<br />
die Geschichte des Sklavenhandels und seine Abschaffung<br />
ermöglicht, und den Besucher gleichzeitig sehr schöne Regionen<br />
entdecken lässt. Man kann sich jedoch auch auf die<br />
bemerkenswertesten Orte konzentrieren. Aus unserer Sicht<br />
sind dabei das Musée Victor Schœlcher in Fessenheim, das Maison de la<br />
Négritude et des Droits de l’Homme in Champagney und das Château<br />
de Joux unverzichtbar. In diesem Fall beginnt die Strecke südöstlich<br />
von Colmar und führt über etwas mehr als 200 Kilometer bis in den<br />
Südosten von Besançon. Umgekehrt ist es durchaus möglich, die fünf<br />
offiziellen Orte der Route des Abolitions de l‘Esclavage und damit diese<br />
Thematik durch zusätzliche Ausflüge abzurunden. Dafür bieten sich<br />
das Musée Lamartine in Mâcon, das Château de Lamartine in Saint-<br />
Point (Saône-et-Loire) sowie das Maison de Victor Hugo in Besançon<br />
(Doubs) an.<br />
Das von René Simonin (oben) gegründete Maison de<br />
la Négritude et des Droits de l’Homme (Außenansicht<br />
siehe unten, Innenansicht rechte Seite) stellt eine<br />
Kopie des Artikels 29 aus dem berühmten Cahier<br />
de Doléances vom 19. März 1789 (oben) aus.<br />
Die Gemeinde Champagney (Haute-Saône) erscheint wie ein kleiner,<br />
geruhsamer Ort. Mit den Läden entlang der Hauptstraße, dem<br />
zentralen Platz und der Kirche könnte es ein Dorf wie viele andere in<br />
der Region sein. Und doch ist Champagney anders, in gewisser Weise<br />
sogar außergewöhnlich. Genauer gesagt, die Bewohner der Gemeinde<br />
waren es im Laufe ihrer Geschichte. Warum das so ist? Um das zu<br />
erfahren, geht man am besten in das Maison de la Négritude et des Droits<br />
de l’Homme, das direkt neben der Kirche liegt und 1971 von einem<br />
Bewohner gegründet wurde, der sich für die lokale Geschichte begeisterte:<br />
René Simonin (1911-1980). Beim Betreten des kleinen Museums<br />
entdeckt man sofort die Reproduktion eines Textes, auf den die Bewohner<br />
des Ortes zu Recht stolz sind. Es geht dabei um den Artikel<br />
29 des Cahier de Doléances, das die Einwohner von Champagney 1789<br />
verfassten, um einer Aufforderung König Ludwigs XVI. (1754-1793)<br />
nachzukommen.<br />
Um die Besonderheit und den Wert dieses Textes in seiner ganzen<br />
Tragweite zu verstehen, sollte man wissen, was es mit diesen Cahiers<br />
de Doléances (Beschwerdebüchern) auf sich hat, welche die französische<br />
Geschichte so tief geprägt haben. 1789 waren Ludwig XVI. und sein<br />
Königreich in diversen Schwierigkeiten. Der König spürte die immer<br />
stärker werdende Unzufriedenheit und war gezwungen, im Mai 1789<br />
die Generalstände vorzuladen. Sein Gedanke war, den Untertanen<br />
« das Wort zu erteilen » und ihnen somit den Anschein von Freiheit<br />
zu vermitteln. Zur Vorbereitung dieser Vorladung forderte er alle Gemeinden<br />
in Frankreich auf, ihm ihre Probleme, ihre « Beschwerden »<br />
mitzuteilen. Im ganzen Land kamen die Menschen zusammen, um<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 53
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Links: Außenansicht des Musée Victor Schœlcher und der<br />
Erlass über die Exhumierung des Leichnams von Victor<br />
Schœlcher vor der Überführung ins Panthéon nach Paris.<br />
Oben: Gemälde « Die Abschaffung der Sklaverei in den<br />
französischen Kolonien 1848 » (von Auguste-François<br />
Biart, aus der Sammlung RMN/Château de Blérancourt).<br />
ihre Sorgen zu Papier zu bringen, in der Hoffnung, dass der König<br />
sie berücksichtigen werde. Überall machte man sich also daran, ganz<br />
konkrete und lokale Probleme zu beschreiben: die Schwierigkeiten, bestimmte<br />
Böden zu bestellen, Nachbarschaftszwiste, zu hohe Steuern,<br />
die Nichtberücksichtigung lokaler Besonderheiten usw. An Beanstandungen<br />
fehlte es nicht und alle dachten – denn das war ja schließlich<br />
die königliche Forderung – vor allem an ihre eigenen Probleme.<br />
Alle … außer ein paar wenigen Dörfern, darunter eben auch<br />
Champagney. Abgesehen von den Forderungen, die ihren Alltag betrafen,<br />
schlossen die Bewohner in ihr Cahier de Doléances auch einen<br />
überraschenden Artikel 29 ein, der wie folgt lautete:<br />
« Die Einwohner und Gemeinschaften von Champagney können nicht<br />
an die Übel denken, unter denen die Neger in den Kolonien leiden, ohne im<br />
Herzen einen tiefen Schmerz zu empfinden, wenn sie sich vorstellen, wie<br />
ihresgleichen, mit denen sie durch das doppelte Band der Religion verbunden<br />
sind, schlechter als Lasttiere behandelt werden … Sie lassen sich nicht davon<br />
überzeugen, dass man die Erzeugnisse dieser Kolonien nutzen kann, wenn<br />
man darüber nachdenkt, dass sie vom Blut ihresgleichen getränkt sind: Sie<br />
befürchten zu Recht, dass zukünftige aufgeklärtere und philosophischere Generationen<br />
die Franzosen aus diesem Jahrhundert anschuldigen, Menschenfresser<br />
gewesen zu sein, was im Widerspruch zum Begriff des Franzosen und<br />
noch mehr zu dem des Christen steht. Deshalb diktiert ihnen ihre Religion,<br />
Seine Majestät demütig zu bitten, die Mittel abzustimmen, um aus diesen<br />
Sklaven Untertanen zu machen, die dem Königreich und dem Vaterland<br />
nützlich sind. »<br />
Damit blickten diese Menschen, die zum Großteil Bauern und<br />
Bergarbeiter waren und noch niemals in ihrem Leben einen Schwarzen<br />
gesehen hatten – abgesehen von einem noch heute vorhandenen Bild in<br />
der Kirche, das einen Mann mit schwarzer Haut, den Heiligen Balthasar,<br />
darstellt –, über den Tellerrand ihrer eigenen Probleme hinaus und<br />
prangerten die Sklaverei an.<br />
Heute weiß man, dass die Champagnerots, wie man die Bewohner<br />
des Ortes nennt, nicht die Einzigen waren. Die Geschichtswissenschaftler<br />
Marcel Dorigny und Bernard Gainot haben in ihrem gut<br />
dokumentierten Atlas des esclavages: De l’Antiquité à nos jours (Editions<br />
Autrement) eine Frankreichkarte veröffentlicht, auf der verzeichnet ist,<br />
wo in den Cahiers de Doléances von 1789 überall Hinweise auf die Abschaffung<br />
der Sklaverei zu finden waren. Man zählt dabei mehr als 40<br />
Punkte, im Westen ebenso wie im Osten, jedoch im Wesentlichen im<br />
Norden des Landes. Die Autoren halten zu Recht fest, dass « die Hefte<br />
von 1789 entgegen der zu oft wiederholten Behauptungen zum Thema Sklaverei<br />
und Sklavenhandel nicht nahezu geschwiegen haben: Zu sagen, dass<br />
nur ein einziges Heft (das von Champagney) der Empörung der Einwohner<br />
angesichts der kolonialen Praxis Ausdruck verliehen hat, ist nicht richtig […]<br />
Die Realität war komplexer [und zeigt] ein, durch eine Linie zweigeteiltes<br />
Frankreich – durch eine Linie, die von der Basse Loire über Châtellerault<br />
(Vienne) und Charolles (Saône-et-Loire) bis ins Jura reicht und fast genau<br />
mit der Linie übereinstimmt, die den sehr alphabetisierten Teil Frankreichs<br />
vom wenig alphabetisierten trennt –: 80 % der Beschwerden über die Sklaverei<br />
wurden nördlich dieser Linie geäußert. » Und doch ist dieser Artikel<br />
29 der Bewohner von Champagney im Osten Frankreichs etwas<br />
Besonderes: Ihr Wunsch, die Sklaverei anzuprangern, ist nämlich klar<br />
und zutiefst menschlich. Er ist nicht ambivalent, wie in vielen anderen<br />
Cahiers de Doléances, die gleichzeitig auf das wirtschaftliche Interesse<br />
der Kolonien hinwiesen. Im Maison de la Négritude et des Droits de<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 55
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
Oben: Büste von Anne-Marie Javouhey im<br />
Haus der Familie in Chamblanc.<br />
Unten: Büste von Abbé Grégoire im Musée d’Emberménil.<br />
Rechte Seite: Château de Joux, Portrait von Toussaint<br />
Louverture und Blick vom Schloss auf das Tal.<br />
l’Homme gibt es drei Ausstellungsräume, in denen man mehr über die<br />
Besonderheit und den Stellenwert des Artikels 29, den Sklavenhandel<br />
im Europa des 15. bis 19. Jahrhunderts und die aktuelle Situation der<br />
weltweiten Sklaverei erfährt.<br />
Abgesehen von Champagney gibt es aber noch andere Orte, die<br />
einem das Bewusstsein darüber vermitteln, wie sensibel man in dieser<br />
Gegend mit der Abschaffung der Sklaverei umgegangen ist. Man erfährt<br />
vor allem, dass einige der dort lebenden Menschen ihre Region<br />
verließen, um sich vor Ort in den Kolonien selbst von der Situation<br />
zu überzeugen, und nach der Rückkehr ins französische Mutterland<br />
die Notwendigkeit verspürten, ihre Zeitgenossen über den<br />
Schrecken der Sklaverei zu informieren und für deren Abschaffung<br />
zu kämpfen. In Fessenheim beispielsweise, knapp<br />
90 Kilometer nordöstlich auf der Route des Abolitions, präsentiert<br />
das kommunale Museum Maison Schœlcher den mutigen<br />
Kampf von Victor Schœlcher (1875-1893). Der Staatssekretär<br />
für die Kolonien in der provisorischen Regierung der Französischen<br />
Republik ließ am 27. April 1848 über ein Dekret zur<br />
definitiven Abschaffung der Sklaverei in Frankreich abstimmen. In der<br />
Côte d’Or, in Chamblanc, begegnet man einer anderen wichtigen Persönlichkeit,<br />
die ebenfalls nach einer Reise in die Kolonien beschloss,<br />
gegen den Handel mit Schwarzen zu kämpfen: Schwester Anne-Marie<br />
Javouhey. Ihr Geburtshaus kann zwar nicht besichtigt werden, doch<br />
im nur vier Kilometer entfernten Jallanges gibt es einen Sentier historique<br />
und einen Forêt mémoire, um ihr Engagement zu würdigen. Beide<br />
Menschen waren der Region im Osten sehr verbunden und mutige und<br />
unverzichtbare Sprachrohre, die es verstanden, ihre Erkenntnisse zu<br />
vermitteln und so zur Veränderung der Mentalität in Frankreich beizutragen.<br />
Ihre Namen reihen sich in die Liste anderer berühmter Namen<br />
ein, die für den Kampf um die Abschaffung der Sklaverei stehen, wie<br />
Abbé Grégoire (1750-1831), dieser große Denker, den man auch den<br />
« Freund der Schwarzen » nannte. Seine Asche wurde 1989 nach Paris<br />
ins Panthéon überführt. Auf der Route des Abolitions erweist ihm<br />
in Emberménil, zwischen Metz und Colmar ein kleines Museum die<br />
Ehre.<br />
Neben dem Maison de la Négritude et des Droits de l’Homme in<br />
Champagney, das in gewisser Weise das « Herz » der Route des<br />
Abolitions darstellt, ist vielleicht das Château de Joux, einige Kilometer<br />
südlich von Pontarlier, die bewegendste Stätte, um den<br />
Weg bis zur Abschaffung der Sklaverei in Frankreich nachvollziehen<br />
zu können. Sie ist eng mit der Geschichte eines<br />
der Helden im Kampf um dieses Ziel verbunden: Toussaint<br />
Louverture (1743-1803). Er war selbst der Sohn eines Sklaven<br />
und organisierte 1791 einen Aufstand der Schwarzen gegen<br />
die Plantagenbesitzer in Santo Domingo (heute Haiti), eine<br />
Kolonie, die früher als « die Perle der Antillen » angesehen<br />
wurde. 1794 schloss er sich dem revolutionären Frankreich<br />
an, das die Sklaverei gerade abgeschafft hatte (die allerdings<br />
unter Napoleon Bonaparte dann wieder eingeführt wurde). Er<br />
wurde zum kommandierenden General der Armee von Santo<br />
Domingo ernannt, rief 1800 eigenmächtig die Unabhängigkeit<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Bourgogne-Franche-Comté<br />
Die Zelle von Toussaint Louverture<br />
im Château de Joux mit dem zum<br />
großen Teil zugemauerten Fenster; eine<br />
Treppe, über die man in die verschiedenen<br />
Etagen und zu den Zellen des Schlosses<br />
gelangt; Büste von Toussaint Louverture.<br />
der Stadt aus und machte sich selbst<br />
zum Gouverneur. Napoleon, dem<br />
dies natürlich gar nicht gefiel, ließ ihn<br />
gefangen nehmen, klagte ihn der Verschwörung<br />
an, deportierte ihn im Juni<br />
1802 in das französische Mutterland<br />
und sperrte ihn im Jura im Fort de Joux<br />
ein. Das Gebäude, das gewöhnlich<br />
auch La Bastille de l’Est genannt wird,<br />
liegt vollkommen isoliert in den Bergen<br />
und ist Wind, Schnee und Kälte<br />
ausgesetzt. Offensichtlich machte<br />
man sich das sadistische Vergnügen,<br />
den armen, an tropisches Klima gewöhnten<br />
Toussaint Louverture ohne<br />
Kleider und in einer Zelle, deren Luke<br />
zu drei Vierteln verdeckt war, « allmählich<br />
zugrunde gehen zu lassen ».<br />
1803 starb er dort, vermutlich an<br />
Hunger und Kälte, ohne dass<br />
jemand Notiz davon nahm.<br />
Die Unabhängigkeit seines<br />
Landes im Jahr 1804, nach<br />
einem 13 Jahre andauernden<br />
Befreiungskrieg, erlebte er somit<br />
nicht mehr. Und natürlich<br />
auch nicht das letzte französische<br />
Dekret vom 27. April<br />
1848 zur Abschaffung der<br />
Sklaverei, für das Victor<br />
Schœlcher so gekämpft hatte.<br />
Kehrt man nach der Besichtigung<br />
dieser Zelle im Château de Joux,<br />
dort oben in den unwirtlichen, kalten<br />
und feuchten Bergen, wieder zurück<br />
auf die Route des Abolitions, so weiß<br />
man, dass diese Erinnerung für<br />
immer im Gedächtnis haften wird.<br />
Man möchte noch mehr darüber<br />
erfahren. Also beschafft man sich<br />
Informationen und entdeckt, dass<br />
die französische Monarchie erst am<br />
5. Juli 1825, also 21 Jahre nach der Unab<br />
häng igkeit Haitis, die neue Republik offiziell<br />
anerkannte, indem sie « den<br />
aktuellen Bewohnern<br />
des<br />
französischen<br />
Teils<br />
der Insel<br />
S a n t o<br />
Domin go<br />
die vollumfäng<br />
liche<br />
Un ab häng ig keit<br />
ihrer Re gierung » zu-<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
A34/E46<br />
Jumièges<br />
Rouen<br />
A26/E17<br />
A10/E5<br />
A13/E5<br />
Evreux<br />
Dreux<br />
A16<br />
A6/E15<br />
zur Dominikanischen Republik A5/E54<br />
Chartres<br />
A11/E50<br />
Blois<br />
A10/E5-E60<br />
Tours Chenonceau<br />
A85<br />
Souillac sur<br />
Dordogne<br />
da<br />
gestand. Vor dem Auf stand, der<br />
schließlich zur Unab hängigkeit<br />
1804 führte, hatten sich die<br />
PARIS<br />
ehemaligen Herren und Kolonisten<br />
im östlichen Teil der Insel<br />
Versailles<br />
zusammengefunden, der dann<br />
wurde. Aus dem westlichen Teil,<br />
auf dem die ehemaligen Sklaven<br />
lebten und den man als « den<br />
A10/E5<br />
französischen Teil » bezeichnete,<br />
wurde Haiti. Orléans Diesem Gebiet also,<br />
das im Prinzip bereits seit mehr als<br />
20 Jahren frei war, « gestand » der<br />
französische König dann 1825 die<br />
Chambord<br />
Unabhängigkeit zu … Eine teuer<br />
Cheverny<br />
bezahlte Unabhängigkeit, denn als<br />
A71/E9<br />
Gegenleistung für diese Anerkennung<br />
musste Haiti sich verpflichten,<br />
fünf Jahre lang jeweils 30<br />
Bourges<br />
Millionen Francs-or an Frankreich<br />
zu bezahlen, A20/E9 um die Kolonisten zu<br />
A71/E11<br />
Montluçon<br />
entschädigen. Ein unglaublich hoher<br />
Betrag, wenn man weiß, dass<br />
das jährliche Budget Frankreichs<br />
damals genau … 30 Millionen<br />
Francs-or betrug! Haiti, das natürlich<br />
nicht in der Lage war, diesen<br />
Betrag aufzubringen, musste<br />
sich verschulden. Wie Christiane<br />
Taubira in ihrem Buch ganz folgerichtig<br />
bemerkte, « hat die Republik<br />
Limoges<br />
Haiti eineinhalb Jahrhunderte später,<br />
ausgeblutet, 80 % des Darlehens<br />
sowie hohe Zinsen zurückgezahlt.<br />
Die haitische Staatskasse hatte sich<br />
bei großen Banken wie Laffitte,<br />
Tulle<br />
Rothschild, Brive-la-Gaillarde dann bei der Banque de<br />
Le Pescher l’Union parisienne und der City National<br />
Bank Saillac verschuldet …» In der<br />
Tat ist das weit von der « Legende<br />
Payrac der Aufklärung Rocamadour » entfernt …<br />
A20/E9 Die Route des Abolitions macht<br />
France<br />
A4/E50<br />
A71/E11<br />
nachdenklich, das ist einer ihrer<br />
großen Pluspunkte. Diese Initiative<br />
einiger Regionen im Osten<br />
Frankreichs ist in mehrfacher<br />
Hinsicht beispielhaft. Sie macht<br />
neugierig und regt dazu an, sich<br />
relevante Fragen zu dieser dunklen<br />
Zeit der Geschichte Frankreichs,<br />
Europas und der ganzen<br />
Welt<br />
Toulouse<br />
zu stellen. Und sie gibt Gelegenheit,<br />
diese Gegend auf ganz<br />
andere und interessante Art zu<br />
entdecken.<br />
A6/E15<br />
A26/E17<br />
A5/E17-E54<br />
A38<br />
A6/E15<br />
A31/E17-E21<br />
Lesetipps & Reiseinfos<br />
A31/E21-E23<br />
Für alle, die<br />
noch tiefer<br />
einsteigen<br />
möchten:<br />
Saint-Guilhemle-Désert<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 67: Salins-les-<br />
Clermont-<br />
A72/E70 Bains – Salz, das weiße Gold<br />
Ferrand<br />
prägt eine ganze Region (<strong>68</strong> km<br />
Lyon<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
entfernt)<br />
Salz war schon<br />
A75/E11<br />
A43/E70<br />
immer ein wichtiges<br />
le Mont-Dore<br />
Lebensmittel. Im Laufe<br />
St.-Etienne<br />
der Jahrhunderte<br />
wurde es auch zu<br />
einer politischen und<br />
ökonomischen Ware, A49/E713<br />
die der Besteuerung unterworfen war. Salinen<br />
stellen heute ein historisches und kulturelles Erbe<br />
Valence<br />
Aurillac<br />
erster Güte dar, sind oft sogar als Weltkulturerbe<br />
klassifiziert und werden zudem immer mehr zu<br />
Crest<br />
Die<br />
einem touristischen Anziehungspunkt.<br />
Narbonne<br />
A81/E80<br />
Limoux<br />
A9/E15<br />
Sens<br />
A75/E11<br />
Troyes<br />
Reims<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof ist Belfort-<br />
Montbéliard Briançon (27 km).<br />
Châlons-en-<br />
Champagne<br />
A7/E15 Saillans<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />
DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />
SIE AUF SEITE 86.<br />
Rayol-<br />
Canadelsur-Mer<br />
· <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · Frankreich erleben 59<br />
Christiane Taubira,<br />
L’esclavage raconté<br />
Lodève<br />
à ma fille, Philippe<br />
Montpellier<br />
Rey Verlag, 2015, 192<br />
Seiten,<br />
A9/E15<br />
ISBN: 978-<br />
Bézier 2848764665.<br />
Beaune<br />
Cluny<br />
A9/E15<br />
Nîmes<br />
A54/E805<br />
Arles<br />
Dijon<br />
Chalon-sur-Saône<br />
Orange<br />
A4/E50<br />
Metz<br />
Chamblanc<br />
Avignon<br />
A7/E15<br />
Aix-en-<br />
Provence<br />
A55<br />
Marseille<br />
Apt<br />
A4<br />
A31/E21-E23<br />
Emberménil<br />
France<br />
Champagney<br />
La Cluse<br />
et Mijoux<br />
A4/E25<br />
A35<br />
Schweiz<br />
Champagney Annecy (Maison de la Négritude et des<br />
Droits de l’Homme) …<br />
… Berlin 910 km … Hamburg 861 km<br />
… Köln 4<strong>68</strong> km … Frankfurt 374 km<br />
… München 481 km … Wien 895 km<br />
Chambéry … Zürich 178 km … Paris 404 km<br />
… Mühlhausen 60 km … Belfort 18 km<br />
A52<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus dem<br />
deutschsprachigen Raum direkt angeflogen<br />
Grenoble wird, ist Basel-Mühlhausen (88 km).<br />
Torino<br />
A50<br />
Nancy<br />
Besançon<br />
Italien<br />
Maison de la Négritude et des Droits de<br />
l’Homme<br />
24, Gap grande Rue<br />
70290 Champagney<br />
Telefon: +33 (0)3 84 23 25 45<br />
www.maisondelanegritude.fr<br />
Adressen, Preise und Öffnungszeiten der<br />
diversen Orte der France<br />
Route des Abolitions finden<br />
A51/E712<br />
Sie auf www.abolitions.org.<br />
A8/E80<br />
Toulon<br />
Genève<br />
A57<br />
Saarbrücken<br />
Colmar<br />
Fessenheim<br />
Cannes<br />
A8/E80<br />
Strasbourg<br />
Mulhouse<br />
A36/E60<br />
Belfort<br />
Basel<br />
Lausanne<br />
Bern<br />
A35<br />
A5/E35<br />
Freiburg<br />
Ka<br />
Deutschla<br />
Nice
ADVERTORIAL<br />
Burgund-Franche-Comté<br />
ABSEITS DER TOURISTENSTRÖME<br />
Burgund-Franche-Comté ist eine Region zum Staunen. Natürlich<br />
kennt man Dijon, Besançon oder Vézelay. Aber da gibt es noch so<br />
viele andere Schätze wie in einem Schmuckkästchen. Städte, sakrales<br />
Kulturerbe, erstaunliche Museen und selbst eine italienische<br />
Villa laden abseits der ausgetretenen Pfade zu einer Reise ein.<br />
Dole<br />
Möchte Dole seinen deutschen Besuchern noch besser gefallen? Kürzlich<br />
wurden hier zwei Craftbeer-Brauereien gegründet. Die « Brasserie Dolen »<br />
und die « Brasserie Doloise » stellen jetzt Bier nach deutschem Reinheitsgebot<br />
her, obwohl die Region eher für ihre Weine bekannt ist. Dole ist die Stadt des<br />
Schriftstellers Marcel Aymé und des Wissenschaftlers Louis Pasteur. Im Geburtshaus<br />
von Pasteur ist heute ein Museum untergebracht. Die Stiftskirche<br />
Notre-Dame beeindruckt durch ihren gewaltigen Kirchturm. Auch das Hôtel-<br />
Dieu ist ein imposantes Gebäude im Renaissance-Stil. Nicht weit davon spielt<br />
der Fluss Doubs für die Stadt eine wichtige Rolle. Hier kann man ein Hausboot<br />
für eine Woche chartern oder aber mit Elektrobooten angenehme Stunden auf<br />
dem Wasser verbringen.<br />
Montbéliard<br />
Oben: Die romantische Altstadt von<br />
Dole lädt mit historischen Brücken über<br />
romantische Kanäle zum Spazieren<br />
ein. Das Museum im Geburtshaus<br />
von Louis Pasteur bietet spannende<br />
Einblicke in die Geschichte der Stadt.<br />
Unten: Montbéliard begeistert seit<br />
dreißig Jahren Oldtimer- und Technikfans<br />
mit dem nahe gelegenen Peugeot-<br />
Museum. Nicht nur Kinder haben<br />
Spaß im Park der Wissenschaften,<br />
einem der vielen attraktiven<br />
Anlaufpunkte mitten in der Stadt.<br />
In Montbéliard blickt man schon jetzt mit Spannung auf die nächste Adventszeit.<br />
Die Stadt mit historischen Wurzeln nach Württemberg bietet einen<br />
sehr bekannten Weihnachtsmarkt unter dem Namen « Les Lumières de Noël »<br />
(Die Lichter der Weihnacht). Montbeliard ist stolz auf sein Schloss, ein Vermächtnis<br />
der Renaissance, die erste evangelische Kirche in Frankreich und den<br />
Pavillon der Wissenschaften im Park Pré La Rose. Ganz in der Nähe fasziniert<br />
das Peugeot Museum in Sochaux. <strong>2018</strong> hat dieses Museum gleich mehrere<br />
Geburtstage, darunter sein 30-jähriges Bestehen, das gebührend gefeiert wird.<br />
Sägeblätter, Kaffeemühlen, Nähmaschinen, Werkzeug, Fahrräder und Motorräder,<br />
Autos aus allen Epochen, neue Sportwagen und futuristische Concept-<br />
Cars…<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
ADVERTORIAL<br />
Vesoul<br />
Vesoul ist jedem Franzosen durch das berühmte Chanson von Jacques Brel<br />
bekannt. Die Stadt liegt etwa 150 Kilometer westlich von Freiburg/Breisgau im<br />
einzigen französischen Departement ohne Autobahn. Hier geht man die Dinge<br />
eben noch gelassen an. 1824 wurde hier der herausragende Historienmaler<br />
Jean-Léon Gérôme geboren. Es scheint, dass seine Gemälde die Trilogien Star<br />
Wars beeinflusst haben. Werke des Künstlers sind im Museum für Kunst und<br />
Archäologie Georges Garret zu finden. Das Museum liegt unterhalb des Stadtberges<br />
« La Motte » in der Altstadt. Überhaupt überrascht die Innenstadt von<br />
Vesoul mit historischen Gebäuden aus dem 15.-18. Jahrhundert und der Kirche<br />
Saint Georges. In der Nähe der Stadt zieht der 95 Hektar große Lac de Vaivre<br />
Liebhaber von Wassersportarten an.<br />
Sens<br />
Die Stadt Sens macht mit ihrer Blumenpracht einen sehr aparten Eindruck.<br />
Die 25.000 Einwohner sind stolz auf « Saint-Etienne », die erste gotische Kathedrale<br />
Frankreichs. Das Gotteshaus wurde ab 1140/45 erbaut. Die Statuen<br />
der zwölf Apostel sind in der französischen Revolution verschwunden. Die des<br />
Heiligen Stephanus, Namenspatron der Kathedrale, wurde jedoch von den Revolutionären<br />
verschont, weil ihm ein Bürger von Sens eine Jakobinermütze aufgesetzt<br />
hatte. Der Kirchenschatz, von immensem Reichtum, ist im Palast der<br />
Erzbischöfe zu bestaunen. Bei einem Spaziergang fallen Fachwerkhäuser auf,<br />
besonders das Haus Abraham aus dem 16. Jahrhundert. Auch das 19. Jahrhundert<br />
war eine Blütezeit für Sens, in der prächtige Gebäude wie das Stadtpalais,<br />
die Markthalle, das Theater, und das Rathaus entstanden.<br />
Prieuré de la Charité-sur-Loire<br />
Im äußersten Westen Burgunds liegt La Charité-sur-Loire am Ufer des großen<br />
Stroms mit einem der schönsten romanischen Sakralensembles der Region.<br />
Die Priorats-Kirche steht seit 1998 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes<br />
und wurde hervorragend restauriert. 1059 vom einflussreichen Cluny-<br />
Orden gegründet war der Ort eine der wichtigsten Etappen des Jakobsweges<br />
nach Santiago de Compostella. Trotz des Verlustes ihres romanischen Portals<br />
und der ursprünglichen Schiffe, bleibt die Kirche ein imposantes Bauwerk. Die<br />
Küchen, das Refektorium, die Stallungen und der Wohntrakt des Priors sind<br />
erhalten. Die Schönheit verdankt die Kirche hauptsächlich ihrem reichhaltigen<br />
Dekor, den bemerkenswerten Kapitellen und Pilastern und den zwei Tympana.<br />
Kulturveranstaltungen und Festivals während der Sommermonate.<br />
Villa Palladienne<br />
Oben rechts: Das Stadtzentrum von<br />
Vesoul. Darunter: Der Marktplatz von Sens.<br />
Unten: Das Priorat von La Charitésur-Loire<br />
fasziniert durch seinen<br />
wundervollen romanischen Baustil.<br />
Darunter: Die Villa Palladienne ist seit<br />
ihrer Erbauung ein Ort der Kultur.<br />
Vor genau 200 Jahren wurde das Château de Syam, das auch als « Palladianische<br />
Villa » bekannt ist, erbaut. Man wundert sich, ein solches Gebäude im<br />
Jura zu finden, fühlt sich eher in die Toskana versetzt, aber die Erklärung ist<br />
einfach: Emmanuel Jobez ließ sich auf einer Italienreise inspirieren. Die Villa<br />
ist quadratisch um ein Peristyl mit acht Säulen angelegt und hat, wie ein<br />
Theater, drei kreisförmige Balkone. Die Dekoration erinnert an Pompei. Die<br />
Erstbesitzer waren einflussreiche Eisenwerkbesitzer, Erfinder, Dichter, Politiker.<br />
Konzerte, Vorträge, Ausstellungen, literarische Treffen, Empfänge und<br />
Hochzeiten beleben die Villa. Auch für Besichtigungen ist die Anlage geöffnet.<br />
Möbelstücke des Empire und eine einzigartige Sammlung von Panorama-Tapeten<br />
sind besonders interessant.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 61
ADVERTORIAL<br />
Musée des Maisons Comtoises<br />
Das in seiner Art einzigartige Freilichtmuseum der Häuser der Comté befindet<br />
sich in Nancray auf einem 15 Hektar großen Gelände und lädt zum Spazieren ein.<br />
Authentische Häuser der Franche-Comté aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, die an<br />
ihrem ursprünglichen Standort ab- und auf dem Gelände sorgfältig wieder aufgebaut<br />
worden sind, bringen den Besuchern das Leben unserer Vorfahren näher. Um<br />
die Häuser werden Themengärten biologisch angebaut. Das Museum dokumentiert<br />
auch die Beziehungen, die sich zwischen Mensch und Tier entwickelt haben<br />
und trägt zur Rettung alter Haustierrassen bei. Es beherbergt Bienen in einem<br />
Bergbienenhaus aus dem 19. Jahrhundert. In der landschaftlich gestalteten Umgebung<br />
mit Teich, Unterholz, Wegen, Obstgärten und Hecken atmet man einmal<br />
richtig durch.<br />
Espace des Mondes Polaires<br />
Ein Museum der Polarwelten im Juragebirge? Alles geht auf den Polarforscher,<br />
Ethnologen und Schriftsteller Paul-Emile Victor zurück, der aus der Region<br />
stammt. Der Komplex umfasst eine Eislaufbahn, ein Museum mit einzigartigen<br />
Ausstellungstücken, ein Restaurant, ein Auditorium und einen Polargarten. Man<br />
wird direkt in die Polarwelten von Arktis und Antarktis versetzt. Wie eine auf dem<br />
Packeis isolierte Polarbasis will das Gebäude möglichst energieunabhängig sein.<br />
Harmonisch fügt es sich in das für das Juragebirge typische Dorf Prémanon ein.<br />
Der Besucher taucht in die Welt der Eisbären, Pinguine und Polarexpeditionen ein.<br />
Staunen kann man über Kajaks, Bekleidung, Jagd- und Fischausrüstung, Harpunen,<br />
Spielzeug und auch Tonzeugnisse. Zudem werden Wechselausstellungen organisiert.<br />
Oben: Im Freilichtmuseum « Musée des<br />
Maisons Comtoises » kann man das Leben<br />
des 17. Jahrhunderts nachempfinden.<br />
Darunter: Mitten im Juragebirge<br />
findet sich das Polar-Museum.<br />
Unten: Avallon besticht durch seine<br />
authentisch gebliebene Festungsstruktur.<br />
Darunter: Joigny an der Yonne.<br />
Avallon<br />
Avallon mit seinen 7000 Einwohnern liegt auf einem Felssporn über dem Tal des<br />
Cousin. Während des Mittelalters entstand der wehrhafte Ort, dessen Stadtmauern<br />
und Türme noch heute zu sehen sind. In den Kopfsteinpflasterstraßen der Altstadt<br />
geht man auf Zeitreise. Das « Musée de l’Avallonnais » dokumentiert die Geschichte<br />
von den Kelten bis heute. Auch der Uhrturm ist sehr sehenswert. Etwas weiter,<br />
in der Hostellerie de la Poste, hat im März 1815 Napoleon übernachtet. Besonderer<br />
Anziehungspunkt ist jedoch die Stiftskirche Saint Lazare, die im Mittelalter vom<br />
Herzog von Burgund Reliquien des Heiligen Lazarus bekommen haben soll. Samstagmorgens<br />
findet in der Innenstadt ein quirliger Markt statt und ganz in der Nähe<br />
von Avallon können die Höhlen von Arcy-sur-Cure besichtigt werden.<br />
Joigny<br />
TEXTE: JORG HARTWIG. FOTOS: DOLE: SANDRINE<br />
BAVEREL, BFC TOURISME · MONTBÉLIARD: SAMUEL<br />
CARNOVALI, MICHEL JOLY · VESOUL: BFC TOURISME ·<br />
SENS: ALAIN DOIRE, BFC TOURISME · LA CHARITÉ-<br />
SUR-LOIRE: ALAIN DOIRE · VILLA PALLADIENNE:<br />
CHATEAU DE SYAM · MUSÉE DES MAISON<br />
COMTOISES: ALAIN DOIRE, BFC TOURISME · ESPACE<br />
DES MONEDS POLAIRES: BLATIK · AVALLON: OTI<br />
- VANS · JOIGNY: ALAIN DOIRE, BFC TOURISME<br />
Von Joigny sieht man zunächst die Brücke mit den fest im Fluss verankerten<br />
riesigen Bögen. Dann kommt man in das historische Zentrum der Stadt, das sich<br />
stufenförmig am rechten Yonne-Ufer erstreckt. Dort macht das Schlendern durch die<br />
schmalen, gewundenen Gassen Spaß. Drei historische Stadtviertel gibt es zu entdecken:<br />
Saint-Jean mit seinen typischen Fachwerkhäusern, Saint-Thibault das Viertel<br />
der Handwerker und Händler und das Winzerviertel Saint-André. Überall entdeckt<br />
man architektonische Details und kunsthandwerkliche Ateliers. Die Relikte der<br />
Stadtmauer und der mittelalterlichen Tore beeindrucken noch heute. Aus der Renaissance<br />
stammen die eleganten Renaissancefassaden des Gondi-Schlosses. Joigny ist<br />
auch ein beliebter Ausgangspunkt für Hausbooturlaub in der Region.<br />
Weitere Infos unter:<br />
kulturerbe.bourgognefranchecomte.com<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />
Les Sentiers<br />
Eine Fotoausstellung<br />
unter freiem Himmel<br />
im Herzen der Vogesen<br />
Bis Mitte November findet in Le Haut-du-Tôt,<br />
der höchstgelegenen Gemeinde der Vogesen,<br />
die dritte Ausgabe der beispiellosen<br />
Fotoausstellung Les Sentiers de la photo statt.<br />
Diese großartige Initiative entstand durch die<br />
einfallsreiche Idee einiger Freunde, mitten in<br />
der Natur, zwischen bestellten Feldern und<br />
Pinienwäldern, eine in ihrer Art einzigartige<br />
Freiluftgalerie zu installieren. Sie lädt zu einem<br />
unvergleichlichen, drei Kilometer langen<br />
Spaziergang durch die prachtvolle Landschaft<br />
ein, bei dem man mehr als 130 großformatige<br />
Fotos der besten regionalen und<br />
internationalen Fotografen entdecken kann.<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
de la photo<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 65
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Unglaublich ». Das ist vermutlich das erste Wort, das<br />
einem in den Sinn kommt, wenn man diese « Fotowege<br />
» zum ersten Mal entdeckt. Ob bei schönem<br />
Wetter, bei Regen oder – besser noch – wenn Dunst oder<br />
sogar Schnee (!) für eine geheimnisvolle Atmosphäre sorgen:<br />
Der Anblick dieser Fotos, die plötzlich wie aus dem Nichts<br />
zwischen zwei Tannen auftauchen, versetzt nicht nur in<br />
Staunen, sondern berührt auch unweigerlich. Dabei ist das<br />
Prinzip einer Fotoausstellung unter freiem Himmel heute<br />
bei Weitem nichts Außergewöhnliches mehr. Beim Recherchieren<br />
stellt man schnell fest, dass es solche Veranstaltungen<br />
sogar sehr häufig gibt, vor allem in Städten. Paris war<br />
diesbezüglich in Frankreich beispielsweise Vorreiter. Seit<br />
2003 werden auf Initiative des Senats jedes Jahr am Zaun<br />
des Jardin du Luxembourg (6. Arrondissement) riesige Fotos<br />
ausgestellt. Inzwischen haben zahlreiche Städte diesen<br />
Trend ebenfalls aufgegriffen und nutzen die Begeisterung<br />
des Publikums für derartige Freiluftausstellungen. Doch in<br />
der freien Natur, in einer Höhe von mehr als 840 Metern,<br />
im Herzen des Bergmassivs der Vogesen, ist man auf so etwas<br />
nicht gefasst. Hier bekommt der Begriff Freiluftgalerie<br />
eine ganz andere Dimension. Ganz ohne Zweifel bietet sich<br />
dem Besucher ein Erlebnis, das über den reinen Besuch einer<br />
Ausstellung hinausgeht …<br />
Vermutlich ist bereits die Fahrt an diesen Ort nicht<br />
ganz unschuldig daran. Nach Le Haut-du-Tôt kommt man<br />
in der Regel nicht zufällig, und den Besuch der Sentiers de<br />
la photo hat man mit ziemlicher Sicherheit vorbereitet. Von<br />
der nächstgelegenen Stadt Gérardmer fährt man mit dem<br />
Auto unter normalen Umständen rund zwanzig Minuten in<br />
das höchstgelegene Dorf der Vogesen; die Strecke gibt bereits<br />
einen Vorgeschmack darauf, welcher « Tapetenwechsel<br />
» einen dort oben erwartet. Die Straße schlängelt sich<br />
durch die Berge und bietet einige herrliche Panoramablicke<br />
hinunter ins Tal. Dies ist eine Gelegenheit, die Unruhe von<br />
« dort unten » hinter sich zu lassen und Stress abzubauen.<br />
Kommt man in Le Haut-du-Tôt an, verstärkt sich dieses<br />
Gefühl noch. Das winzige Dorf erscheint vollkommen<br />
friedlich: eine Handvoll Häuser, eine hübsche Kirche, eine<br />
Bar-Créperie mit einer Terrasse und einigen Tischen. Das<br />
ist alles. Und doch spürt man sofort, dass dies reicht, um<br />
glücklich zu sein.<br />
Das bestätigt uns auch Laurence, die das Lokal seit<br />
2011 führt. « Le Haut-du-Tôt ist ein magischer Ort »,<br />
vertraut sie uns an, als sie uns die köstliche, gerade frisch<br />
zubereitete Crêpe mit Wildheidelbeerkonfitüre bringt.<br />
Schließlich muss man sich ja stärken, bevor man die drei<br />
Kilometer der « Fotowege » in Angriff nimmt! « Es stimmt<br />
schon, dieser Ort liegt am Ende der Welt. Aber das Leben<br />
ist so bereichernd hier. Nehmen Sie nur die Geschichte<br />
der Sentiers de la photo: Sie sind durch die Idee einiger<br />
Freunde entstanden. Eine etwas verrückte Idee. Wenn<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 67
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />
man genauer darüber nachdenkt, vielleicht<br />
sogar total verrückt! Offen gestanden kenne<br />
ich mich da nicht sehr aus, aber Fotos mitten<br />
im Niemandsland, in den Bergen, unter<br />
freiem Himmel auszustellen, und das noch<br />
mehrere Monate lang, bei Sonne, Regen,<br />
sogar Schnee: Ich glaube, das ist schon eine<br />
ziemliche Herausforderung. Mir erschien das<br />
eindeutig bizarr. Aber sie haben es riskiert,<br />
und sogar uns, den Einwohnern, hat das<br />
Ergebnis vom ersten Augenblick an sofort<br />
gefallen. Auch wir wollten sofort an den<br />
Erfolg glauben und die Idee unterstützen.<br />
Genau so funktioniert das hier in Le Hautdu-Tôt:<br />
Man riskiert verrückte Dinge, denn<br />
im Grunde genommen sind wir frei … »<br />
Man kommt um die Feststellung nicht umhin, dass<br />
sich das Risiko ausgezahlt hat. Kamen bei der ersten Ausgabe<br />
der Ausstellung – die im Juni beginnt und bis November<br />
dauert – im Jahr 2016 « nur » 10 000 Besucher, so<br />
stieg diese Zahl im Jahr 2017 bereits auf 25 000: eine rasante<br />
Zunahme! Doch glücklicherweise ist dies nichts, was<br />
das Leben des kleinen Dorfes aus den Grundfesten wirft.<br />
Alles organisiert sich ganz natürlich, fast wie von selbst.<br />
Man muss wissen, dass die Besucher den Dorfbewohnern<br />
insofern ähnlich sind, als dass sie Natur und Umwelt ebenfalls<br />
sehr respektieren. Es ist zwar möglich, sein Fahrzeug<br />
direkt beim offiziellen Ausgangspunkt des Rundwegs (Les<br />
Jardins de Bernadette) zu parken, doch viele Besucher<br />
laufen gerne noch etwas weiter und möchten so früh wie<br />
möglich auf ihr Fahrzeug verzichten, daher stellen sie es<br />
bereits weitaus früher ab. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert,<br />
sodass keine Gefahr besteht, sich zu verlaufen.<br />
Les Jardins de Bernadette sind also der offizielle Ausgangspunkt<br />
der Sentiers de la photo. Dieser Ort liegt rund<br />
<strong>68</strong> · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
einen Kilometer vom Dorfplatz entfernt und stellt quasi<br />
das Zentrum des verrückten Projektes dar. Hier verkauft<br />
Alain Grandemange – der Sohn von Bernadette, die den<br />
Gärten ihren Namen gab – Duft-, Gewürz- und Arzneipflanzen,<br />
die er mit tiefem Respekt vor der Umwelt<br />
selbst kultiviert. Alain begeistert sich für die Fotografie<br />
und lud vor einigen Jahren, als er noch in Metz lebte, den<br />
international renommierten Fotografen und Spezialisten<br />
für Aufnahmen unter Extrembedingungen, Vincent<br />
Munier, für eine Fotopräsentation in seinen Fotoclub ein.<br />
Die beiden Männer freundeten sich schnell an. Da beide<br />
aus den Vogesen stammen, trafen sie sich immer wieder<br />
in ihrer Heimat, besonders als Alain wieder dorthin zurückgekehrt<br />
war. Vincent besaß damals einige großformatige<br />
Fotoabzüge von einer Ausstellung in der Bretagne:<br />
wunderschöne Aufnahmen aus der Arktis, vor allem von<br />
Wölfen. Als Alain sie sah, sagte er sich,<br />
dass es schade sei, sie unter Verschluss<br />
zu halten. Er schlug vor, sie im Freien<br />
auszustellen, mitten in den Kulturflächen<br />
der Jardins de Bernadette.<br />
Einfach so, aus Freude. Angesichts der<br />
klimatischen Bedingungen war die Idee<br />
etwas ungewöhnlich. Egal. Die beiden<br />
Freunde machten sich mit Unterstützung<br />
einiger Helfer sofort ans<br />
Werk, entwarfen eine Art « Parcours<br />
» durch die Gärten, schlugen<br />
die ersten Pfosten ein, hingen<br />
die Fotos auf und luden die Dorfbewohner<br />
zur Begutachtung des<br />
Ergebnisses ein. Es war ein voller Erfolg. Durch Mundzu-Mund-Propaganda<br />
kamen täglich neugierige Besucher,<br />
um diese originelle Freiluftgalerie zu besichtigen. So<br />
waren im Jahr 2016 die Sentiers de la photo geboren.<br />
Angesichts des Erfolges bauten die beiden Initiatoren<br />
nach und nach ihre Helferschaft aus und verbesserten<br />
die Organisation; Ende 2016 gründeten sie dann einen<br />
Verein. Die Spezialistin für Raumentwicklung Stéphanie<br />
Rauscent, der Grafiker Yann Godé, der Fotograf Michel<br />
Laurent sowie der Hochschullehrer Pascal Triboulot ergänzten<br />
das Team. Jeder brachte seine Leidenschaft und<br />
sein Know-how ein. Für die Ausgabe 2017 entschied man<br />
sich für das Thema « Heiliges Land: von den Vogesen nach<br />
Amerika ». Die Themenstellung für die dritte Ausgabe in<br />
diesem Jahr lautet: « Tibet: vom Dach der Vogesen zum<br />
Dach der Welt ». Vier Fotografen – Caroline Riegel,<br />
Entlang der 3 km langen Strecke sind fünf<br />
großformatige Fotoserien ausgestellt: Le<br />
temps d’un hiver von Frédéric Lemalet,<br />
Tibet, face animale von Vincent Munier,<br />
Un demi-siècle dans l’Himalaya von<br />
Matthieu Ricard, Semeuses de joie von<br />
Caroline Riegel sowie die 2017 beim<br />
Festival de la photo animalière et de nature<br />
in Montier-en-Der prämierten Fotos.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 69
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />
Matthieu Ricard, Frédéric Lemalet und nach wie vor Vincent<br />
Munier – präsentieren inmitten der Jardins de Bernadette<br />
und – in Absprache mit dem Office national des forêts<br />
(ONF) – mittlerweile auch in den umliegenden Wäldern<br />
die tibetanische Hochebene aus ihrem Blickwinkel. Die<br />
Arbeit dieser international renommierten Berufsfotografen,<br />
die üblicherweise in großen Galerien auf der ganzen<br />
Welt ausstellen, bekommt in diesem natürlichen Umfeld<br />
eine ganz andere Dimension. Wenn die von Frédéric Lemalet<br />
festgehaltenen Gesichter tibetanischer Kinder mit<br />
ihrem tiefen Blick plötzlich aus dem Wald auftauchen,<br />
so ist das ein besonders berührender Moment. Vincent<br />
Muniers unglaubliche Fotos wilder Tiere –<br />
darunter einmalige und extrem seltene Aufnahmen<br />
von Schneeleoparden – wirken noch<br />
ergreifender, wenn sie mitten in der Natur<br />
installiert sind. Die Magie von Ausstellung<br />
und Umfeld projiziert diese Tiere plötzlich<br />
in eine natürliche, unberührte Umgebung.<br />
Man stellt fest, dass sie dort viel passender erscheinen,<br />
als dies in einer Galerie oder einem<br />
Museum der Fall sein kann. Die Wirkung ist<br />
ergreifend.<br />
Kommt man dann an den Ausgangspunkt,<br />
also zu den Jardins de Bernadette, zurück,<br />
realisiert man, welch großzügiges Projekt<br />
die Sentiers de la photo im Grunde genommen<br />
sind. Abgesehen von der Tatsache,<br />
dass die Ausstellung von der Morgen- bis zur<br />
Abenddämmerung kostenlos und frei zugänglich ist, basiert<br />
sie eindeutig auf dem noblen Gedanken des Teilens.<br />
Des Teilens einer Vorstellung vom Respekt vor Natur und<br />
Umwelt zum einen, zum anderen aber auch des Teilens eines<br />
bestimmten Bewusstwerdens darüber, wie notwendig<br />
es ist, sich Zeit zu nehmen und die Schönheit der Welt zu<br />
betrachten. In diesem Zusammenhang fordern uns diese<br />
« Fotowege » dazu auf, innezuhalten und diese Schönheit<br />
auf uns wirken zu lassen. Es unserem Blick zu erlauben,<br />
den gewohnten Rahmen zu verlassen. Es sich selbst zu<br />
erlauben, die Welt in ihrer Gesamtheit zu sehen. Eine<br />
schöne Lektion!<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Interview:<br />
Vincent Munier (Fotograf)<br />
Vincent Munier, Sie stellen Ihre<br />
Fotos heute auf der ganzen Welt<br />
aus und reisen selbst kreuz und<br />
quer über unseren Planeten. Inwieweit<br />
sind die Vogesen für Sie<br />
eine besondere Gegend, an der Sie<br />
speziell hängen?<br />
Die Vogesen haben mich zu<br />
dem gemacht, der ich bin. Ich<br />
bin rund 45 Minuten von Le<br />
Haut-du-Tôt entfernt aufgewachsen und hatte das Glück,<br />
dass meine Eltern mir beibrachten, über die Schönheit der<br />
Natur zu staunen. Im Nebel der Vogesen habe ich meine<br />
ersten visuellen Emotionen erlebt. Ich erinnere mich noch<br />
genau daran, wie ich im Alter von zwölf Jahren hier mein<br />
erstes Foto schoss. Inzwischen fotografiere ich seit 30 Jahren<br />
auf der ganzen Welt, aber selbst wenn ich durch die<br />
Arktis oder durch Tibet reise, habe ich immer das Bedürfnis,<br />
in die Vogesen zurückzukehren. Ein Eichhörnchen,<br />
eine Meise oder einen Fuchs zu fotografieren, ist für mich<br />
immer noch genauso magisch wie früher. Diese Gegend<br />
ist ein Teil von mir. Selbstverständlich gibt es auch an<br />
anderen Ecken der Welt unberührte Natur, aber die der<br />
Vogesen ist einzigartig.<br />
Nehmen<br />
Sie die Wälder: Es<br />
gibt dort Moose,<br />
Flechten, Tannen, die man nirgendwo anders findet. Und<br />
die Belchen, diese alten, stark erodierten Berge mit ihren<br />
leicht sinnlichen Formen sind einfach wunderschön. Alles<br />
ist eine Frage des Blickes. Hier gibt es ein unglaubliches<br />
Naturerbe, das zudem noch frei zugänglich ist.<br />
Welches ist für Sie die beste Zeit, um nach Le Haut-du-Tôt zu<br />
kommen?<br />
Ich persönlich kann dem blauen Himmel nichts abgewinnen.<br />
Dagegen liebe ich es sehr, im Nebel spazieren<br />
zu gehen. Da wirkt alles viel geheimnisvoller. Der <strong>Herbst</strong><br />
ist deshalb eine großartige Jahreszeit und Oktober wahrscheinlich<br />
der Monat, den ich am meisten liebe. Die<br />
Atmosphäre ändert sich dann extrem schnell: Innerhalb<br />
eines Tages kann man sich vorkommen, als sei man alleine<br />
auf der Welt: über den Wolken oder im dichten Nebel.<br />
Mit etwas Glück erlebt man im Oktober sogar den ersten<br />
Schnee. Es ist fantastisch, dann die Sentiers de la photo<br />
zu besuchen …<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 71
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand Est / Vogesen<br />
Links: Bernadette, die Mutter von Alain<br />
Grandemange, und die Bioprodukte aus<br />
ihrem Betrieb, die im Verkaufsraum der<br />
Jardins de Bernadette angeboten werden.<br />
Trotz des Erfolges spürt man, dass die Sentiers de la photo nach<br />
wie vor eine Angelegenheit von Freunden sind …<br />
Es berührt mich, dass Sie das gespürt haben. Wir setzen<br />
alles daran, dass es so bleibt! Das soll sich auf keinen<br />
Fall ändern. Wir haben dieses Projekt ohne ehrgeizige<br />
Absicht oder Ansprüche lanciert. Es war nicht unser Ziel,<br />
25 000 Menschen anzuziehen. Im Grunde genommen<br />
haben wir uns nur gesagt, dass man mit der sinnvollen<br />
Arbeit von Alain und meinen Fotos etwas Positives schaffen<br />
kann. Und das wollten wir mit anderen teilen. Fotos<br />
mit dieser Gegend zu verbinden und daraus den Vorwand<br />
für einen Spaziergang zu schaffen, erschien uns eine gute<br />
Idee. Es war einfach die Liebe zur Fotografie und zu diesem<br />
Ort, nicht mehr und nicht weniger. Und wir legen<br />
nach wie vor alle Wert darauf, dieser ursprünglichen Bescheidenheit<br />
treu zu bleiben.<br />
Interview:<br />
Alain<br />
Grandemange<br />
(Landwirt in den<br />
Jardins de Bernadette)<br />
Alain Grandemange, es ist ein unglaublich<br />
generöser Akt, das Tor Ihres<br />
Betriebes, Les Jardins de Bernadette,<br />
für die Öffentlichkeit kostenlos zu öffnen, damit die Menschen<br />
die Sentiers de la photo entdecken können!<br />
Offen gestanden hat sich dies ganz spontan ergeben,<br />
wir haben da nicht wirklich drüber nachgedacht. Es<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Amiens<br />
A1/E15-E19<br />
Guyencourt-Saulcourt<br />
Charleville-Mézières<br />
A4/E25<br />
Luxembourg<br />
umièges<br />
0/E5<br />
Rouen<br />
A13/E5<br />
A16<br />
frei bewegen können; wir lieben<br />
Evreux<br />
A4/E50<br />
Dreux<br />
A6/E15<br />
Papier fallen lässt, und A5/E54 ich habe<br />
Chartres<br />
A11/E50<br />
Blois<br />
A10/E5-E60<br />
Tours Chenonceau<br />
A85<br />
uillac sur<br />
ordogne<br />
erschien uns logisch. Wir teilen<br />
gerne mit anderen, wir lieben es,<br />
wenn alles offen ist, wenn alle sich<br />
es, die Menschen zu beobachten,<br />
wenn sie spazieren gehen und die<br />
PARIS<br />
Gärten betrachten. Aus diesem<br />
Versailles<br />
Grund respektieren die Menschen<br />
den Ort. Es ist selten, dass jemand<br />
noch niemals jemanden über meine<br />
Felder laufen sehen. Irgendwie ist<br />
es ein lustiges Erlebnis, zu merken,<br />
A10/E5<br />
Chambord<br />
dass A20/E9 es nichts kostet. Das ist unsere<br />
A71/E11<br />
Toulouse<br />
Montluçon<br />
A34/E46<br />
Lesetipps A26/E17 & Reiseinfos<br />
Châtillon-sur-Seine<br />
Auxerre<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47: Abbaye de<br />
Murbach – Es steht ein Kloster<br />
A6/E15 im Walde (Guebwiller, <strong>68</strong> km<br />
A31/E17-E21<br />
entfernt)<br />
Vézelay Avallon Flavigny Das Tal von Guebwiller<br />
zwischen dem DijonPetit<br />
A38<br />
Ballon im Norden<br />
und dem Grand<br />
Ballon im Süden<br />
Beaune ist nicht nur das<br />
kürzeste und engste<br />
Tal der Chalon-sur-Saône<br />
elsässischen<br />
Vogesen, es wartet auch mit einem kleinen<br />
Schmuckstück auf, der Abtei A6/E15 von Murbach.<br />
Im Mittelalter war das Kloster eines der<br />
mächtigsten und wohlhabendsten im Rhein-<br />
Tal. Eine Art Elitekloster<br />
Cluny<br />
für reiche und adlige<br />
Ordensbrüder. Heute wirkt die malerisch in die<br />
Wälder der Vogesen eingebettete Anlage wie<br />
ein verwunschener Ort. Die Umgebung bietet<br />
sich zudem für Wanderungen an.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64: Belfort, die<br />
wiederentdeckte Genialität<br />
Clermont-<br />
A72/E70<br />
Ferrand<br />
eines Künstlers (77 km<br />
entfernt) Lyon<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
Besucht man die<br />
A75/E11<br />
Stadt Belfort im A43/E70<br />
le Mont-Dore<br />
Nordosten der Region<br />
St.-Etienne Bourgogne-Franche-<br />
Comté, so fällt einem<br />
unweigerlich der<br />
imposante Löwe zu<br />
A49/E713<br />
Füßen der Zitadelle<br />
auf. Die Skulptur aus rotem Sandstein aus den<br />
Vogesen macht nicht nur Valence durch ihre Größe<br />
Aurillac<br />
auf sich aufmerksam – sie ist 22 Meter lang<br />
und 11 Meter hoch –, sondern auch durch Crest ihr Die<br />
würdevolles und wohlwollendes Aussehen. Der<br />
König der Tiere symbolisiert A7/E15 den Widerstand<br />
Saillans<br />
der in den Jahren 1870/71 von den Preußen<br />
belagerten Stadt. Weniger bekannt ist, dass<br />
diese monumentale Skulptur das Werk von<br />
Frédéric-Auguste Bartholdi (1834-1904) ist,<br />
der ebenfalls die Freiheitsstatue in New York<br />
kreierte. Dieser Künstler ist relativ Orange unbekannt<br />
geblieben, obwohl er eine sehr interessante<br />
Persönlichkeit war, über die A9/E15 man heute in Belfort<br />
A75/E11<br />
mehr erfahren kann.<br />
Avignon Apt<br />
Saint-Guilhemle-Désert<br />
INFORMATIONEN ZUR A54/E805 BESTELLUNG<br />
Nîmes<br />
A7/E15<br />
Lodève DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN<br />
Arles<br />
Aix-en-<br />
Montpellier<br />
SIE AUF SEITE 86.<br />
Provence<br />
A9/E15<br />
Narbonne<br />
A81/E80<br />
Limoux<br />
Sens<br />
dass die Menschen überrascht sind,<br />
wenn etwas Orléans kostenlos ist. Manche<br />
stellen ihr Auto auf dem Parkplatz<br />
ab, folgen von dort der Ausschilderung<br />
zum Ausgangspunkt des<br />
Weges und kommen zum Verkaufsraum,<br />
wo wir unsere Pflanzen<br />
Cheverny<br />
A71/E9<br />
anbieten. Sie treten ein und warten<br />
an der Kasse, da sie denken, sie<br />
Bourges<br />
müssten Eintritt bezahlen … Es<br />
ist schön, ihnen dann zu erklären,<br />
Philosophie.<br />
Wie sind die Jardins de Bernadette<br />
entstanden?<br />
Meine Mutter, die heute 77<br />
Jahre alt ist, hatte immer einen Gemüsegarten.<br />
Vor 33 Jahren stellte<br />
A71/E11<br />
die Association vosgienne d’économie<br />
montagnarde (Vereinigung für die<br />
Limoges<br />
Wirtschaft in Berggebieten der<br />
Vogesen) fest, dass mehrere Unternehmen<br />
in Frankreich Bezugsquellen<br />
für bestimmte Pflanzen<br />
suchten. Sie schlug den Landwirtsfrauen<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
in der Region daher vor, mit<br />
Le Pescher der Produktion von Arzneipflanzen<br />
zu beginnen, Saillacum diese Nachfrage<br />
zu befriedigen. So entstanden diese<br />
Payrac<br />
Gärten zunächst mit dem Zweck,<br />
Rocamadour<br />
A20/E9 Firmen wie Weleda oder Boiron zu<br />
beliefern. Nach und nach produzierten<br />
die Frauen dann ihre eigenen<br />
Tees und Gewürze und vertrieben<br />
diese selbst. Ich arbeite heute<br />
immer noch für Weleda, allerdings<br />
in geringerem Ausmaß als früher.<br />
Die meisten meiner Produkte verkaufe<br />
ich direkt an Endverbraucher;<br />
alle sind 100 % natürlich und<br />
bio.<br />
Bézier<br />
Reims Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37: Grand Ballon –<br />
Eine Wanderung auf die Spitze<br />
der Vogesen (53 A4/E50 km entfernt)<br />
Der Grand Ballon, auch Ballon<br />
Epernay Châlons-en- von Guebwiller<br />
Champagne<br />
genannt, liegt<br />
25 Kilometer<br />
nordwestlich von<br />
Mulhouse. Er ist mit<br />
seiner Höhe von 1424<br />
A26/E17<br />
Metern der höchste<br />
Punkt der Vogesen. Ob im Sommer oder Winter,<br />
vom Troyes Gipfel aus genießt man ein eindrucksvolles<br />
Bergpanorama, vorausgesetzt, das Wetter<br />
spielt mit. Bei guter Sicht A5/E17-E54 sind die nahe Rhein-<br />
Ebene und die Alpen zu erkennen, bei sehr guter<br />
A31/E21-E23<br />
Sicht sogar Liechtenstein, Österreich und der<br />
Montblanc.<br />
A55<br />
Marseille<br />
A4<br />
Metz Sarreguemines<br />
A31/E21-E23<br />
France<br />
A36/E60<br />
A4/E25<br />
Le Haut-du-Tôt …<br />
… Berlin 886 km … Hamburg 837 km<br />
Lausanne<br />
… Köln 444 km … Frankfurt 350 km<br />
… München 492 km … Wien 941 km<br />
… Zürich 197 km … Paris 441 km<br />
… Colmar 67 km … Gérardmer 14 km<br />
Genève<br />
Der nächstgelegene Flughafen ist der<br />
EuroAirport Basel-Mühlhausen-Freiburg<br />
(105 km).<br />
Annecy<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof befindet<br />
sich in Saint-Dié-des-Vosges (43 km).<br />
Les Sentiers de la photo<br />
Chambéry 88120 Le Haut-du-Tôt<br />
Telefon: +33 (0)6 07 88 64 48<br />
A52<br />
www.<strong>2018</strong>.sentiersdelaphoto.fr<br />
Schweiz<br />
Grenoble<br />
Die Sentiers de la photo sind von Mitte<br />
Italien Torino<br />
Juni bis Mitte November täglich von<br />
Sonnenaufgang Briançonbis Sonnenuntergang<br />
geöffnet. Sie sind kostenlos und frei<br />
zugänglich.<br />
A50<br />
Nancy<br />
Le Haut-du-Tôt<br />
Besançon<br />
Die Sentiers de la photo weisen keine<br />
Gap<br />
besondere Schwierigkeit auf, trotzdem sollte<br />
man feste Schuhe vorsehen, da der Boden<br />
je nach Wetter und Jahreszeit rutschig sein<br />
kann.<br />
France<br />
A35<br />
A35/E25<br />
A5/E35<br />
Freiburg<br />
Ebenfalls aufgrund des Wetters sollte man<br />
A51/E712 immer etwas zum Überziehen mitnehmen.<br />
Zu empfehlen sind die exzellenten Produkte<br />
von Alain Grandemange in den Jardins de<br />
Bernadette (www.hautdutot-plantes.com)<br />
Nice<br />
sowie die vorzüglichen Crêpes von Laurence<br />
Cannes<br />
auf dem Dorfplatz.<br />
A8/E80<br />
A8/E80<br />
Toulon<br />
Saarbrücken<br />
Colmar<br />
Mulhouse<br />
Belfort<br />
Bitche<br />
Strasbourg<br />
Basel<br />
Bern<br />
A57<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 73<br />
Rayol-<br />
Canadel-<br />
Karlsruhe<br />
A35<br />
Deutschlan
HOTEL Grand Est / Vosges<br />
Grand Hôtel &<br />
Ein familiärer Ort, an dem man<br />
Das Grand Hôtel & Spa in Gérardmer ist ein idealer<br />
Ausgangspunkt, um die Sentiers de la Photo zu<br />
besuchen. Es liegt mitten im Zentrum von Gérardmer,<br />
nur wenige Gehminuten vom See entfernt. Von<br />
dort aus ist man schnell in der Berglandschaft des Naturparks<br />
Ballons des Vosges mit zahlreichen Spazier- und<br />
Wanderwegen. Über die schöne Straße des Col de Sapois<br />
erreicht man mit dem Auto in rund 20 Minuten das Dorf<br />
Le Haut-du-Tôt und damit den Ausgangspunkt für die<br />
besagten Sentiers de la Photo.<br />
Über die praktische geografische Lage hinaus bietet<br />
dieses seit 2010 mit vier Sternen klassifizierte Hotel vor<br />
allem Gelegenheit, die heutzutage selten gewordene Atmosphäre<br />
eines authentischen, familiären und doch gehobenen<br />
Hotels zu genießen. Hier sind Kundenorientierung<br />
und Sinn für Details keine hohlen Marketingversprechen,<br />
sondern das Markenzeichen einer Familie, die sich entschlossen<br />
und aufrichtig für ihr Hotel engagiert.<br />
Nähert man sich dem Grand Hôtel, ist man ehrlich<br />
gesagt beeindruckt. Das riesige Gebäude mit seinen<br />
blumengeschmückten Fenstern – die Geranien erinnern<br />
daran, dass das Elsass nicht weit entfernt ist – dominiert<br />
durch seine Höhe die umliegenden Gebäude, und<br />
angesichts der zahlreichen Tafeln rechts und links vom<br />
Eingang muss man unweigerlich Respekt zollen: « Membre<br />
Châteaux Hôtels Collection », « Table remarquable »,<br />
« Maîtres Cuisiniers de France », « Michelin 2017 », « Restaurant<br />
de Qualité reconnu par le Collège Culinaire de<br />
France 2017 », « Maison de Qualité <strong>2018</strong> », « Label Spas de<br />
France » … Kein Zweifel, man präsentiert diese Auszeichnungen<br />
mit Stolz, was gut nachvollziehbar ist, wenn man<br />
weiß, wie restriktiv manche von ihnen vergeben werden.<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Spa Gérardmer<br />
die Seele der Vogesen spürt<br />
Es gibt aber auch ein Detail, das die Gäste im Hinblick<br />
auf die Atmosphäre, die sie in diesem Hotel erwartet,<br />
beruhigen dürfte: Mitten unter den « schicken » Empfehlungen<br />
sticht ein in Frankreich gut bekanntes Schild<br />
heraus, nämlich das des « Guide du Routard ». Diese Auszeichnung<br />
sagt uns, dass das Grand Hôtel & Spa nicht<br />
nur eine exklusive Herberge ist, sondern auch die in ihrem<br />
Bereich ebenfalls sehr anspruchsvollen Inspektoren dieses<br />
Führers überzeugen konnte, den viele Franzosen wegen<br />
seiner günstigen Tipps und empfehlenswerten Adressen<br />
schätzen. Dies ermutigt uns, das Hotel vertrauensvoll und<br />
neugierig zu betreten.<br />
Der Eingang ist keine Tür, die sich automatisch öffnet,<br />
sondern eine Drehtür aus Holz und Glas, die man vorsichtig<br />
anstößt. Sofort hat man den Eindruck, in einer familiären,<br />
beschützenden Umgebung zu sein. Zur familiären<br />
Atmosphäre trägt unter anderem die eher unerwartete<br />
Präsenz von Felix bei, einem Kater, der es sich bei unserer<br />
Ankunft gegenüber der Rezeption bequem gemacht hat<br />
– wo man ihn zwar nicht immer, aber häufig antrifft –,<br />
als sei es seine Lieblingsbeschäftigung, das Kommen und<br />
Gehen der Gäste zu beobachten. Während unseres Aufenthaltes<br />
sehen wir ihn auch gelegentlich gemächlichen<br />
Schrittes durch den Hotelpark oder über eine der Terrassen<br />
gehen. Der Direktor des Hauses, Pierre Remy, erklärt<br />
uns, dass Felix sich das Hotel als sein Zuhause zwar selbst<br />
gewählt hat, dass ihn inzwischen aber das gesamte Team<br />
adoptiert hat und auch zahlreiche treue Gäste ihn vergöttern.<br />
Der Eindruck des Beschütztseins, den man ebenfalls<br />
unmittelbar beim Betreten gewinnt, liegt an der angenehmen<br />
und beruhigenden Aura dieses Ortes: Das patinierte<br />
Holz der Möbel und Parkettböden, die weichen Sitze und<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 75
HOTEL Grand Est / Vosges<br />
eine Dekoration, die gekonnt Vergangenheit,<br />
authentische regionale Materialien und subtile<br />
zeitgenössische Noten vereint, verleihen<br />
der Rezeption eine warme und einladende<br />
Ausstrahlung.<br />
In diesem Hotel herrscht eindeutig eine<br />
besondere Atmosphäre: Es erscheint luxuriös,<br />
ohne steif zu wirken, sodass man sich spontan<br />
wohlfühlt. Daran hat die Familie Remy einen<br />
entscheidenden Anteil. Mitte der 80er-Jahre<br />
erwarben die Eltern, Fabienne und Claude, das<br />
Grand Hôtel. Als Unternehmer mit Leib und<br />
Seele haben sie diese ehemalige Postkutschenstation<br />
aus dem 19. Jahrhundert aufwändig<br />
renoviert und im Laufe der Jahre luxuriöse<br />
und innovative Infrastrukturen installiert. So<br />
wurden alle Zimmer in einer gelungenen Mischung<br />
aus Authentizität und Designerstil neu<br />
gestaltet, wobei Wert auf edle, regionale Materialien<br />
gelegt wurde. Drei bemerkenswerte<br />
Restaurants – darunter ein Feinschmeckerrestaurant<br />
–, mehrere Pools sowie ein 450 m²<br />
großer, moderner Spabereich, der über ein<br />
120 m² großes Heat Center verfügt, ergänzen<br />
das Angebot. Dieses Heat Center ist ein einmalig<br />
schöner Ort mit Pool, Hamam, Sauna<br />
und einem « Sensorikgang »; eine konstante<br />
Feuchtigkeit und eine Temperatur von 34 °C<br />
bieten die idealen Voraussetzungen für das<br />
Wohlbefinden! Vor Kurzem haben Fabienne<br />
und Claude die Stabübergabe an ihren Sohn<br />
Pierre vollzogen, der jetzt mit gerade einmal<br />
29 Jahren nach umfangreichen Studien und<br />
Auslandsaufenthalten die Leitung des Hotels<br />
übernommen hat. Pierre hängt sehr an dem,<br />
was seine Eltern – die im Übrigen immer noch<br />
präsent sind – aufgebaut haben, und setzt sich<br />
dafür ein, das familiäre Ambiente des Hauses<br />
zu bewahren. Wie sie achtet er auf das kleinste<br />
Detail und hat stets Tipps für die treuen Gäste<br />
bereit, die die spezielle Atmosphäre dieses Ortes<br />
sehr schätzen.<br />
Ein anderer Punkt ist es wert, erwähnt zu<br />
werden, da man dies heute in der Hotelbranche<br />
nur noch selten findet: Das Personal ist<br />
dem Haus ebenso treu wie die Gäste, und viele<br />
Mitarbeiter arbeiten schon seit langen Jahren<br />
hier. Auch sie schätzen die Besonderheit dieses<br />
Hauses und haben das Gefühl, eine große Familie<br />
zu sein, die sich dafür einsetzt, eine Art<br />
von Hotelbetrieb fortzusetzen, der gewissermaßen<br />
Botschafter der Seele der Vogesen ist. Ein<br />
mutiger Ansatz, dem man Respekt zollt und<br />
der all die Auszeichnungen rechtfertigt, die am<br />
Eingang des Hotels angebracht sind!<br />
Grand Hôtel & Spa****<br />
<br />
Place du Tilleul<br />
88401 Gérardmer<br />
Telefon: +33 (0)3 29 63 06 31<br />
www.grandhotel-gerardmer.com<br />
<br />
76 Zimmer (Tradition, Supérieure,<br />
<br />
Contemporaine, Luxe, Junior Suite, Suite,<br />
Appartement), zur Park- oder Dorfseite.<br />
100 bis 350 €.<br />
Beheizte Pools (innen und außen).<br />
Jacuzzi, Hamam, Sauna.<br />
Spa les Chênes Blancs (450 m²).<br />
Sensorikbereich Heat Center (120 m²).<br />
Abgeschlossener und bewachter Parkplatz<br />
(kostenlos).<br />
Ladestation für Elektroautos.<br />
Drei Restaurants: Pavillon Pétrus<br />
<br />
(Feinschmeckerrestaurant), Grand Cerf<br />
(traditionelle französische Küche), L‘Assiette du<br />
Coq à l‘Âne (klassische regionale Küche).<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
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FRANKREICH HEUTE Quand on aime la France …<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Serie: Quand on aime la France (1)<br />
Roger Diederen ist der Direktor der Kunsthalle München. Er liebt es über alles, seine<br />
Leidenschaften für Kunst aller Art und für Frankeich zu teilen. Er ist im Herzen Europas,<br />
in den Niederlanden, an der Grenze zu Deutschland geboren und aufgewachsen.<br />
Er ist überzeugter Europäer und hat sein Leben der Kunst gewidmet. Sein Ziel: Durch<br />
Kunst einen Austausch entstehen zu lassen und eine ganz andere Auseinandersetzung<br />
mit unserer Welt zu ermöglichen. Offenheit, Toleranz und Neugier dem Anderen<br />
gegenüber sind Werte, die im Zentrum seiner Arbeit stehen. Damit haben er und sein<br />
Team die Kunsthalle zum Erfolg geführt und zu einem der renommiertesten Ausstellungshäuser<br />
gemacht, dessen Bedeutung weit über die Grenzen der bayerischen<br />
Hauptstadt hinausgeht.<br />
Roger Diederen, inwiefern würden Sie sagen, dass Ihre Herkunft<br />
eine Rolle in Ihrem Lebenslauf gespielt hat?<br />
Meine Herkunft ist tatsächlich ein sehr wichtiger<br />
Aspekt meiner Vita. Ich war schon immer ein Grenzgänger<br />
im buchstäblichen Sinn. Jeden Morgen fuhr ich<br />
mit dem Fahrrad von den Niederlanden aus durch einen<br />
kleinen Teil von Deutschland zur Schule, denn das war<br />
der kürzeste Weg. Tagtäglich radelte ich also viermal über<br />
die Grenze. Sie können sich vorstellen, dass der Begriff<br />
« Grenze » schon in meiner frühsten Jugend sehr präsent<br />
war – nicht nur als Hürde, sondern auch als Bereicherung.<br />
Aber es gibt noch etwas anderes: Als Kinder konnten wir<br />
zu Hause immer schon deutsches und belgisches Fernsehen<br />
sehen. Das war, lange bevor es Kabelfernsehen<br />
gab und daher nur in solchen Grenzregionen möglich.<br />
Die deutsche und die französische Sprache waren so<br />
von Anfang an Teil meines Lebens. Tatsächlich hatte<br />
ich schon als Jugendlicher eine große Schwäche für die<br />
belgische und die französische Kultur und Sprache. Ich<br />
hatte zunächst ernsthaft überlegt, Französisch als Fremdsprache<br />
zu studieren, entschied mich aber dann letztlich<br />
für Kunstgeschichte. Auch damit konnte ich meine Faszination<br />
für Frankreich pflegen. Nach meinem Studium<br />
in Amsterdam verschlug es mich für viele Jahre nach<br />
Amerika, wo ich an Museen in Los Angeles, Cleveland<br />
und New York tätig war. Dort lag mein kunsthistorischer<br />
Schwerpunkt auf der europäischen Kunst des 19. Jahrhunderts,<br />
wo Frankreich natürlich eine zentrale Rolle spielte.<br />
Sie sehen, dass mein Lebenslauf – sowohl beruflich<br />
als auch privat – von einem Weltbürgertum geprägt ist.<br />
In meiner Jugend waren die Grenzen zwischen Holland,<br />
Belgien, Deutschland und Frankreich zwar präsent, aber<br />
sie waren da, um überschritten zu werden. Die Generation<br />
meiner Eltern hatte noch Krieg mit Deutschland geführt.<br />
Doch wir kauften im deutschen Nachbardorf ein und hatten<br />
dort Freunde. Diese Entwicklung gilt es zu schätzen<br />
und zu schützen. Und für mich ist Kunst heute ein perfektes<br />
Kommunikationsmittel, um Menschen zueinander<br />
zu bringen.<br />
Lassen Sie uns konkreter über Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit<br />
sprechen. Was beflügelt Sie?<br />
Ich versuche natürlich, mit den Ausstellungen, die ich<br />
mache, meine eigene Begeisterung für Kunst, Kultur und<br />
Geschichte zu vermitteln. Mein Ziel ist es, Menschen<br />
dazu zu bringen, durch Kunst über unsere Gesellschaft<br />
nachzudenken. Wie funktioniert sie, woher kommen wir,<br />
wohin gehen wir … Ich bin nicht so naiv zu glauben, mit<br />
einer Ausstellung die Welt verbessern zu können, aber<br />
wenn sie als Denkanstoß funktioniert und zum Hinterfragen<br />
mancher Dinge anregt, dann ist schon einiges erreicht.<br />
Dazu kann Kunst sehr wohl dienen.<br />
Kunst also nicht als elitäres Phänomen, sondern als Einladung<br />
zur Toleranz, Offenheit und Akzeptanz.<br />
Ja genau. Das sind Werte, die unsere heutige Welt sehr<br />
gut gebrauchen kann!<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 79
FRANKREICH HEUTE Quand on aime la France …<br />
Ihrer Meinung nach, Roger Diederen: Was heißt es, heutzutage<br />
in Deutschland von Frankreich und von der französischen<br />
Kunst begeistert zu sein?<br />
Tja, hier in München richten viele ihren Blick nach<br />
Süden, vor allem ins nahe Italien, wohin man gerne in<br />
den Urlaub fährt. Aber grundsätzlich besteht hier auch<br />
ein großes Interesse für französische Kunst, Kultur und<br />
Kulinarik. Ausstellungen mit französischer Kunst – zu<br />
Madame de Pompadour, Rodin oder den Impressionisten<br />
– kommen immer gut an. Aber solche Themen rufen<br />
weltweit Begeisterung hervor, nicht nur in Deutschland.<br />
Deshalb versuche ich auch, unbekanntere Themen zu präsentieren.<br />
Zum Beispiel habe ich vor kurzer Zeit französische<br />
Künstler ausgestellt, die im 19. Jahrhundert im Salon<br />
de Paris ihre Erfolge feierten. Die Werke kamen alle aus<br />
dem Musée d’Orsay. Künstler wie Bouguereau, Gérôme<br />
und Cabanel waren zu Lebzeiten weltberühmt, sind aber<br />
heute kaum noch bekannt. In deutschen Museen wurden<br />
die Werke dieser Künstler nie gesammelt. Mit dieser Ausstellung<br />
konnten wir dem deutschen Publikum ein sehr<br />
wichtiges Kapitel der Kunstgeschichte vermitteln.<br />
Ein anderes Beispiel ist die im Juli zu Ende gegangene<br />
Ausstellung « Du bist Faust ». Das Publikum war überrascht,<br />
dass auch in einem vermeintlich urdeutschen Thema wie<br />
Goethes « Faust » ganz viel Frankreich steckt. Seit seiner<br />
Veröffentlichung hat dieses Stück, das zu den wichtigsten der<br />
deutschen Literatur zählt, zahllose Künstler inspiriert. Aber<br />
nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland und<br />
vor allem in Frankreich! Künstler wie Delacroix haben den<br />
Text in Gemälden und Illustrationen ins Bild gesetzt. Dabei<br />
ist es absolut faszinierend, den Unterschied zwischen der<br />
deutschen und der französischen Wahrnehmung des Textes<br />
zu betrachten: Sehen die Deutschen darin hauptsächlich das<br />
« Gelehrtendrama » um den modernen Menschen Faust, der<br />
alles studiert hat und doch merkt, nichts wissen zu können,<br />
sehen die Franzosen in dem Stück vor allem die dramatische<br />
Liebesgeschichte um Faust und das junge Gretchen. Besonders<br />
Gounods fantastische Oper « Faust » hat diese « romantische<br />
» Sicht auf das Drama in die ganze Welt gebracht.<br />
Es ist also spannend zu sehen, wie ein « typisch » deutsches Werk<br />
in Frankreich umgedeutet wurde, wie die Neugier für eine andere<br />
Kultur wieder ganz eigene Interpretationen hervorbringt.<br />
Ja, ganz genau. Und das Wunderbare an der Kunst ist<br />
nun, dass immer wieder etwas Neues entsteht: Sie ist produktiv,<br />
nicht destruktiv. Es geht um den Dialog. Ob es die<br />
Kunst im Pariser Salon betrifft oder die atemberaubende<br />
Mode eines Jean Paul Gaultier, immer geht es um individuelle<br />
Interpretationen und gemeinsame Kommunikation.<br />
Unsere Besucher möchte ich so zum Denken anregen.<br />
Jetzt mal ganz pragmatisch gefragt: Was bedeutet die Europäische<br />
Gemeinschaft für Ihre Tätigkeiten?<br />
Abgesehen von der emotionalen Verbundenheit, die<br />
man sich von ihr erhofft, ist es natürlich auch sehr praktisch,<br />
eine gemeinsame Währung zu haben. Kunstwerke<br />
reisen durch die ganze Welt, aber für innereuropäische<br />
Leihgaben sind die Zollbestimmungen schon mal deutlich<br />
weniger aufwändig. Wenn das Vereinigte Königreich<br />
tatsächlich aus der EU austritt, dann wird das die Zusammenarbeit<br />
schwieriger und teurer machen.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Man kann also sagen, dass in der Kunstwelt die Zusammenarbeit<br />
ein wichtiges Thema ist.<br />
Auf jeden Fall. Wenn es zum Beispiel zum Brexit<br />
kommen würde, dann wäre das für viele britische kulturelle<br />
Institutionen eine Katastrophe. Die dortigen Theater<br />
warnen jetzt schon vehement vor den Folgen. Es würde<br />
dann wieder deutlich komplizierter, internationale Schauspieler,<br />
Musiker und Regisseure zu engagieren.<br />
Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit französischen<br />
Kollegen?<br />
Auf der menschlichen Ebene funktioniert die Zusammenarbeit<br />
hervorragend. Natürlich gibt es aber auch<br />
Unterschiede in den Strukturen: In Frankreich wird die<br />
Kultur nach wie vor stark von Paris aus gesteuert, während<br />
in Deutschland Kultur Ländersache ist. Frankreich<br />
ist das einzige Land in Europa, in dem es einen sogenannten<br />
staatlichen Concours gibt, den man durchlaufen<br />
muss, um eine Chance zu haben, Museumskurator zu<br />
werden. In allen anderen Ländern studiert man meist<br />
Kunstgeschichte – und kann sich frei auf Museumsposten<br />
bewerben.<br />
Denken Sie, dass die Deutschen kunstinteressierter sind als die<br />
Franzosen?<br />
Nein, das glaube ich auf keinen Fall. Die Beteiligung<br />
der Menschen am kulturellen Angebot hängt überall sehr<br />
von ihrer Ausbildung und wirtschaftlichen Situation ab.<br />
Wenn wir mehr Beteiligung wollen, gilt es vor allem dafür<br />
zu sorgen, reale und gefühlte Hemmschwellen abzubauen.<br />
Da ist noch viel zu leisten, ob in Frankreich, in Deutschland<br />
oder wo auch immer.<br />
Was ist Ihre nächste Ausstellung?<br />
Ab August widmen wir uns dem Trompe-l’Œil. Seit<br />
es Kunst gibt, versuchen Künstler, das menschliche Auge<br />
zu trügen. In Frankreich wurde das Thema vor allem im<br />
18. Jahrhundert populär und mit dem französischen Begriff<br />
trompe l’œil werden bis heute künstlerische Augentäuschungen<br />
bezeichnet. Wir werden selbstverständlich auch französische<br />
Gemälde zeigen, zum Beispiel von Louis-Léopold<br />
Boilly. Für die Zukunft sind wir mit dem Mobilier National<br />
in Paris im Gespräch. Diese staatliche Institution verwaltet<br />
unter anderem die weltberühmte Gobelin-Manufaktur. Seit<br />
dem 17. Jahrhundert bis zum heutigen Tag werden dort die<br />
prächtigsten Tapisserien hergestellt. Weltweit einzigartig ist,<br />
dass immer noch Künstler beauftragt werden, Motive für<br />
Tapisserien zu gestalten, die dann in den Werkstätten umgesetzt<br />
werden. Wir würden gerne, zum ersten Mal außerhalb<br />
von Frankreich, eine große Ausstellung zu modernen Gobelins<br />
realisieren. Die Besucher würden staunen.<br />
Linke Seite: Von<br />
September 2015 bis<br />
Februar 2016 präsentierte<br />
Roger Diederen in der<br />
Kunsthalle in München<br />
die Ausstellung Jean-<br />
Paul Gaultier, nachdem<br />
diese bereits in so<br />
renommierten Städten<br />
wie New York, London<br />
und Paris gezeigt<br />
worden war. Bei der<br />
Ausstellungseröffnung<br />
waren sogar der<br />
französische Couturier<br />
und Conchita Wurst<br />
anwesend.<br />
Diese Seite: Ein Blick in<br />
die vor Kurzem zu Ende<br />
gegangene Ausstellung<br />
« Du bist Faust, Goethes<br />
Drama in der Kunst »<br />
(23.2.-29.7.<strong>2018</strong>).<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 81
ART DE VIVRE Kultur<br />
Amüsante Geschichten rund um die französische<br />
Nachdem die französische Nationalmannschaft<br />
am 15. Juli dieses Jahres Fußballweltmeister<br />
geworden war, hörten die Menschen auf der<br />
ganzen Welt während der anschließenden Siegerehrung<br />
die Marseillaise. In Frankreich wurde<br />
die französische Nationalhymne in vielen Dörfern<br />
und Städten bis spät in die Nacht aus vollem<br />
Halse gesungen. Wir nehmen dies zum Anlass,<br />
« hinter die Kulissen » dieser berühmten Hymne<br />
zu blicken und einige amüsante und weitgehend<br />
unbekannte Geschichten zu ihrer Entstehung<br />
aufzudecken.<br />
Sollte es nicht eher La Strasbourgeoise<br />
als La Marseillaise heißen?<br />
Im Gegensatz zu dem, was der Name vermuten lässt, ist<br />
der Ursprung der Marseillaise nicht im Süden Frankreichs,<br />
sondern eher im Osten des Landes zu suchen.<br />
1792 – die Französische Revolution war bereits einige Jahre<br />
im Gange und Frankreich hatte Österreich den Krieg erklärt<br />
– galt es, die Truppen der französischen Armée du Rhin<br />
zu mobilisieren. Am 25. April machte der Bürgermeister<br />
von Straßburg, Baron Philippe Frédéric de Dietrich<br />
(1748-1793), bei einem Diner zu Ehren der Offiziere der<br />
Garnison der Stadt die Feststellung, dass die revolutionären<br />
Truppen kein Kriegslied hatten, das sie mitreißen konnte.<br />
Um diesem Mangel abzuhelfen, bat er spontan den anwesenden<br />
Offizier, Claude Joseph Rouget genannt Rouget de<br />
l’Isle (1760-1836) – einen Dichter und Musiker, den er gut<br />
kannte, da sie beide in derselben Freimaurerloge waren –,<br />
einige patriotische Lieder zu komponieren.<br />
Als Rouget de l’Isle an diesem Abend wieder bei sich<br />
zu Hause in der Rue de la Mésange war, machte er sich<br />
sofort an die Arbeit und komponierte noch in derselben<br />
Nacht eine Kriegshymne, die er dem Kommandanten<br />
der Rheinarmee, General Nicolas Luckner (1722-1794),<br />
widmete. Er gab ihr den provisorischen Titel Chant de<br />
Guerre pour l’Armée du Rhin. Gleich am nächsten Tag trug<br />
er sie Baron de Dietrich vor, von dessen Frau am Klavier<br />
begleitet. Isidore Pils (1813-1875) verewigte diese Szene<br />
in einem Gemälde, das im Musée des Beaux-Arts in<br />
Straßburg zu sehen ist. Das Lied stieß sofort auf breite<br />
Zustimmung. Bereits einige Stunden später ertönte es auf<br />
dem Place Broglie vor dem Rathaus der Stadt zum ersten<br />
Mal in der Öffentlichkeit.<br />
Vom Partisanenlied zur Nationalhymne:<br />
Merci les Marseillais!<br />
Obwohl die Marseillaise in Straßburg entstanden war,<br />
verdankt sie ihre Bekanntheit vor allem der Stadt Marseille<br />
und ihren Bewohnern. Auf welche Art sich das Lied<br />
von Rouget de l’Isle im ganzen Land verbreitete, konnte<br />
zwar nicht genau ermittelt werden, die Geschichtsforscher<br />
sind sich jedoch darin einig, dass wahrscheinlich<br />
Soldaten aus Marseille, die in der Nähe von Straßburg<br />
gekämpft hatten, sich dieses Lied einprägten und es nach<br />
ihrer Rückkehr in der Heimatstadt sangen. Weiterhin ist<br />
nachgewiesen, dass General François Mireur (1770-1798),<br />
der die Aufgabe hatte, Freiwillige aus Montpellier und<br />
Marseille für den Kampf gegen Österreich nach Paris zu<br />
bringen, am 22. Juni 1792 das « Kriegslied der Rheinarmee<br />
» in Marseille anstimmte. Es wurde dort enthusiastisch<br />
aufgenommen und die lokalen Zeitungen trugen<br />
zur Verbreitung des Liedes bei. Die freiwilligen Soldaten<br />
sangen es dann im Juli 1792 während der ganzen Fahrt<br />
von Marseille in die Hauptstadt. So wurde das Kriegslied<br />
dank dieser Soldaten aus Marseille in Frankreich populär<br />
und erhielt den Namen Marseillaise. Am 14. Juli 1795<br />
wurde es offiziell zum Nationallied erklärt. Während<br />
des Ersten Kaiserreiches und der Restauration war die<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Nationalhymne La Marseillaise<br />
Marseillaise verboten. Nach der Revolution von 1830 kam<br />
sie wieder zu Ehren und wurde in der Dritten Republik<br />
1879 erneut zur Nationalhymne.<br />
Und was hatte Mozart damit zu tun?<br />
Rouget de l’Isle, der bereits mehrere Lieder komponiert<br />
hatte, gab sich gewöhnlich offiziell als Komponist<br />
der jeweiligen Musik aus. Seltsamerweise war das bei<br />
seinem Chant de Guerre pour l’Armée du Rhin nicht der<br />
Fall. Daher steht zu vermuten, dass er sich in jener Nacht<br />
aufgrund des Zeitdrucks von bereits existierenden Musikstücken<br />
inspirieren ließ. Musikwissenschaftler weisen<br />
unter anderem auf eine – mehr oder weniger auffallende<br />
– Ähnlichkeit mit dem Allegro Maestoso aus dem Klavierkonzert<br />
<strong>Nr</strong>. 25 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-<br />
1791) hin.<br />
In einer bayerischen Stadt<br />
ertönt jeden Tag die Marseillaise<br />
Wenn Franzosen dies hören, können sie es gar nicht<br />
fassen: Jeden Tag exakt um 12.05 Uhr spielt das Glockenspiel<br />
des Rathauses im bayerischen Cham die Marseillaise!<br />
Damit will die Stadt eines ihrer berühmtesten Kinder<br />
ehren, nämlich genau den Nicolas Luckner, dem<br />
Rouget de l’Isle sein « Kriegslied für die<br />
Rheinarmee » gewidmet hatte.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 83
ART DE VIVRE Chantals Rezept<br />
Heute möchte ich Ihnen ein sehr praktisches Rezept vorstellen!<br />
Auf « Mayo », wie man die Mayonnaise in Frankreich<br />
liebevoll nennt, trifft man überall. Die berühmte kalte<br />
Sauce auf der Basis von Öl, Eigelb und Senf ist der optimale<br />
Begleiter zu ganz einfachen kalten Gerichten (wie zu<br />
dem berühmten Klassiker in Brasserien Œuf-Mayo) oder<br />
auch zu trendigen Kreationen bekannter Küchenchefs.<br />
Angesichts der Vielzahl der industriellen Produkte ohne Geschmack, die<br />
manchmal sogar in Tuben verkauft werden, sollten Sie sich das Vergnügen<br />
gönnen und die beste aller Mayonnaisen selbst zubereiten. Mithilfe dieser<br />
Tipps wird Ihnen das problemlos gelingen! Viel Spaß und bon appétit!<br />
Mayonnaise<br />
Die echte hausgemachte<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Zwei Rezepte und Zubereitungsarten: für Puristen und für Eilige<br />
Hinweis: Eines der Geheimnisse<br />
ein er steifen Mayonnaise sind<br />
Zu taten, die Zimmertemperatur<br />
haben. Nehmen Sie also alles rechtzeitig<br />
aus dem Kühlschrank.<br />
Rezept 1: für Puristen -<br />
von Hand gerührt<br />
Zubereitungszeit: 4-5 Minuten<br />
Dies ist das Originalrezept, das viele<br />
Französinnen und Franzosen mit<br />
mehr oder weniger Erfolg bereits<br />
aus pro biert haben. Viele haben dafür<br />
ihren eigenen « Trick », damit die<br />
Mayon naise gelingt … oder eine<br />
« gute Entschuldigung », um zu rechtfertigen,<br />
warum sie misslungen ist.<br />
Man bereitet sie in einer Schüssel<br />
mit einem Schneebesen zu, manche<br />
be nutzen sogar nur eine Gabel.<br />
Zutaten:<br />
1 Eigelb<br />
200 ml Sonnenblumenöl<br />
1 EL Weinessig<br />
2 TL scharfer Dijon-Senf<br />
3 Prisen Salz<br />
Frisch gemahlener Pfeffer<br />
Zubereitung:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Das Eigelb in die Schüssel geben.<br />
Senf, Salz und Pfeffer zufügen.<br />
Mit dem Schneebesen mischen<br />
und<br />
1 Minute ruhen lassen.<br />
• Dann das Öl in einem dünnen<br />
Strahl einfließen lassen und<br />
gleichzeitig mit dem Schneebesen<br />
kräftig aufschlagen, bis man eine<br />
steife Mayonnaise erhält. Essig<br />
zugeben und nochmals verrühren.<br />
Rezept 2: für Eilige -<br />
mit dem Handrührgerät<br />
Zubereitungszeit: circa 1 ½ Minuten<br />
Abgesehen vom Zeitgewinn, ist diese<br />
Art der Zubereitung quasi die Garantie<br />
für eine perfekte Mayonnaise.<br />
Der einzige Unterschied besteht<br />
darin, dass man hier das ganze Ei<br />
und mehr Öl verwendet. Die Mayonnaise<br />
wird dann etwas heller als<br />
bei der klassischen Zubereitungsart.<br />
Zutaten:<br />
1 ganzes Ei<br />
250 bis 300 ml Sonnenblumenöl<br />
1 EL Weinessig<br />
2 TL scharfer Dijon-Senf<br />
3 Prisen Salz<br />
Frisch gemahlener Pfeffer<br />
Zubereitung:<br />
•<br />
Alle Zutaten in einen hohen Rührbecher<br />
geben. Mit dem Handrührgerät<br />
schlagen, bis die Mayonnaise<br />
fest wird, dabei das Gerät immer<br />
wieder ausschalten. Das ist alles!<br />
Einige Tipps für die perfekte<br />
Mayonnaise<br />
• Mayonnaise mag keine Kälte.<br />
Bereiten Sie sie daher direkt vor<br />
dem Servieren zu, und geben Sie<br />
sie nicht in den Kühlschrank.<br />
• Wenn Sie den Eindruck haben, dass<br />
die Mayonnaise nicht steif genug<br />
wird, dann können Sie versuchen,<br />
sie mit ein wenig Salz und einigen<br />
Tropfen Zitronensaft zu retten.<br />
• Bonus: Aus einer guten hausgemachten<br />
Mayonnaise können<br />
Sie mithilfe einiger Zutaten die<br />
verschiedensten Saucen zubereiten.<br />
Nachfolgend einige Tipps dazu:<br />
• Aiolisauce: Eine Mayonnaise aus<br />
Eigelb, Zitronensaft und Olivenöl<br />
herstellen; 3-4 Knoblauchzehen<br />
und eine kleine gekochte und<br />
geschälte Kartoffel zusammen<br />
zerdrücken und unterrühren.<br />
• Remouladensauce: Eine Mayonnaise<br />
wie oben angegeben<br />
herstellen; Kapern, Cornichons,<br />
Zwiebeln, Petersilie, Kerbel sowie<br />
Estragon hacken und zugeben.<br />
• Cocktailsauce: Eine Mayonnaise<br />
wie oben angegeben herstellen<br />
und mit Ketchup, Tabasco<br />
und Cognac abschmecken.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 85
RESTEXEMPLARE<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 22<br />
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RESTEXEMPLARE<br />
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Reisethemen,<br />
nach Regionen geordnet:<br />
8<br />
9<br />
7<br />
12<br />
6<br />
11<br />
Landesweite Themen<br />
1 2<br />
3<br />
10<br />
13<br />
5<br />
14<br />
16<br />
4<br />
15<br />
17<br />
18<br />
Die schönsten Küstenwege 67<br />
Fahrradrouten – Die schönsten Strecken entlang der Küsten 59<br />
Weihnachtsmärkte – Wo geht es noch authentisch zu? 57<br />
Winterurlaub – Romantische Skistationen anstatt<br />
57<br />
Bettenburgen<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Kultur – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Brücken – Frankreichs bemerkenswerteste Brücken 53<br />
Dörfer – Frankreichs spektakulärste Dörfer 50<br />
Traumstraßen – Frankreichs spektakulärste Traumstraßen 48<br />
Wellness in den Bergen – Nach dem Sport die Erholung 43<br />
10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />
Naturwunder – Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Coup de cœur – Die Straßenbuchhändler an den Seine-Quais 65<br />
in Paris<br />
Saint-Germain-des-Prés: Mehr als ein Viertel, die Seele 60<br />
von Paris?<br />
Le Train Bleu – Ist das legendäre Restaurant noch immer 58<br />
einen Besuch wert ?<br />
Musée d‘Histoire de la Médecine – ein ungewöhnliches 57<br />
Museum im Herzen der Hauptstadt<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für die Hauptstädter 53<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Monnaie de Paris – MétaLmorphoses, die Geburt eines 48<br />
neuen Stadtteils<br />
Monnaie de Paris – Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />
Paris mit Kindern – Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines Militär-Versailles mitten 38<br />
in Paris<br />
Les Arènes de Lutèce – Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido – Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées – Wie steht es um den Glanz 36<br />
des Prachtboulevards?<br />
Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte entsprang ein Fluss 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 31<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
Batobus – Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />
Stadtentwicklung – Seine-Ufer: Neugestaltung der Ufer der 28<br />
Seine<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 28<br />
Hauptstadt (3) – Ungewöhnliche Restaurants<br />
Mehr als nur Kino – Legendäre Lichtspielhäuser der 23<br />
französischen Hauptstadt<br />
Hotels<br />
Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
La Belle Juliette – Paris 54<br />
Hotel Lutetia – Paris 32<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die Renaissance 50<br />
Saint-Denis – Ruhestätte der Könige 33<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Hauts-de-France – Familistère de Guise,von «Versailles für 64<br />
Arbeiter» zum bewohnten Museum<br />
Baie de Somme – Eine beeindruckende Reise (Teil 2): 63<br />
Le parc du Marquenterre<br />
Baie de Somme – Eine beeindruckende Reise (Teil 1): die 62<br />
Abbaye de Saint-Riquier<br />
Nordfrankreich – Auf den Spuren eines großen französischen 59<br />
Architekten<br />
Marais Audomarois – Ein Sumpfgebiet für Kenner 58<br />
Lille – Die unterschätzte Metropole 54<br />
Calais – Eine Stadt mit Spitze 48<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Pays de Condé – Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
Maison de Robert Schuman – Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />
des vereinten Europas<br />
Marne – In der Heimat des Champagners 40<br />
10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den Kleinen 36<br />
Jardin Mosaic – Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />
Hotels<br />
Le Domaine de la Chartreuse – Gosnay 57<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Grand-Est – Mondial Air Ballons, der poetische Aufstieg von 65<br />
456 Heißluftballons<br />
Grand-Est – Graufthal,das Elsass zur Zeit der Streichhölzer 64<br />
Kirrwiller – 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall 62<br />
Frankreichs<br />
Weihnachtskugeln aus Meisenthal – nicht nur Kugeln, 61<br />
sondern Objekte voller Sinn<br />
Château de Lunéville – Wie Phoenix aus der Asche 52<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein Kloster im Walde 47<br />
Musée Lalique – Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Genuss – Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen… für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon – Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze Erbe der lothringischen 36<br />
Kumpel<br />
Hotels<br />
La Cheneaudière – Colroy-la-Roche 61<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – La Petite-Pierre 38<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Jura – Salins-les-Bains: Salz, das weiße Gold prägt eine 67<br />
ganze Region<br />
Saône-et-Loire – Tournus, ein Zwischenstopp für Neugierige 66<br />
auf dem Weg in den Süden<br />
Côte d’Or – Vill’Art, das zweite Leben eines Steinbruchs 66<br />
Belfort – Die wiederentdeckte Genialität eines Künstlers 64<br />
Bourgogne-Franche-Comté – Alésia, Auf den Spuren der 63<br />
Gallier<br />
Route des Grands Crus – Die Champs-Elysées von Burgund 61<br />
Montbéliard – 30 Jahre Lumières de Noël 61<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Genuss – Die AOC Burgunds 48<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein Dorf im Fokus der<br />
43<br />
Wissenschaft<br />
Hospices de Beaune – Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière – Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard – Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Mayenne – Mit dem Hausboot auf der Mayenne 66<br />
Chédigny – ein Dorf wird zum Garten 65<br />
La grange de Meslay: Von der Holzkathedrale zum<br />
60<br />
Musiktempel<br />
Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />
Chambord – Mehr als nur ein beeindruckendes Schloss 58<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois – Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Le Mans – Unerwartet anders 33<br />
Angers – Einfach l(i)ebenswert 30<br />
Hotels<br />
Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Le Havre – 500 Jahre, das will gefeiert werden ! 62<br />
Cherbourg – Dem Meer zugewandt 53<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Mont-Saint-Michel – Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
10 Ideen… für die Normandie 37<br />
Mémorial Caen – Ein Museum für den Frieden 31<br />
Ile de Tatihou – Eine fantastische Reise 28<br />
Jumièges – Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Hotels<br />
Domaine de la Corniche – Rolleboise 36<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Finistère – Locronan, die bretonische Seele par excellence 66<br />
Côtes d’Armor – La Vallée des Saints, die bretonische 63<br />
Osterinsel<br />
Brest und Roscoff – Mehr als nur zwei Gärten 62<br />
Bretagne – Umfriedete Pfarrbezirke 61<br />
Ile d’Ouessant – Eine Insel voller Leben 58<br />
Montagnes Noires – Wo die Bretagne in die Höhe wächst 54<br />
Ploumanac’h – Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />
Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné 47<br />
– Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />
Brest – Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />
Hotels<br />
Château de Sable – Porspoder 58<br />
Castel Beau Site – Ploumanac’h 48<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Atlantiküste – Ein Paradies für Naturismus 67<br />
Nouvelle-Aquitaine – Coup de cœur: Parc de Majolan 66<br />
Nouvelle-Aquitaine – Die Metamorphose von Bordeaux, 64<br />
Eine Zwischenbilanz<br />
Coup de cœur – Die Eiche im Taubenschlag von Pouzay 63<br />
Bordeaux 60<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard 46<br />
– Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Radfernweg – Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Klöster – Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin – Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />
Likör – Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Wein – Château Bardins 37<br />
Futuroscope – Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Gironde – Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Bassin d’Arcachon – Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Hotels<br />
Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
Logis Saint-Martin – Saint-Maixent-l’Ecole 37<br />
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Nouvelle-Aquitaine – Les Pans de Travassac, eine<br />
63<br />
Spektakuläre Reise in das Land des Schiefers<br />
Genuss – Die AOC des Limousin 48<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit – Der horizontale Eiffelturm im<br />
37<br />
Zentralmassiv<br />
Hotels<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53
11 Périgord & Midi-Pyrénées <strong>Nr</strong>.<br />
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich 60<br />
lebt »<br />
Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Genuss – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei Airbus in Toulouse 46<br />
Gouffre de Padirac – Der Erdmitte ein Stückchen<br />
44<br />
näherkommen<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
Bastiden – Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss – Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />
Im Katharerland – Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />
den Pyrenäen<br />
Hotels<br />
Chateau de la Treyne – Lacave, Vallée de la Dordogne 60<br />
Grand Hôtel Le Turenne – Beaulieu-sur-Dordogne 47<br />
Le Grand Balcon – Toulouse 42<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
13 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
Aude – Die große Höhle von Cabrespine, ein unterirdisches 65<br />
Abenteuer<br />
Occitanie – Assignan,Das unglaubliche Schicksal eines 64<br />
französischen Dorfes<br />
Sigean: das Reservat der glücklichen Tiere 60<br />
Languedoc-Roussillon – Überraschende Mittelmeerregion 59<br />
Carcassonne – Imponierende Festungsstadt des Mittelalters 57<br />
Côte Vermeille – Paulilles, wenn die Hölle zum Paradies 57<br />
wird<br />
La Grande-Motte – Retrochic am Mittelmeer 50<br />
Sète – Authentisch und definitiv südländisch 48<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn ein Krieger zum<br />
47<br />
Klosterbruder wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Pont du Gard – Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Nîmes – Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
23<br />
Lebensfreude<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon – Rendezvous in der Rue du Premier-Film 64<br />
Drôme – Wandern auf den Spuren der Hugenotten 62<br />
Lyon – Die Metamorphose eines Arbeiterviertels in ein 61<br />
Freilichtmuseum<br />
Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre Flussufer zurück 59<br />
Lyon-Confluence – 24 Stunden im Neubauviertel 48<br />
Montélimar & Umgebung – Eine Reise zwischen gestern 46<br />
und morgen<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal – Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Genuss – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan – Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach 40<br />
Grignan<br />
Wein – Lirac, das « mediterranste » Weinanbaugebiet im 40<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf der Suche nach dem<br />
39<br />
verlorenen Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval – Die Kraft eines Traumes 33<br />
Hotels<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
Helvie – Vals-les-Bains 23<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Chambéry – Die alte Hauptstadt Savoyens 50<br />
Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />
Val d’Isère – Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes – Gefiederte Freunde 28<br />
Hotels<br />
Petit Hôtel Confidentiel – Chambéry 50<br />
Avenue Lodge Hotel – Val d’Isère 28<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Provence – Lavendel: eine überraschende deutschfranzösische<br />
67<br />
Geschichte.<br />
Provence – Mit Giono auf dem Berg der Schäfer 67<br />
Alpes-de-Haute-Provence – Salagon, ein einzigartiger Ort, 66<br />
um die Hochprovence zu verstehen<br />
Fontaine-de-Vaucluse – Die berühmteste Quelle Frankreichs 58<br />
Arles – Römische Pracht und prachtvolle Kunstvorlage 53<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Orange – Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen… für die Provence 39<br />
Saint-Rémy-de-Provence – Die provenzalische Idylle von 33<br />
Saint-Rémy<br />
Avignon – Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Hotels<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Provence-Alpes-Côte-d’Azur – Géoparc de Haute-Provence, 65<br />
eine erstaunliche Reise in die Vergangenheit der Erde<br />
Hyères – eine authentische Ecke am Mittelmeer 63<br />
Antibes – Die Überraschung an der französischen Riviera 54<br />
Monaco – Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo 53<br />
Gonfaron – Ein Eldorado für Schildkröten 50<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol – Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />
Parks<br />
Nizza – Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />
Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Hotels<br />
La Bonne Etape – Château-Arnoux-Saint-Auban 65<br />
Clarion Grand Hôtel Aston – Nizza 41<br />
Château de la Messardière – Saint-Tropez 35<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete (DOM/TOM)<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Französisch-Guayana – Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique – Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Hotels<br />
Cap Est Lagoon Resort & Spa – Martinique 30<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Appetitanreger<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
Suppen<br />
Soupe à l’oignon gratinée 48<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
Salate<br />
Spinatsalat mit harten Eiern und knusprigen Hähnchenflügeln 66<br />
Quiches & Tartes<br />
Tarte d’automne aux champignons et à la farine de<br />
60<br />
châtaignes<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Quiche Lorraine 33<br />
Gratins, Aufläufe & Toasts<br />
Camembert rôti au four 57<br />
Croque Monsieur & Croque Madame 54<br />
Parmentier de canard 31<br />
Fleischgerichte<br />
Poulet fermier basse température à l’ail 62<br />
Rôti de porc aux pruneaux 59<br />
Coq au vin 43<br />
Fischgerichte<br />
Blanquette de saumon 65<br />
Millefeuille de crabe au saumon fumé 63<br />
Sole meunière 61<br />
Desserts<br />
Le Far Breton 64<br />
Profiteroles au chocolat chaud 58<br />
Poires safranées et ses tuiles à l’orange 42<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
Soupe de fraises 28<br />
Gebäck<br />
La Tarte Bourdaloue 67<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
Le Paris-Brest 50<br />
Cannelés 41<br />
Baba au rhum 23<br />
Getränke<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
Spirituosen – Roderich Dühr, ein Deutscher, der Cognac im 65<br />
Blut hat<br />
Wein/Portrait – Glucklich wie Sabine und Jörg in Frankreich 64<br />
Wein – Crémant, ein kleiner Schaumwein mausert sich 63<br />
Wein – Der elsässische Winzer Jean-Paul Schmitt ist seinen 61<br />
Reben näher denn je<br />
Alkoholische Getränke – Frankreich, das neue Eldorado für 60<br />
Bierliebhaber<br />
Wein – Der neue Trend beim Aperitif à la française 59<br />
Wein – Warum wird Wein nicht grundsätzlich im Holzfass 58<br />
gelagert?<br />
Champagner – Was Sie schon immer über Champagner 57<br />
wissen wollten<br />
Produktpiraterie – Wenn Weinflaschen gefälscht sind 54<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel:<br />
53<br />
Les coteaux, maisons et caves de Champagne (Teil 2)<br />
Châteauneuf-du-Pape – Ein Wein mit päpstlicher Aura 50<br />
Weinfarbe – Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr als Folklore: eine Tradition, 47<br />
die lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous plaît » 43<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Clairette de Die – Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung – Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier – Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac – Das « mediterranste » Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort – Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins – Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />
Léognan<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
AOC Fitou – Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Alpillen – Das Weingebiet Les Baux-de-Provence 28<br />
Rum – Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Genuss<br />
Gastronomie – Das beste aller Baguettes 66<br />
Gastronomie – Kaviar von der französischen Atlantikküste, 65<br />
der neue Star<br />
Gilles Choukroun – Ein Sternekoch, der die Pariser an den 62<br />
Flughafen zieht<br />
Gastronomie – Wenn ein junger Koch einen Michelin-Stern 61<br />
erhält<br />
Spitzengastronomie – Fabian Feldmann, ein deutscher 53<br />
Sternekoch im Land der Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Aquitaniens 49<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Limousin 48<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Burgunds 46<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Korsikas 43<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes – Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus Nyons 36<br />
Backpflaumen aus Agen – Diskrete Früchtchen 33<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Politik & Wirtschaft<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Initiative – Die deutsch-französische Freundschaft: welch 65<br />
eine Energie!<br />
Politik – Präsidentschaftswahlen 2017, Präsidiale Orte 63<br />
Wirtschaft – Atomkraft in Frankreich: der Niedergang eines 59<br />
Systems, das sich zu sicher fühlte<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Namen 54<br />
Kindergeld – Ist eine Reform überhaupt möglich? 53<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran, eine Frau kämpft gegen 53<br />
Pestizide<br />
Landesstruktur – Reform der Regionen und Departements 50<br />
Verkehrspolitik – Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />
Monnaie de Paris – Pessac, hinter den Kulissen der Euro- 47<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse – Alles nach links 41<br />
Medien – Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Tourismus – Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Volksabstimmungen – Modethema im Wahlkampf 39<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
<strong>Nr</strong>.
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande – Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz – Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Bistrosterben – Naht das Ende des Bistros? 33<br />
Reiseziele der Politiker – Plages de gauche, plages de 28<br />
droite, Urlaub in politischen Farben<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Frédéric Mitterrand – Der neue französische Kulturminister 23<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
Ernährung – Vorsicht vor triploiden Austern! 67<br />
Gesellschaft – Le Mondial la Marseillaise à pétanque, der 63<br />
größte Boule-Wettkampf der Welt<br />
Geschichte – Tromelin, Die Insel der vergessenen Sklaven 63<br />
Yacine Aït Kaci – Der Vater von Elyx, des Botschafters der 62<br />
guten Laune<br />
David Ken – Der Fotograf, der das Glück fotografiert 62<br />
Verkehr – Paris: das Tauziehen um die Umwandlung des 61<br />
Seine-Ufers in eine Fußgängerzone geht weiter<br />
Geschichte: Die Johnnies, die Lieblingsfranzosen der 60<br />
Engländer<br />
Frauen und Männer, die sich für die deutsch-französische 60<br />
Freundschaft einsetzen: Barbara Barberon-Zimmermann,<br />
Mitbegründerin des deutsch-französischen Kulturfestivals<br />
arabesques<br />
Brexit: Wie denken Briten, die in Frankreich leben, darüber? 60<br />
Fußball – Euro 2016: 10 Stadien warten auf die Fussballfans 59<br />
Integration – die Schwächen des französischen Systems 58<br />
Erfolgsgeschichten aus Frankreich –<br />
58<br />
Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />
Geschichte – 300. Todestag von Ludwig XIV. in Versailles: 57<br />
Begräbnisrituale leben länger als Könige<br />
Gesellschaft – Hinter den Kulissen des CROSS Corsen. 57<br />
Erinnerungskultur – Passen Gedenken und Tourismus 52<br />
zusammen?<br />
Fußball – Annike Krahn, eine deutsche Fußballerin in Paris 50<br />
Fußball-EM 2016 – Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 – Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der andere Wintersport 43<br />
Michel Chevalet – Der Mann, der den Franzosen die 42<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität – Angst über der Stadt 42<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Bürgerbewegung – Libérez les menhirs 42<br />
Jean Viard – Der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Simone Hérault – Die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten – Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild – Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Académie Française – Die Unsterblichen, die 40 Wächter der 39<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Lido – Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus – Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Ehrenlegion – Geht es noch um Verdienste? 33<br />
Mona Ozouf – Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Fußball – Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 28<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Versailles – Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Kunst & Kultur<br />
Kultur – Festival de Piano de La Roque d’Anthéron 67<br />
Geschichte – Der Neandertaler: Unser Urahn erhält ein neues 67<br />
Image<br />
Portrait – Auf den Spuren von Jacques Prévert 64<br />
Sprache – Aussprache, Kartografie eines Systems à la 64<br />
française<br />
Kultur – 1977-2017: Centre Pompidou, 40 Jahre und immer 61<br />
noch überraschend<br />
Musik: Das unglaubliche Vermächtnis von Maurice Ravel 60<br />
Neue Museen – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Musée Soulages Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann in Paris 46<br />
Museen – Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Französisches Historisches Museum – Ein Projekt schlägt 31<br />
hohe Wellen<br />
Pariser Philharmonie – Wenn Politik von der Realität 31<br />
eingeholt wird<br />
Jean Cocteau an der Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen 28<br />
Nizza und Menton<br />
Eine Übersicht aller jemals erschienenen<br />
Themen, also auch der ausverkauften<br />
Ausgaben, finden Sie im Internet:<br />
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<strong>Nr</strong>.<br />
Lebensart<br />
Produkte – Revolution in Sachen Aperitif! 67<br />
Produkte – Les boules Quies 66<br />
Produkte – Die Zitronenpresse aus Glas von Luminarc 65<br />
Produkte – La Pléiade 64<br />
Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />
Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />
Produkte – Der gelbe Briefkasten der Post 61<br />
Produkte – Der Bistrostuhl « Drucker »: zeitlos und pariserisch 60<br />
Produkte – Bol à prénom 59<br />
Produkte – Eau de Javel 58<br />
Produkte – Sophie la girafe 57<br />
Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />
Produkte – Duralex-Gläser 53<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Bunte Töpfe – Keramik aus Vallauris 28<br />
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Ausgabe<br />
<strong>Nr</strong>. 22<br />
<strong>Nr</strong>. 23<br />
<strong>Nr</strong>. 25<br />
<strong>Nr</strong>. 27<br />
<strong>Nr</strong>. 28<br />
<strong>Nr</strong>. 29<br />
<strong>Nr</strong>. 30<br />
<strong>Nr</strong>. 31<br />
<strong>Nr</strong>. 32<br />
<strong>Nr</strong>. 36<br />
<strong>Nr</strong>. 37<br />
<strong>Nr</strong>. 38<br />
<strong>Nr</strong>. 39<br />
<strong>Nr</strong>. 40<br />
<strong>Nr</strong>. 41<br />
<strong>Nr</strong>. 42<br />
<strong>Nr</strong>. 43<br />
<strong>Nr</strong>. 46<br />
<strong>Nr</strong>. 47<br />
<strong>Nr</strong>. 48<br />
<strong>Nr</strong>. 50<br />
<strong>Nr</strong>. 53<br />
<strong>Nr</strong>. 54<br />
<strong>Nr</strong>. 57<br />
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wird mir gesondert mitgeteilt.<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
ART DE VIVRE Produkte<br />
Serie: Typisch französische Produkte (18)<br />
Châteldon<br />
Der Champagner<br />
unter den französischen Mineralwässern<br />
Sehen Sie sich diese Flasche genau an. Abgesehen<br />
von dem edel anmutenden Etikett sieht sie im<br />
Grunde genommen wie eine x-beliebige Mineralwasserflasche<br />
aus: ein Glasbehälter mit Wasser darin.<br />
Nicht mehr und nicht weniger. In diesem Fall allerdings<br />
eher weniger, denn sie hat nur einen Inhalt von 0,75 cl.<br />
Und doch ist dieses Mineralwasser in Frankreich ein regelrechter<br />
Mythos. Die Bläschen sollen so fein wie die<br />
eines hervorragenden Champagners sein. Pénélope Cruz<br />
ist angeblich ganz vernarrt in das Wasser, und Catherine<br />
Deneuve lässt es sich immer an den Drehort liefern. Im<br />
Hexagon betrachtet man das Eau de Châteldon ganz<br />
ernsthaft als den Rolls-Royce unter den natürlichen<br />
kohlesäurehaltigen Mineralwässern.<br />
Allerdings müssen Sie gar nicht erst versuchen, es<br />
in einem Supermarkt ausfindig zu machen. Dafür ist<br />
sich Châteldon – benannt nach dem kleinen Dorf in<br />
der Auvergne (rund 20 km südlich von Vichy), in dem<br />
sich die Quelle befindet – zu fein! Es wird lediglich an<br />
den Tischen sehr guter – meist sogar sternengekrönter<br />
– Restaurants, in renommierten Brasserien und edlen<br />
Mineralwasser-Bars serviert. Mit etwas Glück findet<br />
man es auch in einigen luxuriösen Feinkostgeschäften,<br />
den typisch französischen Épiceries fines. Also nur an<br />
wenigen auserwählten Orten …<br />
Nach dem Prinzip, « was rar ist, ist auch teuer »,<br />
muss man für eine Flasche Châteldon tief in die Tasche<br />
greifen: Für 0,75 Liter Mineralwasser zahlt man rund<br />
6 Euro, in manchen Restaurants sogar bis zu 20 Euro.<br />
Man kann also sagen, dass das Châteldon ein echtes<br />
Luxusprodukt ist. Dafür, dass es sich dabei eigentlich<br />
« nur » um Mineralwasser handelt, ist das schon etwas<br />
paradox … Die Franzosen sind offensichtlich verdammt<br />
gut darin, aus einem simplen Produkt ein Luxusgut zu<br />
machen.<br />
Nun mag man sich logischerweise fragen, welche<br />
Besonderheit dieses Wasser denn nun hat, die den « besonderen<br />
» Preis rechtfertigt. Als Erstes nimmt man<br />
daher das Etikett unter die Lupe. Dabei fällt auf, dass<br />
es in den eleganten Farben Gold und Silber gestaltet<br />
ist, also Farben, die nicht gerade typisch für eine Mineralwasserflasche<br />
sind. Weiterhin ist da diese stilisierte<br />
Sonne im oberen Bereich des Etiketts. Sie ist in Frankreich<br />
ein sehr bekanntes Symbol: für den Sonnenkönig<br />
Ludwig XIV. (1638-1715). Und dann sieht man vor allem<br />
noch die mysteriöse Jahreszahl 1650. Hat sie vielleicht<br />
einen Bezug zu den prunkvollen Festen des Königshauses<br />
in Versailles? Ein Gedanke, der sich beim<br />
Lesen des Rückenetiketts bestätigt: Dort steht nämlich<br />
geschrieben, dass 1650 ein sogenannter Fagon, der Arzt<br />
Ludwigs XIV., diesem nach einer sorgfältigen Analyse<br />
der diversen Quellen des Königreiches empfahl, speziell<br />
das Wasser aus Châteldon zu trinken. « Das Wasser<br />
von Châteldon wird Ihre Majestät manchmal heilen,<br />
Ihre Leiden oft lindern und Sie immer trösten », soll er<br />
gesagt haben. Und daher soll Ludwig XIV. auf dieses<br />
Anraten hin regelmäßig das Eau de Châteldon zu sich<br />
genommen haben. Man erzählt sich sogar, dass es das<br />
erste Mineralwasser war, das in einem Glasballon auf<br />
dem Rücken eines Maultiers quer durch das Königreich<br />
transportiert wurde, damit der König es täglich zur<br />
Verfügung hatte.<br />
90 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Zweifellos handelt es sich dabei um ein für das<br />
Marketing besonders schlagkräftiges historisches<br />
« Argument », das nicht zuletzt dazu dienen soll, den<br />
hohen Preis zu rechtfertigen. Und schließlich hat es<br />
zwangsläufig seinen Preis, wenn man « dasselbe Wasser<br />
» trinken will, das seinerzeit König Ludwig XIV.<br />
regelmäßig zu sich nahm. Doch wie so oft bei Werbeaussagen<br />
kommen bei genauerem Nachdenken Zweifel<br />
auf … In diesem Fall muss man nur ein bisschen in die<br />
Geschichte einsteigen: Im dem auf der Flasche in großen<br />
Lettern vermerkten Jahr 1650 waren sowohl der<br />
königliche Leibarzt Guy Crescent-Fagon (1638-1718)<br />
als auch der König selbst gerade einmal … 12 Jahre<br />
alt! Waren die beiden da nicht noch etwas jung? Die<br />
Geschichte berichtet zudem, dass Fagon zwar bis zum<br />
Tod König Ludwigs dessen Arzt war, aber erst 1693<br />
dazu ernannt wurde. Hat Ludwig XIV. das Wasser von<br />
Châteldon also tatsächlich getrunken oder handelt es<br />
sich nur um eine Legende, die dazu dienen soll, den<br />
Absatz zu steigern? Die Frage ist berechtigt. Von den<br />
Betreibern der Quelle ist zu hören, dass dieses Datum<br />
eher symbolisch als historisch zu betrachten sei …<br />
Nehmen wir das so zur Kenntnis.<br />
Was jedoch den hohen Preis von Châteldon tatsächlich<br />
rechtfertigt, ist vor allem die Knappheit, denn<br />
das Wasser entspringt einer Quelle mit einer nur sehr<br />
geringen Durchflussmenge: rund 300 Liter pro Stunde<br />
und das nicht einmal jeden Tag. In einer Stunde kann<br />
man also rund 400 Flaschen damit füllen. Andere Abfüller,<br />
zum Beispiel Volvic, produzieren in derselben<br />
Zeit Zehntausende Flaschen! Somit ist nachvollziehbar,<br />
dass das Mineralwasser Châteldon als rares Gut<br />
eingestuft und als Luxusprodukt betrachtet wird. Ein<br />
lokales Produkt, das zwar national vermarket wird, im<br />
Grunde genommen aber authentisch und einfach ist.<br />
Ein Wasser, das man gerne sans modération trinken<br />
würde …<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem<br />
französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />
Nationalheiligtümer sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen:<br />
Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52), Orangina<br />
(<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), l’école des loisirs (<strong>Nr</strong>.<br />
56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59),<br />
Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier<br />
d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>.<br />
64), Zitronenpresse aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66) und<br />
Ricard aux plantes fraîches (<strong>Nr</strong>. 67).<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 91
KULTURSCHOCK<br />
Man sagt den Deutschen nach, dass sie keinen<br />
Humor hätten … Ein ganzes Volk komplett<br />
humorlos? Dieses Klischee ist weit verbreitet,<br />
doch ist es auch gerechtfertigt?<br />
Nehmen wir das Kino als Beispiel. Eines stimmt schon:<br />
Fragen Sie in Frankreich, ob jemand einen deutschen Kabarettisten<br />
oder einen humoristischen deutschen Film<br />
kennt, wird die Antwort meist « Nein, keinen. » ausfallen.<br />
Umgekehrt in Deutschland nach französischen Komikern<br />
oder Filmen gefragt, wird die Antwort dagegen anders<br />
lauten, denn der Name Louis de Funès dürfte fast allen<br />
geläufig sein. Mit seinen Rollen – zum Beispiel als cholerischer,<br />
machthungriger, manipulativer Patriarch – und mit<br />
seinen unverwechselbaren Grimassen hat Louis de Funès<br />
nicht nur ganz Frankreich, sondern auch einen großen Teil<br />
Deutschlands verführt und zum Lachen gebracht.<br />
Wer kennt nicht Filme wie Der Gendarm von Saint<br />
Tropez (in dem er sich als cholerischer Gesetzeshüter<br />
und Patriarch Ludovic Cruchot mit einer pubertierenden<br />
Tochter oder frechen Nudisten auseinandersetzen muss),<br />
Drei Bruchpiloten in Paris (eine Karikatur des 2. Weltkriegs)<br />
oder auch den genialen « Historienfilm » Die dummen<br />
Streiche der Reichen (in dem er als geldgieriger und<br />
hartherziger Don Salluste an den Hof der deutschen Königin<br />
Dona Maria verbannt wird)? In jedem dieser Filme<br />
gibt es Szenen, die zu Klassikern wurden und praktisch<br />
auf der ganzen Welt bekannt sind. Viele Filme von Louis<br />
de Funès sind in Deutschland sehr populär, weil in fast<br />
jedem Film ein typisch deutsches Verhalten oder ein Akzent<br />
karikiert wird. Zumindest scheinen die Deutschen<br />
also über sich selbst lachen zu können.<br />
Deutschland hat kein Gegenstück zu einer solchen Art<br />
von Film hervorgebracht – und zu Louis de Funès schon<br />
gar nicht. Aber heißt das, dass die Deutschen keinen Humor<br />
haben? Selbstverständlich nicht. Doch woher rührt<br />
dann dieses Vorurteil? Die Antwort lautet wie so oft: Es<br />
gibt ein Sprachproblem. Echtes Verstehen einer anderen<br />
Kultur – jeder weiß es – führt alleine über die Sprache.<br />
Und Humor ist der beste Beweis: Übersetzen Sie einmal<br />
einen Witz! Immer bleiben die so wichtigen Feinheiten<br />
auf der Strecke. Nun haben es die Deutschen mit Filmen<br />
von Louis de Funès recht leicht: Sein Humor gründet in<br />
hohem Maße auf Gestik und Mimik. Auch wenn in der<br />
Übersetzung nicht alle Feinheiten wiedergegeben werden,<br />
seine Körpersprache und die oft karikierenden Übertreibungen<br />
machen das Verständnis grundsätzlich leicht.<br />
Obwohl es in Deutschland kein Äquivalent zu Louis<br />
de Funès gibt, kann ich Ihnen garantieren: Es gibt ihn,<br />
den deutschen Humor. Erlauben Sie mir, meine eigene<br />
Erfahrung zu erzählen. Als ich vor elf Jahren nach<br />
Deutschland kam, verfolgte ich hartnäckig das Ziel, mich<br />
in die Gesellschaft unseres Lieblingsnachbarn zu integrieren.<br />
Ich war fasziniert von der deutschen Kultur, von der<br />
tausendjährigen Geschichte des Landes und von seiner<br />
schönen Sprache. Trotz dieses großen Interesses war es<br />
keine leichte Aufgabe, und der Humor war meine größte<br />
« Integrations-Challenge ».<br />
Anfangs war ich schon glücklich, wenn ich ein kurzes<br />
Gespräch führen konnte. Sich mit deutschen Freunden<br />
zu treffen, war oft mit großer Anstrengung verbunden.<br />
Je mehr Leute zusammensaßen, desto anstrengender war<br />
es, dem Gespräch zu folgen. Sich einzumischen, war nicht<br />
92 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
nur schwierig, sondern eine regelrechte Mutprobe. Noch<br />
schlimmer war es, die Scherze, Anspielungen und Wortspiele<br />
zu verstehen. Eigentlich war es fast unmöglich, da<br />
mir nicht nur die Worte, sondern auch der kulturelle Hintergrund<br />
fehlten. Letztendlich entschied ich mich dafür,<br />
zu lachen, wenn die anderen lachten … Mit der Zeit verbesserte<br />
sich mein Deutsch und ich konnte immer mehr<br />
verstehen. Doch das bedeutete noch nicht, dass ich an<br />
denselben Stellen lachen konnte wie die Deutschen. Ein<br />
unangenehmes Gefühl, denn ich fühlte mich ausgeschlossen.<br />
Ich verstand, was die Deutschen sagten, doch ich war<br />
noch weit davon entfernt, die Deutschen zu verstehen.<br />
Humor als Königsdisziplin.<br />
Wie durch ein Wunder kam an einem Samstagabend<br />
die lang ersehnte Rettung: der Film Ödipussi. Zunächst<br />
war ich skeptisch, aber wie immer neugierig. Und was für<br />
eine Offenbarung! Ich habe bei diesem Film sehr gelacht<br />
und mich sehr darüber gefreut, dass ich lachen konnte.<br />
Was machte es mir so leicht, Loriots Witz zu verstehen?<br />
Alle seine Figuren sind so prototypisch deutsch, die Situationen<br />
so sehr aus dem deutschen Alltagsleben genommen,<br />
dass ich sie sofort erkannte. Seine Darstellung eines<br />
biederen, bürokratischen, muffigen deutschen Alltags,<br />
hinter dem sich jedoch stets wunderbare, gern auch fast<br />
vulgäre sexuell angehauchte Doppeldeutigkeiten verstecken:<br />
zum Schreien komisch. Ein regelrecht subversiver<br />
Humor ist das: Was nicht gesagt werden darf, wird hier<br />
auf die doppeldeutige Spitze getrieben. Denken Sie nur an<br />
den Staubsaugervertreter der Firma Heinzelmann, der der<br />
Hausfrau sein neuestes Modell anpreist, das ihr beim Reinemachen<br />
auch noch die Dauerwelle pflegt. Sein Slogan:<br />
« Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur<br />
blasen kann. » Nicht nur Deutsche zerreißt es vor Lachen,<br />
wenn klar wird: Es geht nicht um typisch deutsche Sauberkeit,<br />
sondern um außerehelichen Verkehr.<br />
Endlich stand mir das große Tor des deutschen Humors<br />
offen. Später entdeckte ich Heinz Erhardt. Ich war<br />
begeistert von seinen Wortspielen und verdrehten Redewendungen;<br />
genauso wie in der Folge von den genialen<br />
Parodien und der Körpersprache eines Otto Waalkes<br />
oder den Kunstfiguren Hape Kerkelings: Gisela, Horst<br />
Schlämmer, Uschi Blum …<br />
Ja, die Deutschen haben viel Humor und viel humoristischen<br />
Stoff. Das Problem dabei ist, dass man die Sprache<br />
beherrschen muss, um ihn zu verstehen. Gestik, Mimik<br />
und Körpersprache sind zwar auch in der deutschen Sprache<br />
wichtig, aber sie reichen oft nicht aus, um die Feinheiten<br />
zu verstehen. Aber mal ganz abgesehen von Louis<br />
de Funès, welcher Deutsche hat denn wirklich Zugang<br />
zu unserem französischen Humor? Kaum einer kennt die<br />
deutschen Versionen von Le Père Noel est une ordure (Da<br />
graust sich ja der Weihnachtsmann) oder Les Bronzes (Die<br />
Strandflitzer).<br />
Aber es gibt auch andere Beispiele! Als 2008 die deutsche<br />
Fassung von Bienvenue chez les Ch’tis (Willkommen<br />
bei den Scht’is) in die Kinos kam, war der Film mit 2,3<br />
Millionen Besuchern ein riesiger Erfolg. Für die Übersetzung<br />
des Ch’ti, der in Nordfrankreich gesprochenen<br />
picardischen Sprache, wurde sogar ein eigener deutscher<br />
Dialekt erfunden! Ein ganz schöner Aufwand. Aber was<br />
auch beim Lernen einer anderen Sprache gilt: Der Aufwand<br />
hat sich gelohnt!<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 93
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Danke Guéwen für inzwischen schon<br />
30 Artikel « Guéwen a testé »!<br />
<strong>Nr</strong>. 67: … wo man in Frankreich öffentliche<br />
Toiletten findet<br />
<strong>Nr</strong>. 66: … WLAN im inOui (so heißt ab jetzt der<br />
TGV)<br />
<strong>Nr</strong>. 65: … die Schlußverkäufe in Frankreich<br />
<strong>Nr</strong>. 64: … wie sich eine « Ente » fährt<br />
<strong>Nr</strong>. 63: … die Funktion eines Geschworenen<br />
<strong>Nr</strong>. 62: … Relais Routiers<br />
<strong>Nr</strong>. 61: … die neuen Umweltplaketten für Autos in<br />
Frankreich<br />
<strong>Nr</strong>. 60: … die Verbindungen zwischen<br />
französischen Flughäfen und den<br />
Stadtzentren<br />
<strong>Nr</strong>. 59: … FKK in Frankreich<br />
<strong>Nr</strong>. 58: … die Verkehrszeichen in Frankreich<br />
<strong>Nr</strong>. 57: … Travel WiFi, der mobile HotSpot<br />
<strong>Nr</strong>. 56: … Kauf einer Ferienimmobilie<br />
<strong>Nr</strong>. 55: … Wohnmobil in Frankreich<br />
<strong>Nr</strong>. 54: … der 1. Mai in Frankreich<br />
<strong>Nr</strong>. 53: … die Mitgliedschaft in einer<br />
Gewerkschaft<br />
<strong>Nr</strong>. 52: … das Klavier im Bahnhof<br />
<strong>Nr</strong>. 51: … das neue Speisenangebot im TGV<br />
<strong>Nr</strong>. 50: … automatische Mauterfassung<br />
<strong>Nr</strong>. 49: … Segway fahren<br />
<strong>Nr</strong>. 48: … ibis Hotels<br />
<strong>Nr</strong>. 47: … Train Express Régional (TER)<br />
<strong>Nr</strong>. 46: … Hochseilgarten<br />
<strong>Nr</strong>. 45: … die Kreation eines eigenen Parfums<br />
<strong>Nr</strong>. 44: … AF-Flug von Berlin nach Bordeaux<br />
<strong>Nr</strong>. 43: … Pastellworkshop<br />
<strong>Nr</strong>. 42: … Radarfallen<br />
<strong>Nr</strong>. 40: … Präsidentschaftswahl<br />
<strong>Nr</strong>. 39: … Pariser Metro<br />
<strong>Nr</strong>. 38: … Austern<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
… was bei einer Panne auf einer<br />
französischen Autobahn zu tun ist<br />
Dies ist bereits der 30. (!) Artikel in dieser Rubrik, und aus diesem Anlass wollte ich ein eher<br />
« leichteres » Thema anschneiden. Doch das Schicksal wollte es anders. Einige Wochen vor<br />
Redaktionsschluss dieser Ausgabe war ich auf der Autobahn zwischen Bordeaux und Tours<br />
unterwegs, als mein Auto plötzlich zu stottern begann und ich schließlich auf der Standspur<br />
anhalten musste. Zwangsläufig « durfte » ich die Erfahrung machen, wie es ist, auf der Autobahn<br />
eine Panne zu haben. Die gewonnenen Erkenntnisse möchte ich nun mit Ihnen teilen,<br />
denn es ist immer sinnvoll, für den Fall der Fälle die spezifischen Vorschriften der französischen<br />
Autobahnen zu kennen …<br />
Was sind die wichtigsten Dinge bei einer Panne?<br />
Eine Panne auf der Autobahn ist immer eine gefährliche<br />
Situation, die ein besonders umsichtiges Verhalten erfordert.<br />
Zunächst einmal sollte man auf dem Standstreifen<br />
so weit rechts wie möglich anhalten – aber trotzdem<br />
ausreichend Platz lassen, damit die Passagiere auf dieser<br />
Seite aussteigen können – und die Warnblinkanlage<br />
einschalten. Bereits seit 2008 ist es in Frankreich Pflicht,<br />
dass der Fahrer in diesem Fall eine fluoreszierende<br />
Warnweste anlegt, bevor er das Auto verlässt. Alle<br />
Beifahrer müssen das Fahrzeug zwingend auf der der<br />
Fahrbahn abgewandten Seite verlassen und sich einige<br />
Meter hinter der Leitplanke in Sicherheit begeben.<br />
Selbst bei Regen darf keine Person im Auto sitzen<br />
bleiben. Der Fahrer muss in ausreichendem Abstand<br />
vom Pannenfahrzeug ein Warndreieck (das ebenfalls seit<br />
2008 zwingend mitgeführt werden muss) aufstellen.<br />
Wen und wie benachrichtigen?<br />
So erstaunlich das auch erscheinen mag, aber Pannenhelfer<br />
darf man nicht mittels Handy rufen: Auf französischen<br />
Autobahnen müssen die Notrufe zwingend von<br />
einer der Notrufsäulen entlang der Autobahn abgesetzt<br />
werden. Diese sind mit den entsprechenden Institutionen<br />
(Autobahngesellschaften, Polizei, Gendarmerie …)<br />
verbunden, und die Notrufe werden rund um die Uhr<br />
entgegengenommen. Der Grund für diese Verpflichtung<br />
liegt darin, dass die Säulen eine optimale GPS-Ortung<br />
ermöglichen und den Hilfs- und Rettungsdiensten die<br />
Arbeit erleichtern. Gut zu wissen: Die Notrufsäulen<br />
befinden sich in einem Abstand von 2,5 Kilometern<br />
und sind alle 500 Meter durch kleine Hinweisschilder<br />
angezeigt. An der Notrufsäule muss man nur auf einen<br />
Knopf drücken und ist sofort mit der Rettungsleitstelle<br />
verbunden. Diese erfragt dann Angaben über den exakten<br />
Standort des Fahrzeugs, die Automarke, die Farbe,<br />
die Anzahl der Passagiere sowie die Art der Panne.<br />
Wie lange dauert es, bis Hilfe eintrifft?<br />
Die von der öffentlichen Hand und den Autobahnbetreibern<br />
beauftragten Unternehmen verpflichten<br />
sich, innerhalb von 30 Minuten nach<br />
dem Absetzen eines Notrufs zu intervenieren.<br />
Welcher Pannendienst wird beauftragt?<br />
Dies ist eine Besonderheit in Frankreich: Bei einer<br />
Panne auf der Autobahn ist es unmöglich, seinen<br />
Pannendienst selbst auszuwählen. Die zentrale<br />
Leitstelle, welche die Notrufe entgegennimmt, entscheidet,<br />
welches Unternehmen beauftragt wird. Diese<br />
Pflicht besteht, um dem Autofahrer im Pannenfall<br />
einen bestimmten Service garantieren zu können.<br />
Die zugelassenen Pannendienste müssen bestimmte<br />
Anforderungen erfüllen. Sie müssen beispielsweise:<br />
• eine Werkstatt in der Nähe der Autobahn besitzen;<br />
• rund um die Uhr den Bereitschaftsdienst gewährleisten;<br />
• über ein entsprechendes Fahrzeug verfügen, um das<br />
liegengebliebene Auto und die Passagiere abzuholen;<br />
• Personal haben, das in den Bereichen Pannenhilfe<br />
und Abschleppen geschult ist;<br />
• in der Lage sein, den Fahrzeuginsassen in der Folge<br />
entsprechende Unterstützung zu bieten (Wartemöglichkeit,<br />
Telefon, Unterstützung beim Kontaktieren der<br />
Versicherung, gegebenenfalls Taxi- und Hotelsuche …).<br />
Im Falle von Beschwerden kann die Zulassung vorläufig<br />
ausgesetzt oder sogar ganz entzogen werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Wie hoch sind (theoretisch) die Kosten?<br />
Um Autofahrern im Pannenfall unliebsame Überraschungen<br />
zu ersparen, werden die Tarife der Pannendienste<br />
jährlich durch einen ministeriellen Erlass<br />
genau festgelegt. Der aktuelle Erlass stammt vom<br />
5. September 2017 und sieht vor, dass die Kosten für<br />
die Intervention in Form einer Pauschale abgerechnet<br />
werden. Dabei werden vier Arten unterschieden:<br />
Pannenhilfe vor Ort: Im Falle einer kleineren Panne<br />
ist dies die einfachste Möglichkeit. Die Reparatur wird<br />
vor Ort durchgeführt. Die Leistung umfasst An- und<br />
Abfahrt des Pannendienstes, die Reparatur bis zu einer<br />
Dauer von 30 Minuten und kostet für ein Fahrzeug<br />
mit einem zulässigen Gesamtgewicht unter 3,5 Tonnen<br />
124,83 € inkl. MwSt.<br />
Abschleppen des Fahrzeugs auf einen Rastplatz und<br />
Pannenhilfe vor Ort: Die Leistung umfasst An- und<br />
Abfahrt des Pannendienstes, die Zeit am Ort der Panne,<br />
das Abschleppen auf einen Rastplatz sowie die Reparatur<br />
vor Ort bis zu einer Dauer von 30 Minuten und kostet<br />
124,83 € inkl. MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen<br />
Gesamtgewicht unter 1,8 Tonnen beziehungsweise<br />
154,36 € inkl. MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen<br />
Gesamtgewicht zwischen 1,8 und 3,5 Tonnen.<br />
Abschleppen des Fahrzeugs in die Werkstatt des<br />
Pannendienstes: Die Leistung umfasst An- und Abfahrt<br />
des Pannendienstes, die Zeit am Ort der Panne, das<br />
Abschleppen des Pannenfahrzeugs in die Werkstatt des<br />
Pannendienstes und kostet 124,83 € inkl. MwSt. für ein<br />
Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht unter 1,8<br />
Tonnen beziehungsweise 154,36 € inkl. MwSt. für ein<br />
Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen<br />
1,8 und 3,5 Tonnen.<br />
Abschleppen des Fahrzeugs an einen vom Fahrzeugbesitzer<br />
gewählten Ort: Die Leistung umfasst An- und<br />
Abfahrt des Pannendienstes, die Zeit am Ort der Panne,<br />
das Abschleppen des Pannenfahrzeugs an einen vom<br />
Fahrzeugbesitzer gewählten Ort bis maximal 5 Kilometer<br />
ab Verlassen der Autobahn und kostet 124,83 € inkl.<br />
MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />
unter 1,8 Tonnen beziehungsweise 154,36 €<br />
inkl. MwSt. für ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht<br />
zwischen 1,8 und 3,5 Tonnen. Zusätzliche<br />
Kilometer werden als Aufpreis verrechnet; der Preis wird<br />
in diesem Fall vom Pannendienst selbst festgesetzt.<br />
Und wie hoch sind die tatsächlichen Kosten?<br />
Man sollte darauf gefasst sein, dass die tatsächlichen Kosten<br />
durch einige « kleine Extras » die man besser kennen<br />
sollte, schnell wesentlich höher liegen können. Am besten<br />
ist es, wenn man die Panne an einem Werktag zwischen 8<br />
und 18 Uhr hat, denn zwischen 18 Uhr abends und 8 Uhr<br />
morgens sowie samstags, sonntags und feiertags erhöhen<br />
sich die Kosten um 50 %. Zu berücksichtigen sind darüber<br />
hinaus alle Leistungen, die nicht in der Pauschale enthalten<br />
sind und demzufolge als Aufpreis verrechnet werden:<br />
notwendige Ersatzteile, Arbeitszeit über die in der Pauschale<br />
enthaltenen 30 Minuten hinaus (bei der Reparatur<br />
vor Ort), Abschleppen weiter als 5 Kilometer ab der dem<br />
Pannenort nächstgelegenen Autobahnausfahrt (sofern<br />
das Fahrzeug nicht in die Werkstatt des Pannendienstes<br />
gebracht wird). Die Preise dieser Leistungen können nach<br />
Belieben festgelegt werden. Der Pannendienst ist allerdings<br />
verpflichtet, diese Preise « sichtbar und lesbar » im<br />
Einsatzfahrzeug anzuzeigen; zögern Sie im Zweifelsfall<br />
nicht, danach zu fragen. Er muss zudem eine detaillierte<br />
Rechnung über die erbrachten Leistungen ausstellen.<br />
Man braucht auch gar nicht darauf zu hoffen, dass einem<br />
die Autobahnbetreiber im Pannenfall ein Geschenk<br />
machen und die Autobahngebühren erlassen: Verlässt der<br />
Abschleppwagen die Autobahn über eine Ausfahrt für<br />
Pannendienste und Servicefahrzeuge, muss der Autofahrer<br />
die Autobahngebühren entsprechend der Fahrzeugklasse<br />
und der Strecke direkt an den Pannendienst zahlen.<br />
Haben Sie darangedacht, Ihre Versicherung<br />
zu informieren?<br />
Wenn der Pannendienst vor Ort das Problem diagnostiziert<br />
hat, sollten Sie nicht vergessen, Ihre Versicherung<br />
anzurufen. Diese kann Sie darüber informieren, welche<br />
Kosten übernommen werden. Unter Umständen setzt Sie<br />
sich auch direkt mit dem Pannendienst in Verbindung,<br />
um die Übernahme bestimmter Kosten zu bestätigen<br />
oder diesen damit zu beauftragen, das Fahrzeug in eine<br />
bestimmte Vertragswerkstatt zu transportieren. Möglicherweise<br />
kümmert sie sich auch um Ihre Rückreise.<br />
Gibt es eine Alternative zur Notrufsäule?<br />
Den französischen Autobahngesellschaften ist wohl<br />
bewusst, dass das System der Notrufsäulen in Zeiten von<br />
Smartphone & Co. etwas überholt und vor allem teuer<br />
ist. Deshalb haben sie sich – mit Ausnahme der Betreiber<br />
im Südwesten Frankreichs – zusammengeschlossen und<br />
bieten eine kostenlose und einzigartige Applikation an,<br />
die Sie am besten bereits vor Fahrtantritt herunterladen.<br />
Im Falle einer Panne bringen Sie sich in diesem Fall<br />
zunächst hinter der Leitplanke in Sicherheit und rufen<br />
dann über die entsprechende Schaltfläche der App direkt<br />
die Rettungsleitstelle an. Die Applikation übermittelt<br />
dann automatisch die GPS-Daten. (App SOS Autoroute)<br />
Ich hoffe nun aber, dass Sie die Informationen in diesem<br />
Artikel gar nicht erst in der Praxis benötigen, und wünsche<br />
Ihnen bei Ihrem nächsten Aufenthalt in Frankreich<br />
eine pannenlose und vor allem unfallfreie Fahrt.<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Leserbriefe<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
Sie können sich eventuell vorstellen,<br />
wie es ist, wenn man jemandem<br />
schreibt (wie wir zum Beispiel unseren<br />
Leserbrief per E-Mail vom 31.03.<strong>2018</strong><br />
an Sie) und dann keine Rückmeldung<br />
bzw. keine Reaktion darauf erhält.<br />
Halt! Auf einen Leserbrief erhält man<br />
im Allgemeinen keine Mitteilung,<br />
so wurden wir von Fachfrauen und<br />
-männern informiert. Umso mehr<br />
trauten wir unseren Augen nicht,<br />
auf Seite 97 der letzten Ausgabe zu<br />
lesen, dass Sie möglicherweise ein<br />
gewisses Interesse an der Thematik<br />
Jumelages haben. (…) Im Namen<br />
aller bedanken sich die Jumeleure der<br />
kleinen Gruppe Jumelages Européens<br />
PTT e. V. Sektion Rüsselsheim und<br />
unsere Freunde in Évreux für Ihre<br />
Aufmerksamkeit und Ihr Interesse<br />
in der o. g. Sommerausgabe. Mit<br />
einer solchen Reaktion konnten und<br />
durften wir nicht rechnen. Merci …<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Heike und Günther Waldecker<br />
Hallo und guten Tag,<br />
ich möchte einmal Folgendes<br />
anregen: Bitte drucken Sie doch<br />
einmal Geschichten über eine<br />
Städtepartnerschaft ab. Wenn Sie<br />
diese markanten Geschichten veröffentlichen,<br />
dann bekommen auch<br />
andere Städtepartnerschaften Ideen<br />
und können sie verwirklichen.<br />
Vielleicht werden sogar neue<br />
Interessenten für eine Städtepartnerschaft<br />
gefunden.<br />
Mit freundlichem Gruß<br />
Christoph Troester (Partnerstädteverein<br />
Kirchhundem-Lennestadt)<br />
Redaktion:<br />
Lieber Herr Troester,<br />
wir teilen Ihren Standpunkt voll und<br />
ganz. Partnerschaften zwischen deutschen<br />
und französischen Städten gehören<br />
zu den Initiativen, die man aufwerten<br />
und ermutigen muss. Sie sind oft das<br />
Ergebnis eines starken und leidenschaftlichen<br />
persönlichen Engagements. Genau<br />
das möchten wir in Frankreich erleben<br />
bekanntmachen. Es gibt zahlreiche<br />
solcher Verbindungen, die mehr oder<br />
weniger aktiv sind. Seit einigen Monaten<br />
evaluieren wir daher, welche davon<br />
am repräsentativsten für eine gelebte<br />
deutsch-französische Freundschaft sind.<br />
Wie der nebenstehende Brief von Frau<br />
und Herrn Waldecker beweist, stehen<br />
Sie mit Ihrer Anregung nicht alleine.<br />
Herzlichen Dank dafür. Wir versichern<br />
Ihnen, dass Sie bald das Ergebnis all<br />
dieser Hinweise sehen werden …<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de · Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Frankreich digital erleben!<br />
Ab sofort können Sie das aktuelle<br />
Heft sowie ältere Ausgaben von<br />
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digitalisierter Form lesen. Erhältlich ist<br />
das Angebot über den<br />
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oder im Internet unter der<br />
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Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong> · 97
IMPRESSUM/VORSCHAU<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />
Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />
zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />
am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />
Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
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Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Samuel Péchin, Annaïs Quetsub,<br />
Gérard Rival, Serge Robin, Sabine Schmitt<br />
Layout: Zauberhaus.eu<br />
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Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />
Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 5,90 E (D), 6,50 E (A),<br />
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Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />
© <strong>2018</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />
unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse • S.4:<br />
Kunsthalle München, DR; Serge Robin, Ajc Presse; Nicole Cobac, Ajc Presse<br />
• S.6-7: Serge Robin, Ajc Presse; Pixabay; Didier Veysset; P. Bernard,<br />
Association Les plus beaux villages de France • S.8-9: Philippe Ariagno;<br />
Collectif Captain Boomer, DR ; Christian Louboutin, DR; Culturespaces, DR<br />
• S.10-11: La Poste, DR; Pixabay; Lucky Comics <strong>2018</strong>, DR; Aéroports de<br />
Paris, DR; Pixabay • S.12-22: DR • S.23: Arte, DR • S.24: DR • S.26-38:<br />
Serge Robin, Ajc Presse • S.36-39: Serge Robin, Ajc Presse • S.40-47:<br />
Serge Robin, Ajc Presse • S.48-49: Serge Robin, DR • S.50: Collection<br />
Arbogast, Château Vodou Strasbourg, Maison Victor Schœlcher, DR • S.51:<br />
Maison Victor Schœlcher, DR; Maison Anne-Marie Javouhey, DR • S.52:<br />
Maison de la Négritude, DR, Serge Robin, Ajc Presse • S.53: Serge Robin,<br />
Ajc Presse • S.54-55: Collection RMN, Château de Blérancourt, Maison<br />
Victor Schœlcher, DR; Serge Robin, Ajc Presse; Maison Victor Schœlcher,<br />
DR • 56: Route des abolitions de l’esclavage, DR • S.57: Serge Robin, Ajc<br />
Presse; Route des abolitions de l’esclavage, DR • S.58: Serge Robin, Ajc<br />
Presse • S.60-62: DR • S.64-72: Serge Robin, Ajc Presse • S.74-75: Grand<br />
Hôtel & Spa Gerardmer, DR • S.76: Grand Hôtel & Spa Gerardmer; Serge<br />
Robin, Ajc Presse • S.78-81: Kunsthalle München, DR • S.82-83: Pixabay<br />
• S.84-85: Nicole Cobac et Maurice Albert, Ajc Presse • S.90: Serge Robin,<br />
Ajc Presse • S.92-93: Pixabay • S.4-95: Ajc Presse, DR • S.98: Serge<br />
Robin, Ajc Presse.<br />
In der nächsten Ausgabe von Frankreich erleben,<br />
die Ende November im Handel erhältlich sein<br />
beziehungsweise in Ihrem Briefkasten stecken<br />
wird, möchten wir Ihnen einmal mehr « etwas<br />
andere » Menschen und Orte vorstellen.<br />
Dabei wagen wir uns sogar an einen<br />
der touristischsten und bekanntesten<br />
Orte Frankreichs, über den<br />
eigentlich schon alles gesagt und geschrieben<br />
zu sein scheint: die Bucht<br />
des MONT-SAINT-MICHEL.<br />
Und doch haben sich unsere Journalisten<br />
der Herausforderung gestellt<br />
und möchten Ihnen diesen Berg unter<br />
einem ganz neuen und unerwarteten<br />
Blickwinkel und in einer ganz<br />
besonderen Atmosphäre zeigen …<br />
Dann versuchen<br />
wir gemeinsam<br />
nachzuvollziehen,<br />
warum ein kleines<br />
ELSÄSSI-<br />
SCHES DORF<br />
heute eines der<br />
beliebtesten Dörfer<br />
Frankreichs ist<br />
und warum eine Thermalstadt am Ufer eines Sees<br />
heute in der ganzen Welt für ihr Wasser bekannt<br />
ist …<br />
Zu guter Letzt entdecken wir mit<br />
den Augen eines der bekanntesten<br />
französischen Journalisten, Albert<br />
Londres (1884-1932), eine ganz<br />
lebendige und offene Seite von<br />
Marseille. Obwohl dieses Bild von<br />
MARSEILLE bereits aus den<br />
30er-Jahren stammt, ist es verblüffend<br />
aktuell.<br />
… Und vieles mehr …<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 69 - Winter <strong>2018</strong>/19<br />
Erscheint am 20. November <strong>2018</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong>
Großzügige Unterkünfte im modernen Design, eine Wellnesslandschaft<br />
mit 5 Saunen, Sonnenterrasse und Boddenblick, ein Fitnessstudio mit<br />
professionellen Geräten, ein Hobbyraum mit Billardtisch, Tischtennisplatte<br />
und Tischfußball sowie eine Lounge mit Kamin und Panoramablick,<br />
mönchgut living & spa bietet Ihnen alles, um einen perfekten Urlaub auf<br />
Rügen zu verleben. Die Lage im Herzen des romantischen Fischerdorfes<br />
Gager im UNESCOBiosphärenreservat SüdostRügen verspricht zudem<br />
Entspannung und Erholung inmitten unberührter Natur, nur wenige Minuten<br />
vom Ostseestrand und den berühmten Seebädern der Insel entfernt.<br />
www.moenchgut-living.de
Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />
Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />
Denn Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks<br />
Lubéron, nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser<br />
atemberaubende Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />
Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />
und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im Ort<br />
mit. Schließlich bilden die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen<br />
Design eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence<br />
finden werden.<br />
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