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G.Vilas

Der Puma G. Vilas Tennisschläger

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© Copyright 2020

by

Siegfried Kuebler

Zur Grundel 18

D 88662 Überlingen


Kommentare zum Puma G. Vilas Power Racket

Es war wieder einmal so ein Tag, an dem man einen Spaziergang

machen muss, weil das Wetter so schön ist und die Beine in

meinem Alter bewegt werden müssen. Das empfiehlt mir mein

Freund Rolf, aber auch meine Frau Regine. Außer Atem komme

ich zurück. Bis zu meinem Büro in unserem Wohnhaus im ersten

Stock sind es, den Treppenaufgang im Garten mitgerechnet,

54 Stufen. Die liegen noch vor mir. Ich komme an den unteren

Eingang. Die Tür lasse ich zufallen. Das verursacht einen satten

Klang. Ja, das ist eine Sicherheitstür, vor zwei Jahren eingebaut.

Die Einbrecher würden sich die Zähne ausbeißen, wenn sie diesen

Weg benützen würden, was natürlich nicht anzunehmen ist.

Gleich links an der Wand sind etwa 20 ältere Tennisschläger

aufgehängt. Mit entsprechenden Erläuterungen. Es sind ganz

besondere, denn es sind Schläger von ehemaligen Weltklassespielern,

teilweise sogar mit deren Unterschrift versehen, entweder

auf dem Rahmen oder auf dem Umwicklungsleder des Griffs.

Bekannte Namen sind dabei. Michael Stich, Steffi Graf, Boris

Becker, Claudia Kohde Kilsch, Salomon, Bjorn Borg. Aber wer

erinnert sich noch an Steeb? War sein Vorname nicht Charly?

Oder an Evonne Goolagong?

Einer der Schläger hatte sich von der Wand gelöst und lag am

Boden. Ich hebe ihn auf und will ihn wieder an den Nagel hängen.

Dann sehe ich seine Aufschrift. Puma PCS-Racket, G. Vilas

Power. Erinnerungen steigen in mir hoch. Das war doch das

Racket, das Günter Adam entwickelt hatte. Ich erinnere mich

noch gut, als er eines Tages, ich glaube es war im Herbst 1983, in

meinem kleinen Werk in Singen, wo wir u.a. Tennisschläger erfolgreich

herstellten, vor der Tür stand und mir einen Vorschlag

machte. Ich kannte ihn von der Ispo Messe in München her. Er

war Entwicklungsingenieur bei der im Tennisbereich ebenfalls


erfolgreichen Firma Völkl beschäftigt. Was wollte er wohl von

mir?

Er rückte schnell mit der Sprache heraus. Er habe einen Schläger

erfunden, dessen Länge mit einer Schraube am Ende des

Griffs leicht verstellt werden könnte. Dadurch könne jeder Spieler

das Spielverhalten des Schlägers auf einfache Weise verändern.

Länger bedeute mehr Power, kürzer mehr Gefühl.

Natürlich war dieser Gedanke nicht neu. Wie viele Tüftler haben

sich schon daran ausgetobt. Ich muss zugeben, dass wir auch

solche Testschläger gebaut hatten. Es scheiterte bei uns daran,

dass die Verstellung zwar klappte, aber ohne Festziehen von

weiteren zusätzlichen Schrauben am Griff traten beim Schlagen

des Balls immer wieder knackende Geräusche auf, die natürlich

kein Spieler tolerieren würde.

„Würden Sie für mich diesen Schläger nach meinem angemeldeten

Patent (das sicherlich wegen mangelnder Erfindungshöhe meiner

Einschätzung nach nicht erteilt werden würde) herstellen und vertreiben?“

Dieser Vorschlag kam überraschend. Warum wollte Völkl diesen

Schläger nicht selbst bauen?

Ich erklärte ihm unsere eigenen Erfahrungen, lehnte höflich

ab und im Nachhinein war diese Entscheidung goldrichtig, wie

sich später zeigen sollte. Er spannte seine Fäden weiter und landete

bei der Firma Puma, die bisher auf dem Sektor noch nicht

tätig war, obwohl ihr Erzkonkurrent Adidas schon Schläger herstellte

und vertrieb.

Puma stieg voller Enthusiasmus ein. Eine eigene Fertigung

wurde aufgezogen. Der Schläger wurde zum Schlager, denn G.

Vilas fand Geschmack an ihm und konnte als Spieler gewonnen

werden. Linkshänder, 1952 geboren, damals etwas über 30 Jahre

alt. Im Alter von 21 hatte er schon sein erstes Grand Prix Turnier

in Buenos Aires bestritten. In seiner Laufbahn sollte er 62 Titel


gewinnen. Darunter die French Open, die US Open und die

Australien Open. Bis ins Jahr 1977 blieb Vilas in 46 Spielen

hintereinander unbesiegt. Die unbestrittene Nr. 1. Die Siegesserie

endete schließlich im Finale des Turniers von Aix-en-Provence,

als Vilas gegen Ilie Nastase (damals Außenseiter gegen Vilas)

aufgab. Nastase trat zu dem Endspiel mit der sogenannten Spaghetti

Bespannung an (aufgezogen auf einen Adidas Nastase

Professional Racket), die unmittelbar nach diesem Turnier auf

das Betreiben von Ion Tiriac von der International Tennis Federation

verboten wurde. Nach zwei verlorenen Sätzen gab Vilas,

entnervt durch das unkontrollierte Aufspringen des Balls, auf.

Nastase sicherte sich somit den Pokal. Vilas, wütend nach dem

Spiel, schnaubte: „Ich habe nicht gegen Nastase verloren, sondern

gegen einen Schläger mit dieser verrückten Bespannung!“

Mit dieser neuartigen Doppelbespannung bekam die gelbe Filzkugel

einen unglaublichen Drall. Beim Absprung vom Boden

war dadurch die Flugbahn des Balls meistens unberechenbar

geworden. Damit kam Vilas nicht zurecht.

Doch zurück zu Puma. Das ‚G. Vilas Power Racket‘ war geboren.

Als junger Mann folgte Boris dem Beispiel von Vilas und

spielte auch mit diesem Schläger.

Er blieb ihm bis an sein Karriereende treu. Zu dem G. Vilas

Power gesellte sich der ‚Puma Boris Becker Winner‘. Erinnern

Sie sich? Rot im oberen Teil, unterer Teil bis zum Griff dunkelblau?

Aber die anfängliche Begeisterung bei Puma sollte nicht von

langer Dauer sein. Von den 200000 Schlägern, die angeblich

hergestellt und verkauft worden sind, soll die Hälfte als Reklamation

zurückgekommen sein, weil Geräusche im Griff beim

Schlagen eines Balls aufgetreten sind. Das hatte ich von Anfang

an befürchtet und war über meine damalige Ablehnung froh.

Das Problem konnte auch von Puma nicht befriedigend gelöst


werden. Nach wenigen Jahren stellte Puma die Herstellung und

den Vertrieb ein. Ein kurzer, verlustreicher Ausflug ins von scharfer

Konkurrenz gezeichnetes Tennisschlägergeschäft.

Und der G. Vilas Schläger und der Boris-Schläger, die die

beiden benützten? Gaben die keine Geräusche ab beim Schlagen

des Balls? Ein flüssiges Zweikomponenten Harz wurde in die

Zwischenräume der Griffschalen eingespritzt, so dass die Verstellbarkeit

der Länge aufgehoben wurde. Das so stark propagierte

PCS (Power Control System) war damit gestorben.

Vilas hatte die Tenniswelt durch sein Spiel, seine Persönlichkeit

und sein Auftreten in bunter Sportbekleidung (damals war

Weiß angesagt) stark beeinflusst. Lange Haare unter einem Stirnband,

figurbetonte Kleidung und Topspinschläge. Klingt auch

nach Björn Borg? Stimmt. Auch ein Poet, der in Argentinien mit

einem Gedichtband für Aufmerksamkeit sorgte und zum Pionier

der Wunderwaffe ‚Topspin‘ avancierte, mit der es damals

nur Borg aufnehmen konnte.

Vilas konnte den Rumänen Ion Tiriac als Manager gewinnen.

Vilas wurde zum Champion. Was seine gespielten Schläger anging,

war er nicht so beständig wie andere Weltklassespieler, wie

Boris, Edberg oder Sampras, nur um einige zu nennen. So spielte

er am Anfang seiner Karriere mit dem Wilson Jack Kramer Autograph,

gefolgt von dem HEAD Vilas (ähnlich oder sogar baugleich

HEAD Royal in Europe and HEAD XRC in USA), dann den

Slazenger Vilas International und Slazenger V-24, und schließlich

den Puma G. Vilas. Den Ausschlag für den Wechsel von Slazenger

zu Puma gab ein Turnier in Las Vegas 1984/85), das er mit

dem Puma G. Vilas Power Racket gewann.

Ich halte immer noch den G. Vilas Power in der Hand, der

heruntergefallen war. Vilas hatte an der Seite seinen Namen eingekritzelt

und soll diesen Schläger bei dem World Team Cup in

Düsseldorf im Jahr 1987 gespielt haben.

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Wie bin ich in den Besitz dieses Rackets gelangt? Siegfried

Schwank war damals ein bekannter Bespanner und hat den Bespannungsdienst

bei vielen internationalen Turnieren bestritten.

Er war der ‚Hausbespanner‘ für die Rackets der Steffi Graf und

für viele andere bekannte Tennisspieler. Er war damals auch in

Düsseldorf bei diesem Turnier engagiert und bespannte auch

die Schläger für Vilas. Vilas schenkte ihm diesen Schläger, der

allerdings am Rahmen gebrochen und gerissener Saite unbrauchbar

geworden war.

Beim Betrachten dieses G. Vilas Power Schlägers fielen mir

einige Besonderheiten auf, die ich hier kurz besprechen möchte.

Sein Gewicht ist bemerkenswert. Selbstklebende Bleibänder sind

am Kopf angebracht. Zusammen mit Bespannung 385 Gramm.

Damals lag das bevorzugte Gewicht bei 360 Gramm. Die Länge

eines Schlägers war 100 Jahre lang mehr oder weniger unverändert

68 cm.

Der G. Vilas Power hat aber 69 cm. Ungewöhnlich für damalige

Verhältnisse. Bevor die Griffschalen durch das Einbringen

von einem Kleber nicht mehr verschiebbar gemacht worden sind,

die Schraube am Griffende, wie auf dem Bild zu sehen ist, nicht

mehr zu drehen war und somit auf das PCS System verzichtet

Elasto Cross Plastikteilchen

sind an den

Kreuzungspunkten

eingeklemmt

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Dehnbares Ösenband,

ziehharmonikaförmig

worden ist, wurde der Schläger auf die maximale Länge von 69

cm gebracht.

Die gebrochene relativ dünne Darmsaite (Babolat?) ist wahrscheinlich

eine Gauge 16L mit einem Durchmesser von 1,28

mm. Bei der Topspin-Spielweise von Vilas ist davon auszugehen,

dass er einen hohen Saitenverschleiß hatte.

Um die Spieldauer zu erhöhen und das Verschieben der Längssaiten

einzugrenzen, hat er die damals aufgekommenen kleinen

Plastikstückchen in der Mitte der Schlagfläche an den Kreuzungspunkten

eingefügt: Elasto Cross, die übrigens bis heute noch bei

Topspielern, wie z. B. von Federer, verwendet werden. Sie werden

u.a. von Wilson und Babolat angeboten.

Das seitliche Ösenband ist übrigens nach einem Patent von

Günter Adams geschaffen, ziehharmonikaförmig gestaltet, so

dass bei ungenauem Bohren der Löcher im Rahmen, das Ösenband

sich angleichen kann.

Zwei Risse im Rahmen oben rechts und unten am Rahmen

links, deuten nach meinen Erfahrungen mit Hunderten von mir

bearbeiteten Reklamationen bei den von mir hergestellten Tennisschläger,

darauf hin, dass Vilas den Schläger bei einem Wutausbruch

mutwillig auf den Boden warf.

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Bei einer Seite oben rechts ist der Schläger durch wiederholte

Berührung mit dem Boden abgeschabt. Allerdings nur auf einer

Seite. Daraus erkennt man, dass Vilas Linkshänder war und nicht

nur dies, sondern auch, dass er den Schläger nicht drehte, d, h. er

schlug immer nur mit einer Seite des Schlägers. Interessant, als

ehemaliger, begeisterter Hobbyspieler kann ich mir ein solches

Verhalten gar nicht vorstellen.

Die Abschabung, rechts

am Rahmenkopf lässt

den Linkshänder erkennen

Puma AG G. Vilas Power 1987

Glass fibres enforced by graphite fibres embedded in epoxy. Grommet strips. Special strip

construction. Yoke screwed in. Yoke of Nylon. Grey. Midsize. Blue. Eggshape. Open heart.

Glossy painted.. Plastic shells for handle. By turning of a screw at the butt end: longer or

shorter racket. Leather wrapped handle. On racket: PCS,Racket used by Vilas during World

Team Cup in Düsseldorf in 1987. Signed byVilas. From Siegfried Schwank, professional

stringer then in Düsseldorf.VS-Darm, original, some broken.

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Bleiband am Rahmenkopf

Schraube am Griffende

Signed by G. Vilas

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