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ZAP-2020-08

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Fach 4, Seite 1886<br />

Miet- und WEG-Recht: COVID-19-Pandemie<br />

Miete/Nutzungen<br />

• eine Kündigung nicht möglich ist, wenn entweder nur im März und April <strong>2020</strong> ein Rückstand von mehr<br />

als einer Monatsmiete entstanden ist oder in den Monaten vor dem 1.4.<strong>2020</strong> zusammen mit den Mieten<br />

für April bis Juni <strong>2020</strong> ein Rückstand von mindestens 2 Monatsmieten aufgelaufen ist. Gleiches gilt für<br />

Rückstände ab dem 1.7.<strong>2020</strong>.<br />

Strittig ist, ob gar kein Kündigungsgrund besteht oder ob die Kündigung erst später erklärt werden darf.<br />

Nach hier vertretener Auffassung wollte der Gesetzgerber den Kündigungsgrund erst gar nicht entstehen<br />

lassen.<br />

Gemäß Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB ist der Kündigungsausschluss gem. Art. 240 § 2 S. 1 EGBGB nur bis zum<br />

30.6.2022 anwendbar. Dies bedeutet, dass wegen Zahlungsrückständen, die vom 1.4.<strong>2020</strong> bis zum<br />

30.6.<strong>2020</strong> eingetreten und bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, nach diesem Tag wieder gekündigt<br />

werden kann. Damit haben Mieter vom 30.6.<strong>2020</strong> an über zwei Jahre Zeit, einen zur Kündigung<br />

berechtigenden Mietrückstand auszugleichen. Ist der Rückstand bis zum 30.6.2022 vollständig ausgeglichen<br />

(BGH NZM 2016, 765 = GE 2016, 1272 = MDR 2016, 1257 = NJW 2016, 3437 = WuM 2016, 658 = DWW<br />

2016, 330 = ZMR 2017, 30 = MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 42 m. Anm. BÖRSTINGHAUS; BÖRSTINGHAUS, jurisPR-<br />

BGHZivilR 18/2016 Anm. 4; KAPPUS, NZM 2016, 766; SCHACH, GE 2016, 1242; ABRAMENKO, MietRB 2016, 312;<br />

SCHACH, jurisPR-MietR 24/2016 Anm. 3), kann der Vermieter gem. § 543 Abs. 2 S. 2 BGB nicht mehr kündigen.<br />

In allen Fällen ist die Kündigung aber nur dann ausgeschlossen, wenn die Nichtleistung des Mieters auf<br />

der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie beruht. Beruht die Nichtleistung des Mieters auf anderen<br />

Gründen, z.B., weil er zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit andere Ursachen als die<br />

COVID-19-Pandemie hat, ist die Kündigung hingegen nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus Art. 240<br />

§ 2 S. 3 EGBGB.<br />

Der Vermieter kann die Kündigung auch aus sonstigen Gründen erklären, etwa wegen Vertragsverletzungen<br />

anderer Art, beispielsweise wegen unbefugter Überlassung der Mietsache an Dritte oder<br />

wegen Eigenbedarfs.<br />

d) Die Darlegungs- und Beweislast<br />

Gemäß Art. 240 § 2 S. 2 EGBGB obliegt es dem Mieter, den Zusammenhang zwischen COVID-19-<br />

Pandemie und Nichtleistung der Miete im Streitfall glaubhaft zu machen. Eine vorprozessuale<br />

Verpflichtung zur Glaubhaftmachung besteht demgegenüber nicht. Es müssen die Tatsachen dargelegt<br />

werden, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass die Nichtleistung auf<br />

der COVID-19-Pandemie beruht. Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich<br />

gem. § 294 Abs. 1 ZPO aller Beweismittel bedienen. Auch die Versicherung an Eides statt ist zugelassen.<br />

Geeignete Mittel können insb. der Nachweis der Antragstellung bzw. die Bescheinigung über die Gewährung<br />

staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das<br />

Einkommen bzw. über den Verdienstausfall sein.<br />

Mieter von Gewerbeimmobilien können darüber hinaus den Zusammenhang zwischen der COVID-19-<br />

Pandemie und der Nichtleistung regelmäßig mit Hinweis darauf glaubhaft machen, dass der Betrieb ihres<br />

Unternehmens i.R.d. Bekämpfung der Pandemie durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung<br />

untersagt oder erheblich eingeschränkt worden ist. Dies betrifft z.B. Gaststätten oder Hotels, deren<br />

Betrieb zumindest für touristische Zwecke in vielen Bundesländern untersagt ist. Es kommt wohl auch<br />

nicht auf die allgemeine Leistungsfähigkeit des Unternehmens an. Große Handelsketten haben bereits<br />

angekündigt, für die drei Monate keine Miete zu zahlen, weil ihre Geschäfte geschlossen sind oder Kunden<br />

schlicht nicht mehr kommen. Auch bei ihnen „beruht“ die Nichtleistung auf der Pandemie, auch wenn sie<br />

Rücklagen haben oder einen Onlineshop betreiben. Sie können aber auf Zahlung verklagt werden.<br />

Hinweis:<br />

Die Glaubhaftmachung ist im Hauptsacheprozess ein grds. nicht vorgesehenes Beweismaß. Hier helfen<br />

normalerweise die üblichen Beweiserleichterungen inkl. der Schätzung gem. § 287 ZPO.<br />

414 <strong>ZAP</strong> Nr. 8 17.4.<strong>2020</strong>

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