ZAP-2020-08
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Fach 4, Seite 1882<br />
Räumungsklage des Vermieters gegen mehrere Mieter<br />
Miete/Nutzungen<br />
des § 940a Abs. 2 ZPO vorliegen (Schmidt-Futterer/STREYL, a.a.O., § 940a ZPO Rn 25; a.A. WENDT, Die<br />
einstweilige Räumungsverfügung des § 940a Abs. 2 ZPO, 2015). Anderenfalls wäre der Vermieter<br />
gezwungen, auch gegen räumungswillige Mieter Räumungsklage zu erheben, obwohl er den Missbrauch<br />
der Besitzstellung durch den Dritten noch gar nicht kennt (völlig zu Recht Schmidt-Futterer/<br />
STREYL, a.a.O.).<br />
Als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal muss der Antragsgegner vom Mieter Besitz erworben<br />
haben und keine Besitzberechtigung gegenüber dem Vermieter haben (Zöller/VOLLKOMMER,<br />
a.a.O., § 940a ZPO Rn 5). Mittelbarer Besitz oder Mitbesitz des Dritten ist ausreichend, wobei zu<br />
beachten ist, dass ein Untermieter nur eines von mehreren Zimmern auch nur zur Räumung ebendieses<br />
Zimmers verurteilt werden kann (LG Berlin, Beschl. v. 21.7.2015 – 67 T 149/15, NZM 2016, 239).<br />
Der Besitz des Dritten muss mit Wissen und Wollen bzw. zumindest mit Duldung des Hauptmieters<br />
begründet worden sein, da nur dann eine Abhängigkeit des Besitzrechtes des neuen Besitzers vom<br />
Mieter gerechtfertigt ist (in diesem Sinne auch LG Arnsberg, Urt. v. 25.2.2014 – 3 S 11/14, NJW-RR 2014,<br />
970; Schmidt-Futterer/STREYL, a.a.O., § 940a ZPO Rn 22). Der Vermieter muss den Besitzerwerb und<br />
dessen fehlende bzw. verspätete Kenntnis glaubhaft machen, idealerweise durch Vorlage einer<br />
eidesstaatlichen Versicherung, vgl. § 294 Abs. 1 ZPO.<br />
Nach § 940a Abs. 4 ZPO ist der Antragsgegner zwingend vor Erlass einer einstweiligen Verfügung<br />
anzuhören. Dem Dritten kann das rechtliche Gehör entweder im Rahmen einer schriftlichen Anhörung<br />
gewährt werden oder in einer gem. §§ 937, 922 Abs. 1 ZPO freigestellten mündlichen Verhandlung über<br />
den Antrag auf Erlass der Räumungsverfügung (Schmidt-Futterer/STREYL, a.a.O., § 940a ZPO Rn 45). Eine<br />
gesetzgeberische Wertung, im Regelfall nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, kann in<br />
§ 940a Abs. 4 ZPO hingegen nicht gesehen werden (a.A. Zöller/VOLLKOMMER, a.a.O., § 940a ZPO Rn 9).<br />
Fahrlässige oder auch grob fahrlässige Unkenntnis des Vermieters vom Besitzerwerb des Dritten<br />
stehen positiver Kenntnis nach zutreffender h.M. nicht gleich (Zöller/VOLLKOMMER, a.a.O., § 940a ZPO<br />
Rn 5; Schmidt-Futterer/STREYL, a.a.O., § 940a ZPO Rn 26 m.w.N.). Für eine Analogie fehlt es insoweit<br />
angesichts des klaren Wortlauts und des eindeutigen gesetzgeberischen Willens bereits an einer<br />
planwidrigen Regelungslücke.<br />
2. Fazit<br />
Die Räumungsregelungsverfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO ist ein wichtiger Rechtsbehelf für die<br />
Vermieterseite, um möglichen Besitzerwechseln der vermieteten Wohnung ohne Kenntnis des<br />
Vermieters vor Erhebung einer Räumungsklage gegen den Hauptmieter effektiv und möglichst<br />
kurzfristig zu begegnen. In der Praxis scheitern Anträge auf Erlass einer solchen Räumungsverfügung<br />
nicht selten an der fehlenden Kenntnis der zwingenden Voraussetzungen und deren erforderlichen<br />
Glaubhaftmachung.<br />
V. Zusammenfassung und Ratschläge für Praxis<br />
Für die an einem Räumungsprozess Beteiligten Rechtsanwälte sind die Kenntnisse der Reichweite<br />
der Rechtskraft eines Räumungsurteils und deren Bedeutung für die Räumungsvollstreckung von<br />
elementarer Bedeutung, was naturgemäß für den Prozessbevollmächtigten des Vermieters gilt. Das<br />
Zusammenspiel zwischen den Rechtsbehelfen der §§ 727, 731 und 940a Abs. 2 ZPO spielt dabei eine<br />
herausgehobene Rolle. In der Praxis sollte vor Erhebung weiterer Räumungsklagen eruiert werden,<br />
inwieweit sich das Rechtsschutzziel nicht durch die wesentlich leichter zu begründenden Ergänzungsrechtsbehelfe<br />
der Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO) und Klauselerstreckung auf Dritte (§ 727 ZPO)<br />
erreichen lässt.<br />
410 <strong>ZAP</strong> Nr. 8 17.4.<strong>2020</strong>