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ZAP-2020-08

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Fach 4, Seite 1874<br />

Räumungsklage des Vermieters gegen mehrere Mieter<br />

Miete/Nutzungen<br />

1. Ausgangsfall<br />

Vermieter A ist Alleineigentümer einer 4-Zimmer-Wohnung in München-Laim, welche er an den Mieter B durch<br />

unbefristeten schriftlichen Wohnraummietvertrag aus dem Jahr 2005 vermietet hat. Mieter B kommt mit der vollen<br />

Mietzahlung für zwei aufeinanderfolgende Mieten in Verzug und erhält eine außerordentliche Kündigung durch den<br />

anwaltlichen Vertreter des Vermieters gestützt auf § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB mit einer angemessenen Auszugsfrist<br />

von 10 Tagen. Nachdem Mieter B nicht innerhalb der Auszugsfrist die Wohnung geräumt hat, erhebt Vermieter A<br />

Räumungs- und Herausgabeklage gegen Mieter B vor dem zuständigen Amtsgericht, Mietabteilung. In der<br />

anberaumten Güteverhandlung erklärt der Mieter B, dass bereits seit ca. 1 Jahr vor Zustellung der Räumungs- und<br />

Herausgabeklage, der volljährige Freund C als Untermieter mit in der Wohnung wohnt, wovon Vermieter A keinerlei<br />

Kenntnis hatte.<br />

Frage: Wie sollte sich der Prozessbevollmächtigte des Vermieters in dieser Situation verhalten?<br />

a) Rechtliche Vorbetrachtungen<br />

Dogmatischer Ausgangspunkt ist, dass die Beendigung des Hauptmietvertrages aufgrund der Relativität<br />

der Schuldverhältnisse nicht zur Folge hat, dass der zwischen dem Hauptmieter und dem Untermieter<br />

geschlossene Untermietvertrag ebenfalls beendet wird. Dieser bleibt vielmehr wirksam (Staudinger/<br />

ROLFS, Neubearbeitung 2018, Stand v. 3.5.2019, § 546 BGB Rn 86 m.w.N. aus der Rspr.).<br />

Der Gesetzgeber hat die vollstreckungsrechtliche Problematik für den Vermieter gesehen und aus<br />

praktischen Gründen in § 546 Abs. 2 BGB eine vertragliche Anspruchsgrundlage gegen jeden Dritten<br />

aufgenommen, dem Mitbesitz an der vermieteten Wohnung durch den Mieter überlassen wurde.<br />

Anspruchsvoraussetzungen von § 546 Abs. 2 BGB sind die Beendigung des Hauptmietvertrags, die<br />

Gebrauchsüberlassung an einen Dritten und die Geltendmachung des Rückgabeanspruchs gegenüber<br />

dem Dritten durch den Vermieter (Schmidt-Futterer/STREYL, 14. Aufl. 2019, § 546 BGB Rn 89). Ohne § 546<br />

Abs. 2 BGB hätte der Vermieter einen derartigen Anspruch nur dann, wenn er aufgrund seines<br />

Eigentumsrechts oder eines anderen dinglichen Rechts (z.B. Nießbrauch) von jedem Besitzer die<br />

Herausgabe der Sache verlangen könnte (Staudinger/ROLFS, a.a.O., § 546 BGB Rn 86).<br />

• Es muss ein wirksames Hauptmietverhältnis bestanden haben. Grundsätzlich belanglos ist daher, ob<br />

der Hauptmieter seinen Besitz schon vorzeitig aufgegeben hat oder ob der Mieter die Nutzung nach<br />

Vertragsende noch fortsetzt (Schmidt-Futterer/STREYL, a.a.O., § 546 BGB Rn 91). Anders ist dies nur,<br />

wenn der Mieter nach dem rechtlichen Vertragsende noch nicht zur Räumung verpflichtet ist, etwa<br />

weil ihm eine gerichtliche Räumungsfrist nach § 721 ZPO eingeräumt wurde (OLG München, Urt.<br />

v. 29.1.2015 – 23 U 3353/14, BeckRS 2015, 3556). Da der Anspruch nach § 546 Abs. 2 BGB von<br />

demjenigen nach § 546 Abs. 1 BGB abhängt, ist er für die Zeit der gerichtlichen Räumungsfrist<br />

ebenfalls gehemmt (AG Aachen, Urt. v. 18.10.1989 – 11 C 448/89, WuM 1989, 150).<br />

• Der Mieter muss den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen haben. Bei mehreren Hauptmietern<br />

ist es bereits nach dem Wortlaut ausreichend, wenn einer von ihnen den Gebrauch überlassen<br />

hat (Schmidt-Futterer/STREYL, a.a.O., § 546 BGB Rn 96 m.w.N.). Dritter in diesem Sinne ist jeder, der nicht<br />

personengleich mit dem Mieter oder Vermieter ist. Mitumfasst von § 546 Abs. 2 BGB sind also auch<br />

Angehörige des Mieters, die mit in der Wohnung leben. Eine eigenmächtige Besitzergreifung durch den<br />

Dritten reicht nicht aus (Staudinger/ROLFS, a.a.O., § 546 BGB Rn 90). Typischerweise Dritte sind<br />

Untermieter des oder der Hauptmieter.<br />

• Eine Gebrauchsüberlassung erfordert Mitbesitz gem. § 866 BGB oder zumindest mittelbaren<br />

Besitz nach § 868 BGB, sodass eine gewisse Dauer der Überlassung zu fordern ist (Faustformel: Ein<br />

bloßer 3-wöchiger Besuch genügt nicht). Für § 546 Abs. 2 BGB unbeachtlich ist, ob der Mieter zur<br />

Gebrauchsüberlassung berechtigt war, ob er also beispielsweise untervermieten durfte (Schmidt-<br />

Futterer/STREYL, a.a.O., § 546 BGB Rn 97). Irrelevant ist also auch, ob eine Untervermietung<br />

genehmigt bzw. ob diese genehmigungsfähig nach § 553 BGB war.<br />

402 <strong>ZAP</strong> Nr. 8 17.4.<strong>2020</strong>

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