ZAP-2020-08
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Anwaltsmagazin<br />
<strong>ZAP</strong><br />
Widerrufsfrist bei Verbraucherkreditverträgen<br />
Eine interessante Entscheidung zur Berechnung<br />
der Widerrufsfrist bei Verbraucherkreditverträgen<br />
hat jetzt der EuGH gefällt. Er entschied, dass<br />
Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter<br />
Form alle Modalitäten für die Berechnung<br />
der Widerrufsfrist angeben müssen und dass es<br />
nicht ausreicht, dass der Vertrag hinsichtlich der<br />
Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher<br />
für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich<br />
ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die<br />
selbst wiederum auf weitere nationale Rechtsvorschriften<br />
verweist (EuGH, Urt. v. 26.3.<strong>2020</strong> –<br />
C-66/19).<br />
Vorgelegt hatte die Rechtsfrage das LG Saarbrücken.<br />
Bei ihm ist ein Fall anhängig, in dem ein<br />
Verbraucher bei seiner Kreissparkasse einen grundpfandrechtlich<br />
gesicherten Kredit aufgenommen<br />
und seine Vertragserklärung vier Jahre später<br />
widerrufen hatte. Der Kreditvertrag sieht vor, dass<br />
der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb<br />
von 14 Tagen widerrufen kann und dass<br />
diese Frist nach Abschluss des Vertrags zu laufen<br />
beginnt, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer<br />
alle Pflichtangaben erhalten hat, die das BGB vorsieht.<br />
Diese Angaben allerdings, deren Erteilung<br />
an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist<br />
maßgeblich ist, führt der Vertrag nicht selbst<br />
auf. Er verweist lediglich auf die entsprechende<br />
BGB-Vorschrift, die selbst auf weitere Vorschriften<br />
weiterverweist. Die Frage war nun, ob der<br />
Widerruf des Kreditnehmers noch nicht verspätet<br />
war, weil er nicht ordnungsgemäß informiert<br />
worden war.<br />
Diese Frage bejahte der EuGH. Er verweist auf die<br />
EU-Richtlinie 20<strong>08</strong>/48/EG v. 23.4.20<strong>08</strong> über Verbraucherkreditverträge<br />
und zur Aufhebung der<br />
Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl 20<strong>08</strong>, L 133,<br />
S. 66, ber. in ABl 2009, L 207, S. 14, ABl 2010, L 199,<br />
S. 40 und ABl 2011, L 234, S. 46), wonach ein<br />
Verbraucherkreditvertrag in klarer und prägnanter<br />
Form die Modalitäten für die Berechnung der<br />
Widerrufsfrist angeben muss. Bei sog. Kaskadenverweisungen<br />
wie der vorliegenden könne der<br />
Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags aber<br />
weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung<br />
bestimmen noch überprüfen, ob der<br />
von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen<br />
Angaben enthalte, und erst recht nicht, ob<br />
die Widerrufsfrist, über die er verfügen könne, für<br />
ihn zu laufen begonnen habe. [Quelle: EuGH]<br />
Besteuerung bei Veräußerung<br />
einer Praxis<br />
Auf eine wichtige Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
(BFH) zur tarifbegünstigten Veräußerung<br />
einer freiberuflichen Praxis hat die Bundesrechtsanwaltskammer<br />
(BRAK) hingewiesen. Der<br />
Entscheidung lag der Fall eines Steuerberaters<br />
zugrunde, der seine Steuerberaterpraxis verkauft<br />
hat. Die Aussagen des BFH sind jedoch<br />
auf Rechtsanwälte übertragbar (BFH, Beschl.<br />
v. 11.2.<strong>2020</strong> – VIII B 131/19).<br />
In den Leitsätzen stellt der BFH zunächst fest, dass<br />
die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen<br />
Praxis (§§ 18 Abs. 3 i.V.m. 34 EStG) voraussetzt,<br />
dass der Steuerpflichtige die wesentlichen<br />
vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen<br />
Tätigkeit entgeltlich und definitiv auf einen anderen<br />
überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine<br />
freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen<br />
Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit<br />
einstellen. Wann eine „definitive“ Übertragung der<br />
wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt<br />
jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab.<br />
Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit<br />
steuerunschädlich wieder aufgenommen werden<br />
kann, bestehe nicht, so der BFH. Dementsprechend<br />
sei auch keine sog. Wartezeit von mindestens<br />
drei Jahren einzuhalten.<br />
Dann stellt der BFH klar, dass es grds. unschädlich<br />
ist, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder<br />
als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung<br />
des Erwerbers tätig wird. Auch eine geringfügige<br />
Fortführung der bisherigen freiberuflichen<br />
Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten<br />
Praxisveräußerung nicht entgegen und zwar auch<br />
dann nicht, wenn sie die Betreuung neuer Mandate<br />
umfasst, so der BFH. Damit wenden sich die<br />
Finanzrichter gegen die Auffassung des Bundesministeriums<br />
der Finanzen. Es bleibt jetzt – so<br />
der Kommentar der BRAK – abzuwarten, wie die<br />
Finanzverwaltung auf die Entscheidung reagiert.<br />
[Quelle: BRAK]<br />
380 <strong>ZAP</strong> Nr. 8 17.4.<strong>2020</strong>