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Verwaltungsrecht

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DAS ALLGEMEINE VERWALTUNGSVERFAHREN

Benötigt die Behörde bei der Frage, ob jemand schwerbehindert ist, eine fachärztliche

Einschätzung, hat sie das medizinische Gutachten selbst einzuholen und

letztendlich auch zu bezahlen. Die Ermittlungstätigkeit kann zeitaufwändig und

teuer sein, die Behörde ist dazu jedoch verpflichtet und kann nicht unter Hinweis

auf die entstehenden Kosten davon absehen (vgl. Ausführungen zur Wirtschaftlichkeit).

So kann sie Art und Umfang der Ermittlungen selbst bestimmen und ist an das Vorbringen

und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Von ihr sind alle

für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände

zu berücksichtigen (§ 24 Abs. 2 VwVfG). Die Entgegennahme von Erklärungen

oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, darf von der Behörde

nicht deshalb verweigert werden, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der

Sache für unzulässig oder unbegründet hält (§ 24 Abs. 3 VwVfG).

Behörde kann

Art und Umfang der

Ermittlungen selbst

bestimmen

Beispiel:

Die 83-jährige Maria Krause ist erheblich pflegebedürftig. Sie stellt einen Antrag

bei der Pflegeversicherung. Die Behörde hat nun zu prüfen, in welche Pflegestufe

die Antragstellerin einzugruppieren ist. Dazu beauftragt die Behörde einen

medizinischen Gutachter. Dieser stuft Frau Krause in Pflegestufe 1 ein. Damit

ist sie nicht einverstanden und legt Widerspruch ein. Die medizinische Obergutachterin

kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass ein Fall der Pflegestufe 1

vorliegt. Beide Gutachten hat die Behörde selbst in Auftrag geben müssen

(§ 20 SGB X, der inhaltlich dem § 24 VwVfG entspricht). Die Antragstellerin wird

mit den anfallenden Kosten nicht belastet.

Der Untersuchungsgrundsatz gilt auch für die Verwaltungsgerichte (vgl. § 86 Abs.

1 VwGO), für die Strafgerichte sowie für die Strafverfolgungsbehörden, das heißt

die Staatsanwaltschaften (§ 155 StPO).

Bestehen bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten vor den Zivilgerichten, gilt dagegen

der Beibringungsgrundsatz, das heißt jeder hat selbst Beweis zu dem zu erbringen,

was er vorträgt bzw. geltend macht.

Verwaltungsgerichte

Zivilgerichte

6.3.4.1 Einholung von Beweismitteln

§ 24 Abs. 1 Satz 2 VwVfG legt fest, dass die Behörde Art und Umfang der Tatsachenermittlung

bestimmt.

Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach (pflichtgemäßem) Ermessen

zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§ 26 Abs. 1 VwVfG), sie

ist »Herrin des Verfahrens«.

Beweismittel

Die Behörde kann nach § 26 Abs. 1 VwVfG insbesondere

1. Auskünfte jeder Art einholen;

2. Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige

vernehmen oder die schriftliche Äußerung von Beteiligten,

Sachverständigen und Zeugen einholen;

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