Verwaltungsrecht
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
DAS ALLGEMEINE VERWALTUNGSVERFAHREN
6.3.3.2 Legalitätsprinzip
6.3.3.2.1 Offizialprinzip
In bestimmten Fällen wird der Verwaltung kein Ermessen eingeräumt. Die Behörde
ist in ihrer Entscheidung tätig zu werden gebunden, wenn sie auf Grund von
Rechtsvorschriften von Amts wegen einschreiten muss. Sie ist dann gesetzlich
gezwungen, ein Verwaltungsverfahren durchzuführen (§ 22 VwVfG).
Pflicht zum
Tätigwerden
Beispiel:
Am Müggelturm (bekanntes Ausflugsziel im Südosten Berlins in Köpenick) haben
sich in 80 Metern Höhe Teile gelockert. Im öffentlichen Interesse muss die
Behörde dem Betreiber des Turmes aufgeben, die Bolzen zu sichern und auf
diese Weise die Gefahrenquelle zu beseitigen.
Tätigwerden
ohne Antrag
Rechtsgrundlage für das Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde ist hier § 22 Nr. 1,
erste Alternative VwVfG. Eines Antrages bedarf es nicht.
Dieser Grundsatz wird auch Amtsgrundsatz (Offizialprinzip oder Offizialmaxime)
genannt. Er gilt vorwiegend in den Bereichen, in denen die Verwaltung Aufgaben
der Gefahrenabwehr wahrnimmt, zum Beispiel im Sicherheits- und Ordnungsrecht
(Polizeirecht) sowie teilweise im Bauordnungsrecht oder beim Katastrophenschutz.
Er gilt auch bei der Verfolgung von Straftaten (§ 152 Abs. 2 StPO) oder im
Besteuerungsverfahren (§ 85 AO).
Amtsgrundsatz
6.3.3.2.2 Dispositionsprinzip
Wenn es durch Rechtsvorschrift angeordnet ist, muss die Verwaltung auf Antrag
tätig werden (§ 22 Satz 2 Nr. 1, zweite Alternative VwVfG), das heißt die Verwaltung
hat jeden ordnungsgemäßen Antrag, der fristgemäß eingegangen ist, in
einem Verwaltungsverfahren zu behandeln.
Tätigwerden
auf Antrag
Die Behörde darf in durch Rechtsvorschriften bestimmten Fällen, zum Beispiel
bei der Bewilligung von Wohngeld, nur auf Antrag ein Verfahren in Gang setzen.
Daraus folgt, dass wenn ein Antrag nicht vorliegt, ein Handeln der Behörde rechtswidrig
wäre (§ 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG).
Beispiel:
Frau Slubowitz benötigt Wohngeld und beantragt dieses beim
Wohnungsamt. Die Behörde hat über den Antrag zu entscheiden.
Der Bürger hat die Wahl, ob er mittels Antrag ein Verwaltungsverfahren in Lauf setzen
möchte oder nicht. Er bestimmt über den Beginn des Verwaltungsverfahrens.
Dies wird als Antragsgrundsatz oder auch Dispositionsprinzip bzw. Dispositionsmaxime
bezeichnet.
Antragsgrundsatz
Der Antragsgrundsatz überwiegt in den Aufgabenbereichen der Verwaltung, in
denen eine Erlaubnis, Genehmigung oder sonstige Leistungen des Staates (Baugenehmigung,
Gewerbeerlaubnis, Gewährung von Sozialhilfe, Wohngeld etc.)
begehrt werden.
93