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Verwaltungsrecht

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DIE GRUNDSÄTZE DES VERWALTUNGSHANDELNS

5.4 Verhältnismäßigkeit

Beispiel:

Stellen Sie sich vor, dass Sie beabsichtigen, nebenberuflich in unmittelbarer

Nähe zu einer Oberschule eine Gaststätte mit Alkoholausschank zu betreiben.

Dazu bedarf es einer Gaststättenerlaubnis. Diese wird Ihnen von der zuständigen

Behörde mit der Auflage erteilt, ein Schild von 50 cm Breite mit folgendem

Inhalt gut sichtbar an der Front der des Betriebes anzubringen:

»Der Ausschank und der Verkauf alkoholischer

Getränke an Kinder und Jugendliche ist verboten!«

Sie kommen dieser Auflage nicht nach, weil sich das Hinweisschild störend auf

das Gesamtbild auswirkt und potentielle Kunden abschreckt. Daraufhin widerruft

die Behörde Ihre Gaststättenkonzession mit der Begründung, dass Sie der

Auflage nicht nachgekommen sind. Darf das Amt die Erlaubnis widerrufen? Ist

diese Maßnahme rechtmäßig?

Der Behörde stehen zur Erreichung eines bestimmten Zwecks mehrere den Betroffenen

mehr oder weniger belastende Mittel zur Verfügung. Unter verschiedenen

geeigneten Maßnahmen hat die Behörde diejenige zu wählen, die den Einzelnen

und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Das gewählte Mittel darf nicht

außer Verhältnis zum Zwecke der Maßnahme stehen bzw. beide nicht in einem

offensichtlichen Missverhältnis zueinander liegen. Alle Maßnahmen der Behörde

erfordern ein gewisses Augenmaß, die Behörde darf, wie in diesem Fallbeispiel,

nicht »mit Kanonen auf Spatzen schießen«. Nur wegen des fehlenden Schildes

darf der Gaststättenbetrieb also nicht geschlossen werden.

Diese verfassungsrechtliche Anforderung an das Verwaltungshandeln wird auch

als Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bezeichnet. Er ist Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips

(Art. 20 GG) und hat Verfassungsrang. Geltung hat dieser Grundsatz

für das gesamte Recht, also auch für das Privatrecht, obwohl er im Grundgesetz

nicht ausdrücklich beschrieben wird. In einigen »einfachen« Gesetzen, wie zum

Beispiel in § 11 ASOG Bln, § 22 VwVfG, § 9 Abs. 2 VwVG und § 62 StGB wird

der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz deutlich aufgeführt. Er ist bei der Ermessensausübung

immer zu beachten, andernfalls ist diese fehlerhaft.

geringstmöglicher

Eingriff

vernünftiges Zweck- /

Mittel-Verhältnis

Beispiele:

› Bei der Auswahl des Zwangsmittels hat die Behörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 VwVG). Dabei dürfen der Betroffene

sowie die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden.

› Zur Feststellung der tatsächlichen häuslichen Verhältnisse bei der Beantragung

von nach dem SGB II darf keine Hausdurchsuchung vorgenommen

werden.

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