Meisterbrief 3_17
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TITELTHEMA<br />
Nachfolgeproblem – Fachkräfteproblem und jetzt auch noch ein Nachfolgeproblem!<br />
Als ob das Handwerk nicht<br />
schon genügend Probleme zu<br />
lösen hätte, es fehlt an Nachwuchs,<br />
es fehlt an Fachkräften<br />
und jetzt fehlt es auch noch an<br />
Nachfolgern. Eine Umfrage des<br />
Zentralverbands des Handwerks<br />
(ZDH) zeigt, dass bis 2020 mehr<br />
als jeder vierte Handwerksbetrieb<br />
einen Nachfolger sucht.<br />
Es ist zu befürchten, dass viele<br />
keinen finden werden und deshalb<br />
schließen werden müssen.<br />
Damit gehen Wirtschaftskraft,<br />
Know-how, Wertschöpfung<br />
und nicht zuletzt Arbeits- und<br />
Ausbildungsplätze im Handwerk<br />
verloren. Im Folgenden wird das<br />
Thema aus Sicht der Betriebsberaterin<br />
der Handwerkskammer<br />
Kassel – Gabi Leipold – aufgearbeitet<br />
und mögliche Beratungsund<br />
Unterstützungsangebote<br />
aufgezeigt.<br />
Nachfolge im Handwerk von Gabi Leipold<br />
Über kaum ein anderes Thema wird derzeit so viel geschrieben<br />
und gesprochen. Es fehlt an potentiellen Nachfolgern für die<br />
Vielzahl von Handwerksbetrieben, deren Inhaber sich auf eine<br />
Nachfolgeregelung vorbereiten wollen oder müssen. Aber wie<br />
kann man mit dieser Herausforderung umgehen, liegt das geringe<br />
Interesse an Übernahmen tatsächlich nur an der fehlenden<br />
Bereitschaft potentieller Nachfolger? Warum bevorzugen viele<br />
Existenzgründer eine Neugründung statt einen Betrieb zu übernehmen<br />
oder als Partner einzusteigen?<br />
Versuchen wir doch einmal,<br />
diese Thematik aus unterschiedlichen<br />
Blickwinkeln zu<br />
betrachten.<br />
Meist werden die Probleme<br />
bei der Suche nach einem geeigneten<br />
Nachfolger mit den<br />
Folgen des demografischen<br />
Wandels begründet. Aber<br />
macht man es sich nicht zu<br />
leicht, wenn man die Veränderung<br />
der Altersstruktur unserer<br />
Bevölkerung als Ursache für<br />
die zu geringe Anzahl übernahmeinteressierter<br />
Existenzgründer<br />
sieht? Ist die demografische<br />
Entwicklung unserer<br />
Gesellschaft nicht schon lange<br />
bekannt und daher auch vorhersehbar<br />
gewesen?<br />
Hat sich in den letzten Jahrzehnten<br />
nicht auch unsere<br />
Gesellschaft mit all ihren<br />
Erscheinungsbildern, wie den<br />
unterschiedlichen Lebensformen,<br />
dem Stellenwert der<br />
Familie, dem verändertem Rollenbild<br />
von Frauen und Männern,<br />
gravierend verändert.<br />
Und diese gesellschaftlichen Veränderungen sind doch auch am<br />
Handwerk und seinen Akteuren nicht vorbeigegangen.<br />
Eine Betriebsnachfolge muss immer von zwei Seiten gesehen<br />
werden.<br />
Es gibt einen Übergeber und einen Übernehmer.<br />
Der Übergeber blickt auf seine langjährige Selbstständigkeit<br />
zurück. Wenn alles gut gelaufen ist, hat er seinen Betrieb wirt-<br />
schaftlich erfolgreich geführt, sich eine solide Altersversorgung<br />
aufbauen können und kann gelassen dem Ruhestand entgegen<br />
blicken. Jetzt muss er nur noch einen Nachfolger finden, der bereit<br />
ist, den Betrieb mit dem dazugehörigen Betriebsgebäude zu<br />
übernehmen. Von den Kindern kommt keines in Frage; Sohn und<br />
Tochter haben sich für einen anderen Berufsweg entschieden.<br />
Aber eine solch wirtschaftlich günstige Ausgangslage, um in<br />
die Vorbereitungen einer Nachfolgeregelung einzusteigen, liegt<br />
nicht immer vor. Für den ein oder anderen waren die Jahre als<br />
selbstständiger Handwerker<br />
gezeichnet von Existenzkämpfen<br />
und unbefriedigenden Ergebnissen,<br />
trotz harter Arbeit.<br />
Es hat zwar immer so gereicht,<br />
aber größere Vermögenswerte<br />
oder finanzielle Rücklagen<br />
konnten nicht angespart<br />
werden. Die Kinder sind aus<br />
dem Haus; keines wollte in die<br />
Fußstapfen des Vaters treten<br />
und den väterlichen Betrieb<br />
einmal weiterführen.<br />
Und dann haben wir die Seite<br />
der Übernehmer.<br />
Auch Übernehmer sind<br />
grundsätzlich Existenzgründer;<br />
unabhängig davon, ob sie als<br />
Familienmitglied, Mitarbeiter<br />
oder als externer Nachfolger<br />
einen Betrieb übernehmen<br />
und weiterführen. Sie sind auf<br />
dem Weg in die Selbstständigkeit<br />
und wie die meisten<br />
Existenzgründer sind auch<br />
potentielle Übernehmer hoch<br />
motiviert und bestens ausgebildet.<br />
In der Regel verfügen<br />
sie über Berufserfahrung und<br />
haben ihre eigenen Vorstellungen<br />
darüber, wie sie einen Betrieb führen wollen und wie ihr<br />
Leben als selbstständiger Handwerker aussehen soll. Ein eigener<br />
Betrieb ist Bestandteil ihrer Lebensplanung, darauf haben sie<br />
hingearbeitet. Existenzgründer bzw. Übernehmer sind besonders<br />
stark in der Altersgruppe der 25 - bis 45-jährigen vertreten.<br />
Sie sind also meist in einem Alter, in dem neben der beruflichen<br />
Zukunft auch der Grundstein für eine Familie, das Eigenheim<br />
usw. gelegt wird.<br />
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