SB_16.195NLP
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2012<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Berechnungsmethoden und<br />
Auslegungskriterien für die<br />
betriebsfeste Bemessung<br />
von gelöteten Verbindungen<br />
aus Stahlwerkstoffen sowie<br />
Mischverbindungen unter<br />
Berücksichtigung neuartiger<br />
Prozessstrategien
Berechnungsmethoden und<br />
Auslegungskriterien für die<br />
betriebsfeste Bemessung von<br />
gelöteten Verbindungen aus<br />
Stahlwerkstoffen sowie<br />
Mischverbindungen unter<br />
Berücksichtigung neuartiger<br />
Prozessstrategien<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 16.195 N<br />
DVS-Nr.: 09.051<br />
Technische Universität Clausthal Institut für<br />
Maschinelle Anlagentechnik und<br />
Betriebsfest<br />
Technische Universität Berlin Institut für<br />
Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb -<br />
Beschichtungstechnik<br />
Technische Universität Braunschweig<br />
Institut für Füge- und Schweißtechnik<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 16.195 N / DVS-Nr.: 09.051 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2011 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 207<br />
Bestell-Nr.: 170316<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-206-3<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
AiF Forschungsvorhaben-Nr. 16195 N<br />
Auslegung gelöteter Mischverbindungen<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Zusammenfassung 1<br />
Danksagungen 2<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung 3<br />
2 Stand der Technik 5<br />
3 Forschungsziel und Lösungsweg 12<br />
3.1 Forschungsziel 12<br />
3.2 Lösungsweg zur Erreichung des Forschungsziels 12<br />
4 Experimentelle Untersuchungen 14<br />
4.1 Prozesstechnische Untersuchungen 14<br />
4.1.1 Laserstrahltechnik 15<br />
4.1.2 Kurzlichtbogentechnik 16<br />
4.1.2.1 Kurzlichtbogenverfahren coldArc® 17<br />
4.1.2.2 Kurzlichtbogenverfahren CMT® 18<br />
4.1.3 Werkstoffe 21<br />
4.1.4 Analysemethoden 23<br />
4.1.4.1 Bestimmung der Festigkeit 23<br />
4.1.4.2 Metallographische Untersuchungen 24<br />
4.1.4.3 Härtemessungen 24<br />
4.1.4.4 Hochgeschwindigkeitsvideographie 25<br />
4.1.4.5 Temperaturmessungen 27<br />
4.2 Charakterisierung des Festigkeitsverhaltens der Lötverbindungen 30<br />
4.2.1 Mechanische Prüfmethoden 30<br />
4.2.1.1 Schlagartige Zugscherprüfung und Schälzugprüfung 30<br />
4.2.1.2 Schwingfestigkeitsprüfung unter Biegeschwellbeanspruchung 32<br />
4.2.2 Metallurgie 33<br />
4.2.2.1 Stahl-Stahl-Verbindungen mit Kupferbasislot 33<br />
4.2.2.2 Stahl-Aluminium-Verbindungen mit Aluminiumbasislot 35<br />
4.2.2.3 Stahl-Stahl-Verbindungen mit Zinkbasislot 37<br />
4.2.2.4 Stahl-Aluminium-Verbindungen mit Zinkbasislot 43<br />
4.3 Schwingfestigkeitsuntersuchungen und Entwicklung von<br />
Berechnungsmethoden 49<br />
4.3.1 Schwingfestigkeitsuntersuchungen 49<br />
4.3.1.1 Versuchsaufbau 51<br />
4.3.1.1.1 Versuchsaufbau unter Luft 52<br />
II
AiF Forschungsvorhaben-Nr. 16195 N<br />
Auslegung gelöteter Mischverbindungen<br />
4.3.1.1.2 Durchführung der Dehnungsmessungen an H-Proben 52<br />
4.3.1.1.3 Ergänzungen des Versuchsaufbaus unter korrosiven Medium 55<br />
4.3.1.2 Versuchsdurchführung 55<br />
4.3.2 Untersuchungen zu Berechnungskonzepten 56<br />
4.3.2.1 Nennspannungskonzept 56<br />
4.3.2.1.1 Nennstrukturspannungskonzept 57<br />
4.3.2.2 Strukturspannungskonzept 58<br />
4.3.2.2.1 Nahtstrukturspannungskonzept 59<br />
4.3.2.3 Kerbspannungskonzept 61<br />
4.3.2.3.1 Angepasstes Kerbspannungskonzept mit realen Radien 63<br />
4.3.2.3.2 Angepasstes Kerbspannungskonzept mit Nahtanfangs- und -endgeometrie 64<br />
4.3.2.3.2.1 Vereinfachung des Konzeptes mit Nahtanfangs- und -endgeometrie 67<br />
III
AiF Forschungsvorhaben-Nr. 16195 N<br />
Auslegung gelöteter Mischverbindungen<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung<br />
Verzinkte Stahlwerkstoffe finden in einer Vielzahl von Anwendungen ihren Einsatz. Durch<br />
den Überzug wird die Korrosionsbeständigkeit der Bauteile um ein Vielfaches erhöht. Der<br />
Schichtaufbau und die Schichtdicke können an die Anwendung angepasst werden und<br />
hängen im Wesentlichen mit dem Verzinkungsverfahren zusammen. Zinküberzüge weisen<br />
darüber hinaus den Vorteil auf, dass geringfügige und örtlich begrenzte Verletzungen der<br />
Zinkschicht toleriert werden können. Die blanke Stahloberfläche wird durch die kathodische<br />
Schutzwirkung des Zinkes bis zu etwa 1 mm Abstand geschützt.<br />
Das Verarbeiten von verzinkten Stahlwerkstoffen muss daher so erfolgen, dass keine bzw.<br />
lediglich eine lokal stark begrenzte Verletzung der Zinkschicht erfolgt. Insbesondere das<br />
thermische Fügen stellt hierbei einige Herausforderungen. Zink besitzt eine<br />
Schmelztemperatur von etwa 420°C und eine Siedetemperatur von 907°C. Beim Schweißen,<br />
bei dem Temperaturen über der Liquidustemperatur von Stahlwerkstoffen erreicht werden<br />
(>1500°C), kommt es daher zu einer thermischen Zerstörung der Zinkschicht in der<br />
Schweißzone. Zink verdampft beim Schweißen von verzinkten Stahlwerkstoffen<br />
eruptionsartig, so dass es zu einem spritzenden Prozess kommt. Darüber hinaus entstehen<br />
durch das ausdampfende Zink Poren in der Naht, die die Festigkeit der Verbindung<br />
maßgeblich beeinträchtigen. Die hohen Temperaturen in der WEZ führen dazu, dass der<br />
Zinküberzug in einem weiten Bereich neben der Naht nach dem Schweißen nicht mehr<br />
vorhanden ist.<br />
Die Wärmeführung und der daraus resultierende Zeit-Temperatur-Verlauf beim thermischen<br />
Fügen wirken sich aber auch auf den Gefügezustand und damit auch auf die<br />
Betriebsfestigkeit und Lebensdauer der Verbindung aus. Neuere hochfeste Stahlwerkstoffe<br />
weisen hohe Festigkeiten auf, die sich aus einem gezielten Gefügedesign ergeben. Die beim<br />
Schweißen auftretenden hohen Temperaturen beeinflussen das eingestellte und gewünschte<br />
Gefügedesign, so dass die Festigkeiten dieser Stahlwerkstoffe nicht ausgenutzt werden<br />
können. Es werden Niedrigtemperaturfügestrategien benötigt, die es ermöglichen, hochfeste<br />
Verbindungen ohne Verletzung des Zinküberzuges und des eingestellten Gefügedesigns<br />
herzustellen.<br />
Das Löten stellt vor diesem Hintergrund einen technologischen Lösungsweg zur<br />
Verarbeitung von verzinkten Stahlwerkstoffen und Mischverbindungen Stahl-Aluminium dar,<br />
da die Spitzentemperaturen und somit die Verletzung der Zinkschicht minimiert werden und<br />
die Bildung intermetallischer Phasen vermieden werden kann. In der industriellen Praxis hat<br />
sich seit einigen Jahren das Löten mit Cu-Basiswerkstoffen etabliert. Die Arbeitstemperatur<br />
von beispielsweise CuSi3 und CuAl8 (>940°C) liegt dabei zwar deutlich unterhalb der<br />
Liquidustemperatur von Stahl, aber über der Verdampfungstemperatur von Zink, so dass<br />
eine Verletzung der Zinkschicht, wenn auch nur begrenzt, auftritt. Um die Prozesstemperatur<br />
und somit den Wärmeeintrag weiter abzusenken, müssen niedrigschmelzende Lote<br />
eingesetzt und eine Technologie zum Verarbeiten dieser qualifiziert werden. Eine Lösung<br />
bieten hierbei zinkhaltige Lote, die auf Grund der niedrigen Schmelztemperatur eine<br />
wesentliche Absenkung der Prozesstemperaturen ermöglichen und somit die Verletzung der<br />
Überzüge weiter zu minimieren bzw. zu vermeiden helfen. Darüber hinaus eignen sich<br />
Zinkzusatzwerkstoffe für die Bearbeitung von Mischverbindungen Stahl/Aluminium, da Zink<br />
eine hohe Löslichkeit für Aluminium aufweist.<br />
3
AiF Forschungsvorhaben-Nr. 16195 N<br />
Auslegung gelöteter Mischverbindungen<br />
Neben Zinküberzügen kommen in der Praxis immer häufiger Al-Basis-Überzüge oder<br />
Phosphatierungen zum Einsatz, um beispielsweise das Umformverhalten zu verbessern.<br />
Dabei wird beobachtet, dass bei gleich bleibenden Arbeitsbedingungen die Benetzung beim<br />
Löten stark von dem Überzug beeinflusst wird. Systematische Untersuchungen zum Einfluss<br />
des Oberflächenzustandes beschichteter Stahlwerkstoffe liegen heutzutage nicht vor, sind<br />
aber für eine belastungsgerechte Auslegung unumgänglich und von kmU daher von großer<br />
Bedeutung.<br />
Darüber hinaus fehlen heutzutage abgesicherte Konzepte zur Bewertung und<br />
Berechenbarkeit der Festigkeit (quasistatisch, dynamisch und unter Crashbeanspruchung)<br />
gelöteter Stahlblechverbindungen. Für geschweißte Verbindungen sind in den letzten Jahren<br />
eine Vielzahl von Untersuchungen durchgeführt worden. Zwei Bewertungskonzepte haben<br />
sich hierbei besonders etabliert, das Strukturspannungskonzept und das<br />
Kerbspannungskonzept. Die erfolgreich eingesetzten Konzepte sind auf die spezifischen<br />
Belange des Lötens von Dünnblechverbindungen und neuen Prozessstrategien im Hinblick<br />
auf die geometrische und metallurgische Kerbe, die Stützwirkung des niedrigfesten Lötgutes,<br />
die Mehrachsigkeit und auf Eigenspannungen abzustimmen. Dafür ist eine interdisziplinäre<br />
und fachübergreifende Herangehensweise notwendig.<br />
Probleme können in der Regel immer nur partiell gelöst werden. Daraus folgt, dass die breite<br />
Anwendung neuer Fügetechnologien nur dann möglich ist, wenn eine ganzheitliche<br />
Betrachtung über die Entwicklung, Konstruktion bis hin zur Fertigung abgesichert werden<br />
kann.<br />
4
AiF Forschungsvorhaben-Nr. 16195 N<br />
Auslegung gelöteter Mischverbindungen<br />
2 Stand der Technik<br />
Die Herstellung und insbesondere die Entwicklung neuer, marktgerechter und<br />
belastungsoptimierter dünnwandiger Strukturen im Fahrzeugwesen, aber auch im<br />
Containerbau, im Treppen- und Geländerbau stellen Prozesse dar, die einen<br />
fachübergreifenden und interdisziplinären technologischen Ansatz erfordern. Dieser wird<br />
durch die Verknüpfung der Konstruktion, der Fertigungs- und der Werkstofftechnik<br />
ermöglicht.<br />
Die zunehmenden Anforderungen an die Funktionalität von Bauteilen erfordern eine<br />
einsatzgerechte Anwendung von Werkstoffen und Fertigungsverfahren und die zuverlässige<br />
Bewertung der Gebrauchseigenschaften im betrieblichen Einsatz. Unter diesem<br />
Gesichtspunkt haben der Einsatz von Werkstoffen mit herausragenden<br />
anwendungsspezifischen Eigenschaften sowie die Mischbauweise zugenommen.<br />
Beispielhaft seien hier hochfeste Stahlwerkstoffe und weiterentwickelte Verzinkungsarten<br />
zum besseren Korrosionsschutz oder Oberflächenbehandlungen zur verbesserten Haftung<br />
von Lacken genannt.<br />
Für die Fertigung von gefügten Produkten aus artgleichen Werkstoffen oder<br />
Werkstoffkombinationen Stahl/Aluminium stehen heutzutage eine Vielzahl von Verfahren,<br />
wie z.B. das Schweißen (Schweißpunkte, Liniennähte), das Löten, das Kleben und die<br />
mechanischen Verfahren (Clinchen, Stanznieten usw.) zur Verfügung. Die Auswahl der<br />
einzusetzenden Fügeverfahren hängt in der betrieblichen Praxis von der Art der<br />
Konstruktion, dem Werkstoff, den Fertigungsmöglichkeiten, der geforderten Festigkeit und<br />
den Herstellungskosten ab.<br />
Aus werkstoffkundlicher und prozesstechnischer Sicht stellt das Schmelzschweißen von<br />
dünnwandigen verzinkten Stahlstrukturen und von Mischverbindungen Stahl/Aluminium<br />
besondere Anforderungen an die Wärmeführung. Die beim Schweißen auftretenden<br />
Temperaturen führen zum eruptionsartigen Verdampfen des Zinkes und somit zur Störung<br />
des Prozesses sowie darüber hinaus zur Spritzer- und Porenbildung. Zudem wird die<br />
Zinkschutzschicht lokal in der Schweißnaht und über die Wärmeeinflusszone (WEZ) so stark<br />
beschädigt (bis zu mehreren Millimetern), dass in vielen Fällen eine Nacharbeit notwendig<br />
ist. Bei der Paarung Stahl/Aluminium hingegen ist die Bildung spröder und vernetzter<br />
metallischer Phasen zu beobachten, die bei der Abkühlung im Schmelzbad entstehen und<br />
für das frühzeitige Versagen der Verbindung verantwortlich sind [Zer02].<br />
In weiten Bereichen des Metallbaus hat sich zum Fügen von verzinkten Stahlwerkstoffen das<br />
Löten mit Cu-Basis-Zusatzwerkstoffen etabliert (vergleiche auch [Dil01, Bou02, Hei02,<br />
Hof03, Wes03]). Damit ist es möglich, die Fügetemperatur im Vergleich zum Schweißen<br />
stark zu reduzieren und eine geringere Verletzung der Beschichtung zu erreichen. Über den<br />
industriellen Einsatz des Lötens mittels Lasertechnik wird in [Hof03] berichtet, während<br />
Untersuchungen zum Plasmalöten und MIG-Löten in [Hei02] und [Dil01] zusammengefasst<br />
sind.<br />
Die Arbeitstemperaturen von Cu-Basis Zusatzwerkstoffe liegen jedoch immer noch höher als<br />
die Verdampfungstemperatur von Zink, so dass in weiten Bereichen von bis zu 6 mm neben<br />
der Naht eine Schädigung der Zinkschicht auftritt [Hei02]. Die kathodische Schutzwirkung ist<br />
5