neue energie - Wirtschaftszeitung
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SEITE 14 | FREITAG, 19. AUGUST 2011 NEUE ENERGIE WIRTSCHAFTSZEITUNG<br />
OberpfalzwirdenergetischePionierregion<br />
BezirkistbeieuropäischemENNEREG-Projektmitdabei/RegensburgerExpertenerstellenKlimaschutzkonzepte<br />
VON THEO KURTZ<br />
OBERPFALZ. Die Oberpfalz, die griechischen<br />
Kykladeninseln und Kaunas in<br />
Litauen – sie haben tatsächlich etwas<br />
gemeinsam. Sie sind Pionier-Regionen<br />
bei der Entwicklung von Energie- und<br />
KlimaschutzkonzeptenundderErstellung<br />
nachhaltiger Energieprojekte.<br />
Und sie sind drei von insgesamt zwölf<br />
Regionen, die bei dem europäischen<br />
ENNEREG-Projektmitmischen.<br />
Dass der altbayerische Regierungsbezirk<br />
den Sprung ins kontinentale<br />
energetische Vorzeigeprogramm geschafft<br />
hat, ist dem Engagement der<br />
RegensburgerZREUGmbHzuverdanken.<br />
Das Zentrum für rationale Energieanwendung<br />
und Umwelt beteiligt<br />
sich bereits seit zwei Jahrzehnten an<br />
den von der EU geförderten Programmen.<br />
Die Domstädter hatten bei der<br />
jüngsten Brüsseler Ausschreibung im<br />
Rahmen des Förderprogramms „Intelligente<br />
Energie – Europa“ den Hut in<br />
den Ring geworfen und sind mit ins<br />
ENNEREG-Bootgeholtworden.<br />
„Wir wollen uns zunächst einen<br />
Überblick verschaffen,wo und in welchen<br />
Bereichen Energie verbraucht<br />
wird“, betont ZREU-Geschäftsführer<br />
Josef Konradl. In einem weiteren<br />
SchrittsollenEinsparpotenzialeausgelotetwerden.Zunächstschonmalkei-<br />
ne leichte Aufgabe: „Es gibt nämlich<br />
kein regional belastbares Zahlenmaterial,<br />
auf das wir zurückgreifen könnten“,<br />
erläutert Dr. André Suck, zuständigbeimZREUfürInternationaleProjekte<br />
und Fördermittel. Im Anschluss<br />
soll der Bestand an regenerativen<br />
Energien, wie Wind, Sonne oder Wasser<br />
festgestellt und mögliche Ausbauszenarien<br />
entwickelt werden. Und dabeigiltesauchüberdenkommunalen<br />
oder regionalen Tellerrand hinauszuschauen.<br />
„Es kann und wird nicht so sein,<br />
dass jede Gemeinde ihre fünf Windräder<br />
und ihr eigenes Biomasseheizkraftwerk<br />
haben wird“, erläutert Konradl.DerZREU-Geschäftsführermacht<br />
es an einem Beispiel deutlich. „Würde<br />
man überall auf Hackschnitzelanlagen<br />
setzen, so würden sich diese aufgrund<br />
stark verteuernder Holzpreise<br />
nichtmehrrechnen.“<br />
Erkenntnisseaus den Projekten<br />
werden ausgetauscht<br />
Bei dem Europa-Vorhaben setzt man<br />
auchaufdeninternationalenWissensaustausch.<br />
„Jede Pilot-Region präsentiert<br />
ihre bereits realisierten Vorzeigevorhaben“,<br />
so Suck. Jeder Teilnehmer<br />
hat die Möglichkeit, das Gesamtkonzept<br />
jedes einzelnen Projektes oder<br />
Teile davon aufdie nationalen Bedürf-<br />
„plasmadust“erlaubtsogardieBeschichtungvonPapier Foto:mr-plasma<br />
MRsorgtbeiSolarfür<br />
höherenWirkungsgrad<br />
„Tochter“ReinhausenPlasmakommtzumrichtigenZeitpunkt<br />
REGENSBURG.TechnologischeVordenker<br />
waren die Reinhausener schon<br />
sehr früh. Ob nach dem Ersten Weltkrieg<br />
mit dem Bau eines Flugzeugs<br />
(ein Versuch, bei dem man leider im<br />
Regen baden ging) oder aber gemeinsammitdemOBAG-VorstandDr.Ing.<br />
Bernhard Jansen bei der Entwicklung<br />
der „Maschinenfabrik Reinhausen“,<br />
zum Weltmarktführer auf dem GebietderStufenschalter:DieUnternehmensgruppe<br />
Scheubeck hat immer<br />
wieder Neuland betreten, und war<br />
nichtzuletztdeshalbüberdieGenerationen<br />
hinweg erfolgreich, weil man<br />
als Familienunternehmen engagiert<br />
blieb und dennoch stets auch externen<br />
Sachverstand einzubinden verstand.<br />
Erst in diesen Tagen hat die Reinhausen<br />
Plasma GmbH, eine 2004 gegründete<br />
Tochtergesellschaft der Maschinenfabrik<br />
Reinhausen (MR), eine<br />
Weltneuheit vorgestellt. Diese völlig<br />
<strong>neue</strong> Beschichtungstechnik, Markenname<br />
Plasmadust, kommt genau zur<br />
richtigenZeitaufdenMarkt,könnten<br />
dadurch doch neben vielen anderen<br />
Chancen auch Solarzellen wesentlich<br />
günstigererstelltwerden.<br />
Nach Auffassung von Michael Bisges,<br />
der gemeinsam mit Peter Schötz<br />
die Firma leitet, muss es den Herstellern<br />
vonSolarzellenvor allemdarum<br />
gehen, den Wirkungsgrad ihrer Module<br />
zu steigern, stehen sie doch in<br />
einemüberaushartenPreis-undQualitätswettbewerb:<br />
„Wir aber können<br />
mit unserer <strong>neue</strong>n Technik gerade<br />
den teuersten Prozessschritt bei der<br />
Herstellung, nämlich die Metallisierung<br />
der Solarzellenrückseite, um 50<br />
Prozentgünstigerdarstellen.“<br />
Dadurch ergeben sich „rekordverdächtige<br />
Wirkungsgrade“. In einer<br />
Kombination ausPlasma, einem physikalischen<br />
Aggregatszustand, und<br />
Staub(darausentstandderMarkenname<br />
„plasmadust“) hat die Reinhausen-Gruppeeinevöllig<strong>neue</strong>Beschichtungstechnologieentwickelt.<br />
Die Besonderheit: Lagen die Temperaturen<br />
bei den bisher üblichen<br />
Verfahren bei 10000 Grad, so ist es<br />
jetztmöglich,mithöchstens150Grad<br />
„kaltem“ Plasmadust selbst extrem<br />
empfindliche Oberflächen von Solarzellen,<br />
Folien, ja sogar Papier mit leitendenSchichtenzuüberziehen.<br />
Michael Bisges ist jedenfalls überzeugt,<br />
dass diese Plasma-Technologie<br />
kostengünstigeren Solarstrom möglichmachenwerde:„OhneunserMarkenprodukt<br />
PlasmaSun gibt es keine<br />
Netzparität, also jenen Zustand, bei<br />
dem der Strom vom eigenen Dach<br />
nicht teurer ist als der aus der Steckdose.“(go)<br />
Das ZREU-Team mit Dr. André Suck, Geschäftsführer Josef Konradl und<br />
Annette Sorg (v. li.) hat sich für das ENNEREG-Förderprogramm beworben<br />
und den Zuschlag bekommen. Jetzt entwickeln die Regensburger für<br />
diegesamteOberpfalzeinEnergie-und Klimaschutzkonzept. Foto:Kurtz<br />
nisseundAnforderungenanzupassen.<br />
Gut 50 Vorzeigemaßnahmen werden<br />
bereits diskutiert und später der Öf-<br />
REGENSTAUF. Rohstoffe entdecken, wo<br />
andere nur Müll sehen: Mit dieser alternativen<br />
Sichtweise hat sich die Regenstaufer<br />
Firma „G + R Technology<br />
AG“seitihrerGründungimJahr2006<br />
Geschäftsgebiete erschlossen, die<br />
sonst anscheinend keiner bemerkt.<br />
Ob Meersalz aus einer Meeresentsalzungsanlage<br />
oder fettverunreinigtes<br />
Wasser aus der Verarbeitung pflanzlicher<br />
und tierischer Biomasse – G + R,<br />
das sich in allen Geschäftsfeldern<br />
durch einen „grünen Faden“ leiten<br />
lässt,hatAufbereitungstechnikenentwickelt,<br />
die den Recycling-Gedanken<br />
in die Realität umsetzen. Am Ende erhält<br />
man statt Abfall Produkte wie<br />
Salze beziehungsweise Industriefett<br />
fürdiechemischeIndustrie.<br />
SeitderbeschleunigteAusstiegaus<br />
der Atomkraft beschlossene Sache ist<br />
und zumindest in der Übergangszeit<br />
die Stromlücke durch Verstromung<br />
fossiler Energieträger wie Kohle und<br />
Gas geschlossen werden soll, trägt die<br />
2006 von dem österreichischen Ingenieur<br />
Robert Stöcklinger gegründete<br />
Regenstaufer Firma auch auf dem Gebiet<br />
der Energiepolitik eine Green-<br />
Tech-Idee bei: Mit der „G + R Carbon<br />
Technology“ soll nun der Staatsfeind<br />
Nummer1,derKlimakiller Kohlendioxid,<br />
vom Abfallprodukt zum Rohstoffwerden.<br />
„Unsere Carbon Technology birgt<br />
enormes Potenzial, das ich in seinen<br />
globalen Auswirkungen noch gar<br />
nichtabschätzenwill“,ist Stöcklinger<br />
überzeugt. „Ich halte die Problematik<br />
von CO2 als Klimakiller für gelöst.“<br />
Der größte Vorteil liegt für ihn darin,<br />
dass das umstrittene CCS (Carbon DioxideCaptureandStorage)-Verfahren,<br />
Kohlenstoff abzuscheiden und einzulagern,obsoletwürde.Eincharmanter<br />
Gedanke, nicht zuletzt, weil es auch<br />
hier – ebenso wie bei der Kern<strong>energie</strong><br />
– noch kein Endlager gibt und erste<br />
Speicherversuchsanlagen in Brandenburg<br />
sich schon jetzt massiven Bürgerprotesten<br />
gegenüber sehen. Stöcklinger<br />
hat dafür Verständnis: „Die<br />
Speicherung von CO2 in der Erde ist<br />
nicht notwendig, ich halte sie sogar<br />
fürsehrgefährlich.EinGasmit80Bar<br />
Druck unter den Füßen bedeutet für<br />
mich kein Wohlfühlklima und hat<br />
nichts zu tunmit Umweltschutz in<br />
fentlichkeit präsentiert. Die Aktivitäten<br />
in den ENNEREG-Regionen konzentrieren<br />
sich auf acht Schlüsselthe-<br />
DieLäuterungeinesKlimakillers<br />
G+RinRegenstaufbautaufdenHoffnungsträger„GrüneKohle“<br />
einem innovativen Sinn.“ Die Basis<br />
des <strong>neue</strong>n Verfahrens ist „Green Coaling“,<br />
also die Verkohlung von Biomasse.<br />
„Grüne Kohle“ entsteht unter<br />
Druck und Hitze aus Biomüll, Pflanzenresten<br />
und verschiedenen Abfällen,unddasquasiimZeitraffer:Innerhalb<br />
weniger Stunden werden Prozesse<br />
vollzogen, für die die Erde bei der<br />
Produktion ihrer Stein- und BraunkohleJahrmillionengebrauchthat.<br />
Dieses Verfahren ist nicht neu, um<br />
genau zu sein gibt es das grüne Verkohlenschonseit100Jahren.Doches<br />
krankte von Anfang an an einem<br />
Mangel:Mit70bis80ProzentWassergehalt<br />
ist grüne Kohle aus Biomasse<br />
so nass, dass sie schlecht brennt. Entzieht<br />
man das Wasser durch Verdampfen,<br />
benötigt das zusätzliche<br />
Energie, die den CO2-Vorteil verpuffenlässt.G+Rgehtdeshalbeinenanderen<br />
Weg: Bei der „G + R Carbon<br />
Technology“ oder „Green Carbon“<br />
Technology kann auf die <strong>energie</strong>intensive<br />
Trocknung der Biomasse verzichtetwerden.GreenCarbonarbeitet<br />
mit nasser Biomasse, unter Zuführung<br />
von Kohlendioxid entsteht mit<br />
Hilfe von Stromzufuhr Wasserstoff<br />
undSynthesegas,dasalsBrenngaszur<br />
men.DazugehörennebenderEnergieeffizienz<br />
von Gebäuden und Produkten<br />
der nachhaltige Verkehr, die Themenbereiche<br />
er<strong>neue</strong>rbare Energien<br />
unddieEnergiedienstleistungen.Zwei<br />
bis drei Mal im Jahr treffen sich die<br />
Projektbeteiligten aus den zwölf Teilnehmerstaaten,<br />
um Erfahrungen auszutauschen.<br />
ZREU hatte im Rahmen des 1. EN-<br />
NEREG-Regio-Forums in Neumarkt<br />
dasEU-ProgramminderOberpfalzins<br />
Rollen gebracht. Dass die Große Kreisstadt<br />
ausgewählt worden war, kommt<br />
nichtvonungefähr.DieKommuneist<br />
der einzige Oberpfälzer Vertreter im<br />
Kreis des Konvents der Bürgermeister,<br />
einem Zusammenschluss von weltweit<br />
2806 Städten.Und die haben sich<br />
verpflichtet, den Kohlendioxid-Ausstoß<br />
innerhalb ihrer Gemeindegrenzenummindestens20Prozentzusenken.<br />
2013 läuft das ENNEREG-Projekt<br />
aus. Und bis dahin ist es das Ziel der<br />
Regensburger, fünf lokale oder regionale<br />
Energienutzungspläne zu entwickeln<br />
und rund 20 Investitionen im<br />
Energiebereich anzustoßen. Die größte<br />
Herausforderung sehen die ZREU-<br />
Leute aber ganz woanders. Sie wollen<br />
fünf weiteren Oberpfälzer KommunendenBeitrittzumKonventderBürgermeisterschmackhaftmachen.<br />
Herstellung von Strom, Wärme und<br />
sogar von flüssigen Treibstoffen verwendet<br />
werden kann – und das bei<br />
positiverEnergiebilanz.<br />
Analytisch,chemischundphysikalischistdas<strong>neue</strong>Verfahrenbereitsgetestet;<br />
wie es sich in größeren Dimensionen<br />
verhält soll nun in einer Pilotanlage<br />
getestet werden. Wie bei anderen<br />
Technologien, die G + R bereits<br />
von der Forschung in die praktische<br />
Anwendung überführt hat, hat man<br />
auch hier als Ziel den industriellen<br />
MaßstabimBlick.<br />
Stöcklinger sieht dafür gute Chancen,seinerMeinungnachhatdieCarbon<br />
Technology das Potenzial, viele<br />
Verfahren zu revolutionieren. „Wenn<br />
man in der Lage ist, auf einem photosynthetischen<br />
Prinzip CO2 als Rohstoff<br />
zu verwenden, um aus dem Umweltschädling<br />
Nummer 1, den Kohlekraftwerken,<br />
grüne Kraftwerke zu<br />
machen,dann wirdmanam Endedes<br />
Prozesses organische Verbindungen<br />
mit Brennwert erhalten, die klimaneutral<br />
sind und viele Atomkraftwerke<br />
überflüssig machen. Der Brennwert<br />
ist ja eigentlich ein Energiespeicher,denmandannnutzt,wennman<br />
ihnbraucht.“(xma)<br />
InsolchenTankswird diepulverförmige„GrüneKohle“gelagert. Foto:G+R