Gsungen&Gspielt 01/2020

tirolervolksmusikverein
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30.03.2020 Aufrufe

INT´RESSANTERWEISFoto: Marco RieblerFoto: Ralph KapavikFoto: PrivatNeue Volksmusik – hui oder pfui?Johanna Dumfart –Professorin für Steirische Harmonikaam Tiroler LandeskonservatoriumHui und pfui sind starke Worte fürMusik – Musikgeschmack ist etwassehr Persönliches und meist sehrsubjektiv. Wir Musikanten & Musikersind kreative Menschen, die sich oft einLeben lang für eine Sache einsetzen undaufopfern. Deswegen aber eine andereRichtung konsequent abzulehnen, halteich persönlich für den falschen Weg.Ich kann natürlich sagen, dass mir diesesoder jenes nicht gefällt – aber die Musikdeswegen als „schlecht“ oder „pfui“ abzustempeln,ist nach meiner Ansicht undpersönlichen Erfahrung nicht ganz fair.Viele von uns spielen auch gerne verschiedeneStile – probieren sich in etwasNeuem aus – und bleiben trotzdem unserenWurzeln weiterhin treu, da uns – jenach Gefühlslage – eine fetzige Polka,ein ruhiger Jodler oder ein geistlichesVolkslied vielleicht auf eine ganz andereArt und Weise berührt als z.B. „neueVolksmusik“.Fazit: Hui und pfui liegen im Auge desBetrachters – Scheuklappen nutzen inden seltensten Lebenslagen.Neue Volkslieder –hui oder pfui?Gernot Niederfriniger –Obmann Südtiroler Volksmusikkreis„Frisch gesungen, froh gelaunt, und someistert man das Leben, dass man selberstaunt.“ – Dieser Text eines Kanonskönnte uns sagen:„Mach dir nicht zu vielGedanken über WAS undWIE und WO du singst,sondern tu’s einfach.“Im Idealfall hat man sich früher durchtägliches Singen einen immensen Melodien-und Textschatz angeeignet und istrelativ unbekümmert mit neuen Einflüssenumgegangen. Der Lebensalltag hatdie „nicht tauglichen“ Lieder von selbstwieder „ausgemustert“. Heute wirktdurch die vielen medialen Möglichkeitendas Einfache oft zu banal und erst das Besonderegibt den „Kick“.Das Hui erklingt im Selbersingen, im alltäglichenGebrauch, im Freudebringen inder menschlichen Begegnung. Das Pfuimag vielleicht im reinen Konsumierenvon selbst nicht ausführbaren Klang-,Harmonie- und Rhythmuseffekten sein.Selbst den Mund aufmachen und zu singenist wichtiger als hui oder pfui.Neue Kleidung in der Volksmusik –hui oder pfui?Christine Frech –Mitarbeiterin im Tiroler HeimatwerkEs gibt in der Trachtenmode mittlerweiledie verschiedensten Stilrichtungen– der Trend, in Tracht bzw.trachtig gekleidet die unterschiedlichstenVeranstaltungen zu besuchen, wird beiuns im Alpenraum immer mehr angenommen.Die Tracht in ihrer traditionellenForm, mit dem passenden Zubehör,hat speziell in Tirol einen Sonderstatus,da sie die Zugehörigkeit zu einer Regionbzw. unserer Herkunft anzeigt.Die freche, trendige, individuelle Trachtenmodefür Kinder, Mädels, Burschen,Frauen und Männer wird gerne getragen,um die Persönlichkeit sowie die Figur zurGeltung zu bringen. Selbstverständlichsollte sie an die Veranstaltung angepasstsein. Die Individualität wird mit einemTrachtenoutfit bestens unterstrichen bzw.hervorgehoben. Bei den Stoffen kann ausdem Vollen geschöpft werden. HochwertigeMaterialien wie Wolle, Seide, Leinenund Leder sind natürliche Begleiter undunterstützen den Tragekomfort. Die passendenAccessoires sollte man entsprechenddem Anlass abstimmen und rundenein trachtiges Outfit perfekt ab. In diesemSinne ist die trachtige Kleidung für alleein Gewinn – für Musikanten und Publikumgleichermaßen HUI.6G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 45. JAHRGANG | HEFT 01 | MÄRZ 2020

INT´RESSANTERWEISFoto: PrivatNeue Tänze in der Volksmusik –hui oder pfui?Alexander Schatz –Landesverbandsobmann Stv.des Tiroler LandestrachtenverbandesAVolksmusik man hört erklingen undviele gleich das Tanzbein schwingen.So ist es auch nicht ganz verkehrt,dass den beiden Unzertrennlichkeit erfährt.Drum ist des Musikanten größter Applaus,wenn die Tanzfläche gibt koan Platz mehraus und ohne Musig gibt’s koan Tanz, weilder Bewegung fehlt der Glanz.„Auch neueMelodien uns Tänzerbeglücken und mit einem,Hui’ das Publikumentzücken.“So dürfen neue Tänze entstehen, aberimmer im Einklang mit der Volksmusikgeh’n. Doch manche wollen die Bühnerocken und uns Tiroler damit locken, unsereTänze zu verkaufen, für Ruhm undGeld an groaßn Haufn, des alles tuat unsgar nit schock´n, sondern nur a lautes„Pfui“ entlocken.Der Volkstanz und die Volksmusik istBrauchtum und Kultur, das schwören wirein Leben lang auf unsere Heimat nur.Foto: PrivatNeue Instrumente in der Volksmusik –hui oder pfui?Peter Reitmeir – Ehrenobmanndes Tiroler VolksmusikvereinsSeit der Mensch begonnen hat zu musizieren,hat er seine Instrumenteständig weiterentwickelt. Aus dem Musikbogensind allmählich die Harfe undauch die lautenartigen Instrumente hervorgegangen,aus Tierhörnern die Blechblasinstrumente,aus Knochen- oderRohrflöten Quer- und Blockflöten sowieRohrblattinstrumente, aus einfachenBaumtrommeln Pauken und Trommelnusw. Ständig war man bestrebt, die Instrumenteweiterzuentwickeln und zu verbessern.Bedeutende Instrumentenbauerwie Theobald Böhm (Querflöte und Klarinette),Cyrill Demian (Ziehharmonika),Matthias Hohner (Akkordeon und Mundharmonika),Jacob Hochbrucker (Pedalharfe)und noch viele andere haben dieInstrumente immer mehr perfektioniert.Die Geige hat ihre Perfektion schon im17. und 18. Jh. durch die italienischenGeigenbauer, unter anderem Amati, Stradivari,Guarneri und auch Jakob Staineraus Tirol, erreicht. In der Volksmusik habensich oft ältere Entwicklungsformender Instrumente erhalten: Das Raffele alsVorform der Zither, die Schwegelpfeifeals einfache Querflöte, die Hakenharfeund die einfache Pedalharfe, die diatonischeHarmonika als Entwicklungsstufezum Akkordeon, Fiedel und Drehleierals einfache Streichinstrumente, das Alphornals urtümliches Blechblasinstrument.Aber auch hier wird getüftelt undständig verbessert. Dabei haben alte Instrumenteoft einen besonderen Reizwie z.B. der etwas stumpfe Klang eineralten Bradl-Harfe oder das bekannte Alphorn-Fa,der etwas zu tiefe 11. Naturton.Allerdings gibt es meiner Meinungnach auch Fehlentwicklungen: Bei diatonischenHarmonikas werden oft eineReihe von Zusatztasten angebracht undauch manchmal Register, um die Spielmöglichkeitenzu erweitern. Hier wärees doch viel sinnvoller, gleich das Akkordeonzu verwenden, das noch viel mehrermöglicht.„Unsere Volksmusik vermitteltein besonderesKlangbild, das auf demnatürlichen Klang derInstrumente beruht.“Elektronisch verstärkte oder verfremdeteInstrumente stören den gewohnten Klangund werden in der überlieferten Volksmusikvermieden. Keyboard und E- Gitarresind da fehl am Platz. An sich ist beinahejedes Instrument für die Volksmusik geeignet,wenn es entsprechend eingesetztund gespielt wird, auch das Saxophon.Wir bedanken uns für die verschiedenenBeiträge und Meinungen und bewertendiesen Einsatz für unsere Mitgliederzeitschriftmit einem eindeutigen HUI.Foto: Matthias FehrZUR AUTORINTheresa FrechVolksschullehrerin,Musikschullehrerin,ORF-Moderatorin undSchriftführer Stellvertreterindes TVMG‘SUNGEN & G‘SPIELT | 45. JAHRGANG | HEFT 01 | MÄRZ 2020 7

INT´RESSANTERWEIS

Foto: Privat

Neue Tänze in der Volksmusik –

hui oder pfui?

Alexander Schatz –

Landesverbandsobmann Stv.

des Tiroler Landestrachtenverbandes

A

Volksmusik man hört erklingen und

viele gleich das Tanzbein schwingen.

So ist es auch nicht ganz verkehrt,

dass den beiden Unzertrennlichkeit erfährt.

Drum ist des Musikanten größter Applaus,

wenn die Tanzfläche gibt koan Platz mehr

aus und ohne Musig gibt’s koan Tanz, weil

der Bewegung fehlt der Glanz.

„Auch neue

Melodien uns Tänzer

beglücken und mit einem

,Hui’ das Publikum

entzücken.“

So dürfen neue Tänze entstehen, aber

immer im Einklang mit der Volksmusik

geh’n. Doch manche wollen die Bühne

rocken und uns Tiroler damit locken, unsere

Tänze zu verkaufen, für Ruhm und

Geld an groaßn Haufn, des alles tuat uns

gar nit schock´n, sondern nur a lautes

„Pfui“ entlocken.

Der Volkstanz und die Volksmusik ist

Brauchtum und Kultur, das schwören wir

ein Leben lang auf unsere Heimat nur.

Foto: Privat

Neue Instrumente in der Volksmusik –

hui oder pfui?

Peter Reitmeir – Ehrenobmann

des Tiroler Volksmusikvereins

Seit der Mensch begonnen hat zu musizieren,

hat er seine Instrumente

ständig weiterentwickelt. Aus dem Musikbogen

sind allmählich die Harfe und

auch die lautenartigen Instrumente hervorgegangen,

aus Tierhörnern die Blechblasinstrumente,

aus Knochen- oder

Rohrflöten Quer- und Blockflöten sowie

Rohrblattinstrumente, aus einfachen

Baumtrommeln Pauken und Trommeln

usw. Ständig war man bestrebt, die Instrumente

weiterzuentwickeln und zu verbessern.

Bedeutende Instrumentenbauer

wie Theobald Böhm (Querflöte und Klarinette),

Cyrill Demian (Ziehharmonika),

Matthias Hohner (Akkordeon und Mundharmonika),

Jacob Hochbrucker (Pedalharfe)

und noch viele andere haben die

Instrumente immer mehr perfektioniert.

Die Geige hat ihre Perfektion schon im

17. und 18. Jh. durch die italienischen

Geigenbauer, unter anderem Amati, Stradivari,

Guarneri und auch Jakob Stainer

aus Tirol, erreicht. In der Volksmusik haben

sich oft ältere Entwicklungsformen

der Instrumente erhalten: Das Raffele als

Vorform der Zither, die Schwegelpfeife

als einfache Querflöte, die Hakenharfe

und die einfache Pedalharfe, die diatonische

Harmonika als Entwicklungsstufe

zum Akkordeon, Fiedel und Drehleier

als einfache Streichinstrumente, das Alphorn

als urtümliches Blechblasinstrument.

Aber auch hier wird getüftelt und

ständig verbessert. Dabei haben alte Instrumente

oft einen besonderen Reiz

wie z.B. der etwas stumpfe Klang einer

alten Bradl-Harfe oder das bekannte Alphorn-Fa,

der etwas zu tiefe 11. Naturton.

Allerdings gibt es meiner Meinung

nach auch Fehlentwicklungen: Bei diatonischen

Harmonikas werden oft eine

Reihe von Zusatztasten angebracht und

auch manchmal Register, um die Spielmöglichkeiten

zu erweitern. Hier wäre

es doch viel sinnvoller, gleich das Akkordeon

zu verwenden, das noch viel mehr

ermöglicht.

„Unsere Volksmusik vermittelt

ein besonderes

Klangbild, das auf dem

natürlichen Klang der

Instrumente beruht.“

Elektronisch verstärkte oder verfremdete

Instrumente stören den gewohnten Klang

und werden in der überlieferten Volksmusik

vermieden. Keyboard und E- Gitarre

sind da fehl am Platz. An sich ist beinahe

jedes Instrument für die Volksmusik geeignet,

wenn es entsprechend eingesetzt

und gespielt wird, auch das Saxophon.

Wir bedanken uns für die verschiedenen

Beiträge und Meinungen und bewerten

diesen Einsatz für unsere Mitgliederzeitschrift

mit einem eindeutigen HUI.

Foto: Matthias Fehr

ZUR AUTORIN

Theresa Frech

Volksschullehrerin,

Musikschullehrerin,

ORF-Moderatorin und

Schriftführer Stellvertreterin

des TVM

G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 45. JAHRGANG | HEFT 01 | MÄRZ 2020 7

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