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hinnerk April/Mai 2020

Seit 1993 ist hinnerk das queere Stadtmagazin für Hamburg, Bremen und Hannover. hinnerk hat dabei nicht nur einen queeren Blick auf gesellschaftliche Themen wie die Gleichstellung Homo-, Bi-, Trans*- und Intersexueller, sondern bietet auch einen auf diese Zielgruppe angepassten Zugang zu kulturellen Themen.

Seit 1993 ist hinnerk das queere Stadtmagazin für Hamburg, Bremen und Hannover. hinnerk hat dabei nicht nur einen queeren Blick auf gesellschaftliche Themen wie die Gleichstellung Homo-, Bi-, Trans*- und Intersexueller, sondern bietet auch einen auf diese Zielgruppe angepassten Zugang zu kulturellen Themen.

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MUSIK<br />

COMEBACK<br />

MARLA<br />

GLEN<br />

„Ich kann das jetzt<br />

wieder genießen“<br />

FOTO: ROMAN BARGEZI<br />

Jemand wie Marla Glen<br />

entschuldigt sich nicht für<br />

sich selbst, auch wenn so manchen<br />

Spießer diese unbändige Energie<br />

und übergroße Persönlichkeit einschüchtern.<br />

„Ich kam genau so aus<br />

der Vagina meiner Mutter – inklusive<br />

Nadelstreifenanzug“, lacht Marla<br />

laut und macht die Hebamme nach:<br />

„,Oh, Moment, da kommt ja noch der<br />

Hut!‘“ Ihr neues Album „Unexpected“<br />

zeugt von dieser Wahnsinnspower:<br />

Hier verbindet sich R ’n’ B mit Soul<br />

und Funk, es gibt Reggae mit Ska,<br />

Bluegrass und geradlinigen Rock,<br />

alles mit voller Kraft und mit großer<br />

Band rausgehauen – Entschleunigung<br />

oder gar Balladen sind was für junge<br />

Leute. Alles andere wäre auch eine<br />

Verschwendung dieser einmaligen<br />

Reibeisenstimme gewesen.<br />

Das neue Album kommt dabei wirklich<br />

„unerwartet“, nach all den Jahren ohne<br />

Veröffentlichung. Diese Musik hat viel<br />

mit einer endlich gewonnenen Freiheit zu<br />

tun, denn die letzten beiden Jahrzehnte<br />

waren vor allem dem Kampf gegen das<br />

Musikbusiness gewidmet. Diese Schlachten<br />

hatten ganz profunde Auswirkungen. „Ich<br />

bin viel umgezogen wegen all der Probleme<br />

mit den gierigen Menschen. Ich war immer<br />

wieder in Situationen, in denen ich aus<br />

meinen Wohnungen gekickt wurde. Ich war<br />

nur am Überleben letztlich und wusste oft<br />

nicht mal, wie ich meine Miete bezahlen<br />

sollte oder wo meine Briefe ankommen<br />

würden“, erklärt Marla ganz offen. „Doch ich<br />

wollte wissen, wo mein Geld ist!“ Trotz ihrer<br />

großen Erfolge in den 90ern kam aufgrund<br />

bestimmter Verträge nichts von den<br />

Einnahmen bei Marla an. Aber trotzdem:<br />

„Ich habe immer geschrieben, immer gearbeitet.<br />

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich<br />

einfach weitergegangen bin. Nichts kann<br />

mich stoppen, zumindest keine gierigen<br />

Menschen!“<br />

Trotz dieser Tiefen kam und kommt das<br />

Schreiben ganz selbstverständlich, seit<br />

Jahren liegen viele fertige Lieder auf<br />

dem Regal und warten nur darauf,<br />

umgesetzt zu werden.<br />

„Unexpected“ soll da nur<br />

der Anfang sein. „Ich habe<br />

mehr Alben in mir, die<br />

herauskommen werden.<br />

Ich kann das jetzt wieder<br />

genießen.“ Die Inspiration<br />

kommt nämlich in jeder<br />

Lebenssituation. „Stell dir<br />

vor, du und ich sitzen an der<br />

Bar und trinken Bier. Plötzlich<br />

sehe ich etwas – und<br />

dann mache ich schon mein<br />

große Klappe auf!“, lacht<br />

Marla und macht klar, wie<br />

sehr die Storys der Lieder<br />

aus dem Leben gegriffen<br />

sind.<br />

Und was für ein Leben das<br />

ist! Im Alter von fünf Jahren<br />

bekam Marla auf einer Geburtstagsparty<br />

eine Spielzeugmundharmonika geschenkt<br />

– von Muddy Waters persönlich, denn<br />

Marlas Mutter war mit der Frau von Muddy<br />

befreundet. Aber auch B.B. King und Quincy<br />

Jones lebten in dieser Nachbarschaft, so<br />

als wollte das Leben damals schon sagen,<br />

dass es gar keinen anderen Weg als den in<br />

die Musik gibt. Später lernte Marla dann<br />

auch Nina Simone kennen und arbeitete<br />

als Assistenz für die Legende, doch damals<br />

hatte die eigene Karriere von Marla bereits<br />

begonnen. Über viele Reisen und Bühnen<br />

führte der Weg dann nach Frankreich, wo<br />

man Marla endlicah entdeckte. Bald danach<br />

gab es den großen Plattenvertrag mit<br />

einem Major-Label, der sich erst<br />

als Segen und später als ein Fluch<br />

herausstellen sollte. Dass die Alben<br />

Platin und Gold erhielten, nutzt<br />

Marla heute wenig, dafür aber<br />

umso mehr die Lieder, die auf<br />

„This Is Marla Glen“ (1993)<br />

oder „Love And Respect“<br />

(1995) erschienen, vor allem<br />

der Song, der Marla berühmt<br />

gemacht hat: „Believer“.<br />

Denn seinetwegen<br />

kamen die treuen<br />

Fans, die in all den<br />

Jahren der Krise die<br />

Konzerte füllten –<br />

und die auch auf der<br />

neuen Tour wieder<br />

da sein werden.<br />

Und das kommt<br />

ausnahmsweise<br />

ganz und gar nicht<br />

unerwartet. *fis<br />

FOTO: JAN KOHLRUSCH

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