KAV MAGAZIN | Ausgabe 01/2020

Hinweis: Aufgrund der Corona-Pandemie wurden Seminare und Veranstaltungen, die für die Monate März, April und Mai 2020 geplant wurden, nach Möglichkeit in das 2. Halbjahr 2020 verlegt. Alle Informationen hierzu werden unter www.kav-seminare.de entsprechend mitgeteilt. Der 13. Kölner Anwaltstag, die EXPOKAV sowie die Mitgliederversammlung des KAV wurden vom 06. Mai 2020 auf den 26. August verlegt. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis. Hinweis: Aufgrund der Corona-Pandemie wurden Seminare und Veranstaltungen, die für die Monate März, April und Mai 2020 geplant wurden, nach Möglichkeit in das 2. Halbjahr 2020 verlegt. Alle Informationen hierzu werden unter www.kav-seminare.de entsprechend mitgeteilt. Der 13. Kölner Anwaltstag, die EXPOKAV sowie die Mitgliederversammlung des KAV wurden vom 06. Mai 2020 auf den 26. August verlegt. Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis.

KoelnerAnwaltverein
von KoelnerAnwaltverein Mehr von diesem Publisher
27.03.2020 Aufrufe

34 | Aktuelles & Wissenswertes Aktuelles & Wissenswertes KAV RECHTPERSÖNLICH Interview mit der Vizepräsidenten des Amtsgerichts Köln, Frau Heike Kremer, und Frau RAin Fatma Atasever, Mitglied des Vorstands des KAV e. V. Foto: peterroskothen.de I. BERUFLICH: 1. Welche höchstrichterliche Entscheidung war für Sie die bahnbrechendste bzw. unerwartetste im Laufe Ihrer bisherigen juristischen Laufbahn? F.A.: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2019 zu dem Aktenzeichen V III ZR 285/18, dass die Angebote von Internet- Dienstleistern zur Durchsetzung von Verbraucherrechten zulässig sind. I. BERUFLICH: 1. Welche höchstrichterliche Entscheidung war für Sie die bahnbrechendste bzw. unerwarteste im Laufe Ihrer bisherigen juristischen Laufbahn? H.K.: Die bahnbrechendste Entscheidung war für mich während meines Studiums das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.12.1983. Die Volkszählung und die damit verbundenen Diskussionen habe ich persönlich noch als Schülerin erlebt. Dieses Urteil hat dem Recht auf informelle Selbstbestimmung seine Kontur gegeben und damit dem Datenschutz seine grundlegende Bedeutung verschafft, die angesichts der damals nur zu ahnenden Entwicklung der elektronischen Medien nach wie vor aktuell ist. Fortsetzung auf der nächsten Seite »

Aktuelles & Wissenswertes | 35 2. Gibt/Gab es einen Juristen, der für Sie Vorbildfunktion hat oder den Sie bewundern? F.A.: Beachtlich finde ich die Berliner Rede von Dr. Roman Herzog im Jahre 1997, der allein mit dem Satz „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen“ eine gesellschaftliche Diskussion zu Reformbereitschaft angestoßen hat. 3. Welches Gesetz halten Sie für das skurrilste? F.A.: § 328 StGB II Nr. 3 Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine nukleare Explosion verursacht. 4. Mit welchem Rechtsgebiet werden Sie sich niemals anfreunden? F.A.: Steuerrecht 5. Welches rechtlich relevante Thema wird Ihrer Auffassung nach in naher Zukunft die Juristen unseres Landes insbesondere beschäftigen? F.A.: Die zunehmende Bereitschaft der Rechtssuchenden, ihre Ansprüche an Legal-Tech-Anbieter abzutreten und die damit einhergehende Erstarkung der Inkassodienstleister auf dem Markt. Dies wird dazu führen, dass aus Sicht des Rechtssuchenden die Einholung einer qualifizierten juristischen Beratung scheinbar entbehrlich ist. Aufgabe der Anwaltschaft ist bereits jetzt, Aufklärungsarbeit zu leisten, dass die Anwaltschaft in der Lage ist einen Sachverhalt übergeordnet und komplex zu bewerten, während der Legal-Tech- Unternehmer nur Leistungen auf einem Gebiet erbringen kann, ohne Prüfung von möglichen weiteren rechtlichen Auswirkungen. 6. Welchen Ratschlag können Sie jungen Kollegen der Justiz oder Anwaltschaft zum Beginn ihrer Berufstätigkeit erteilen? F.A.: Den Berufsanfängern rate ich, in eine bestehende Kanzlei einzusteigen, sei es als Angestellte/r oder in eine Bürogemeinschaft, um die in der Anwaltsstation erlangten Kenntnisse über die praktische Anwaltstätigkeit zu vertiefen. 7. Wie arbeitet Ihr „Nachfolger“ im Jahre 2040? F.A.: Die Mandatsbearbeitung wird verlagert auf die digitale Ebene, genauso wie die Kommunikation mit dem Mandanten und anderen Involvierten des Rechtsstreits. II. PERSÖNLICH: 1. Mit welchen Vorurteilen mussten Sie sich aufgrund Ihrer Berufszugehörigkeit häufig auseinandersetzen? F.A.: Das Vorurteil des unverständlichen Juristen ist nach Mandatsende ausgeräumt. 2. Gibt/Gab es einen Juristen, der für Sie Vorbildfunktion hat oder den Sie bewundern? H.K.: Für mich gibt es nicht die eine Person als Vorbild. Ich bewundere Menschen, die grundsätzlich für ihre Überzeugung stehen, gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung eintreten, auch gegen möglichen Widerstand. Während meiner Ausbildung und beruflichen Laufbahn habe ich Juristinnen und Juristen getroffen, die mich durch ihre Persönlichkeit und Haltung, ihr berufliches Ethos, ihren Intellekt und durch ihr Eintreten für ihre Überzeugung beeindruckt haben. 3. Welches Gesetz halten Sie für das skurrilste? H.K.: Vielleicht nicht so skurril, aber für den Bürger kaum noch nachvollziehbar sind manche steuerrechtlichen Vorschriften, die z. B. den Verkauf von Tannenbäumen regeln, wonach insgesamt vier verschiedenen Steuersätze zur Anwendung kommen können. 4. Mit welchem Rechtsgebiet werden Sie sich niemals anfreunden? H.K.: Das kann ich so pauschal nicht sagen. Es gibt Rechtsgebiete, die mich mehr als andere interessieren, weil sie mit Menschen zu tun haben bzw. mit den sie unmittelbar betreffenden Rechtsverhältnissen. Demgegenüber erscheinen mir sehr formale Rechtsgebiete, wie z. B. rein steuerrechtliche Fragestellungen, weniger spannend. 5. Welches rechtlich relevante Thema wird Ihrer Auffassung nach in naher Zukunft die Juristen unseres Landes insbesondere beschäftigen? H.K.: Haftungsfragen im Zusammenhang mit dem Einsatz der sogenannten „künstlichen Intelligenz“ (z. B. das automatisierte Fahren) und der Schutz der davon betroffenen Persönlichkeitsrechte. Intensiv wird uns künftig auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Justiz und deren Abgrenzung zu den dem Menschen nach wie vor vorzubehaltenden Entscheidungen und Wertungsfragen beschäftigen. 6. Welchen Ratschlag können Sie jungen Kollegen der Justiz oder Anwaltschaft zum Beginn ihrer Berufstätigkeit erteilen? H.K.: Fragen – Fragen – Fragen: Suchen Sie den kollegialen Erfahrungsaustausch. Seien Sie sich der Verantwortung Ihres Berufes bewusst und entwickeln Sie eine Haltung/Berufsethos zu dem, was Sie machen. Und nicht zuletzt: Setzen Sie bei all Ihrem Fachwissen auch Ihren gesunden Menschenverstand ein. 7. Wie arbeitet Ihr „Nachfolger“ im Jahre 2040? H.K.: Meine Nachfolgerin/mein Nachfolger sitzt hoffentlich in einem neuen, klimafreundlichen Gebäude und bearbeitet seine Akten elektronisch und störungsfrei. Ansonsten wird sich die Arbeitsweise nicht wesentlich verändern. II. PERSÖNLICH: 1. Mit welchen Vorurteilen mussten Sie sich aufgrund Ihrer Berufszugehörigkeit häufig auseinandersetzen? H.K.: Den angeblich realitätsfernen, im Elfenbeinturm sitzenden Richter, der keine Ahnung vom tatsächlichen Leben hat und sich nicht viel Arbeit machen will – ganz ehrlich: den gibt es nicht. Die ganz überwiegende Zahl der Kolleginnen und Kollegen arbeiten Fortsetzung auf der nächsten Seite »

34 | Aktuelles & Wissenswertes<br />

Aktuelles & Wissenswertes<br />

<strong>KAV</strong> RECHTPERSÖNLICH<br />

Interview mit der Vizepräsidenten des Amtsgerichts Köln,<br />

Frau Heike Kremer, und Frau RAin Fatma Atasever, Mitglied des<br />

Vorstands des <strong>KAV</strong> e. V.<br />

Foto: peterroskothen.de<br />

I. BERUFLICH:<br />

1. Welche höchstrichterliche Entscheidung war für Sie die<br />

bahnbrechendste bzw. unerwartetste im Laufe Ihrer bisherigen<br />

juristischen Laufbahn?<br />

F.A.: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2<strong>01</strong>9 zu<br />

dem Aktenzeichen V III ZR 285/18, dass die Angebote von Internet-<br />

Dienstleistern zur Durchsetzung von Verbraucherrechten zulässig<br />

sind.<br />

I. BERUFLICH:<br />

1. Welche höchstrichterliche Entscheidung war für Sie die<br />

bahnbrechendste bzw. unerwarteste im Laufe Ihrer bisherigen<br />

juristischen Laufbahn?<br />

H.K.: Die bahnbrechendste Entscheidung war für mich während<br />

meines Studiums das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

vom 15.12.1983. Die Volkszählung und die damit verbundenen<br />

Diskussionen habe ich persönlich noch als Schülerin erlebt.<br />

Dieses Urteil hat dem Recht auf informelle Selbstbestimmung seine<br />

Kontur gegeben und damit dem Datenschutz seine grundlegende<br />

Bedeutung verschafft, die angesichts der damals nur zu ahnenden<br />

Entwicklung der elektronischen Medien nach wie vor aktuell ist.<br />

Fortsetzung auf der nächsten Seite »

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!