ZAP-2020-07
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Fach 18, Seite 1730<br />
Neuerungen in der Eingliederungshilfe<br />
Sozialrecht<br />
c) Leistungen zur sozialen Teilhabe<br />
Dem gesetzgeberischen Ziel der Präzisierung der „Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“<br />
folgend, führt § 113 Abs. 2 SGB IX regelbeispielhaft („insbesondere“) die Leistungen zur sozialen Teilhabe<br />
auf. Dies bedeutet im Grundsatz, dass auch andere Leistungen unter diese Leistungskategorie fallen<br />
können.<br />
Aufgeführt sind:<br />
• Leistungen für Wohnraum,<br />
• Assistenzleistungen,<br />
• Heilpädagogische Leistungen,<br />
• Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie,<br />
• Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten,<br />
• Leistungen zur Förderung der Verständigung,<br />
• Leistungen zur Mobilität,<br />
• Hilfsmittel,<br />
• Besuchsbeihilfen.<br />
Die in Nr. 1 bis 8 aufgeführten Leistungen sind mit den in § 76 Abs. 2 SGB IX für alle Reha-Träger<br />
geltenden Leistungstatbeständen identisch und bestimmen sich nach den §§ 77 bis 84 SGB IX (§ 113<br />
Abs. 2 SGB IX); ergänzt wird der Leistungskatalog durch die Besuchsbeihilfen nach Nr. 9. Eine für die<br />
Bezieher von Mobilitätsleistungen nach § 113 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX nachteilige Regelung speziell für die<br />
Eingliederungshilfe findet sich in § 114 Nr. 1 SGB IX: Als Leistung zur Teilhabe am Leben in der<br />
Gemeinschaft besteht ein Anspruch nur dann, wenn der behinderte Mensch ständig auf die Nutzung<br />
des Fahrzeugs angewiesen ist. Dies hatte das BSG zur insoweit auslegungsbedürftigen Rechtslage bis<br />
31.12.2019 gerade anders entschieden (BSG, Urt. v. 8.3.2017 – B 8 SO 2/16 R). Noch offen ist allerdings,<br />
was unter einer „ständigen“ Nutzung zu verstehen sein kann.<br />
d) Teilhabe an Arbeit/Leistungen zur Beschäftigung<br />
Nicht zuletzt aufgrund der Kritik des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen<br />
bei den Vereinten Nationen in dessen „Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht<br />
Deutschlands“ vom 13.5.2015 (abrufbar unter www.institut-fuer-menschenrechte.de) hinsichtlich<br />
der „Segregation auf dem Arbeitsmarkt“ und des Umstandes, dass „segregierte Werkstätten für behinderte<br />
Menschen weder auf den Übergang zum allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereiten noch diesen Übergang fördern“<br />
(Art. 27 Nr. 49) stand auch die Arbeitsmarktsituation für behinderte Menschen, sei es in oder<br />
außerhalb von Werkstätten, im Fokus des Gesetzgebers. Neben der Förderung von Modellprojekten<br />
(§ 11 SGB IX), die den Vorrang von Leistungen zur Teilhabe und die Sicherung der Erwerbsfähigkeit<br />
(§§ 9, 10 SGB IX) vor der Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen stärken sollen,<br />
war insb. gefordert worden, den Übergang von der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu<br />
erleichtern, aber auch eine bislang nicht gegebene Rückkehrmöglichkeit vom ersten Arbeitsmarkt in<br />
die Werkstatt einzuräumen, um mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Erwerbstätigkeit behinderter<br />
Menschen zu schaffen (vgl. nur Ausschuss-Drucks 18[11]803, S. 236). Letzteres ist mit § 220 Abs. 3<br />
SGB IX bereits zum 1.1.2018 Gesetz geworden.<br />
Der Katalog der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als Leistung der Eingliederungshilfe umfasst in<br />
§ 111 Abs. 1 SGB IX die ganze Spannbreite der Einsatzmöglichkeiten behinderter Menschen zur Erbringung<br />
einer Tätigkeit: Leistungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen,<br />
Leistungen bei anderen Leistungsanbietern (§ 60 SGB IX) und das Budget für Arbeit bei privaten und<br />
öffentlichen Arbeitgebern (§ 61 SGB IX). All diese Leistungen sind im Übrigen ohne einen Kostenbeitrag<br />
des behinderten Menschen zu erbringen (§ 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX).<br />
368 <strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong>