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ZAP-2020-07

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Sozialrecht Fach 18, Seite 1729<br />

Neuerungen in der Eingliederungshilfe<br />

der „Herauslösung der Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem des SGB XII“ aber für die Beibehaltung der<br />

Einkommens- und Vermögensabhängigkeit der Teilhabeleistungen entschieden. Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz<br />

vom 30.11.2019 (vgl. oben zu I) wurde die Regelung um eine Härteklausel<br />

ergänzt.<br />

5. Die einzelnen Leistungsgruppen der Eingliederungshilfe<br />

a) Allgemeines<br />

Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind ab 1.1.<strong>2020</strong> in § 102 Abs. 1 SGB IX aufgeführt. Die in Teil 1 des<br />

SGB IX (§§ 42 ff. SGB IX) benannten und damit für alle Rehabilitationsträger maßgeblichen Inhalte der<br />

jeweiligen Leistungen werden für die Eingliederungshilfe z.T. speziell ausgeformt (§§ 109, 110 i.V.m. § 42<br />

ff. SGB IX – Leistungen zur medizinischen Rehabilitation; §§ 111 i.V.m. 49 ff SGB IX – Leistungen zur<br />

Teilhabe am Arbeitsleben; §§ 112 i.V.m. 75 SGB IX – Leistungen zur Teilhabe an Bildung; §§ 113 ff.<br />

i.V.m. 76 ff SGB IX – Leistungen zur Sozialen Teilhabe). Die bereits zum 1.1.2018 erfolgte Ersetzung der<br />

„Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“ durch „Leistungen zur Teilhabe an Bildung“ und<br />

„Leistungen zur sozialen Teilhabe“ (vgl. § 5 Nr. 4 und 5 SGB IX) soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur<br />

der Klarstellung dienen und keinesfalls zu einer Leistungsausweitung führen (BT-Drucks 18/9522 S. 196,<br />

228, 285).<br />

b) Teilhabe an Bildung<br />

§ 112 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe an Bildung) erfasst im Wesentlichen den Regelungsgehalt des § 54<br />

Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung sowie der §§ 12 und 9 Eingliederungshilfe-<br />

VO (Schulbildung bzw. Hilfsmittel); seit 1.1.2018 gibt auch § 29 Abs. 1 Nr. 2a SGB I Aufschluss über<br />

mögliche Leistungen zur Teilhabe an Bildung. In der Rechtspraxis wie auch im Gesetzgebungsverfahren<br />

war insb. seitens der Sozialhilfeträger in Frage gestellt worden, ob die Einführung dieser Leistung das<br />

Ziel, die – vorrangige – Verantwortung für inklusive Bildung beim (zuständigen) Schulträger zu verorten,<br />

nicht konterkariere (vgl. z.B. Ausschuss-Drucks 18[11]799 v. 4.11.2016, S. 265; 18[11]801 v. 4.11.2016, S. 55). Da<br />

die Leistung zur Teilhabe an Bildung weder von anderen Rehabilitationsträgern vorrangig zu erbringen<br />

ist, noch das System einer „inklusiven Bildung“ überall funktioniert, ist die Befürchtung, die Träger der<br />

Eingliederungshilfe werden in diesem Bereich zu „Ausfallbürgen“, nicht unberechtigt (vgl. dazu nur die<br />

umfangreiche Rechtsprechung der Sozialgerichte zu den Kosten für die Schulbegleitung). Vorschläge im<br />

Gesetzgebungsverfahren, z.B. den Träger der Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit als<br />

– vorrangige – Reha-Träger vorzusehen (vgl. nur BR-Drucks 428-16[B], S. 8 f; Ausschuss-Drucks 18[11]<br />

712), scheiterten jedoch.<br />

In der Sache ist auf zwei – i.S.d. behinderten Menschen – erfreuliche Punkte hinzuweisen: § 112 Abs. 1<br />

S. 2 SGB IX n.F. macht klar, dass Leistungen zur Teilhabe an Bildung auch solche zur Unterstützung<br />

schulischer Ganztagsangebote in offener Form einschließen, die unter Aufsicht und Verantwortung<br />

der Schule ausgeführt werden. Die Frage, ob auch für die Nachmittagsbetreuung in der Schule ein<br />

Schulbegleiter als eine vom Einkommens- und Vermögenseinsatz unabhängige Leistung zur Teilhabe<br />

an Bildung oder (nur) als nicht privilegierte Leistung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in<br />

Anspruch genommen werden kann (vgl. dazu nur BSG, Urt. v. 6.12.2018 – B 8 SO 7/17 R u. B 8 SO 4/17<br />

R), dürfte damit seit <strong>2020</strong> weniger streitanfällig sein und für die betroffenen Eltern und Kinder<br />

Rechtssicherheit bringen.<br />

Erfreulich ist zudem, dass auch die Förderung eines Masterstudiums im Anschluss an ein Bachelorstudium<br />

ermöglicht wird. Den Begriff der „hochschulischen Weiterbildung“ will der Gesetzgeber sehr<br />

allgemein verstanden wissen. Jedenfalls nach der Gesetzesbegründung soll gleichermaßen die Finanzierung<br />

einer Promotion mit Mitteln der Eingliederungshilfe als Leistung zur Teilhabe an Bildung<br />

möglich sein, falls dies „in begründeten Einzelfällen“ zur Erreichung des Berufsziels erforderlich ist<br />

(BT-Drucks 18/9522, S. 284). Dies war bislang in der Praxis nicht unumstritten (vgl. BSG, Urt. v. 24.2.2016<br />

– B 8 SO 18/14 R).<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong> 367

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