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ZAP-2020-07

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Sozialrecht Fach 18, Seite 1723<br />

Neuerungen in der Eingliederungshilfe<br />

ständigkeitswechsel ein neuer Rehabilitationsfall mit der Konsequenz vor, dass der Eingliederungshilfeträger<br />

mit der Erstantragstellung bei ihm berechtigt ist, seine Zuständigkeit zu prüfen und den<br />

Antrag ggf. weiterzuleiten? Dies wäre wohl nur zu bejahen, wenn man eine Funktionsnachfolge<br />

ablehnt.<br />

Praxistipp:<br />

Leistungen der Eingliederungshilfe, auch wenn es um die Fortzahlung von Leistungen nach Ende des<br />

Bewilligungszeitraums geht, müssen seit 1.1.<strong>2020</strong> ausdrücklich beantragt werden. Der Antrag wirkt auf<br />

den Monatsersten zurück.<br />

In der <strong>ZAP</strong> 2018, F. 18, S. 1571 ff. wurde bereits das Teilhabeplanverfahren (§ 19 SGB IX) dargestellt; geht es<br />

um Leistungen der Eingliederungshilfe, dann ist ein Gesamtplanverfahren nach Maßgabe der §§ 117 ff.<br />

SGB IX durchzuführen, das Gegenstand des Teilhabeplanverfahrens ist. Das bedeutet, dass neben den<br />

Anforderungen des § 19 SGB IX die weiteren Anforderungen an das Verfahren nach den §§ 117 ff. SGB IX<br />

zu beachten sind.<br />

2. Anspruchsberechtigter Personenkreis<br />

Im Gesetzgebungsverfahren höchst umstritten war die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene<br />

Neudefinition des leistungsberechtigten Personenkreises: Nach § 99 SGB IX des Entwurfs sollte nur<br />

diejenige Person eine leistungsbegründende „Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft“<br />

haben, die u.a. in mindestens fünf Lebensbereichen – diese waren in § 99 Abs. 2 SGB IX d.E. aufgeführt –<br />

personelle oder technische Unterstützung benötigte. Die massive Kritik an dieser Idee, weil das<br />

Herausfallen bestimmter Gruppen von Leistungsberechtigten aus der Eingliederungshilfe befürchtet<br />

wurde, hat der Gesetzgeber aufgenommen; er hat den Zugang zu Leistungen der Eingliederungshilfe<br />

nicht geändert, sondern in § 99 SGB IX für die Definition des leistungsberechtigten Personenkreises auf<br />

§ 53 Abs. 1 und 2 SGB XII und die §§ 1 bis 3 Eingliederungshilfe-Verordnung in der am 31.12.2019 gültigen<br />

Fassung verwiesen.<br />

Hinweis:<br />

Es bleibt also auch nach dem 1.1.<strong>2020</strong> dabei, dass Eingliederungshilfe Personen zu leisten ist, die durch<br />

eine Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben,<br />

eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der<br />

Besonderheit des Einzelfalls, insb. nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die<br />

Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.<br />

Erst zum Jahr 2023 (vgl. Art. 25a BTHG) soll ein an den ICF-Kriterien orientierter Ansatz den berechtigten<br />

Personenkreis genauer beschreiben, wobei Voraussetzung dafür ist, dass bis dahin ein Bundesgesetz<br />

geschaffen worden ist, das die Einzelheiten für den Zugang zu den Leistungen der Eingliederungshilfe<br />

regelt.<br />

Mittlerweile liegt der Forschungsbericht „Rechtliche Wirkungen im Fall der Umsetzung von Artikel 25a<br />

§ 99 BTHG (ab 2023) auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe“ vor (abrufbar<br />

unter https://www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/Forschungsberichte/Forschungsberichte-Teilhabe/<br />

fb-517-rechtliche-wirkungen-auf-leistungsberechtigten-personenkreis-der-eingliederungshilfe.html). Dieser kommt<br />

– zusammengefasst – zum Ergebnis, dass eine quantifizierende Neudefinition des leistungsberechtigten<br />

Personenkreises („ 5 / 3 aus 9“ oder „ 4 / 2 aus 9“) einerseits dazu führte, dass ein Teil der derzeit<br />

leistungsberechtigten Personen keine Leistung mehr erhielte, umgekehrt aber auch ein erheblicher Teil<br />

zum Kreis der leistungsberechtigten Personen hinzukäme. Das Kriterium, dass der leistungsberechtigte<br />

Personenkreis durch das Verfahren unverändert bleiben soll, würde daher nicht erfüllt (s. Forschungsbericht<br />

a.a.O., S. 115 ff.).<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong> 361

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