ZAP-2020-07
Fach 12, Seite 394 Stiftung und Nachlassrecht Nachlass/Erbrecht 2. Steuervorteile des Stifters und Zuwendungsgebers Beim Stifter kann das zu versteuernde Einkommen bzw. der Gewerbeertrag gemindert werden. Gemäß § 10b Abs. 1 S. 1 EStG können Zuwendungen im vorgenannten Sinne zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S.d. §§ 52–54 AO insgesamt bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Zuwendungsgebers oder als Betriebsspende bis zu 0,4 % der Summe aller Umsätze, Löhne und Gehälter des Betriebs im Kalenderjahr der Spende als Sonderausgaben abgezogen werden. Sofern Zuwendungen anlässlich der Neugründung einer Stiftung in den Vermögensstock geleistet werden, ist § 10b Abs. 1a S. 1 EStG zu beachten. Danach kann die Zuwendung zur Neugründung einer Stiftung bis zu einer Höhe von einer Mio. Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren, zusätzlich zu den Spendenhöchstbeträgen nach § 10b Abs. 1 EStG geltend gemacht werden. Der steuerliche Abzug kann wahlweise im Jahr der Zuwendung oder auf das Jahr der Zuwendung und die folgenden neun Jahre verteilt werden, wobei jährlich beispielsweise 100.000 € steuerlich geltend gemacht werden können. Sofern sich der Zuwendungsgeber hierfür entscheidet, muss auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits jetzt auf den Schluss des Veranlagungszeitraums des Zuwendungsjahrs eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Spendenvortrags nach § 10b Abs. 1a S. 4 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG durchgeführt werden (BFH, Urt. v. 6.12.2018 – X R 10/17). In diesem Verfahren ist verbindlich zu klären, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Vermögensstockspende vorliegen. Ist dies der Fall, hat die Feststellung Bindungswirkung. Diese gesonderte Feststellung ist innerhalb des zehn-jährigen Verteilungszeitraums fortzuführen, solange und soweit der Spendenvortrag von 1 Mio. Euro nicht verbraucht wurde. Hervorzuheben ist, dass Ehepaare den Betrag aus § 13b Abs. 1a S. 1 EStG doppelt geltend machen können. Insoweit können sie bis zu 2 Mio. Euro zuwenden, sofern sie die Zuwendung zusammen veranlagt haben. Der Vorteil nach § 13b Abs. 1a S. 1 EStG gilt nicht nur für eine Zuwendung in eine Stiftung zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung. Vielmehr gilt dies auch für Zustiftungen zugunsten einer bereits bestehenden Stiftung. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zuwendung nach Ablauf des Gründungsjahrs erfolgt. Die Vergünstigung für den Zuwendungsgeber gilt nicht, sofern der Erblasser einer gemeinnützigen Stiftung einen Geldbetrag durch ein Vermächtnis zuwendet (BFH NJW 1997, 887 ff.). VI. Fazit Dem Stifter stehen bei der Errichtung einer Stiftung eine Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die nachfolgendeTabelle gibt einen Überblick über mögliche Vor- und Nachteile der Errichtung einer rechtsfähigen bzw. nichtrechtsfähigen Stiftung: Rechtsfähige Stiftung Nichtrechtsfähige Stiftung Vorteile Nachteile Vorteile Nachteile eigenständige Rechtsperson Mindestausstattung zwischen 50.000–100.000 € Abschluss eines Treuhandvertrags, freie Wahl der Suche nach einem zuverlässigen Treuhänder ratsam Rechtsform nachhaltige Erfüllung der Stiftungszwecke Anerkennung durch die Stiftungsbehörde erforderlich geringere Mindestausstattung Treuhänder muss Regelungen für sein eigenes Ableben treffen grds. auf die Ewigkeit angelegt untersteht der Stiftungsaufsicht keine Anerkennung erforderlich Wahrnehmung der operativen Tätigkeit durch den Stiftungsvorstand keine Stiftungsaufsicht, dadurch geringere Verwaltungskosten bei Gemeinnützigkeit steuerliche Anreize für den Stifter und die Stiftung flexiblere Gestaltung bei Änderung der Stiftungssatzung oder des Stiftungszwecks 358 ZAP Nr. 7 1.4.2020
Sozialrecht Fach 18, Seite 1721 Neuerungen in der Eingliederungshilfe Sozialrecht Rehabilitation/Schwerbehindertenrecht Bundesteilhabegesetz – Neuerungen im Recht der Eingliederungshilfe Von Richterin am BSG JUTTA SIEFERT, Kassel Inhalt I. Allgemeines II. Änderungen im Einzelnen 1. Eingliederungshilfe ist antragsabhängig 2. Anspruchsberechtigter Personenkreis 3. Existenzsichernde Leistungen 4. Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen 5. Die einzelnen Leistungsgruppen der Eingliederungshilfe 6. Wunsch- und Wahlrecht I. Allgemeines Mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz [BTHG] vom 23.12.2016) haben in insgesamt 26 Artikeln zahlreiche Regelungsbereiche des SGB und anderer Gesetze Veränderungen erfahren. In der ZAP wurde von der Verfasserin bereits über die Neuerungen im Schwerbehindertenrecht (ZAP 2017, F. 18, S. 1549) und im Recht der Rehabilitation und Teilhabe (ZAP 2018, F. 18, S. 1571) berichtet. Dieser Beitrag soll die Serie mit den „Neuerungen im Recht der Eingliederungshilfe“ vervollständigen. Der Veröffentlichung dieses Beitrags Anfang des Jahres 2020 liegt zugrunde, dass eine zentrale strukturelle Änderung im Recht der Eingliederungshilfe zum 1.1.2020 in Kraft getreten ist, nämlich die „Herauslösung“ der Eingliederungshilfe aus dem SGB XII (Recht der Sozialhilfe) und ihr Transfer in Teil 2 des SGB IX (Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen). Dieses ist nunmehr ein echtes Leistungsgesetz. Ziel dieser Änderung war zum einen (und vorrangig), der Eingliederungshilfe den Stempel einer Fürsorgeleistung, nämlich einer Leistung der Sozialhilfe, zu nehmen. Zum anderen verfolgte der Gesetzgeber das Ziel einer verstärkten Personenzentriertheit der Leistung. Dies brachte er dadurch zum Ausdruck, dass – anders als bislang – bei der Erbringung existenzsichernder Leistungen für den Lebensunterhalt und das Wohnen (nach Maßgabe des SGB XII) nicht mehr danach unterschieden wird, ob ein behinderter Mensch in der eigenen Wohnung, einer Wohngemeinschaft oder einer stationären Einrichtung wohnt, und die Fachleistung Eingliederungshilfe (nach Maßgabe des SGB IX) deshalb von der Lebensunterhaltssicherung getrennt bewilligt wird (dazu unter 3). Diese vollständige strukturelle Neuordnung hat im Nachgang zur Verabschiedung des BTHG weiteren Korrektur- und Anpassungsbedarf nach sich gezogen, dem zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des SGB IX und des SGB XII und anderer Rechtsvorschriften vom 30.11.2019 (BGBl I 2019, S. 1948 und BT-Drucks 19/11006) Rechnung getragen worden ist. ZAP Nr. 7 1.4.2020 359
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Neuerungen in der Eingliederungshilfe<br />
Sozialrecht<br />
Rehabilitation/Schwerbehindertenrecht<br />
Bundesteilhabegesetz – Neuerungen im Recht der Eingliederungshilfe<br />
Von Richterin am BSG JUTTA SIEFERT, Kassel<br />
Inhalt<br />
I. Allgemeines<br />
II. Änderungen im Einzelnen<br />
1. Eingliederungshilfe ist antragsabhängig<br />
2. Anspruchsberechtigter Personenkreis<br />
3. Existenzsichernde Leistungen<br />
4. Berücksichtigung von Einkommen<br />
und Vermögen<br />
5. Die einzelnen Leistungsgruppen<br />
der Eingliederungshilfe<br />
6. Wunsch- und Wahlrecht<br />
I. Allgemeines<br />
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen<br />
(Bundesteilhabegesetz [BTHG] vom 23.12.2016) haben in insgesamt 26 Artikeln zahlreiche Regelungsbereiche<br />
des SGB und anderer Gesetze Veränderungen erfahren. In der <strong>ZAP</strong> wurde von der Verfasserin<br />
bereits über die Neuerungen im Schwerbehindertenrecht (<strong>ZAP</strong> 2017, F. 18, S. 1549) und im Recht der<br />
Rehabilitation und Teilhabe (<strong>ZAP</strong> 2018, F. 18, S. 1571) berichtet. Dieser Beitrag soll die Serie mit den<br />
„Neuerungen im Recht der Eingliederungshilfe“ vervollständigen.<br />
Der Veröffentlichung dieses Beitrags Anfang des Jahres <strong>2020</strong> liegt zugrunde, dass eine zentrale<br />
strukturelle Änderung im Recht der Eingliederungshilfe zum 1.1.<strong>2020</strong> in Kraft getreten ist, nämlich<br />
die „Herauslösung“ der Eingliederungshilfe aus dem SGB XII (Recht der Sozialhilfe) und ihr Transfer in<br />
Teil 2 des SGB IX (Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen). Dieses ist nunmehr<br />
ein echtes Leistungsgesetz. Ziel dieser Änderung war zum einen (und vorrangig), der Eingliederungshilfe<br />
den Stempel einer Fürsorgeleistung, nämlich einer Leistung der Sozialhilfe, zu nehmen. Zum<br />
anderen verfolgte der Gesetzgeber das Ziel einer verstärkten Personenzentriertheit der Leistung. Dies<br />
brachte er dadurch zum Ausdruck, dass – anders als bislang – bei der Erbringung existenzsichernder<br />
Leistungen für den Lebensunterhalt und das Wohnen (nach Maßgabe des SGB XII) nicht mehr danach<br />
unterschieden wird, ob ein behinderter Mensch in der eigenen Wohnung, einer Wohngemeinschaft<br />
oder einer stationären Einrichtung wohnt, und die Fachleistung Eingliederungshilfe (nach Maßgabe<br />
des SGB IX) deshalb von der Lebensunterhaltssicherung getrennt bewilligt wird (dazu unter 3). Diese<br />
vollständige strukturelle Neuordnung hat im Nachgang zur Verabschiedung des BTHG weiteren<br />
Korrektur- und Anpassungsbedarf nach sich gezogen, dem zuletzt durch das Gesetz zur Änderung<br />
des SGB IX und des SGB XII und anderer Rechtsvorschriften vom 30.11.2019 (BGBl I 2019, S. 1948 und<br />
BT-Drucks 19/11006) Rechnung getragen worden ist.<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong> 359