ZAP-2020-07
Fach 12, Seite 390 Stiftung und Nachlassrecht Nachlass/Erbrecht soll. Die Verbrauchsstiftung ist ausdrücklich mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes aus dem Jahre 2013 anerkannt worden. Das Gesetz enthält hierzu in § 80 Abs. 2 S. 2 BGB eine Legaldefinition: „Bei einer Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht werden soll (Verbrauchsstiftung), erscheint die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert, wenn die Stiftung für einen im Stiftungsgeschäft festgelegten Zeitraum bestehen soll, der mindestens zehn Jahre umfasst.“ Die vom Stifter festgelegten Stiftungszwecke werden durch die Erträge aus der Anlage des Grundstockvermögens bedient. Wegen der Niedrigzinsphasen bedarf es daher für die langfristige und nachhaltige Zweckerfüllung einer qualifizierten Anlageberatung. Der Stifter muss im Rahmen einer Prognoseentscheidung bereits heute die rechtsfähige Stiftung mit genügendem Vermögen ausstatten. Die Vermögensbewirtschaftung und die Verwendung der Erträge werden von dem Vorstand i.R.d. Satzung in eigener Verantwortung wahrgenommen (HOF in v. Campenhausen/Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, § 9 Rn 60). 2. Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung Die Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung erfolgt zu Lebzeiten durch einen Vertragsabschluss zwischen dem Stifter und dem Treuhänder. Der Vertrag über die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung kann als Schenkung unter Auflage oder in Gestalt eines fiduziarischen Rechtsgeschäfts als Auftrag beziehungsweise bei Entgeltlichkeit als Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen werden (BGH ZIP 2015, 923 ff.). Die Parteien können die Rechtsform frei wählen. Entscheidend ist, welche Rechtsform die Parteien gewählt haben (BGH ZIP 2015, 923 ff.). Ziel der treuhänderischen Verwaltung des Stiftungsvermögens ist es, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, dabei jedoch die Sicherheit und Substanz zu erhalten. Die besonderen Voraussetzungen zur Erhaltung und Anlage des Stiftungsvermögens müssen dabei berücksichtigt werden. Als Treuhänder, die das Vermögen des Stifters als wirtschaftliches Sondervermögen verwalten und die Stiftungszwecke realisieren, kommen natürliche oder juristische Personen in Betracht. Als Treuhänder kann beispielweise ein Rechtsanwalt oder Notar in Betracht kommen, der aber aufgrund seiner eigenen Endlichkeit eine Regelung für das Treuhandverhältnis über seinen eigenen Tod hinaus zu treffen hat. Daneben kann aber auch eine andere rechtsfähige Stiftung Treuhänder sein. Zu diesem Zweck hat der Autor im Jahre 2019 die Deutsche-Vermögen-Stiftung errichtet. Die individuelle Ausgestaltung des Treuhandvertrags bleibt den Vertragsparteien vorbehalten, wodurch eine individuelle Beratung erforderlich ist. Der Treuhandvertrag unterliegt je nach rechtlicher Ausgestaltung dem jederzeitigen Widerruf oder der Kündigung. Die Auflösung des Treuhandvertrags widerspricht dem Gedanken der Ewigkeit einer Stiftung und ihrer langfristigen Zweckerfüllung, wodurch eine jederzeitige Auflösungsmöglichkeit im Vertrag beschränkt werden sollte. Praxistipp: Der Stifter sollte bei einem Treuhandvertrag von einer Widerrufs- oder Kündigungsmöglichkeit zurückhaltend Gebrauch machen. Die nichtrechtsfähige Stiftung kann auch unter dem Eintritt bestimmter Bedingungen errichtet werden, dass diese später in eine selbstständige Stiftung umgewandelt wird (BGH ZIP 2015, 923 ff.). IV. Erbrechtliche Gestaltungsmittel Für die Errichtung oder Berücksichtigung einer Stiftung durch Verfügung von Todes wegen muss der Stifter ein Testament oder einen Erbvertrag errichten, welcher die gesetzliche Erbfolge ausschließt. Bei der Errichtung der Verfügung von Todes wegen hat der Stifter eine Fülle von erbrechtlichen Gestaltungsmitteln, mit welchen er eine Stiftung errichten oder eine bestehende Stiftung bedenken kann. 354 ZAP Nr. 7 1.4.2020
Nachlass/Erbrecht Fach 12, Seite 391 Stiftung und Nachlassrecht 1. Rechtsfähige Stiftung Die rechtsfähige Stiftung kann als Erbin, Nacherbin, Vermächtnisnehmerin oder Auflagenbegünstigte berücksichtigt werden, wobei die Errichtung durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung abgesichert werden kann. a) Rechtsfähige Stiftung als Allein-/oder Miterbin Die zu errichtende Stiftung kann in einer letztwilligen Verfügung zunächst als Alleinerbin eingesetzt werden. In diesem Fall hat der Stifter in der Verfügung seinen Stifterwillen, die Errichtung der Stiftung sowie die Höhe der Vermögenszuwendung ausdrücklich niederzulegen. Die Stiftungssatzung sollte der Erblasser bereits vorbezeichnet und in der endgültigen Fassung dem Testament beigefügen. Hierbei ist eine genaue Bezeichnung des Stiftungszwecks sowie der Stiftung zugewendeter Mittel Pflicht. Der Stifter kann nach seinem Ableben nicht mehr gefragt werden, welchen Willen er mit der Errichtung der Stiftung verfolgen wollte. Ungenauigkeiten können hier zur fehlenden Anerkennung der Stiftung durch die Stiftungsbehörden führen. Andernfalls kann die Behörde den vermeintlichen Stifterwillen auch falsch auslegen. Praxistipp: Häufige Fehler bei der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen sind nicht ausreichende Angaben zur Vermögenszuwendung, zum Sitz, zu den Organen und ihrer Bestellung, zur Rechtsform und zur Entstehung der Stiftung. Wird die Stiftung zur Alleinerbin eingesetzt, erwirbt sie das Vermögen des Stifters gem. §§ 1922, 84 BGB als Gesamtrechtsnachfolger. Wird die Stiftung neben anderen bloße Miterbin, kann ihr Erbanteil vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, was sich häufig wegen Erbstreitigkeiten hinziehen kann, nicht festgestellt werden. Die Anerkennung der Stiftung ist in diesen Fällen in Gefahr oder kann sich ebenfalls über Jahre hinziehen. Der Erblasser sollte daher auch hier den Erbanteil, den er der Stiftung zu Verfügung stellen will, genau bezeichnen. Damit die Stiftung bei einer Verfügung von Todes wegen erfolgreich errichtet wird, sollte zwingend ein Testamentsvollstrecker eingesetzt werden. Der Testamentsvollstrecker wird eingesetzt, um den Nachlass abzuwickeln oder zu verwalten und den Willen des Erblassers umzusetzen. Bei der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen kann dem Wunsch des Stifters nach der Perpetuierung des eigenen Vermögens und des eigenen Willens durch die Bestellung eines Testamentsvollstreckers am besten Rechnung getragen werden. Praxistipp: In einer Verfügung von Todes wegen, in der eine Stiftung errichtet wird, sollte ein Testamentsvollstrecker bestellt werden, damit er den Stifterwillen in jedem Fall auch gegen den Widerstand etwaiger weiterer Erben erfüllen und durchsetzen kann. b) Rechtsfähige Stiftung als Nacherbin Mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft nach §§ 2100–2146 BGB kann der Erblasser die Verteilung seines Nachlasses über mehrere Generationen gezielt steuern. Der Erblasser kann festlegen, wer den Nachlass nach dem Vorerben erhalten soll, wodurch der Erblasser sein Vermögen in seiner Familie binden und eine Weitergabe an familienfremde Dritte verhindern kann. Mit dieser Steuerungsfunktion hat der Erblasser die Möglichkeit, dass sein Nachlass auf den Nacherben erst nach dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses oder eines bestimmten Alters übergehen soll. Die Stiftung als juristische Person kann in einem Testament als Nacherbin bedacht werden. Bei der Bestimmung als Nacherbin muss aber die Frist von 30 Jahren beachtet werden, nach der die Nach- ZAP Nr. 7 1.4.2020 355
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Stiftung und Nachlassrecht<br />
Nachlass/Erbrecht<br />
soll. Die Verbrauchsstiftung ist ausdrücklich mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes aus dem<br />
Jahre 2013 anerkannt worden. Das Gesetz enthält hierzu in § 80 Abs. 2 S. 2 BGB eine Legaldefinition:<br />
„Bei einer Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht<br />
werden soll (Verbrauchsstiftung), erscheint die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert, wenn die<br />
Stiftung für einen im Stiftungsgeschäft festgelegten Zeitraum bestehen soll, der mindestens zehn Jahre umfasst.“<br />
Die vom Stifter festgelegten Stiftungszwecke werden durch die Erträge aus der Anlage des Grundstockvermögens<br />
bedient. Wegen der Niedrigzinsphasen bedarf es daher für die langfristige und<br />
nachhaltige Zweckerfüllung einer qualifizierten Anlageberatung. Der Stifter muss im Rahmen einer<br />
Prognoseentscheidung bereits heute die rechtsfähige Stiftung mit genügendem Vermögen ausstatten.<br />
Die Vermögensbewirtschaftung und die Verwendung der Erträge werden von dem Vorstand<br />
i.R.d. Satzung in eigener Verantwortung wahrgenommen (HOF in v. Campenhausen/Richter,<br />
Stiftungsrechts-Handbuch, § 9 Rn 60).<br />
2. Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung<br />
Die Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung erfolgt zu Lebzeiten durch einen Vertragsabschluss<br />
zwischen dem Stifter und dem Treuhänder. Der Vertrag über die Errichtung einer unselbstständigen<br />
Stiftung kann als Schenkung unter Auflage oder in Gestalt eines fiduziarischen Rechtsgeschäfts als<br />
Auftrag beziehungsweise bei Entgeltlichkeit als Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen werden (BGH<br />
ZIP 2015, 923 ff.). Die Parteien können die Rechtsform frei wählen. Entscheidend ist, welche Rechtsform<br />
die Parteien gewählt haben (BGH ZIP 2015, 923 ff.).<br />
Ziel der treuhänderischen Verwaltung des Stiftungsvermögens ist es, eine möglichst hohe Rendite zu<br />
erzielen, dabei jedoch die Sicherheit und Substanz zu erhalten. Die besonderen Voraussetzungen zur<br />
Erhaltung und Anlage des Stiftungsvermögens müssen dabei berücksichtigt werden.<br />
Als Treuhänder, die das Vermögen des Stifters als wirtschaftliches Sondervermögen verwalten und die<br />
Stiftungszwecke realisieren, kommen natürliche oder juristische Personen in Betracht. Als Treuhänder<br />
kann beispielweise ein Rechtsanwalt oder Notar in Betracht kommen, der aber aufgrund seiner eigenen<br />
Endlichkeit eine Regelung für das Treuhandverhältnis über seinen eigenen Tod hinaus zu treffen hat.<br />
Daneben kann aber auch eine andere rechtsfähige Stiftung Treuhänder sein. Zu diesem Zweck hat der<br />
Autor im Jahre 2019 die Deutsche-Vermögen-Stiftung errichtet.<br />
Die individuelle Ausgestaltung des Treuhandvertrags bleibt den Vertragsparteien vorbehalten, wodurch<br />
eine individuelle Beratung erforderlich ist. Der Treuhandvertrag unterliegt je nach rechtlicher<br />
Ausgestaltung dem jederzeitigen Widerruf oder der Kündigung. Die Auflösung des Treuhandvertrags<br />
widerspricht dem Gedanken der Ewigkeit einer Stiftung und ihrer langfristigen Zweckerfüllung, wodurch<br />
eine jederzeitige Auflösungsmöglichkeit im Vertrag beschränkt werden sollte.<br />
Praxistipp:<br />
Der Stifter sollte bei einem Treuhandvertrag von einer Widerrufs- oder Kündigungsmöglichkeit<br />
zurückhaltend Gebrauch machen.<br />
Die nichtrechtsfähige Stiftung kann auch unter dem Eintritt bestimmter Bedingungen errichtet werden,<br />
dass diese später in eine selbstständige Stiftung umgewandelt wird (BGH ZIP 2015, 923 ff.).<br />
IV. Erbrechtliche Gestaltungsmittel<br />
Für die Errichtung oder Berücksichtigung einer Stiftung durch Verfügung von Todes wegen muss der<br />
Stifter ein Testament oder einen Erbvertrag errichten, welcher die gesetzliche Erbfolge ausschließt.<br />
Bei der Errichtung der Verfügung von Todes wegen hat der Stifter eine Fülle von erbrechtlichen Gestaltungsmitteln,<br />
mit welchen er eine Stiftung errichten oder eine bestehende Stiftung bedenken kann.<br />
354 <strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong>