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ZAP-2020-07

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Familienrecht Fach 11, Seite 1573<br />

Elternunterhalt: Angehörigen-Entlastungsgesetz<br />

Verfügt der Sozialleistungsträger über einen Titel über aktuell laufenden und zukünftigen Unterhalt, so<br />

sind Aktivitäten des darin verpflichteten Kindes erforderlich, um eine weitere Vollstreckung von<br />

Ansprüchen über den 1.1.<strong>2020</strong> hinausgehend zu verhindern. Denn der Wegfall der Berechtigung infolge<br />

der für diesen Zeitraum nicht mehr greifenden Überleitung führt nicht zur automatischen Auflösung des<br />

Titels. Daher ist es zu empfehlen, dass der Unterhaltspflichtige den Leistungsträger umgehend zu<br />

einem Verzicht auf die Rechte aus diesem Titel und ggf. zur Herausgabe des Titels auffordert.<br />

Kommt der Sozialleistungsträger einer solchen Aufforderung nicht nach, ist ein gerichtliches Verfahren<br />

auf Abänderung des Unterhaltstitels der richtige Weg, die Aufhebung des Titels ab 1.1.<strong>2020</strong> zu<br />

erreichen. Bei einem gerichtlichen Titel handelt es sich um ein Abänderungsverfahren nach § 238<br />

FamFG, bei einer Unterhaltsvereinbarung oder bei einer einseitigen notariellen Unterhaltsverpflichtung<br />

um ein Verfahren nach § 239 FamFG. Der sachliche Grund für das Abänderungsbegehren ist die<br />

nachträgliche Änderung des Gesetzes. Der Abänderungsantrag des zu Unterhalt verpflichteten Kindes<br />

ist dann in den einschlägigen Fällen allein aufgrund dieser Gesetzesänderung begründet.<br />

Ein verfahrensrechtliches Risiko sollte nicht übersehen werden. Fehlt es an einem vorgerichtlichen<br />

Verzichtsverlangen, kann der Träger der Sozialleistungen im gerichtlichen Verfahren den Anspruch<br />

sofort anerkennen mit der Folge, dass die Verfahrenskosten dem Kind als Antragsteller des Abänderungsverfahrens<br />

auferlegt werden, da der Antragsgegner keine Veranlassung zur Einleitung eines<br />

gerichtlichen Verfahrens gegeben hat (§ 243 S. 2 Nr. 4 FamFG). Ein solches Risiko besteht auch, wenn<br />

zuvor dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen Kind als Antragsteller des Abänderungsverfahrens<br />

Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, denn die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe schützt<br />

nicht vor der Zahlungspflicht für die Kosten der Gegenseite.<br />

II. Keine Anwendung auf den Ehegattenunterhalt<br />

Auf Fälle des Ehegattenunterhalts findet das Gesetz keine Anwendung.<br />

Lebt also ein pflegebedürftiger Ehegatte im Pflegeheim (dazu BGH, Beschl. v. 27.4.2016 – XII ZB 485/14,<br />

NJW 2016, 2122; s.a. OLG Celle, Beschl. v. 20.10.2015 – 18 UF 5/15, FamRZ 2016, 825) oder in einer<br />

Einrichtung des betreuten Wohnens (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 30.6. 2017 – 6 WF 105/17, FuR 2018, 98),<br />

so steht ihm ein Unterhaltsanspruch gegen seinen Ehegatten zu. Es handelt sich dabei um einen Fall des<br />

konkreten Bedarfs, bei dem sich der Bedarf des Ehegatten nicht nach einer Quote des Familieneinkommens<br />

bemisst, sondern konkret nach den anfallenden Heimkosten. Wird also in diesen Fällen der<br />

Bedarf des Heimbewohners vom Sozialamt gedeckt, geht der Unterhaltsanspruch weiterhin über und<br />

kann gegen den Ehegatten geltend gemacht werden, der sich seinerseits nur auf seinen Selbstbehalt<br />

nach der Düsseldorfer Tabelle berufen kann. Dieser beträgt seit dem 1.1.<strong>2020</strong> bei einem erwerbstätigen<br />

Ehegatten 1.280 € und bei einem nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (Rentner) 1.180 €.<br />

III. Keine Änderung des Unterhaltsrechts<br />

Das Angehörigen-Entlastungsgesetz greift auch nicht in das Unterhaltsrecht selbst ein, sondern betrifft<br />

allein den sozialrechtlichen Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialleistungen. Erfolgt also kein<br />

Übergang des Elternunterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger, kann der pflegebedürftige Elternteil<br />

weiterhin sein Kind auch dann selbst in Anspruch auf Unterhalt nehmen, wenn es weniger als 100.000 €<br />

im Jahr verdient.<br />

Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des auf Zahlung in Anspruch genommenen<br />

Kindes sind dann dessen eigener Selbstbehalt von 2.000 € und ggf. derjenige seines Ehegatten<br />

von weiteren 1.600 € einzubeziehen, die in der Düsseldorfer Tabelle festgelegt sind. Allerdings konnte<br />

die Neuregelungen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes noch nicht in die Selbstbehaltsätze der zum<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong> 347

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