ZAP-2020-07
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Rechtsprechung <strong>2020</strong> Fach 1, Seite 45<br />
Frachtsendung: Zwischenlagerung<br />
(LG Hamburg, Urt. v. 24.10.2019 – 4<strong>07</strong> HKO 23/19) • Die Zwischenlagerung einer Frachtsendung im<br />
Umschlagslager am Flughafen nach einem vorangegangenen Lufttransport unterfällt in jedem Fall noch<br />
dem Schutzbereich des Montrealer Übereinkommens. Dies gilt auch dann, wenn die Sendung von<br />
diesem Lager aus per Lkw zum Empfänger befördert werden soll. Denn die Obhutshaftung des<br />
Luftfrachtführers endet bzw. der nachfolgende Straßentransport beginnt erst mit dem Abschluss der<br />
Beladung des Lkw. Praxishinweis: Dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) ist eine Haftungsdurchbrechung<br />
fremd (vgl. Art. 22 Abs. 3 MÜ). Insofern ist gerade bei der Nutzung verschiedenartiger<br />
Beförderungsmittel wichtig zu wissen, wo der Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens<br />
beginnt bzw. endet. Das LG Hamburg legt dabei einen spediteur-/frachtführerfreundlichen Maßstab an,<br />
indem es – dem Wortlaut des MÜ entsprechend – dieses auf alle Tätigkeiten auf dem Flughafengelände<br />
anwendet. Dabei ist es nach Auffassung des Gerichts vollkommen egal, aus welchem Grund sich die<br />
Sendung dort befunden hat. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 171/<strong>2020</strong><br />
Wirtschafts-/Urheber- und Medien-/Marken- und Wettbewerbsrecht<br />
Unionsmarkenstreitsache: Zuständigkeit des Unionsmarkengerichts<br />
(OLG Hamm, Urt. v. 16.1.<strong>2020</strong> – 4 U 72/19) • Die Bestimmungen der Unionsmarkenverordnung über die<br />
Zuständigkeit der Unionsmarkengerichte sind dahin auszulegen, dass nur Unionsmarkengerichte<br />
Sachentscheidungen in Unionsmarkenstreitsachen treffen dürfen. Die Anwendung des § 513 Abs. 2<br />
ZPO darf nicht dazu führen, dass ein Berufungsgericht, das kein Unionsmarkengericht ist, eine<br />
Sachentscheidung in einer Unionsmarkenstreitsache trifft. § 513 Abs. 2 ZPO ist unionsrechtskonform in<br />
entsprechender Weise einschränkend auszulegen. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 172/<strong>2020</strong><br />
Sozialrecht<br />
Vertragsarztvergütung: Arztbezogene Plausibilitätsprüfung<br />
(SG Dresden, Beschl. v. 21.11.2019 – S 25 KA 147/19 ER) • Die Tages- und Quartalszeitprofile für<br />
Plausibilitätsprüfungen in Arztpraxen mit angestellten Ärzten sind arztbezogen, nicht praxisbezogen, zu<br />
bilden. Dies gilt auch für Prüfzeiträume vor dem Inkrafttreten der Richtlinien zum Inhalt und zur<br />
Durchführung der Prüfungen gem. § 106d Abs. 6 SGB V (Abrechnungsprüfungs-Richtlinien – AbrPrRL)<br />
v. 7.3.2018, soweit § 8 AbrPrRL nach § 22 Abs. 3 AbrPrRL rückwirkend auf Verfahren anzuwenden ist,<br />
die am 31.12.2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren. § 8 Abs. 3 der Richtlinien nach § 106a<br />
Abs. 2 SGB V in der bis zum 31.3.2018 geltenden Fassung v. 1.7.2008 ist insoweit nicht anzuwenden. Die<br />
Ausschlussfrist von zwei Jahren für den Erlass von Richtigstellungsbescheiden gem. § 106d Abs. 5 S. 3<br />
SGB V in der Fassung TSVG gilt nicht für Honorarrückforderungen, bei denen der Ausgangsbescheid<br />
noch vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 11.5.2019 bekannt gegeben wurde und damit noch einer<br />
Ausschlussfrist von vier Jahren unterlag. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 173/<strong>2020</strong><br />
Verfassungs-/Verwaltungsrecht<br />
Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung: Unvereinbarkeit mit dem GG<br />
(BVerfG, Urt. v. 26.2.<strong>2020</strong> – 2 BvR 2347/15) • Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m.<br />
Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben.<br />
Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen. Die<br />
Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und<br />
Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt als Akt autonomer<br />
Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren. Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen,<br />
umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in<br />
Anspruch zu nehmen. Auch staatliche Maßnahmen, die eine mittelbare oder faktische Wirkung<br />
entfalten, können Grundrechte beeinträchtigen und müssen daher von Verfassungs wegen hinreichend<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 7 1.4.<strong>2020</strong> 341