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Mit-Glaubende geben Zuspruch<br />
Ein bewegendes Glaubenszeugnis von Prof. Roos<br />
Über das beeindruckende Glaubenszeugnis<br />
einer jungen Familie,<br />
deren Kind eine Stunde<br />
nach der Geburt starb, berichtet<br />
der Geistliche Berater<br />
des <strong>BKU</strong>, Prof. Dr. Lothar Roos.<br />
Gott mutet uns nicht zu, für uns allein<br />
zu glauben. Er schenkt uns<br />
vielmehr Mit-Glaubende. Als Paulus<br />
den Gläubigen von Rom, die er<br />
noch nicht kannte, sein Kommen<br />
ankündigt, da spricht er die frohe<br />
Hoffnung aus, dass „wir, wenn ich<br />
bei euch bin, miteinander Zuspruch<br />
empfangen durch euren<br />
und meinen Glauben“ (Rm 1,12).<br />
Solchen „Zuspruch“ brauchte sogar<br />
Maria. Und so verließ sie der Engel<br />
nach der unglaublichen Botschaft,<br />
sie solle Mutter Gottes<br />
werden, an ihre Verwandte Elisabeth,<br />
an der Gott ebenfalls „Unmögliches“<br />
getan habe (vgl. Lk<br />
1,36- 45). Ein solcher „Zuspruch“,<br />
der mich tief bewegt hat, wurde<br />
mir vor einigen Monaten geschenkt.<br />
Ein befreundeter junger Priester<br />
sagte mir bei einem unserer letzten<br />
Treffen: „Jetzt kommt gleich<br />
noch mein Bruder Claus, es geht<br />
ihm aber nicht besonders gut. Seine<br />
Frau Maritere und er erwarten<br />
ihr erstes Kind. Aber der Arzt<br />
sagte ihnen, dass es wohl schwer<br />
behindert oder überhaupt nicht<br />
lebensfähig sein wird.“<br />
Der Bruder meines Freundes<br />
kam dann, und ich habe ihm gesagt,<br />
dass ich um seine Sorge weiß und<br />
für ihn, seine Frau und das Kind<br />
beten werde. Das Kind wurde<br />
dann einige Wochen später geboren.<br />
Es hat nach seiner Geburt<br />
noch eine Stunde gelebt. Einige<br />
Wochen später habe ich über diesen<br />
Priester einen Brief seines<br />
Bruders und dessen Frau an ihre<br />
Eltern, Geschwister und Freunde<br />
erhalten. „Zu begreifen“, so schreiben<br />
die beiden, „was in den letzten<br />
Wochen geschehen ist, wird noch<br />
länger dauern. Und den Schmerz,<br />
den wir im Herzen tragen zu verarbeiten,<br />
bedarf noch Zeit. Trotzdem<br />
sind wir zu großem Dank verpflichtet.<br />
Dank gegenüber Gott<br />
und gegenüber all den Menschen,<br />
die uns so bestärkt haben.“<br />
Und nun kommt eine ganz<br />
tiefgläubige Aussage, die ich so<br />
noch nie vernommen hatte: „Mit<br />
diesem Dank konnten wir auf besondere<br />
Art und Weise unseren<br />
kleinen Thomas-Bernhard beauftragen.<br />
Als wir mit Ihm in unseren<br />
Armen beteten, wurde jeder von<br />
Euch unserem Kind mit auf den<br />
Weg gegeben, auch namentlich.<br />
Wir hatten eine halbe Stunde Zeit,<br />
um mit unserem Sohn eindringlich<br />
zu beten und Ihm aufzutragen,<br />
welche Bitten und Anliegen er<br />
unserem Herrn vorbringen soll. Es<br />
war die bewegendste halbe Stunde<br />
unseres Lebens, da wir wussten,<br />
dass unser Kind in Kürze vor unseren<br />
Schöpfer treten würde.“<br />
Das Geschenk, unseren Sohn unter<br />
diesen Umständen noch taufen<br />
zu dürfen und in die eigenen Arme<br />
zu schließen, war für uns kaum zu<br />
begreifen. Wir sind uns sicher, dass<br />
jedes der aufgetragenen Anliegen<br />
von unserem Sohn durch fürbittendes<br />
Gebet vor Gott gebracht<br />
wird. Gegen Ende seiner einstündigen<br />
Lebenszeit hier auf Erden riefen<br />
wir die Heiligen an, wir weihten<br />
unseren Sohn dem unbefleckten<br />
Herzen Mariens und konnten uns<br />
vorstellen, wie Maria unser Kind<br />
entgegennahm, als es soweit war.<br />
Benedikt XVI. hat in seiner ersten<br />
Predigt als Papst am 24. April<br />
2005 gesagt: „Jeder von uns ist<br />
Frucht eines Gedankens Gottes.“ Er<br />
ist dies vom ersten Augenblick seiner<br />
Existenz im Mutterleib an.<br />
Auch wenn ein Kind nicht zum Bewusstsein<br />
gekommen ist, war, ist<br />
und bleibt es dieser Gedanke Gottes.<br />
Glauben erleben<br />
Aus den Arbeitskreisen<br />
Und daran glauben diese<br />
beiden, deren Kind nach einer<br />
Stunde wieder zu Gott heimgerufen<br />
wurde. In ihrem Brief zeigen<br />
sie sich überzeugt, dass ihr<br />
Schmerz heilen wird, denn: „Was<br />
in dieser Nacht geschehen ist,<br />
muss aus dem Glauben betrachtet<br />
werden. Dann ist es sicher als<br />
‚Liebesgeschichte’ zu verstehen<br />
und wird auch unser Herz mit<br />
Freude tief berühren. Thomas-<br />
Bernhard würde es sicher nicht anders<br />
wollen. Die Freude, die Ihm<br />
zuteil wurde, ist den Schmerz<br />
wert, den wir tragen. Ihr alle habt<br />
nun einen Fürsprecher im Himmel“.<br />
Lothar Roos<br />
Gebet<br />
„O Gott, Du bist so wundervoll<br />
bei mir gewesen alle Tage meines<br />
Lebens. Du wirst mich auch<br />
ferner nicht verlassen. Ich weiß<br />
es, obschon ich keine Rechte vor<br />
Dir habe. Lass mich meinen<br />
Weg nicht gehen, ohne an Dich<br />
zu denken. Lass mich alles vor<br />
Dein Angesicht tragen, um Dein<br />
Ja zu erfragen bei jedem Wollen<br />
und Deinen Segen für jedes<br />
Tun. Wie die Sonnenuhr von<br />
der Sonne, so will ich allein bestimmt<br />
sein von Dir. So sei es,<br />
mein Jesus Christus. Ich gebe<br />
mich dir ganz.“<br />
Aus dem Gebet von John Henry<br />
Kardinal Newman (1801–1890),<br />
der von Papst Benedikt XVI. am<br />
19. September 2010 in Birmingham<br />
seliggesprochen wurde.<br />
Quelle: Gotteslob<br />
<strong>BKU</strong>-Journal 3 2010 25