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19.12.2012 Aufrufe

Forum Rente mit 70 ist denkbar BKU fordert Generationengerechtigkeit in der Rentendebatte Der BKU wendet sich scharf gegen alle Versuche, die Rente mit 65 statt 67 Jahren wieder einzuführen. Vor dem Hintergrund immer älter werdender Menschen und immer weniger Kinder gehe das auf Kosten der jungen Generation. „Wir können nicht nur jammern, dass wir zwei Jahre länger für unsere Rente arbeiten müssen als früher und dann einfach das höhere Lebensalter genießen“, betonte die Leiterin des BKU-Arbeitskreises „Soziale Ordnung“, Elisabeth Schulte. Die Frage nach einer Rente mit 65, 67 oder gar 70 müsse sich nach der demografischen Entwicklung richten, erläuterte die Expertin für soziale Sicherung. „Der BKU hat schon vor Jahrzehnten darauf aufmerksam gemacht, dass der Generationenvertrag aufgrund der abnehmenden Kinderzahlen nicht mehr aufgeht und daher neue Lösungen erforderlich sind. Hierzu liegen konkrete Vorschläge des BKU vor, die damals schon eine Erhöhung 20 BKU-Journal 3 2010 Die Probleme der Rentenversicherung Rentner je 100 Beitragszahler* 2009 2023 (Prognose) 55 62 *Rentnerquotient Rentenniveau Verhältnis zum Brutto-Arbeitseinkommen 53,2 % Renteneintrittsalter 63 63,5 64 64,5 65 63,2 Jahre 1960: Angaben für Westdeutschland des Renteneintrittsalters vorsahen, die inzwischen Gesetz geworden sind. Es ist unzumutbar, dass die Jungen demnächst nur noch für die Renten- und Krankenversicherung arbeiten und netto kaum etwas von ihrem Gehalt übrig bleibt“, fordert Schulte die Solidarität der Generationen ein. Die Konsequenz aus der Rücknahme des Renteneintrittsalters mit 67 Jahren wäre, die Beiträge Caritas für Rente mit 67 … wenn es Arbeit für Ältere gibt Der Deutsche Caritasverband hat die Rente mit 67 als notwendig verteidigt. Sie setze aber entsprechende Beschäftigungsmöglichkeiten voraus, erklärte der katholische Wohlfahrtsverband im August in Berlin. Die von der Großen Koalition beschlossene Erhöhung des Rentenalters sei nur umsetzbar, wenn „die starke Diskriminierung älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt weiter abgebaut“ wird, sagte Caritas-Generalsekretär Georg Cremer. Zugleich müsse 1960 1960 2009 auch die Gesellschaft ihre Einstellung älteren Menschen gegenüber wandeln, damit alle ihre Potenziale einbringen könnten. Erste Erfolge bei der Integration Älterer in den Arbeitsmarkt sind nach Auffassung der Caritas bereits erkennbar. So sei der Anteil der Erwerbstätigen in der Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren seit 2006 von 48 Prozent auf heute 56 Prozent angestiegen. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Älterer habe zugenommen. Die bisherigen Erfolge seien jedoch nicht ausreichend, sagte Cremer. KNA 47,7 % 2009 64,7 Jahre 1960 2009 Rentenbezugsdauer Beitragssatz zur Rentenversicherung 14,0 % 9,9 Jahre Quelle: Deutsche Rentenversicherung 18,2 Jahre 19,9 % 1960 2010 © Globus 3697 zur Rentenversicherung zu erhöhen, die heute schon bei rund 20 Prozent des Einkommens liegen. Alternativ müssten die Rentenbezüge noch weiter verringert werden: „Dann sind wir bei den Rentnern von morgen noch näher am Existenzminimum als bei derzeitiger Gesetzeslage“, kritisiert die BKU-Expertin. Zudem gehe es nicht nur um die demografische Entwicklung, sondern zudem um ein deutlich zunehmendes Lebensalter. Schulte: „Wir sollten uns freuen, dass unsere Lebenserwartung steigt. Das erfordert allerdings auch Konsequenzen für die Finanzierung. Dem christlichen Subsidiaritätsprinzip zufolge dürfen wir die Kostenbelastungen nicht einfach auf zukünftige Generationen schieben und nur die positiven Seiten für uns heute mitnehmen. Körperlich schwere Arbeit nimmt auch dank besserer Technik ab und kann heute auch durch die bessere medizinische Versorgung länger geleistet werden, so dass langfristig sogar ein Anstieg des Regelrentenalters auf 70 Jahre denkbar ist. Wer das nicht will, kann mit Abschlägen durchaus früher in den Ruhestand gehen, aber nicht auf Kosten der Jungen, sondern auf eigene Kosten.“

„Es ist 30 Jahre nach zwölf“ Die alternde Gesellschaft erfordert eine bevölkerungsbewusste Familienpolitik Der Anteil der alten Menschen in unserer Gesellschaft nimmt stetig zu. Doch noch gravierender ist, dass der Anteil der Jüngeren abnimmt. Seit 1972 sterben in Deutschland jährlich mehr Menschen als geboren werden. Nachdem dieser Rückgang lange durch einen positiven Wanderungssaldo ausgeglichen wurde, kam es 2003 erstmals zu einem Rückgang der Bevölkerung. Im Jahr 2030 werden auf 100 Erwerbspersonen – nach heutigem Rentenrecht – 70 Rentner kommen, heute sind es 45. Verantwortlich für diesen Rückgang und die daraus folgenden Probleme für die Rentenversicherung ist die Generation der jetzt Vierzig- bis Fünfzigjährigen. Sie hat den schon in den 1960er Jahren vom ersten BKU-Geschäftsführer Wilfrid Schreiber geforderten Generationenvertrag nicht eingehalten, weil sie zu wenig Kinder geboren hat. Es ist konsequent, dass sie mit Rentenkürzungen und einem späteren Renteneintrittsalter zu rechnen hat. Denkbar wären zwar auch Beitragssteigerungen zur Rentenversicherung. Dies würde aber die Wirtschaft und die geschrumpfte mittlere Generation über Gebühr belasten, weil diese auch noch für die nachfolgende Generation aufzukommen hat. Sie hätte dann allein den Anstieg des Unterstützungsquotienten zu tragen. Auch eine höhere Steuerfinanzierung der Rentenversicherung würde vor allem die „Scharnier-Generation“ treffen. Eine Überbelastung einzelner Generationen jedoch könnte zur Entsolidarisierung zwischen den Generationen führen. Auch die Krankenversicherung wird durch den Altersaufbau der Gesellschaft belastet. Denn mit dem demographischen Wandel steigt der Bedarf an Gesundheitsleistungen. Um die Krankenversicherung funktionsfähig zu halten, sind mehr Eigenbeteiligung und Zuzahlungen vorgesehen. Es widerspricht der Verteilungsgerechtigkeit, wenn die entstehenden Lasten fast ausschließlich von den Familien mit Kindern getragen werden. Hier ist eine energische Wende in der Familienpolitik gefordert, wie sie das Bundesverfassungsgericht seit Jahren einfordert. Die Kinderzahl muss bei der Renten- und Beitragsberechnung stärker zu Buche schlagen. Der Familienwissenschaftler Max Wingen hat darauf hingewiesen, dass das bestehende Rentenrecht eine „deutliche Prämierung von Kinderlosigkeit bedeutet“. Heute haben Kinderlose oft bessere berufliche Aufstiegschancen als Personen mit Kindern und erhalten dann auch noch im Alter die höheren Renten. Dagegen wer- den die Familien, die die sozialen, erzieherischen und wirtschaftlichen Leistungen für die nachfolgende Generation erbringen, im Alter noch mit geringeren Renten „bestraft“. Das bisherige Altersversorgungssystem ist pointiert als „Transferausbeutung“ bezeichnet worden. Um die langfristig wirkenden demographischen Prozesse tatkräftig anzugehen, muss Politik mehr als je zuvor vom Leitprinzip der Nachhaltigkeit bestimmt werden. Selbst wenn heute unerwartet die Geburtenziffern wieder steigen, ist mit einer Bevölkerungsabnahme in Deutschland zu rechnen. Der Anteil der über 60- Jährigen an der deutschen Bevölkerung würde sich selbst dann verdoppeln, wenn die Lebenserwartung nicht mehr zunähme. Nach dem Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg ist es „30 Jahre nach zwölf“. Diese Erkenntnis jedoch scheint unsere auf kurzfristige Wiederwahl setzenden Politiker zu überfordern. ➞ BKU-Journal 3 2010 21 Forum

Forum<br />

Rente mit 70 ist denkbar<br />

<strong>BKU</strong> fordert Generationengerechtigkeit in der Rentendebatte<br />

Der <strong>BKU</strong> wendet sich scharf<br />

gegen alle Versuche, die Rente<br />

mit 65 statt 67 Jahren wieder<br />

einzuführen. Vor dem Hintergrund<br />

immer älter werdender<br />

Menschen und immer weniger<br />

Kinder gehe das auf Kosten der<br />

jungen Generation.<br />

„Wir können nicht nur jammern,<br />

dass wir zwei Jahre länger für unsere<br />

Rente arbeiten müssen als<br />

früher und dann einfach das höhere<br />

Lebensalter genießen“, betonte<br />

die Leiterin des <strong>BKU</strong>-Arbeitskreises<br />

„Soziale Ordnung“, Elisabeth<br />

Schulte. Die Frage nach einer Rente<br />

mit 65, 67 oder gar 70 müsse sich<br />

nach der demografischen Entwicklung<br />

richten, erläuterte die<br />

Expertin für soziale Sicherung.<br />

„Der <strong>BKU</strong> hat schon vor<br />

Jahrzehnten darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass der Generationenvertrag<br />

aufgrund der abnehmenden<br />

Kinderzahlen nicht mehr<br />

aufgeht und daher neue Lösungen<br />

erforderlich sind. Hierzu liegen<br />

konkrete Vorschläge des <strong>BKU</strong> vor,<br />

die damals schon eine Erhöhung<br />

20 <strong>BKU</strong>-Journal 3 2010<br />

Die Probleme der Rentenversicherung<br />

Rentner je<br />

100 Beitragszahler*<br />

2009<br />

2023<br />

(Prognose)<br />

55 62<br />

*Rentnerquotient<br />

Rentenniveau<br />

Verhältnis zum<br />

Brutto-Arbeitseinkommen<br />

53,2 %<br />

Renteneintrittsalter<br />

63 63,5 64 64,5 65<br />

63,2 Jahre<br />

1960: Angaben für Westdeutschland<br />

des Renteneintrittsalters vorsahen,<br />

die inzwischen Gesetz geworden<br />

sind. Es ist unzumutbar,<br />

dass die Jungen demnächst nur<br />

noch für die Renten- und Krankenversicherung<br />

arbeiten und netto<br />

kaum etwas von ihrem Gehalt<br />

übrig bleibt“, fordert Schulte die<br />

Solidarität der Generationen ein.<br />

Die Konsequenz aus der Rücknahme<br />

des Renteneintrittsalters<br />

mit 67 Jahren wäre, die Beiträge<br />

Caritas für Rente mit 67<br />

… wenn es Arbeit für Ältere gibt<br />

Der Deutsche Caritasverband<br />

hat die Rente mit 67 als notwendig<br />

verteidigt. Sie setze<br />

aber entsprechende Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

voraus, erklärte<br />

der katholische Wohlfahrtsverband<br />

im August in<br />

Berlin.<br />

Die von der Großen Koalition beschlossene<br />

Erhöhung des Rentenalters<br />

sei nur umsetzbar, wenn<br />

„die starke Diskriminierung älterer<br />

Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt<br />

weiter abgebaut“ wird,<br />

sagte Caritas-Generalsekretär<br />

Georg Cremer. Zugleich müsse<br />

1960<br />

1960<br />

2009<br />

auch die Gesellschaft ihre Einstellung<br />

älteren Menschen gegenüber<br />

wandeln, damit alle ihre<br />

Potenziale einbringen könnten.<br />

Erste Erfolge bei der Integration<br />

Älterer in den Arbeitsmarkt sind<br />

nach Auffassung der Caritas bereits<br />

erkennbar. So sei der Anteil der Erwerbstätigen<br />

in der Altersgruppe<br />

zwischen 55 und 64 Jahren seit<br />

2006 von 48 Prozent auf heute<br />

56 Prozent angestiegen. Auch die<br />

sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung Älterer habe zugenommen.<br />

Die bisherigen Erfolge<br />

seien jedoch nicht ausreichend,<br />

sagte Cremer. KNA<br />

47,7 %<br />

2009<br />

64,7 Jahre<br />

1960<br />

2009<br />

Rentenbezugsdauer<br />

Beitragssatz zur<br />

Rentenversicherung<br />

14,0 %<br />

9,9 Jahre<br />

Quelle: Deutsche Rentenversicherung<br />

18,2 Jahre<br />

19,9 %<br />

1960 2010<br />

© Globus 3697<br />

zur Rentenversicherung zu erhöhen,<br />

die heute schon bei rund<br />

20 Prozent des Einkommens liegen.<br />

Alternativ müssten die Rentenbezüge<br />

noch weiter verringert<br />

werden: „Dann sind wir bei den<br />

Rentnern von morgen noch näher<br />

am Existenzminimum als bei derzeitiger<br />

Gesetzeslage“, kritisiert die<br />

<strong>BKU</strong>-Expertin.<br />

Zudem gehe es nicht nur um die<br />

demografische Entwicklung, sondern<br />

zudem um ein deutlich zunehmendes<br />

Lebensalter. Schulte:<br />

„Wir sollten uns freuen, dass unsere<br />

Lebenserwartung steigt. Das<br />

erfordert allerdings auch Konsequenzen<br />

für die Finanzierung.<br />

Dem christlichen Subsidiaritätsprinzip<br />

zufolge dürfen wir die<br />

Kostenbelastungen nicht einfach<br />

auf zukünftige Generationen schieben<br />

und nur die positiven Seiten für<br />

uns heute mitnehmen. Körperlich<br />

schwere Arbeit nimmt auch dank<br />

besserer Technik ab und kann<br />

heute auch durch die bessere medizinische<br />

Versorgung länger geleistet<br />

werden, so dass langfristig<br />

sogar ein Anstieg des Regelrentenalters<br />

auf 70 Jahre denkbar<br />

ist. Wer das nicht will, kann mit<br />

Abschlägen durchaus früher in<br />

den Ruhestand gehen, aber nicht<br />

auf Kosten der Jungen, sondern<br />

auf eigene Kosten.“

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