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Kim Riddlebarger: Streitfall Millennium

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Kapitel 16: Die Auswertung<br />

ten sind tatsächlich uneins in der Frage nach einer etwaigen künftigen<br />

Rolle Israels –, doch viele Gegner des Amillennialismus sehen<br />

in der Staatsgründung Israels ein starkes Gegenargument. Das liegt<br />

zum Teil daran, dass zwei führende Vertreter der sogenannten »niederländischen<br />

Schule« des Amillennialismus (Louis Berkhof und<br />

Herman Bavinck) in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gesagt<br />

haben, der Dispensationalismus sei allein deshalb falsch, weil er<br />

behauptet, Israel würde wieder zu einer Nation werden. 2 Als Louis<br />

Berkhof 1939 sein bedeutendes Werk Systematic Theology fertigstellte,<br />

war eine Staatsgründung Israels noch undenkbar. Berkhof<br />

konnte nicht ahnen, was der Zweite Weltkrieg mit sich bringen<br />

würde: den Holocaust und die Neugründung Israels 1948. Er hat<br />

sich in seiner Argumentation einfach zu weit aus dem Fenster gelehnt.<br />

Der Dispensationalismus sieht in der Rückkehr der Juden in<br />

ihre alte Heimat freilich eine Bestätigung seiner Lesart biblischer<br />

Prophetie sowie einen Gegenbeweis zur amillennialistischen Sicht,<br />

dass sich der Abrahamsbund in Jesus Christus erfüllt hat.<br />

In unserer Auslegung von Römer 11 (Kapitel 14) habe ich gezeigt,<br />

dass auch manche Amillennialisten an keine zukünftige Rolle<br />

des Volkes Israel glauben. Sie meinen, »ganz Israel« (Röm 11,26)<br />

beziehe sich auf die Vollzahl der Erwählten oder auf die Gesamtheit<br />

des gläubigen Überrests aller Zeiten. Andere Amillennialisten<br />

glauben an eine jüdische Massenbekehrung vor der Wiederkunft<br />

unseres Herrn, wenn die Vollzahl der Heiden eingegangen sein<br />

wird. Unabhängig davon glauben Amillennialisten jedenfalls, dass<br />

die Staatsgründung Israels nicht mit der Erfüllung des Abrahamsbundes<br />

zusammenhängt, sondern vielmehr mit Gottes unergründlicher<br />

Vorsehung in der Weltgeschichte. Amillennialisten glauben<br />

auch nicht, dass Paulus in Römer 11 irgendetwas von einem irdischen<br />

<strong>Millennium</strong> sagt, und das ist immerhin die einzige Stelle<br />

im Neuen Testament, wo Paulus das Thema von einer möglichen<br />

zukünftigen Rolle Israels in der Heilsgeschichte behandelt.<br />

Doch auch wenn die Landverheißung des Abrahambundes sich<br />

bereits erfüllt hat, ist die kollektive Rückkehr der Juden in ihr altes<br />

2 Berkhof, Systematic Theology, S. 698ff.; Herman Bavinck, The Last Things, (Grand<br />

Rapids: Baker, 1996), S. 107.<br />

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