Kim Riddlebarger: Streitfall Millennium
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Kapitel 15: Die tausend Jahre in Offenbarung 20,1-10<br />
gelium mit Macht ausbreitet. 5 Diese Auslegung unterscheidet sich<br />
zwar stark vom Prämillennialismus, stimmt mit ihm aber im chronologischen<br />
Verständnis von Offenbarung 19 und 20 überein. Diese<br />
Postmillennialisten sehen die Wiederkunft Christi erst in Offenbarung<br />
20,11ff. Amillennialisten widersprechen dieser Auslegung.<br />
Um diesen Auslegungsunterschied zu erklären, müssen wir die literarische<br />
Beziehung zwischen Offenbarung 19 und 20 untersuchen.<br />
Ein noch anderes Verständnis von Offenbarung 20 vertritt der<br />
Präterismus: Er sieht die Offenbarung als prophetische Beschreibung<br />
von Gottes Gericht über Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. Entscheidend<br />
für die Auffassung, dass sich der Großteil der Offenbarung<br />
bereits zu Lebzeiten der Apostel erfüllt hat, ist es, die Abfassung<br />
auf vor 70. n. Chr. zu datieren und »Babylon die Große«<br />
mit dem abgefallenen Israel zu identifizieren. 6 In scharfem Kontrast<br />
zum Dispensationalismus, der all das für die Zukunft erwartet,<br />
datiert der Präterismus die Erfüllung in der Zeit vor dem<br />
Fall Jerusalems. Das verheerende Gericht ist für Präteristen nicht<br />
das zukünftige zweite Kommen Christi, sondern der Tod und die<br />
Auferstehung seines ersten Kommens auf die Erde. Am Kreuz hat<br />
Christus Satan besiegt. Mit dem Kommen des Königreichs hat Jesus<br />
Christus daher Satan nach und nach gebunden, indem sich das<br />
Evangelium und die Gemeinde weltweit ausbreiten. Für postmillennialistische<br />
Präteristen wird sich dieser Prozess bis zur endgültigen<br />
Christianisierung der Welt fortsetzen. Offenbarung 20,7-10<br />
zufolge wird Satan dann unmittelbar vor dem Ende während einer<br />
kurzen Zeit des Abfalls freigelassen. 7<br />
Diese Sichtweise hat Parallelen zum Amillennialismus: Satan<br />
wird durch Jesu erstes Kommen gebunden, die »erste Auferstehung«<br />
ist nicht die allgemeine leibliche Auferstehung und Offenbarung<br />
20 beschreibt die Gegenwart. Amillennialisten verstehen jedoch<br />
im Allgemeinen »Babylon die Große« nicht als Israel und die<br />
Gerichtskatastrophen der Offenbarung nicht als die Geschehnisse<br />
5 Vgl. David Chilton, The Days of Vengeance (Ft. Worth: Dominion, 1987), S. 485;<br />
B. B. Warfield, »The <strong>Millennium</strong> and the Apocalypse«, in Biblical Doctrines<br />
(Grand Rapids: Baker, 1981), S. 647.<br />
6 Gentry, Before Jerusalem Fell.<br />
7 Chilton, Days of Vengeance, S. 493ff.<br />
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