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ZAP-2020-06

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<strong>ZAP</strong><br />

Kolumne<br />

Kolumne<br />

Causa Deutsche Bank versus Kirch zum letzten Mal – zugleich ein Beispiel<br />

zum Umgang mit „sicheren Indizien“<br />

Der Praktiker muss einmal mehr zur Kenntnis<br />

nehmen, dass die Beweiswürdigung stets so oder<br />

anders ausgehen kann. Ende Oktober 2019 ist das<br />

(strafrechtliche) Revisionsverfahren gegen die<br />

Vertreter der Deutschen Bank zu Ende gegangen<br />

(s. BGH, Urt. v. 31.10.2019 – 1 StR 219/17). Der<br />

1. Strafsenat am BGH behandelte eine Revision<br />

der Staatsanwaltschaft gegen ein freisprechendes<br />

Urteil des LG München I vom 25.4.2016 wegen<br />

Verdachts des versuchten Betrugs. Den Angeklagten<br />

ROLF BREUER, JOSEF ACKERMANN und JÜRGEN<br />

FITSCHEN war zum Vorwurf gemacht worden,<br />

falsche Aussagen im Schadenersatzprozess KIRCH<br />

gegen Deutsche Bank gemacht zu haben, mithin<br />

sich des versuchten Prozessbetrugs schuldig gemacht<br />

zu haben. Die Revision der Staatsanwaltschaft<br />

war erfolglos.<br />

Zur Erinnerung: Am 3.2.2002 hatte BREUER,<br />

damals Vorstandssprecher der Deutschen Bank,<br />

in einem Fernsehinterview die Kreditwürdigkeit<br />

von KIRCHS angeschlagener Firmengruppe angezweifelt,<br />

d.h. auf KIRCH angesprochen, erwiderte<br />

BREUER: „Was alles man darüber lesen und hören<br />

kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf<br />

unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar<br />

Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also<br />

nur Dritte sein, die sich ggf. für eine – wie Sie gesagt<br />

haben – Stützung interessieren.“ KIRCH ging im April<br />

2002 tatsächlich insolvent und machte BREUER<br />

dafür verantwortlich. Der XI. Senat des BGH<br />

hatte dies als Verletzung der aus dem Darlehensvertrag<br />

folgenden Interessenwahrungs-,<br />

Schutz- und Loyalitätspflicht angesehen und<br />

eine Haftung der Deutschen Bank dem Grunde<br />

nach bestätigt (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.20<strong>06</strong> – XI ZR<br />

384/03 Rn 4).<br />

In dem an das OLG München zurückverwiesenen<br />

Verfahren über die Höhe des Schadenersatzes<br />

ging es um die Frage, ob es Ziel des Interviews<br />

gewesen sei, die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe<br />

nachhaltig zu beseitigen, um dann deren Zerschlagung<br />

im eigenen Gewinninteresse der Deutschen<br />

Bank betreiben zu können. Da KIRCH, wie von<br />

BREUER angeblich gewollt und vorhergesehen, aufgrund<br />

von dessen Äußerungen im Interview vom<br />

3.2.2002 keine Eigen- oder Fremdmittel mehr<br />

habe einwerben können, hätten die wesentlichen<br />

Gesellschaften seiner Firmengruppe alsbald Insolvenz<br />

anmelden müssen, sodass BREUER eine Situation<br />

schaffen wollte, deren Auswirkung für die<br />

Kirch-Gruppe und das noch anzubietende Rettungsmandat<br />

der Deutschen Bank (mit Krediten/<br />

Verkäufen) sich umgangssprachlich mit „Friss oder<br />

stirb“ hätte beschreiben lassen.<br />

Mit anderen Worten: KIRCH sollte in eine Situation<br />

gebracht werden, in der ihm niemand mehr einen<br />

Kredit gewähren würde, bis auf die Deutsche Bank,<br />

die die Konditionen dann beliebig hätte festlegen<br />

können. Zum „Beweis“ eines solchen Plans nahm<br />

das OLG München u.a. an, dass es ein Treffen vom<br />

27.1.2002 mit dem damaligen Bundeskanzler gegeben<br />

hatte, bei dem es um die Frage ging, ob der<br />

mögliche Erwerb von Beteiligungen an der Kirch-<br />

Gruppe durch ausländische Investoren verhindert<br />

werden könnte, weiter gab es eine Vorstandssitzung<br />

vom 29.1.2002, bei der der Kirch-Gruppe<br />

ein „Beratungsmandat“ angetragen werden sollte,<br />

sowie um ein persönliches Gespräch zwischen<br />

KIRCH und BREUER vom 9.2.2002, bei dem KIRCH die<br />

Vorteile einer Umstrukturierung mithilfe der Deutschen<br />

Bank versus einer Insolvenz nahegebracht<br />

werden sollten. Nach der Beweiswürdigung des<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 6 18.3.<strong>2020</strong> 279

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