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ZAP-2020-06

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<strong>ZAP</strong><br />

Anwaltsmagazin<br />

gefordert wird, das RVG zu überarbeiten und die<br />

Gebühren anzuheben.<br />

Die Begründung der Petition stützt sich insb. auf<br />

den Umstand, dass Rechtsanwälte auch einkommensschwächeren<br />

Rechtssuchenden den Zugang<br />

zum Recht ermöglichen. Nicht jeder Bürger<br />

sei in der Lage, Anwaltskosten auf Grundlage des<br />

RVG oder gar einer Honorarvereinbarung aufzubringen.<br />

Aus diesem Grund gebe es in Deutschland<br />

für Personen mit geringem Einkommen ein<br />

staatlich finanziertes Hilfesystem aus Beratungsund<br />

Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe, wenn<br />

sie eine Rechtsberatung von einem Anwalt benötigen<br />

oder nicht in der Lage sind, einen Prozess<br />

selbst zu finanzieren bzw. sich gegen die Ansprüche<br />

eines anderen zu verteidigen.<br />

Durch diese vom Staat finanzierte Hilfe solle<br />

garantiert werden, dass keine finanzielle Diskriminierung<br />

im Bereich des Rechtsschutzes erfolge.<br />

Die Vergütung derjenigen Rechtsanwältinnen und<br />

Rechtsanwälte, die i.R.d. sozialstaatlichen Hilfsmaßnahmen<br />

für ihre Mandanten tätig würden,<br />

erfolge nach der Gebührentabelle des RVG. Diese<br />

Gebühren seien im Vergleich zu den individuellen<br />

Honoraren sehr niedrig und stellten viele selbstständige<br />

Anwälte mittlerweile vor ernste finanzielle<br />

Herausforderungen.<br />

Aus diesem Grund wollen die Petenten die Bevölkerung<br />

und die Politik hinsichtlich der Gefahr für<br />

den Rechtsstaat sensibilisieren und das Bewusstsein<br />

für die Garantie des Zugangs zum Recht auch<br />

für Menschen in prekärer Situation schärfen. Die<br />

niedergelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />

würden, so die Petenten, solche Leistungen<br />

zukünftig nicht mehr im notwendigen Umfang<br />

erbringen können, wenn diese nicht das Auskommen<br />

garantieren.<br />

Die Online-Petition wird im Bundestag unter der<br />

Nummer 1<strong>06</strong>904 geführt. Sie kann noch bis zum<br />

26.3.<strong>2020</strong> unter der Internetadresse https://epeti<br />

tionen.bundestag.de/petitionen/_<strong>2020</strong>/_02/_07/Petiti<br />

on_1<strong>06</strong>904.nc.html mitgezeichnet werden.<br />

[Quelle: Bundestag]<br />

Expertenstreit um Pkw-Maut<br />

Vor dem 2. Untersuchungsausschuss im Bundestag<br />

(„Pkw-Maut“) haben Sachverständige Mitte<br />

Januar die Vorgänge rund um die gescheiterte<br />

Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen juristisch<br />

kontrovers beurteilt. In einer öffentlichen<br />

Zeugenvernehmung von Sachverständigen blieb<br />

insb. die Frage strittig, ob das Bundesverkehrsministerium<br />

bereits vor dem Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofs (EuGH) im Juni 2019 (vgl. dazu<br />

<strong>ZAP</strong> EN-Nr. 479/2019) hätte vermuten können,<br />

dass die Pkw-Maut als nicht vereinbar mit dem<br />

europäischen Recht eingeschätzt würde.<br />

Dabei vertrat Prof. Dr. FRIEDEMANN KAINER von der<br />

Universität Mannheim die Ansicht, es hätten gute<br />

Gründe bestanden, die Maut nicht als diskriminierend<br />

einzuschätzen. Der EuGH hatte das Maut-<br />

Gesetz für rechtswidrig erklärt, da es Ausländer<br />

benachteilige. Gemäß dem Gesetz sollten zwar<br />

sowohl in- als auch ausländische Fahrzeughalter<br />

die Maut bezahlen müssen; inländischen Haltern<br />

wäre jedoch im Gegenzug die Kfz-Steuer mindestens<br />

i.H.d. Mautgebühr erlassen worden. KAINER<br />

argumentierte, es sei europarechtlich zwar nicht<br />

zulässig, Ausländer zu diskriminieren. Sehr wohl<br />

erlaubt sei es aber, eine Diskriminierung von<br />

Inländern auszugleichen. KAINER zufolge sind inländische<br />

Fahrzeughalter benachteiligt, da sie –<br />

anders als ausländische – KfZ-Steuer zahlen<br />

müssen.<br />

Dieser Einschätzung widersprach Prof. Dr. FRANZ<br />

C. MAYER von der Universität Bielefeld. In der<br />

Fachwelt habe mit großer Mehrheit die Einschätzung<br />

geherrscht, dass die Pkw-Maut in der<br />

vorgesehenen Form diskriminierend und deshalb<br />

nicht mit dem Europarecht vereinbar sei, betonte<br />

MAYER. Erstaunt zeigte er sich, dass das Verkehrsministerium<br />

keine Lehren aus der gescheiterten<br />

Maut gezogen habe. Der Vorgang, so MAYER,<br />

werfe die Frage nach dem Umgang mit juristischem<br />

Sachverstand bei politischen Entscheidungen<br />

auf.<br />

Ebenfalls zu einem juristischen Expertenstreit<br />

kam es in der zweiten Runde der mehrstündigen<br />

Zeugenvernehmung, die sich mit der Frage<br />

auseinandersetzte, ob das Verkehrsministerium<br />

gegen Haushaltsrecht verstoßen habe. Prof. Dr.<br />

ULRICH HUFELD von der Helmut-Schmidt-Universität/Universität<br />

der Bundeswehr Hamburg<br />

konstatierte dabei eine „Ermächtigungslücke im<br />

Haushalt von mehr als einer Milliarde Euro“. HUFELD<br />

bezog sich auf die Verpflichtungsermächtigung<br />

i.H.v. gut zwei Milliarden Euro, die der Bundestag<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 6 18.3.<strong>2020</strong> 287

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