ZAP-2020-05
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Fach 11 R, Seite 1064<br />
Rechtsprechungsübersicht – 2. Hj. 2019<br />
Rechtsprechung<br />
Kindes der XII. oder der X. Senat zuständig, je nachdem, ob es sich um eine eheliche oder nichteheliche<br />
Lebensgemeinschaft handelt. Beide Senate stimmen darin überein, dass die vom beschenkten Partner<br />
des eigenen Kindes geteilte oder jedenfalls erkannte Vorstellung des Schenkers, eine zugewendete<br />
Immobilie werde vom eigenen Kind und dessen Partner dauerhaft als gemeinschaftliche Wohnung oder<br />
Familienwohnung genutzt, die Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags bilden kann und eine<br />
Rückgewähr in Betracht kommt (vgl. BGH FamRZ 1999, 7<strong>05</strong>; 2010, 958). Unterschiedlich sind die<br />
Auffassungen darüber, unter welchen Voraussetzungen eine volle Rückgewähr geschuldet wird.<br />
Der XII. Senat (vgl. BGH FamRZ 2015, 393; <strong>ZAP</strong> F. 11 R, S. 925) hat entschieden, dass beim Wegfall der<br />
Geschäftsgrundlage noch eine messbare Vermögensmehrung vorhanden sein muss und auf den<br />
Rückgewähranspruch ein Abschlag wegen teilweiser Zweckerreichung zu erfolgen hat. Der X. Senat<br />
(FamRZ 2019, 1595 m. Anm. WEVER = FamRB 2019, 400 m. Hinw. BURGER) hat sich dagegen für die Lösung<br />
„Alles oder Nichts“ ausgesprochen. Entscheidender Gesichtspunkt mag die Verschiedenheit der<br />
eingegangenen Lebensbeziehung und die daran geknüpfte Erwartung sein.<br />
Der BGH erläutert, dass wie bei jedem Vertrag dem Schenkungsvertrag Umstände oder Vorstellungen<br />
vom Bestand oder künftigen Eintritt solcher Umstände zugrunde liegen können, die nicht zum Vertragsinhalt<br />
erhoben werden, auf denen der Geschäftswille gleichwohl aufbaut und deren schwerwiegende<br />
Veränderungen einen Anspruch auf Anpassung oder gar das Recht erfordern können, sich<br />
vom Vertrag zu lösen. Bei der Prüfung, was Geschäftsgrundlage ist, gilt es zu beachten, dass der<br />
Schenkungsvertrag keinen Austauschvertrag mit Leistung und Gegenleistung darstellt. Die Leistung<br />
des Schenkers ist mit der Übergabe erbracht, die Dankesschuld des Beschenkten dauert jedoch an. Je<br />
mehr der zugewendete Gegenstand nach seiner Art und seinem Wert geeignet ist, die künftige<br />
Lebensgestaltung des Beschenkten zu beeinflussen, desto eher wird der Schenker typischerweise<br />
Vorstellungen über diese Lebensgestaltung hegen. Ein Grunderwerb ist regelmäßig auf Dauer ausgelegt.<br />
So ist auch anzunehmen, dass der Schenker einer Immobilie damit regelmäßig die Vorstellung verbindet,<br />
dass das Grundstück dem Beschenkten zumindest für einen längeren Zeitraum zur Verfügung steht.<br />
Nach Auffassung des X. Senats ist bei der Annahme, dass Vorstellungen dieser Art Grundlage des Vertrags<br />
geworden sind, Zurückhaltung geboten. Da die Schenkung kein Dauerverhältnis begründet, reicht für<br />
einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht aus, dass die (nichteheliche) Lebensgemeinschaft nicht bis<br />
zum Tode eines der Partner Bestand hat. Hat jedoch die gemeinsame Nutzung der Immobilie entgegen<br />
der mit der Schenkung verbundenen Erwartung nur kurze Zeit angedauert, kommt regelmäßig ein Wegfall<br />
der Geschäftsgrundlage in Betracht. Dies hat der X. Senat im entschiedenen Fall angenommen, in dem sich<br />
das Kind und sein Partner weniger als zwei Jahre nach der Schenkung getrennt haben.<br />
In diesem Fall ist nach Auffassung des Senats der Schenker i.d.R. berechtigt, vom Schenkungsvertrag<br />
zurückzutreten und das gesamte Geschenk oder dessen Wert zurückzufordern.<br />
2. Ehebezogene Zuwendung mit Rücktrittsklausel<br />
Das OLG Stuttgart (FamRZ 2019, 1925) stellt klar, dass im Regelfall eine Rücktrittsklausel in einer<br />
Vereinbarung zwischen künftigen Ehegatten über die Zuwendung des hälftigen Miteigentums an einem<br />
Grundstück für den Fall des Scheiterns der Ehe nicht sittenwidrig ist. Dies gilt auch dann, wenn bereits<br />
bei der Zuwendung geplant war, das Grundstück zu bebauen und deshalb mit einer erheblichen<br />
Wertsteigerung zu rechnen war. Das OLG folgt in seiner Begründung der „Kernbereichslehre“ des BGH<br />
(FamRZ 2004, 601). Es handelt sich bei der Hingabe nicht um eine Schenkung nach § 516 BGB, die nur<br />
gegeben ist, wenn die Zuwendung unentgeltlich zur freien Verfügbarkeit des Empfängers geleistet wird,<br />
sondern um eine ehebezogene Zuwendung. Die Wertsteigerung des Grundstücks durch den Hausbau<br />
kann nicht Gegenstand eines Verwendungsersatzanspruchs des Rücktrittsgegners nach §§ 347 Abs. 2,<br />
994 Abs. 1 BGB sein. Verwendungen sind nur Vermögensaufwendungen, die der Sache zugutekommen,<br />
indem sie ihrer Wiederherstellung, Erhaltung oder Verbesserung dienen, nicht aber Zustandsveränderungen,<br />
etwa durch Bebauung (vgl. BGH NJW 2001, 3118).<br />
264 <strong>ZAP</strong> Nr. 5 4.3.<strong>2020</strong>