ZAP-2020-05
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Fach 11 R, Seite 1<strong>05</strong>8<br />
Rechtsprechungsübersicht – 2. Hj. 2019<br />
Rechtsprechung<br />
II.<br />
Kindesunterhalt<br />
1. Abgrenzung von erweitertem Umgang und Wechselmodell<br />
Nur bei einem „strikten“ Wechselmodell haften die Eltern für den Unterhalt des Kindes quotal nach<br />
ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Bei einem erweiterten Umgang bleibt es nach der<br />
Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2015, 236; 2014, 917) bei einer Verteilung des Unterhaltshaftung<br />
entsprechend § 1606 Abs. 3 BGB. Ein paritätisches Wechselmodell besteht erst dann, wenn jeder<br />
Elternteil etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt.<br />
Das KG (FamRZ 2019, 1321 m. Anm. BORTH = MDR 2019, 812 = NJW 2019, 2036 m. Anm. RUETTEN = FamRB<br />
2019, 472 m. Hinw. LICENI-KIERSTEIN) folgt dieser Rechtsprechung und betont, dass eine paritätische<br />
Betreuung auch die hälftige Aufteilung aller organisatorischen Dinge umfasst. Für die Beurteilung kann<br />
als wertendes Element die tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis herangezogen werden.<br />
Bei einer Betreuung durch beide Elternteile im Verhältnis von 45 % zu 55 % kann von einem unterhaltsrechtlichen<br />
paritätischen Wechselmodell noch keine Rede sein.<br />
Hinweis:<br />
Dem Umstand, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil beim erweiterten Umgang einen Teil des<br />
Barbedarfs durch Naturalleistungen erfüllt, auch regelmäßig Bekleidung kauft und Reisen finanziert,<br />
kann bei der Ermittlung der Quote zur Deckung des Gesamtbedarfs Rechnung getragen werden.<br />
2. Bedarf<br />
a) Konkrete Berechnung<br />
Das KG (FuR 2019, 708 bearb. v. VIEFHUES = FamRB 2019, 383 m. Hinw. LICENI-KIERSTEIN) weist darauf hin,<br />
dass der Grundbedarf eines minderjährigen Kindes regelmäßig bereits durch die Ansätze der<br />
„Düsseldorfer Tabelle“ abgedeckt wird. Auch bei hohen Einkommensverhältnissen der Eltern und einem<br />
sich hieraus ergebenden gehobenen Lebensbedarf dient der Unterhalt der Bedarfsbefriedigung, nicht<br />
aber der Teilnahme am Luxus. Wird ein den Höchstansatz der Tabelle übersteigender Unterhalt auf der<br />
Grundlage einer konkreten Bedarfsberechnung gefordert, sind etwaige kostenintensive Bedürfnisse<br />
aufzuzeigen und ist darzulegen, welche Mittel zu deren Deckung notwendig sind.<br />
b) Kosten einer Internatsunterbringung<br />
Nach Auffassung des OLG Karlsruhe (FamRZ 2019, 1859 = <strong>ZAP</strong> F. 1, S. 122, EN-Nr. 463/2019) hat der<br />
unterhaltspflichtige Elternteil nur dann für den schulischen Mehrbedarf eines Kindes aufzukommen,<br />
wenn dieser als berechtigt anerkannt werden kann. Trotz der generellen Bindung an die Entscheidung<br />
des sorgeberechtigten Elternteils hinsichtlich der schulischen Ausbildung ist sie unterhaltsrechtlich<br />
nur anzuerkennen, wenn die daraus folgende Belastung angemessen ist. Bei den zum angemessenen<br />
Unterhalt gehörenden Nebenkosten, die bei einer Internatsunterbringung anfallen (Lehrmittel,<br />
Ausflüge, Bastelbedarf sowie Materialien für eine Therapie), handelt es sich nicht um Sonderbedarf,<br />
sondern um Mehrkosten des Elementarunterhalts, da sie voraussehbar und regelmäßig anfallen. Sie<br />
können daher bei einem bestehenden Unterhaltsurteil nicht mit einer Zusatzklage, sondern nur mit<br />
einer Abänderungsklage geltend gemacht werden.<br />
3. Beschränkte Leistungsfähigkeit<br />
a) Klarstellende Hinweise des BGH<br />
Zum Kindesunterhalt bei beschränkter Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen hat der BGH<br />
(FamRZ 2019, 1415 = MDR 2019, 1063 = FamRB 2019, 337 m. Hinw. LICENI-KIERSTEIN) klarstellende Hinweise<br />
zu einigen Fragen gegeben:<br />
258 <strong>ZAP</strong> Nr. 5 4.3.<strong>2020</strong>