ZAP-2020-05

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Fach 1, Seite 26 Rechtsprechung 2020 Vergleichswohnungen überprüfen kann, steht der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht entgegen. Die Angabe von Vergleichswohnungen in einem Mieterhöhungsverlangen dient nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen. Sie soll vielmehr den Mieter lediglich in die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und ggf. mittels weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen. ZAP EN-Nr. 92/2020 Bauvertragsrecht Planerische Architektenleistungen: Wertsteigerung des Grundstücks (OLG Celle, Urt. v. 6.2.2020 – 14 U 160/19) • Zur Verkörperung der planerischen Leistungen des Architekten in einem Bauwerk ist es erforderlich, dass mit der Bauausführung (Errichtung des Bauwerks) begonnen wurde. Notwendige Vorbereitungshandlungen für die geplante Bebauung stellen keine Bauausführungen dar. Zu Vorbereitungshandlungen gehört auch die Eintragung von Baulasten, um die Erschließung des Grundstücks öffentlich-rechtlich zu sichern, um eine Baugenehmigung beantragen zu können. Hinweis: Streitig war die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek. Als ungeschriebene Voraussetzung tritt in diesem Zusammenhang gem. § 650e BGB hinzu, dass ein Unternehmer/Architekt eine Bauhandwerkersicherungshypothek grds. nur verlangen kann, wenn er durch seine sich im Bauwerk verkörpernde Leistung eine Wertsteigerung des Grundstücks herbeigeführt hat. ZAP EN-Nr. 93/2020 Bank- und Kreditwesen Zinssatz für Überziehungskredit: Anforderungen an die Hervorhebung (OLG Frankfurt, Urt. v. 21.11.2019 – 6 U 146/18) • Der Anforderung des – als verbraucherschützende Norm (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. e UKlaG) einzustufenden – Art. 247a § 2 Abs. 2 EGBGB, wonach der Sollzinssatz für Überziehungskredite „in auffallender Weise“ anzugeben ist, wird nicht bereits dadurch genügt, dass der Zinssatz nicht in einer Fußnote oder im Kleingedruckten „versteckt“ wird; der Zinssatz muss vielmehr deutlich hervorgehoben werden. Hinweis: Dies hat das OLG im Streitfall verneint. ZAP EN-Nr. 94/2020 Straßenverkehrsrecht Fahrzeuganhänger: Brand „bei dem Betrieb“ (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.1.2020 – 14 U 108/19) • Ein von einem Fahrzeuganhänger ausgehender Brand, der auf fremdes Eigentum übergreift, kann „bei dem Betrieb“ i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG entstanden sein, wenn ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Defekt einer Betriebseinrichtung des Anhängers besteht. Eine Betriebseinrichtung des Anhängers liegt nur dann vor, wenn es sich um eine zur technischen Ausrüstung des Fahrzeugs gehörende, konstruktiv mit diesem verbundene Anlage handelt. Wenn Geräte i.R.d. Nutzung eines Kfz oder Anhängers zu Wohnzwecken eingebracht werden, stellen diese keine Betriebseinrichtungen dar. Wenn ein Brand von einem Wohnanhänger ausgeht, der vom Straßenverkehr abgemeldet wurde und dauerhaft nur noch als Unterkunft genutzt wird, handelt es sich nicht um eine Auswirkung der Gefahren, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn des § 7 Abs. 1 StVG geschützt werden soll. ZAP EN-Nr. 95/2020 Fahren ohne Fahrerlaubnis: (Ausländischer) Ersatzführerschein (OLG Celle, Beschl. v. 12.12.2019 – 2 Ss 138/19) • Der in einem EU-Mitgliedsstaat aufgrund einer Verlustoder Diebstahlsanzeige nach Art. 11 Abs. 5 der 3. FS-RL ausgestellte Ersatzführerschein ist – anders als der im Wege des Umtauschs einer in Deutschland erteilten Fahrerlaubnis erteilte Führerschein eines anderen EU-Mitgliedstaats nach Art. 11 Abs. 2 der 3. FS-RL – nicht als „neue“ Fahrerlaubnis anzusehen (Anschluss an OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.1.2016 – 1 Ss 106/15, juris). Dies gilt auch dann, wenn der Ersatzführerschein erstmals eine Befristung nach Art. 7 Abs. 2a der 3. FS-RL enthält. Ist einem Verurteilten in Deutschland die von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB rechtskräftig entzogen, zugleich eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 StGB angeordnet und dem Verurteilten nach Ablauf der Sperrfrist das Recht zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr in Deutschland nicht wieder erteilt worden, berechtigt ein für die entzogene Fahrerlaubnis von 242 ZAP Nr. 5 4.3.2020

Rechtsprechung 2020 Fach 1, Seite 27 dem EU-Mitgliedstaat nach Art. 11 Abs. 5 3. FS-RL ausgestellter Ersatzführerschein nicht zur Teilnahme am öffentlichen Verkehr in Deutschland, § 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Nr. 3 FeV. ZAP EN-Nr. 96/2020 Versicherungsrecht Lebensversicherungsvertrag: Rückabwicklung (OLG Dresden, Beschl. v. 16.12.2019 – 4 U 2238/19) • Eine Schätzung der Nutzungszinsen bei der Rückabwicklung eines unwirksamen Lebensversicherungsvertrags setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer hierfür tragfähige Anhaltspunkte unter Bezug auf die Ertragslage des Versicherers behauptet. Ein Privatgutachten, dem ein rechnerisch unzutreffender Prämienbetrag zugrunde liegt und das zudem Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil mithilfe einer Bilanzrendite ermittelt, ist als Grundlage hierfür untauglich. Hinweis: Die Schätzung der Höhe des Nutzungszinsanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Zinsbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat. ZAP EN-Nr. 97/2020 Familienrecht Versorgungsausgleich: Keine dynamische Tenorierung einer Kürzungsaussetzung (OLG Bremen, Beschl. v. 26.11.2019 – 5 UF 43/19) • Eine nach § 33 Abs. 1 VersAusglG anzuordnende Aussetzung der Kürzung des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person kann nicht dynamisch tenoriert werden, sondern muss in Form eines konkreten Rentenbetrags ausgesprochen werden. Im Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die geschiedenen Ehegatten zu gleichen Teilen an den gerichtlichen Kosten zu beteiligen und keine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen. ZAP EN-Nr. 98/2020 Nachlass-/Erbrecht Testierfähigkeit: Beurteilung durch Fachärzte für Psychiatrie (OLG München, Beschl. v. 14.1.2020 – 31 Wx 466/19) • Die Beurteilung der Testierfähigkeit des Erblassers im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist grds. Fachärzten für Psychiatrie vorbehalten (st. Rspr., im Anschluss an BayObLG FamRZ 1985, 742). Die Auswahl eines ungeeigneten Sachverständigen stellt regelmäßig einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs erheblich beeinträchtigt. Das Beschwerdegericht kann die Entscheidung und das ihr zugrunde liegende Verfahren aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückgeben, wenn andernfalls das Beschwerdegericht eine umfangreiche Beweisaufnahme durchführen müsste. Hinweis: Zwar handelt es sich bei der Frage der Testierfähigkeit um eine juristische Frage, gleichwohl bedürfen die Gerichte zu ihrer Beantwortung sachverständiger Hilfe. ZAP EN-Nr. 99/2020 Zivilprozessrecht Gehörsverletzung: Entscheidung vor Ende einer Stellungnahmefrist (BGH, Beschl. v. 19.11.2019 – VI ZR 215/19) • Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Gericht eine dem Beteiligten selbst gesetzte Frist zur Äußerung mit seiner Entscheidung nicht abwartet (vgl. Senatsbeschl. v. 15.5.2018 – VI ZR 287/17, VersR 2018, 935 Rn 8; BVerfGE 12, 110, 113). ZAP EN-Nr. 100/2020 Besorgnis der Befangenheit: Verhandlung nach Terminsaufhebung mit nur einem Beteiligten (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.12.2019 – 5 WF 190/19) • Ein Richter, der in einem Scheidungsverfahren trotz erfolgter Terminsaufhebung einen dennoch erschienenen Beteiligten unter Abwesenheit des anderen sowie der Verfahrensbevollmächtigten beider Seiten nach § 128 Abs. 1 FamFG anhört sowie zur Folgesache Versorgungsausgleich mit dem erschienenen Beteiligten verhandelt, kann mit Erfolg wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Hinweis: Das Bemerkenswerte an dieser eindeutigen und in jeder ZAP Nr. 5 4.3.2020 243

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Vergleichswohnungen überprüfen kann, steht der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht<br />

entgegen. Die Angabe von Vergleichswohnungen in einem Mieterhöhungsverlangen dient nicht dazu,<br />

bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen. Sie soll vielmehr den Mieter lediglich in<br />

die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und ggf. mittels<br />

weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 92/<strong>2020</strong><br />

Bauvertragsrecht<br />

Planerische Architektenleistungen: Wertsteigerung des Grundstücks<br />

(OLG Celle, Urt. v. 6.2.<strong>2020</strong> – 14 U 160/19) • Zur Verkörperung der planerischen Leistungen des Architekten<br />

in einem Bauwerk ist es erforderlich, dass mit der Bauausführung (Errichtung des Bauwerks) begonnen<br />

wurde. Notwendige Vorbereitungshandlungen für die geplante Bebauung stellen keine Bauausführungen<br />

dar. Zu Vorbereitungshandlungen gehört auch die Eintragung von Baulasten, um die Erschließung des<br />

Grundstücks öffentlich-rechtlich zu sichern, um eine Baugenehmigung beantragen zu können. Hinweis:<br />

Streitig war die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung einer<br />

Bauhandwerkersicherungshypothek. Als ungeschriebene Voraussetzung tritt in diesem Zusammenhang<br />

gem. § 650e BGB hinzu, dass ein Unternehmer/Architekt eine Bauhandwerkersicherungshypothek grds.<br />

nur verlangen kann, wenn er durch seine sich im Bauwerk verkörpernde Leistung eine Wertsteigerung des<br />

Grundstücks herbeigeführt hat. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 93/<strong>2020</strong><br />

Bank- und Kreditwesen<br />

Zinssatz für Überziehungskredit: Anforderungen an die Hervorhebung<br />

(OLG Frankfurt, Urt. v. 21.11.2019 – 6 U 146/18) • Der Anforderung des – als verbraucherschützende Norm (§ 2<br />

Abs. 2 Nr. 1 lit. e UKlaG) einzustufenden – Art. 247a § 2 Abs. 2 EGBGB, wonach der Sollzinssatz für<br />

Überziehungskredite „in auffallender Weise“ anzugeben ist, wird nicht bereits dadurch genügt, dass der<br />

Zinssatz nicht in einer Fußnote oder im Kleingedruckten „versteckt“ wird; der Zinssatz muss vielmehr<br />

deutlich hervorgehoben werden. Hinweis: Dies hat das OLG im Streitfall verneint.<br />

<strong>ZAP</strong> EN-Nr. 94/<strong>2020</strong><br />

Straßenverkehrsrecht<br />

Fahrzeuganhänger: Brand „bei dem Betrieb“<br />

(OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.1.<strong>2020</strong> – 14 U 108/19) • Ein von einem Fahrzeuganhänger ausgehender<br />

Brand, der auf fremdes Eigentum übergreift, kann „bei dem Betrieb“ i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG entstanden sein,<br />

wenn ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Defekt einer Betriebseinrichtung des<br />

Anhängers besteht. Eine Betriebseinrichtung des Anhängers liegt nur dann vor, wenn es sich um eine<br />

zur technischen Ausrüstung des Fahrzeugs gehörende, konstruktiv mit diesem verbundene Anlage<br />

handelt. Wenn Geräte i.R.d. Nutzung eines Kfz oder Anhängers zu Wohnzwecken eingebracht werden,<br />

stellen diese keine Betriebseinrichtungen dar. Wenn ein Brand von einem Wohnanhänger ausgeht, der<br />

vom Straßenverkehr abgemeldet wurde und dauerhaft nur noch als Unterkunft genutzt wird, handelt es<br />

sich nicht um eine Auswirkung der Gefahren, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn des § 7<br />

Abs. 1 StVG geschützt werden soll. <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 95/<strong>2020</strong><br />

Fahren ohne Fahrerlaubnis: (Ausländischer) Ersatzführerschein<br />

(OLG Celle, Beschl. v. 12.12.2019 – 2 Ss 138/19) • Der in einem EU-Mitgliedsstaat aufgrund einer Verlustoder<br />

Diebstahlsanzeige nach Art. 11 Abs. 5 der 3. FS-RL ausgestellte Ersatzführerschein ist – anders als der<br />

im Wege des Umtauschs einer in Deutschland erteilten Fahrerlaubnis erteilte Führerschein eines anderen<br />

EU-Mitgliedstaats nach Art. 11 Abs. 2 der 3. FS-RL – nicht als „neue“ Fahrerlaubnis anzusehen (Anschluss an<br />

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.1.2016 – 1 Ss 106/15, juris). Dies gilt auch dann, wenn der Ersatzführerschein<br />

erstmals eine Befristung nach Art. 7 Abs. 2a der 3. FS-RL enthält. Ist einem Verurteilten in Deutschland die<br />

von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB rechtskräftig<br />

entzogen, zugleich eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 StGB<br />

angeordnet und dem Verurteilten nach Ablauf der Sperrfrist das Recht zur Teilnahme am öffentlichen<br />

Verkehr in Deutschland nicht wieder erteilt worden, berechtigt ein für die entzogene Fahrerlaubnis von<br />

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