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Evang.-luth. Kirchengemeinde Roth - Gemeindebrief März 2020 bis Mai 2020

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AN(GE)DACHT

Dietrich Bonhoeffer

Das holländische Wort für Aufmerksamkeit ist

Aandacht. Wenn wir Andachten feiern, sind wir

eingeladen, aufmerksam zu sein. Mir gefällt

deshalb auch das Wort ‚Andacht‘, weil es meine

Aufmerksamkeit von mir weg lenkt, auf das Wort

Gottes, auf Gott hin. Weil darin auch die

Anbetung Gottes enthalten ist, weil ich mich in

der Andacht zu Gott hin ausstrecke. Aufmerksam

sein für Gott, der in seinem Geist zu uns kommt –

all das steckt für mich in diesem schönen alten

Wort Andacht. Feiern wir eine Andacht gemeinsam,

geben wir Gott und der Bibel Raum.

Oder auch Menschen, die uns berühren und uns

etwas zu sagen haben.

Dietrich Bonhoeffer, an dessen 75. Todestag wir

uns am 9. April erinnern, richtete seine

Aufmerksamkeit immer und zuerst auf das Wort

Gottes in der Bibel. 1939 konnte er mit einem

Visum nach Amerika ausreisen. Aber dort war er

unglücklich, obwohl er in Freiheit hätte leben

können, ohne Angst vor den Nazis. Jeden Tag las

er in den Losungen der Bibel. Und er las sie nicht

in historisch-kritischer Distanz, sondern wie ein

einfacher Christ, der sich das Wort der Bibel

direkt und ohne Umwege gesagt sein lässt.

Am 16. Juni 1939 wird er aufmerksam auf ein

Wort aus der Offenbarung des Johannes (3,11):

Siehe, ich komme bald. Und verzweifelt schreibt

er dazu: Es ist kaum auszuhalten. Ich werde wohl

nicht lange bleiben. Denn er hatte das Gefühl,

dass er seine Freunde in Deutschland im Stich

lässt, die gegen den großen Hitler und die vielen

kleinen Hitlers Tag für Tag für ein anderes

Deutschland kämpften. Er sehnt sich nach den

Briefen der Freunde, was sie ihm aus Deutschland

berichten können.

Am 24. Juni 1939 schreibt er in sein Tagebuch:

Endlich Post. Das ist eine große Befreiung. Aber

es ist mir auch wieder ganz klar, dass ich in die

Arbeit zurück muss. – Die Zeitungen sind heute

wieder hässlich. Losungen: ‚Wer glaubt, der

flieht nicht!‘ (Jesaja 28,16). Ich denke an die

Arbeit zu Haus. Morgen ist Sonntag.

Einige Tage später notiert er: Heute las ich

zufällig aus 2. Tim. 4: ‚Komme noch vor dem

Winter‘ – die Bitte des Paulus an Timotheus (….)

es könnte sonst zu spät sein. Das geht mir den

ganzen Tag nach.

Am 9. Juli 1939 hält er im Tagebuch seiner

Rückreise per Schiff fest: Seit ich auf dem Schiff

bin, hat die innere Entzweiung über die Zukunft

aufgehört.

Bonhoeffer ahnte, dass der Widerstand gegen die

Nazis am Ende niemanden ungeschoren lassen

wird. So kam es auch für ihn: 1942 wird er

verhaftet. In der Nacht vom 8. auf den 9. April

1945 tritt in der Oberpfalz im KZ Flossenbürg ein

Standgericht zusammen und verurteilt ihn (als

einen der etwa 100 persönlichen Gefangenen

Adolf Hitlers) zum Tod.

An diesen Menschen wollen wir im März mit

vielen Veranstaltungen erinnern, für den auch das

Wort Jesu gilt: „Niemand hat größere Liebe denn

die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“

(Joh. 15,13)

Pfarrer Eberhard Hadem

Foto: Martin Mißfeldt,

Deutsche Stamps.org

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