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Gedenkschrift Stolpersteine Heidelsheim und Helmsheim 11.02.2020

Gedenkschrift zur sechsten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 11. Februar 2020. Mit einer Kurzfassung des Inhalts in polnischer Sprache

Gedenkschrift zur sechsten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 11. Februar 2020. Mit einer Kurzfassung des Inhalts in polnischer Sprache

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Gedenkschrift

zur sechsten

Stolpersteinverlegung

in Bruchsal

am 11.2.2020

Stolpersteine

in Bruchsal

Stadtteile

Heidelsheim

und Helmsheim


Inhaltsverzeichnis

1 Grußwort der Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick

3 Stolpersteine in Heidelsheim

4 Kleine Geschichte der Juden in Heidelsheim Steffen Maisch

4 Vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert

4 Vom 18. Jahrhundert bis 1933

6 Krisen und Konflikte im Zusammenleben

6 Auswanderung und berühmte Heidelsheimer Juden

8 Von 1933 bis 1942

9 Ida und Emanuel Maier Steffen Maisch

17 Stammbaum Familie Moritz Maier Florian Jung

18 Stammbaum Familie Salomon Ledermann Florian Jung

21 Stolpersteine in Helmsheim

22 Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus Monika Czolk

23 Zwangsarbeiter aus Polen Monika Czolk

25 Das Schicksal von Josef Makuch und Hilda Eissler Monika Czolk

Bemerkung:

Eine wichtige Grundlage für den Textbeitrag zu

Josef Makuch und Hilde Eissler waren die von

Bernhard Schührer geleisteten Vorarbeiten und

die zur Verfügung gestellten Dokumente sowie

der Beitrag von Alexandra Nohl und Thomas

Adam in der Helmsheimer Ortsgeschichte.

Die Druckkosten dieser

Broschüre wurden dankenswerterweise

von der

BürgerStiftung Bruchsal

übernommen.


Grußwort

der Oberbürgermeisterin

zur sechsten Stolperstein-Broschüre, Verlegung am 11. Februar 2020

Mittlerweile rund siebzig Stolpersteine wurden seit 2015 zum

Gedenken an NS-Opfer in der Kernstadt Bruchsal verlegt.

Nun erinnern erstmals vier dieser kleinen Gedenktafeln auch

in den Stadtteilen Heidelsheim und Helmsheim an Menschen,

die während der Unrechtsherrschaft der Nationalsozialisten

verfemt, vertrieben und ermordet wurden: An das jüdische

Ehepaar Emanuel und Ida Maier aus Heidelsheim – er fand

den Tod 1941 in Perpignan, sie 1942 im Lager Izbica –, an den

in Helmsheim wegen „Rassenschande“ hingerichteten polnischen

Zwangsarbeiter Josef Makuch sowie an Hilda Eissler, die

in das Frauen-KZ Ravensbrück verschleppte Mutter eines gemeinsamen

Kindes.

Immer wieder rufen uns Stolpersteine beim Vorbeigehen und

kurzen Verweilen, beim Lesen dieser knappen Informationen

über das Schicksal verfolgter und ermordeter Menschen ein besonders dunkles Kapitel in der

Geschichte unserer Stadt, Deutschlands und Europas in Erinnerung.

Und gerade mit dieser Stolpersteinverlegung am 11. Februar 2020 wird noch einmal unser

Bewusstsein geschärft für die große Zahl an Opfern und an Opfergruppen, die durch das NS-

Regime diskriminiert und getötet wurden. Überwiegend hatten Menschen jüdischen Glaubens

unter Hetze und Willkür zu leiden, doch auch körperliche und psychische Beeinträchtigungen

sowie oppositionelle politische Überzeugungen brachten Unzähligen einen gewaltsamen Tod.

Mit dem Zwangsarbeiter Josef Makuch und der Helmsheimerin Hilda Eissler begegnen wir nun

weiteren Schicksalen von Menschen, deren Leben durch die intolerante Gesinnung der Nationalsozialisten

zerstört wurde.

Einmal mehr gilt mein Dank allen an der Vorbereitung dieser Aktion Beteiligten, den Spendern,

Organisatoren und Ideengebern, namentlich der BürgerStiftung Bruchsal und der Bruchsaler

Friedensinitiative. Monika und Dr. Rüdiger Czolk, Florian Jung, Steffen Maisch, Bernhard

Schührer, Inge Schmidt und Rolf Schmitt haben gemeinsam mit Thomas Adam vom Hauptamt

der Stadt Bruchsal diese sechste Stolperstein-Verlegung organisiert. Sie ist damit einmal mehr

das Ergebnis einer intensiven Form der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte und stärkt

das bürgerschaftliche Bewusstsein für Ungerechtigkeit und Diskriminierung in der Gegenwart.

Cornelia Petzold-Schick

1



Gedenkschrift

zur sechsten

Stolpersteinverlegung

in Bruchsal

am 11.2.2020

Stolpersteine

in Bruchsal

Stadtteil

Heidelsheim


Kleine Geschichte

der Juden in Heidelsheim

Die Geschichte der Heidelsheimer Juden umfasst über 700 Jahre und reicht bis ins späte

Mittelalter 1 zurück. Das erste erhaltene Dokument, welches jüdisches Leben in Heidelsheim

belegt, stammt aus dem späten 14. Jahrhundert, das jüngste, welches das Ende jüdischen Lebens

in Heidelsheim dokumentiert, ist die Deportationsmeldung, die Bürgermeister Albert

Jäger am 24. April 1942 unterschrieben hat. Damals wurden Ida Maier und ihre Enkelin, die

10-jährige Beatrice Stengel, nach Bruchsal abgeholt und von dort nach Izbica abtransportiert.

2

Vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert

In den ersten Jahrhunderten gibt es nur vereinzelte Zeugnisse

über jüdisches Leben in Heidelsheim, eine durchgängige

Besiedlung ist eher unwahrscheinlich. Ein erstes

auf jüdische Einwohner verweisendes Gebäude ist das im

16. Jahrhundert errichtete Judentor, das 1844 abgerissen

wurde. Ab dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts kann

von einer dauerhaften Ansiedlung von Juden in Heidelsheim

ausgegangen werden. Aber auch damals gab es nur

einzelne jüdische Familien im Ort. Vermutlich hatten sie

in der Judengasse ihre Wohnungen, die Belege hierzu sind

spärlich, doch es erscheint wahrscheinlich, da sich dort

auch das schon erwähnte Judentor befand. Einen abgegrenzten

jüdischen Wohnbezirk gab es aber in Heidelsheim

nicht. Auch in späteren Zeiten lebten die jüdischen

Einwohner verteilt im Ort, wobei sich viele Häuser der

Juden am Marktplatz befanden.

Vom 18. Jahrhundert bis 1933

Die eigentliche jüdische Geschichte in Heidelsheim beginnt

am Ende des 18. Jahrhunderts, als immer mehr

jüdische Familien nach Heidelsheim kamen. So gab es

1771 schon elf jüdische Familien, das entsprach nach

einer Aufzeichnung von 1775 einer Gesamtzahl von

60 Personen, damals knapp 5% der Heidelsheimer Bevölkerung.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die jüdische Einwohnerschaft

weiter zu. Kurz vor der Jahrhundertmitte, die Zahlen stammen von 1839, stellten sie mit

192 Personen immerhin 8,5% der Heidelsheimer. Die Bürger jüdischen Glaubens waren

überwiegend im Handel tätig, aber auch in den verschiedensten handwerklichen Berufen,

wie Metzger, Bäcker und ähnlichem. Diese waren für die Versorgung mit koscheren Lebensmitteln

vor Ort notwendig, ansonsten war den Juden das Ergreifen handwerklicher

1

Als Spätmittelalter wird der Zeitraum der europäischen Geschichte von der Mitte des 13. bis zum Ende des

15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts bezeichnet (ca. 1250 bis 1500).

2

Genaueres zu Izbica siehe Seite 13.

4

In einem Haus in der Judengasse befindet

sich noch heute an der Tür zum

Keller eine Mesusa (wörtlich übersetzt

„Türpfosten“), ein kleiner metallener

Behälter, der innen einen hebräisch

geschriebenen Text aus der Thora enthält.

Dieser ist auf der nächsten Seite

abgedruckt. (Foto: Klaus Kemmet)


Haus in der Judengasse, in dem sich die Mesusa erhalten

hat. (Foto: Klaus Kemmet)

5

Der hebräische Text ist aus dem Buch Deutoronomium

6,4-9. (Foto: privat)

Berufe verboten. Gleichzeitig zeigen die erhaltenen Auflistungen, dass viele Mitglieder der

Heidelsheimer jüdischen Gemeinde mit ökonomischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten.

Es gab zwar auch so etwas wie einen gehobenen Mittelstand – zu dem beispielsweise

die Familie Carlebach zählte – aber eben auch eine größere Anzahl von Juden, die vom

sogenannten Nothandel lebten. Diese Form des Handels war, wie der Namen schon sagt,

ein Trödelhandel. Dieser wurde von Seiten der Regierung immer wieder bekämpft, stellte

aber aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse vieler Juden für diese die einzige Überlebensmöglichkeit

dar. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die meisten Heidelsheimer

Juden zunächst nur als Schutzbürger geduldet, das heißt sie mussten dem Landesherrn, im

Falle Heidelsheims dem kurpfälzischen Kurfürsten, später dann dem badischen Großherzog

entsprechende Schutzgelder bezahlen. 3 Im Zuge der Konstitutionsedikte im Großherzogtum

Baden ab 1807 veränderte sich die Situation zunehmend. Immer mehr Juden wurden

aus dem Schutzbürgerstatus entlassen und erhielten ein volles Bürgerrecht. Voraussetzung

hierfür war jedoch eine gesicherte ökonomische Situation.

Die gestiegene Mitgliederzahl der Gemeinde brachte es natürlich auch mit sich, dass sich

im 19. Jahrhundert ein eigenes Gemeindeleben mit Gebäuden und Ämtern entwickelte. So

wurde auf dem Kanzelberg eine Synagoge gebaut, die 1856 erneuert wurde und heute noch

als Gebäude erhalten ist, eine jüdische Schule, zuerst in der Zehntgasse, dann in der Markgrafenstraße

und eine jüdische Gastwirtschaft vor dem Stadttor.

Neben den Gebäuden, die Zeichen einer jüdischen Präsenz waren, gab es natürlich auch

verschiedene Ämter in der jüdischen Gemeinde. Zunächst waren nur jüdische Privatlehrer

angestellt, mit wachsender Kinderzahl entwickelte sich auch ein jüdisches Schulwesen

mit einem eigenen Lehrer. Hier ist vor allem Leopold Scheuer zu nennen, der lange Jahre

bis zur Auflösung der Konfessionsschulen in Baden Lehrer der jüdischen Kinder war.

Auch gab es mindestens seit 1810 einen eigenen Synagogenrat, der für die Geschicke der

Heidelsheimer Juden verantwortlich war und den Kontakt zur politischen Gemeinde

(Bürgermeister, Schulbehörde) herstellte. Hier ist die schon erwähnte Familie Carlebach

besonders prominent vertreten. Jeweils drei Generationen dieser angesehenen und mittlerweile

weltweit bekannten Heidelsheimer Familie jüdischen Glaubens – Emanuel Carlebach,

sein Sohn Joseph Hirsch Carlebach und wieder dessen Sohn Heinrich Carlebach – waren immer

wieder im Synagogenrat, bzw. standen diesem vor, waren also so etwas wie die Vertreter

der Heidelsheimer Juden. Natürlich gab es auch einen Vorsänger, der für den Gottesdienst

3

Dies basierte auf dem sogenannten Judenregal, welches das Recht beinhaltete, von den Juden Schutzgeld

und Sonderabgaben zu fordern.


benötigt wurde. Einen eigenen Rabbiner hatte die Gemeinde nicht, dafür war die Gemeinde

zu klein. Für Heidelsheim war bis Anfang des 19. Jahrhunderts das Mannheimer Rabbinat

zuständig, später dann der Bruchsaler Rabbiner. Begräbnisstätte der Heidelsheimer

Juden war im Mittelalter der Friedhof in Worms, ab 1632 bis in die 1930er Jahre wurden

die Juden aus Heidelsheim auf dem jüdischen Verbandsfriedhof in Obergrombach beerdigt.

Noch 1936 wurde dort Isaak Odenheimer beerdigt, wie ältere Heidelsheimer berichteten,

durchaus auch unter Beteiligung von nichtjüdischen Heidelsheimern, die den Trauerzug bis

zur Gemarkungsgrenze begleiteten. Isaaks Frau Babette starb im Mai 1939.

Pläne des Neubaus der Synagoge am Kanzelberg

aus dem Jahr 1860. Gut erkennbar ist die

Empore für die Frauen im ersten Stock.

(Quelle: GLA Karlsruhe 344/3419)

Die ehemalige Synagoge im Jahr 2019.

(Foto: Klaus Kemmet)

Krisen und Konflikte im Zusammenleben

Das Zusammenleben zwischen christlicher Mehrheitsgesellschaft und jüdischer Minderheit

war aber auch immer von Spannungen geprägt, die sich teilweise in massiver Gewalt seitens der

christlichen Mehrheit entluden. Diese gab es natürlich nicht nur in Heidelsheim, sondern auch

in anderen Orten Deutschlands oder Badens. Erste dokumentierte Ausschreitungen waren die

der sogenannten Hep-Hep-Unruhen 1819. Diese wurden ausgelöst durch die Versuche der

Emanzipation der Juden nach 1809 und die weitgehende Gleichstellung mit den christlichen

Bürgern und einem daraus resultierenden Sozialneid. Auch in den 1830er Jahren soll es wieder

zu Ausschreitungen gekommen sein. Am umfangreichsten dokumentiert sind jedoch die massiven

Ausschreitungen während der Märzrevolution 1848. Hier kam es zu Plünderungen und

gewaltsamen Übergriffen, die es notwendig machten, dass Dragoner aus Bruchsal eingreifen

mussten. Die Handelsgeschäfte auf dem Marktplatz, zum Beispiel von Joseph Hirsch Carlebach

und Falk Dreyfus, erlitten Schäden an den Gebäuden durch eingeworfene Fenster und in den

6


Schmutz der Straße geworfenes Handels- und Haushaltsgut. Die Auflistungen der Schäden

im Bruchsaler Wochenblatt füllten hier ganze Spalten und zeigen, wie umfassend die Plünderungen

waren. Auch wurde das Ereignis landesweit thematisiert. Meldungen, beispielsweise

in der Freiburger Zeitung, erwähnten die Heidelsheimer Ereignisse und auch in der

badischen Ständeversammlung wurden die landesweiten antijüdischen Ausschreitungen im

März 1848 diskutiert und Heidelsheim wurde dabei besonders erwähnt. Im Zuge der Ereignisse

und unter dem Eindruck der Gewalt verzichteten die Heidelsheimer Juden auf den

ihnen zustehenden Bürgernutzen. Da dies natürlich nicht zulässig war, wurde die Gemeinde

vom zuständigen Oberamt Bruchsal 1851 dazu gezwungen, diese Maßnahme für ungültig

zu erklären. Die Gelder der vergangenen drei Jahre mussten sie der jüdischen Gemeinde

nachträglich auszahlen. Ein Erfolg nicht zuletzt für den Vorsteher der jüdischen Gemeinde,

Joseph Hirsch

Carlebach, der entsprechend

bei der

Stadtverwaltung interveniert

hatte.

Ein weiterer gewaltsamer

Vorfall ereignete

sich 1883, als es

nach einem antisemitischen

Vorfall bei

den Bruchsaler Dragonern

in Bruchsal

sowie Heidelsheim

zu Ausschreitungen

gegenüber jüdischen

Mitbürgern kam.

Eingeworfene Fenster

und demolierte

Türen waren die

Folgen, von direkten

tätlichen Angriffen Eine Skizze aus den Jahr 1848 zeigt die jüdischen Wohnungen um den Marktplatz,

wird nichts berichtet, die im März 1848 geplündert wurden. (Quelle: GLA Karlsruhe 229/40838)

7

Im Gebäude der heutigen

Gaststätte „Zum Strohhut“

befand sich die jüdische Schule,

die auch mit einer Mikwe

ausgestattet war.

(Foto: Klaus Kemmet)


wobei die Situation auch so schon bedrohlich war. Auch dieses Ereignis fand überregional

Beachtung, so berichtete beispielsweise die Frankfurter Zeitung darüber.

Auswanderung und berühmte Heidelsheimer Juden

Eine Konsequenz dieser Ereignisse war eine zunehmende Ab- und Auswanderung der Heidelsheimer

Juden nach den Ereignissen von 1848. Gleichzeitig waren die größeren Städte

zunehmend attraktiver geworden, boten sie doch mit den durch die Edikte gewonnenen

Freiheiten mehr Chancen als die kleinen Landstädtchen wie beispielsweise Heidelsheim.

So nahm die jüdische Bevölkerung auf dem Land stetig ab. Die Auswanderung nach Übersee,

überwiegend nach Amerika, war nicht nur für die jüdische Bevölkerung eine Option,

sondern ein deutschland-, beziehungsweise auch europaweites Phänomen. Neben den politischen

Folgen der gescheiterten 1848er Revolution waren wirtschaftliche Krisenphänomene

in allen europäischen Staaten ein Grund dafür, im 19. Jahrhundert aus Europa in die

USA zu emigrieren. Unter den vielen jüdischen Auswanderern ist Abraham Sulzberger zu

erwähnen, Vater des 1843 geborenen Mayer Sulzberger, der es in den USA zu einem hohen

Richteramt brachte und dort zu einer jüdischen Instanz wurde. Abrahams Bruder Leopold

Sulzberger war schon 1838 ausgewandert, sein Enkel Arthur Hays Sulzberger übernahm am

Anfang des 20. Jahrhunderts die ‚New York Times‘, bis heute wird diese Tageszeitung von

einem Sulzberger geleitet, dem Urenkel von Arthur Hays, Arthur Gregg Sulzberger. Neben

Salomon Carlebach – dem späteren Lübecker Rabbiner und Sohn des Joseph Hirsch Carlebach

– ist als vierter Heidelsheimer Jude, der weltweite Bekanntheit erlangte, der 1857 in

Heidelsheim geborene Isaak (Julius) Bär zu nennen. Er ist der Gründer des bis heute bestehenden

privaten Bankhauses Julius Bär in Zürich mit Filialen weltweit. 5

Der stetige Rückgang der Heidelsheimer Juden gegen Ende des 19. Jahrhunderts führte konsequenterweise

zu einer zunehmenden Auflösung von Gemeindestrukturen. So gab es zu

Beginn des 20. Jahrhunderts keinen Synagogenrat mehr. 1910 wurde der letzte Gottesdienst

in der Synagoge am Kanzelberg abgehalten, da es keine zehn männlichen Juden mehr in

Heidelsheim gab. Dieser sogenannte Minjan – ein Quorum von zehn mündigen männlichen

Juden – ist aber notwendig für einen jüdischen Gottesdienst. 1925 wurde dann das Gebäude

der Synagoge an die politische Gemeinde verkauft, die dort eine Kochschule einrichtete.

Später wurde das Synagogengebäude auch von der Musikschule genutzt. Mittlerweile ist das

Gebäude in Privatbesitz.

Von 1933 bis 1942

1933 lebten noch sechs ältere Juden in Heidelsheim. Neben dem Ehepaar Emanuel und

Ida Maier, über die später in diesem Beitrag noch berichtet wird, die 86-jährige Karoline

Lemberger, Isaak und Babette Odenheimer sowie Emilie Bodenheimer. Diese konnte sich,

bereits 68 Jahre alt, vor dem Rassenhass der Nationalsozialisten noch nach Chicago in Sicherheit

bringen. Karoline Lemberger starb 1941 im Jüdischen Krankenhaus in Mannheim,

Isaak Odenheimer wie schon erwähnt 1936, seine Frau drei Jahre später. Emanuel Maier

kam nach seiner Deportation nach Gurs am 4. April 1941 im Internierungslager Perpignan

um, seine Frau Ida (Jette) wurde zusammen mit deren Enkeltochter Beatrice Stengel am 24.

April 1942 in das Transitghetto Izbica deportiert und wurde entweder dort oder in einem

der Vernichtungslager Bełżec oder Sobibor ermordet. Izbica selbst war ein Durchgangsoder

Transitghetto, der Ort liegt etwa 70 km südöstlich von Lublin in Südostpolen.

Ebenfalls Teil der antijüdischen Maßnahmen war die Arisierung der in jüdischem Besitz

5

Kurze Darstellungen zu drei Persönlichkeiten finden sich in: Michael Heitz / Bernd Röcker (Hrsg.): Jüdische Persönlichkeiten

im Kraichgau, Heidelberg u.a. 2013.

8


befindlichen Bruchsaler Schrauben- und Mutternfabrik in der Neibsheimer Straße. Der

Mannheimer Besitzer Julius Gimpel verkaufte sie im Juni 1938 an den Ludwigshafener

Dachziegelfabrikanten Willy Ertmer. Kurz zuvor hatte sich schon ein Gengenbacher Unternehmer

an der Fabrik interessiert gezeigt und versuchte, den Eigentümer unter Druck zu

setzen mit dem Hinweis, dass die Übernahme in arischen Besitz anzustreben sei.

Auch weitere jüdische Heidelsheimer, die allerdings nicht mehr in Heidelsheim lebten, wurden

Opfer der Rassenideologie der Nationalsozialisten. Sie wurden aus anderen Orten in die

Vernichtungslager deportiert, etliche starben auf der Flucht oder konnten bestenfalls in die

USA emigrieren. Martha Strauss, eine 1875 geborene Heidelsheimerin, war seit 1924 in der

Pflegeanstalt Sinsheim untergebracht, sie wurde im Rahmen der sogenannten Aktion T4 –

der Tötung von Behinderten und Pflegebedürftigen, der Euthanasie – in Grafeneck im Jahre

1940 umgebracht. Nach den derzeit bekannten Unterlagen kamen im Holocaust insgesamt

17 in Heidelsheim geborene Juden um.

Ida und Emanuel Maier

Das Ehepaar Ida und Emanuel Maier, die beide Opfer des Holocaust wurden, heirateten

am 4. Juni 1903 in Weiler. Emanuel Maier, Sohn von Moritz und Henriette Maier, geborene

Bär, kam am 5. Juli 1874 in Heidelsheim auf die Welt, seine Schwester Frieda zwei Jahre

nach ihm. Ida Maier war eine geborene Ledermann und stammte aus Weiler. Sie kam am

3. Dezember 1877 dort zur Welt und hatte zwölf Geschwister, wobei nicht alle das Erwachsenenalter

erreichten. Ihre Eltern waren der Handelsmann Salomon Ledermann und dessen

Frau Lena, geborene Weil.

Verkaufsgebot von Emanuel Maier aus dem Jahr 1930 mit eigenem Briefbogen.

(Quelle: StA Bruchsal/Abt. Heidelsheim, A 204/9)

9


Das Ehepaar Maier hatte eine Tochter namens Irma, die 1931 den Weingartener Max

Stengel heiratete, die Hochzeit selbst fand in Heidelsheim statt. Aus dieser Beziehung

gingen die Töchter Sigrid und Beatrice hervor. Die 1932 geboren Beatrice war immer wieder

zu Besuch bei ihren Großeltern in Heidelsheim, teilweise besuchte sie sogar die Schule in

Heidelsheim. Ältere Heidelsheimer erinnern sich noch an sie, wie sie mit ihr gespielt haben.

Der nationalsozialistische Bürgermeister Albert Jäger versuchte dies zu unterbinden.

Das Wohnhaus der Familie Maier in der Bahnhofstraße 56, der heutigen Merianstraße 58. (Foto: privat)

Emanuel Maier war Viehhändler von Beruf. Ursprünglich lebte die Familie in der Bruchsaler

Straße 24, der heutigen Markgrafenstraße 24. Das Vieh war in der Nähe untergebracht,

auf dem ehemals zur Firma Zimmermann gehörenden Eckgrundstück Markgrafenstraße /

Martinstraße. In die Bahnhofstraße 56 – die heutige Merianstraße 58 – zogen sie vermutlich

gegen Ende des Ersten Weltkrieges. Emanuel war neben Isaak Odenheimer ab den 1920er

Jahren der einzige männliche Jude in Heidelsheim.

Die wirtschaftliche Existenzgrundlage wurde Emanuel Maier und seiner Familie 1936 genommen,

beziehungsweise massiv eingeschränkt und die Begründung war rassenpolitischer Natur. So meldete

Bürgermeister Jäger am 25. Mai 1936 an den Vorsitzenden des Viehwirtschaftsverbandes, dass

es zwei weitere – christliche – Viehhändler in Heidelsheim gebe und für einen dritten kein Platz

mehr sei. Dass Maier seit Jahrzehnten in diesem Gewerbe tätig war, blieb unerwähnt, auch wurde

bisher nie davon gesprochen, dass es zu viele Viehhändler in Heidelsheim gegeben hätte. Darüber

hinaus behauptete Jäger, dass „der geschäftliche Ruf des Maier als Viehhändler bei den Landwirten,

wie der Ortsbauernführer bestätigt, kein guter“ sei. 6 Konkrete Hinweise zu diesen Vorwürfen

sind in den Akten nicht zu finden, wenn auch mit zunehmender ideologischer Vereinnahmung

der Bevölkerung antijüdische Maßnahmen und Distanzierungen sicher vorkamen. Bei der Erfassung

jüdischer Schicksale der baden-württembergischen Juden in den 1960er Jahren wurde

auch nach der Stellung Maiers im Ort gefragt, nach Auskunft des Bürgermeisteramtes waren die

6

StA Bruchsal/Abt. Heidelsheim, A 102/8.

10


Umstände ganz andere. So heißt es dort, dass Maier als Händler bei den örtlichen Landwirten

anerkannt war und sie sich von ihm „nicht übervorteilt“ gefühlt hatten. 7 Inwiefern sich die

Heidelsheimer damals selbst ein positives Zeugnis ausstellten – überlebende Zeugen gab es ja nicht

mehr – muss offenbleiben.

Eine weitere Schikane, die das Ehepaar Maier, wie alle in Deutschland zu diesem Zeitpunkt lebenden

Juden erfahren mussten, war die Annahme von aufgezwungenen „jüdischen“ Vornamen.

Für Männer „Israel“ und für Frauen „Sara“. So vermerkte der Standesbeamte von Weiler am

2. Dezember 1938, dass „die Nebenbezeichnete zusätzlich den Vornamen „Sara“ angenommen

hat. 8 Ganz so, als ob das eine freiwillige Maßnahme von Ida Maier gewesen wäre! Auch in allen

anderen Dokumenten wird sie ab diesem Zeitpunkt, wie alle Juden in Deutschland, mit diesem

zweiten Vornamen so genannt. Gleiches erfolgte natürlich auch für Emanuel, er musste den Vornamen

„Israel“ annehmen. In Heidelsheim dokumentierte dies Bürgermeister Jäger, der zugleich

Standesbeamter war. Welchen Bedrängnissen Maiers unterlagen, lässt sich aufgrund der erhaltenen

Akten nur schwer nachzeichnen. Aufgrund der Vermögenslage, die nach der Deportation von

Emanuel dokumentiert ist, scheint das Ehepaar Maier trotz der eingeschränkten wirtschaftlichen

Verdienstmöglichkeit nach 1936 nicht in größerer Armut gelebt zu haben, sicher aber mit deutlichen

Einschränkungen, im Erhebungsbogen heißt es: „Maier hat zuletzt von Ersparnissen gelebt.“ 9

Die hochbetagte Karoline Lemberger – sie kam 1847 in Ittlingen auf die Welt – war eine Tante von

Ida Maier, die sie bis zum Dezember 1940 pflegte. Am 16. Dezember 1940 wurde sie von Friedrich

Bliß, er besaß in Heidelsheim eine Autovermietung, in das Israelitische Krankenhaus in Mannheim

in der Collinistraße gebracht, wo sie dann am 4. Januar 1941 starb.

Nachbarschaftshilfe bei der Weinlese im Gewann Stübenmehl um 1933. Im Bild von links: Luise Dornseiff,

geb. Gutknecht; Heinrich Trautwein; (davor) Luise Gmelin, geb. Dornseiff; Elise Eberle, geb. Gutknecht;

Ida Maier, Johanna Trautwein, geb. Trautwein; Heinrich Eberle; Emanuel Maier, Albert Dornseiff.

(Fotograf unbekannt, Quelle: privat)

7

HStA Stuttgart EA 99/001 Bü 53; Erhebungsbogen zu Emanuel Maier.

8

Heiratsurkunde Ehepaar Maier, Standesamt Weiler.

9

Erhebungsbogen Emanuel Maier (wie Anm. 7).

11


Ausschnitt aus der Deportationsliste der am 20. Oktober 1940 nach Gurs verschleppten Juden aus Baden, der

Pfalz und dem Saarland. (Quelle: https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/Drucke/content/titleinfo/1079922,

Zugriff: 10. Januar 2020)

Nachdem Emanuel Maier bei der Deportation der badischen und saarländischen Juden am

20. Oktober 1940 nach Gurs deportiert worden war (zusammen mit tausenden weiteren Juden

aus Baden, der Pfalz und dem Saarland), wurde für Ida Maier, die noch in Heidelsheim bleiben

konnte, da sie Karoline Lemberger pflegte, immer prekärer. Im Februar 1941 wurde das Vermögen

ihres Mannes vom Bezirksamt Bruchsal verwaltet, sie hatte also darauf keinen Zugriff mehr.

Im März 1941 musste sie Teile ihres Wohnhauses zwangsweise vermieten. Die Miete kam jedoch

nicht ihr zugute, sondern wurde vom Finanzamt, Abteilung für jüdisches Vermögen, eingezogen.

Ihre Enkelin Beatrice wird nach 1940 immer wieder in Heidelsheim gewesen sein, da ihre Eltern

und ihre jüngere Schwester ebenfalls nach Gurs deportiert worden waren. Zeitweise war sie

auch im israelitischen Kinderheim in Frankfurt untergebracht, wie sich aus Erlaubnisscheinen

ergibt, die im Bruchsaler Archiv erhalten sind. So mussten solche Fahrten genehmigt werden

und Ida Maier erhielt im Winter 1941/42 beispielsweise die Erlaubnis, nach Frankfurt zu fahren,

um ihre Enkelin dorthin zu bringen und abzuholen. Seit Frühjahr 1942 war Beatrice dann

endgültig in Heidelsheim.

Am 2. April 1942 gab der Bruchsaler Landrat dem Heidelsheimer Bürgermeister in einer als

vertraulich eingestuften Meldung folgendes bekannt: „Die Geheime Staatspolizei (...) ersucht

in Anbetracht der bevorstehenden Evakuierung von Juden im Lande Baden, an Juden polizeiliche

Erlaubnisscheine zum Verlassen ihres Wohnortes vorerst nicht mehr auszustellen.“ 10

Vermutlich zu diesem Zeitpunkt hat Ida Maier einer Heidelsheimerin eine für sie wertvolle

Backform übergeben mit dem Hinweis, sie könne sie ja nicht mitnehmen. Diese Gugelhupfbackform

ist derzeit das einzige, was von Maiers Haushalt erhalten ist.

10

StA Bruchsal/Abt. Heidelsheim, A 80/2.

12

Die Benachrichtigung über

die Deportation von Ida Maier

und ihrer Enkelin Beatrice

Stengel am 24. April 1942.

(Quelle: StA Bruchsal/Abt.

Heidelsheim, A 80/2)


Diese Gestapo-Meldung bedeutete nichts anderes, als dass man möglichst alle Juden zur Deportation

und Vernichtung erfassen und ihrer habhaft werden wollte. Letztlich war das die

Vorbereitung weiterer Deportationszüge. Ida Maier und Beatrice Stengel wurden am 24. April,

also knapp drei Wochen, nachdem sie keine Möglichkeit mehr hatten, den Ort zu verlassen,

von der Gestapo Karlsruhe abgeholt und über Bruchsal und Stuttgart nach Izbica deportiert.

Der Bürgermeister stellte fest, dass die „3 Wohnungsschlüssel hier gegen Bescheinigung zur

Aufbewahrung abgegeben [wurden].“ 11

Ob Ida Maier und Beatrice Stengel im Deportationszug, im Transitghetto Izbica oder in einem

der Vernichtungslager umgekommen sind, lässt sich nicht mehr feststellen, von den Behörden

wurden sie nach dem Krieg zum 26. April 1942 für tot erklärt. Pflichteifrig informierte Bürgermeister

Jäger am gleichen Tag das Finanzamt Bruchsal über die erfolgte Deportation, denn der

Staat war aufgrund entsprechend formulierter Gesetze nun Eigentümer des Hab und Gutes der

Familie Maier. „Möbel, Wäsche, Kleider und sonstiger Hausrat“ von ihnen wurden genau zwei

Monate später, am 24. Juni 1942, ab 14 Uhr in der Bahnhofstraße öffentlich versteigert, eine

Maßnahme, die in ganz Deutschland mit dem zurückgelassenen Besitz der deportierten und

ermordeten Juden durchgeführt wurde.

Die einzige Überlebende der Familie Maier war Sigrid Löb, geb. Stengel. Sie war die jüngere

Schwester von Beatrice und wurde nach ihrer Inhaftierung mit einem Kindertransport in

die USA gebracht. Ihr Wiedergutmachungsverfahren zog sich bis 1961 hin, dabei ging es um

das Haus, den Hausrat und nicht zuletzt die Haftentschädigung für ihren Großvater. Hinsichtlich

der materiellen Verluste einigte man sich auf einen Vergleich, für die Inhaftierung von

Emanuel Maier bekam sie insgesamt 750 DM, für jeden Haftmonat 150 DM. Als Haftzeit

wurde die Zeit vom 22. Oktober 1940 bis zu seinem Tod am 4. April 1941 zu Grunde gelegt,

also fünf Monate und 13 Tage.

Wie unsicher die Kenntnisse über das Schicksal ihrer

Angehörigen Anfang der 1950er Jahre noch waren,

verdeutlicht der Briefverkehr im Zusammenhang

mit dem Wiedergutmachungsverfahren. 12 Zunächst

hieß es nämlich, dass Emanuel zusammen mit seiner

Frau und der Enkelin nach Osten deportiert worden

war, erst später kam durch französische Behörden die

Bestätigung, dass er in Frankreich gestorben war. Im

Rahmen des Verfahrens musste Sigrid sich auch noch

einmal eine neue Geburtsurkunde ihres Großvaters

ausstellen lassen. Diese wurde 1958 vom zuständigen

Standesbeamten in Heidelsheim ausgestellt und unterschrieben,

es war der wiedergewählte ehemalige

NSDAP-Bürgermeister Albert Jäger!

Insgesamt hatte Sigrid Löb im Holocaust sämtliche

Familienmitglieder verloren, die Mutter Irma und ihr

Großvater starben in Rivesaltes, ihr Vater Max Stengel

in Auschwitz, die Schwester und Großmutter in

Izbica und ihre Tante Frieda Bamberger, geb. Maier

und deren Mann in Theresienstadt. Großmutter Pauline

Stengel starb auch in Rivesaltes.

11

StA Bruchsal/Abt. Heidelsheim, A 80/2; dort auch die Versteigerungsmeldung.

12

GLA Karlsruhe 480/6355.

13

Foto von Sigrid Stengel auf ihrem

Reisedokument von 1942.

(Quelle: GLA Karlsruhe 480/29301)


Eidesstattliche Erklärung aus dem Jahr 1957 von Sigrid Löb, geb. Stengel, der Schwester von Beatrice

Stengel und Enkelin von Ida und Emanuel Maier. Als einzige ihrer Familie hat sie den Holocaust überlebt.

(Quelle: GLA Karlsruhe 480/29301)

14


15


Gugelhupfbackform von

Ida Maier. (In Privatbesitz,

Foto: Klaus Kemmet)

Unterschrift Ida Maier anlässlich des Todes ihrer Mutter Lene Ledermann. Ida Maier pflegte sie in Heidelsheim,

wo sie 1907 starb. (Quelle: Standesamt Bruchsal, Sterbebuch Heidelsheim 1907, Nr. 29; Foto: privat)

Kinderbilder von Beatrice (links) und Sigrid Stengel (rechts). (Quelle: privat / Spurensuche. Erinnerungen

an das Leben jüdischer Mitbürger in der Dorfgemeinschaft Weingartens, hrsg. v. d. Kolpingfamilie Weingarten

2004/05, S. 17)

16


Familie Moritz Maier

(Eltern von Emanuel Maier)

Moses Moritz Maier * 30.04.1838 Heidelsheim † 10.11.1912 Heidelsheim

(Sohn von Emanuel Maier (1805-1873), Handelsmann in Heidelsheim, und Sara Buchheimer (~1813-1900))

wohnhaft in Heidelsheim, beerdigt in Obergrombach

verh. 02.09.1873 Meckesheim

Henriette (Jette) Bär * 05.03.1845 Neckarbischofsheim † 04.12.1895 Heidelsheim

(Tochter von Aaron Daniel Bär (1808-1869), Bierbrauer in N’bischofsheim, und Hindel Bär (1811-1868))

beerdigt in Obergrombach

2 Kinder:

1. Emanuel Maier * 05.07.1874 Heidelsheim † 04.04.1941 Perpignan

Viehhändler in Heidelsheim, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

verh. 04.06.1903 Weiler bei Sinsheim

Ida „Jette“ Ledermann * 03.12.1877 Weiler † 1942 Izbica

wohnhaft in Heidelsheim, 26.04.1942 über Stuttgart nach Izbica deportiert

(Tochter von Salomon Ledermann (1833-1889) und Lena Lea Weil (1843-1907), siehe Seite 18 ff.)

1 Kind:

a) Irma Maier * 11.09.1904 Heidelsheim † 28.09.1941 Rivesaltes

wohnhaft in Weingarten, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

verh. 05.11.1931 Heidelsheim

Max Stengel * 11.01.1892 Weingarten † 11.09.1942 Auschwitz

(Sohn von Nathan Stengel (1851-1925), Weingarten, und Pauline Berlinger (1854-1942))

Kaufmann in Weingarten, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

2 Kinder: Beatrice Stengel (1932 KA – 1942 Izbica); Sigrid Stengel (1934 KA – 2005 USA), vh. Walter Loeb

2. Frieda Maier * 07.02.1876 Heidelsheim † 31.12.1942 Theresienstadt

1903-1916 in Darmstadt, 1916-1942 in Würzburg, bis 1930 Verwalterin Jüd. Altenheim Würzburg

verh. 03.03.1903 Heidelsheim

Moritz Bamberger * 08.11.1869 Seeheim/Hessen † 14.10.1942 Theresienstadt

(Sohn von Hirsch Bamberger, Rauchwarenhändler in Seeheim, und Marie Weichsel)

Gymnasium Bensheim; Darmstadt, Würzburg, Verwalter Altenheim, Ehep. 23.09.1942 Theresienstadt

1 Kind:

a) Marie „Miriam“ Bamberger * 22.04.1904 Darmstadt † 14.06.1986 Israel

wohnhaft in Würzburg, 06.1934 nach Palästina, 1983 in Bnei Berak, Israel

verh. 1934 Würzburg

Wilhelm „Milton“ Blüthe * 05.08.1902 Altenschönbach † 08.01.1952 Israel

(Sohn von Leopold Blüthe (1872-1927), Weinhändler in Würzburg, und Ida Landauer (1878-1933))

Weinhändler, Buchhalter, Bankangestellter in Würzburg, 06.1934 nach Palästina

2 Kinder: Arie Blüthe „Arye Nitzan“ (*1936) und Yael Blüthe (*1936) verh. Kimel, Israel

17


Familie Salomon Ledermann

(Eltern von Ida Maier geb. Ledermann)

Salomon Ledermann * 31.01.1833 Weiler † 10.08.1889 Weiler

(Sohn von Josef Salomon Ledermann (1805-1868) und Babette Odenheimer (1802-1890))

Handelsmann/Lederhändler in Weiler bei Sinsheim, beerdigt in Waibstadt (siehe Seite 20)

verh. (1. Ehe) 21.08.1860 Weiler bei Sinsheim (Kinder 1 bis 3 aus dieser Ehe)

Sara Hochherr * 28.02.1840 Berwangen † 29.08.1863 Weiler

(Tochter von Jacob Hochherr (1805-1882) und Edith „Judith“ Weiß (1800-1886))

verh. (2. Ehe) 18.06.1864 Weiler bei Sinsheim (Kinder 4 bis 16 aus dieser Ehe)

Lena „Lea“ Weil * 16.03.1843 Ittlingen † 19.09.1907 Heidelsheim

(Tochter von Benjamin „Wolf “ Weil (1801-1875) und Regina Dreyfus (1806-1886))

16 Kinder:

1. Moses Ledermann * 26.05.1861 Weiler † 14.06.1861 Weiler

2. Levi „Louis“ Ledermann * 03.06.1862 Weiler † 12.07.1930 Kassel

Textil-Kaufmann in Kassel (Adressbuch Kassel 1923: „Agent für Weberei und Spinnerei“)

verh. 17.05.1889 Fritzlar

Jenny Biermann * 30.04.1859 Ungedanken/Hessen † 26.06.1911 Kassel

(Tochter von Nieson „Nissan“ Biermann (~1811-?), Handelsmann, und Julchen Eichenwald)

3 Kinder:

a) Sallo „Alfred“ Ledermann * 09.08.1889 Kassel † 21.09.1964 Köln (?)

Dr. med., Studium in Rostock, 1938 mit Familie nach USA

verh. Annemarie Cohnstädt * 21.08.1898 Erfurt † 06.03.1965 Köln (?)

(Tochter von Dr. med. Ernst Cohnstädt (1864-1941) und Martha Schlesinger (1868-1942))

1 Kind: Ingeborg Ledermann (*~1926-?)

b) Norbert Ledermann * 06.01.1891 Kassel † 10.06.1951 Reno/Nevada/USA

1919-1922 Textil-Kaufmann in Bruchsal, dann Kassel, 1938 mit Fam. in USA ausgewandert

verh. 20.02.1919 Bruchsal

Bertha Erna Fuchs * 17.02.1895 Bruchsal † .05.1976 Arizona, USA

(Tochter von Max Fuchs (1868-1912), Zigarrenfabrikant Bruchsal, und Ida Bär (1874-1961))

2 Kinder: Hans Martin Ledermann (1919-1965), USA; Eva Marianne Ledermann (1923-1948), USA

c) Sidonie Ledermann * 13.04.1893 Kassel † 1944/45 Lodz oder Auschwitz

wohnhaft in Kassel, nach 1932 in Frankfurt/M., 1941 nach Lodz, dort 1943/44 Büroarbeiten

verh. Max Lewinski * 06.10.1886 Wormditt/Braunsberg † 02.01.1932 Kassel

(Sohn von Markus Lewinski, Wormditt, und Minna Bernstein, Berlin), Kaufmann in Kassel

3 Ki.: Ilse Lew. (1920-1941 Lodz), Margot (1922-2014) vh. Giloni (NY), Bernhard Lewis (1923-1998)

3. Max Ledermann * 21.06.1863 Weiler † 12.11.1863 Weiler

18


4. Moritz Ledermann * 18.03.1865 Weiler † 06.11.1940 Gurs

Lederhändler in Sinsheim, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

verh. 29.07.1898 Grötzingen

Fanny Sinauer

* 06.06.1872 Grötzingen † 20.02.1945 Cornil, Ste.-Fortunade/F

(Tochter von Moritz (Moses Löw) Sinauer und Frieda Odenheimer)

wohnhaft in Sinsheim, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

2 Kinder:

a) Sallo „Fred“ Ledermann * 21.04.1899 Sinsheim † 01.1971 St.Louis/USA

Lederhändler Sinsheim, 1936 Mannheim, 1938 USA, 1942 Militär, Ledergeschäft in St. Louis

verh. 1936/1942 Irene Apfel * 1906 Heidelberg † 1993 St. Louis/USA, kinderlos

b) Hedwig Ledermann * 11.03.1901 Sinsheim † 1942/45 Auschwitz

wohnhaft in Mannheim, 22.10.1940 nach Gurs deportiert, 17.08.1942 nach Auschwitz

verh. 1931 Wilhelm Wertheimer * 08.07.1890 Kehl † 1942/45 Auschwitz

wohnhaft 1919-1940 in Mannheim, 22.10.1940 nach Gurs deportiert, 17.08.1942 nach Auschwitz

1 Kind: Otto Wertheimer (05.02.1932 Mannheim - 31.12.1944 Auschwitz), Kinderheim Izieu (S. 20)

5. Max Ledermann * 25.07.1866 Weiler † 25.03.1874 Weiler

6. Sophia Ledermann * 19.08.1868 Weiler † 25.02.1872 Weiler

7. Joseph Ledermann * 21.05.1870 Weiler † 06.06.1872 Weiler

8. Julius Ledermann * 25.09.1872 Weiler † 13.10.1872 Weiler

9. Karl „Jekutiel“ Ledermann * 13.12.1873 Weiler † 10.10.1955 Israel

Kaufmann in Berlin-Schönefeld, 19.04.1937 Auswanderung nach Israel, 1943 Einbürgerung (S. 20)

verh.

Clara Sander * 01.07.1871 (?) † 29.11.1935 Berlin

2 Kinder:

a) Walter „Shlomo“ Ledermann * 17.02.1902 Köln/Rh. (?) † 1976 Israel

wohnhaft in Israel

verh. Edith „Esther“

2 Kinder: Joseph Lederman, Sarah Lederman (*1938) vh. Nehemiah Maimon, Israel

b) Lina Ledermann * 04.11.1903 Köln/Rh. † Israel

wohnhaft in Berlin-Wilmersdorf, 16.03.1936 nach Haifa/Israel

verh. 1922 Helmuth Fritz Sachs * 23.06.1898 Berlin † Israel

wohnhaft in Berlin-Wilmersdorf, 1936 nach Haifa/Israel, 1947 Polizist in Haifa

1 Kind: Eva „Hava“ Sachs (1924-?) verh. Yeheskiel Kahan (1920-?), Israel

10. Wilhelm „Wolf“ Ledermann * 13.11.1876 Weiler † 08.03.1898 Weiler

11. Ida „Jette“ Ledermann * 03.12.1877 Weiler † 1942 Izbica

wohnhaft in Heidelsheim, 26.04.1942 über Stuttgart nach Izbica deportiert

verh. 04.06.1903 Weiler bei Sinsheim

Emanuel Maier * 05.07.1874 Heidelsheim † 04.04.1941 Perpignan

(Sohn von Moses Moritz Maier (1838-1912) und Henriette Jette Bär (1845-1895), siehe Seite 17)

Viehhändler in Heidelsheim, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

19


1 Kind:

a) Irma Maier * 11.09.1904 Heidelsheim † 28.09.1941 Rivesaltes

wohnhaft in Weingarten, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

verh. 05.11.1931 Heidelsheim

Max Stengel

* 11.01.1892 Weingarten † 11.09.1942 Auschwitz

(Sohn von Nathan Stengel (1851-1925), Weingarten, und Pauline Berlinger (1854-1942))

Kaufmann in Weingarten, 22.10.1940 nach Gurs deportiert

2 Ki.: Beatrice Stengel (1932 KA – 1942 Izbica); Sigrid Stengel (1934 KA – 2005 USA), vh. Walter Loeb

12. Friedrich Ledermann * 1879 Weiler †

verh.? Kinder?

13. Adolph Ledermann * 09.06.1880 Weiler †

verh.? Kinder?

14. Hanna „Hannchen“ Ledermann * 18.09.1882 Weiler † 24.02.1883 Weiler

15. Isidor Ledermann * 10.10.1883 Weiler † 24.09.1918 bei St. Quentin (gef.)

Kaufmann, wohnhaft in Berlin, Teilnehmer des 1. Weltkriegs, unverheiratet

16. Isaak Siegmund Ledermann * 03.07.1886 Weiler † 29.03.1909 Köln

Broschu?re Materialien ganz neu:Layout 1 04.10.2010 11:54 Uhr Sei

M 49 Sami Adelsheimer, geboren am 30. Oktober 1938

Maison d‘Izieu/Coll. Philippe Dehau

M 50 Fritz

Maison d‘Iz

links: Grabstein von Salomon Ledermann, M 51 Otto Wertheimer, (1833-1889) geboren am 5. Februar und 1932

Maison d‘Izieu/Coll. Henri Alexander

Ehefrau Lena geb. Weil (1843-1907), Jüdischer Friedhof Waibstadt.

(Quelle: www.findagrave.com) 42

Mitte: Karl Ledermann (1873-1955) auf seinen Einbürgerungsdokumenten

in Palästina, 1943. (Quelle: www.archives.il)

rechts: Otto Wertheimer (1932-1944), war nach Lageraufenthalten

in Gurs und Rivesaltes seit 1943 im Kinderheim von Izieu

untergebracht. Auf Weisung des berüchtigten „Schlächters von

Lyon“ Klaus Barbier, wurde er zusammen mit 33 Izieu-Kindern

am 13. April 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

(Quelle: „Ich weiß nicht, ob wir nochmals schreiben können.“,

Materialien der LpB BW, Stuttgart 2010, S. 43)

20

M 52 Max

Collection S


Gedenkschrift

zur sechsten

Stolpersteinverlegung

in Bruchsal

am 11.2.2020

Stolpersteine

in Bruchsal

Stadtteil

Helmsheim


Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus

Unter Zwangsarbeit im Nationalsozialismus versteht man insbesondere die Verschleppung

und Aus beutung von über 20 Millionen Zivilarbeitskräften – Männer, Frauen und Jugendliche

-, Konzentra tionslagerhäftlingen und Kriegsgefangenen aus allen besetzten Ländern.

Das nationalsozialistische Deutschland schuf damit eines der größten Zwangsarbeiter-Systeme

der Geschichte.

Zwangsarbeiter wurden in allen Bereichen der Wirtschaft eingesetzt, ob in der Landwirtschaft,

in (Rüstungs-)Betrieben, im Bergbau, auf Baustellen im Handwerk und in Privathaushalten.

Das Reichsarbeitsministerium selbst veröffentlichte in der monatlichen Publikation „Der

Arbeitseinsatz im Deutschen Reich“ umfangreiche Darstellungen und Statistiken über den

Einsatz von ausländischen Arbeitskräften (siehe Abbildung).

Beispiel einer Statistik zu Zwangsarbeitern aus der Zeitschrift „Arbeitseinsatz im Deutschen Reich“;

Oktober 1942. (Quelle: https://gapgeschichte.de/ns_zeit_1944_zwangsarbeit_texte/zwangsarbeit_1_monatsberichte.htm;

Zugriff: 15. Januar 2020)

Durch die Einberufung fast aller deutschen Männer während des Krieges fehlten in der

Industrie und Landwirtschaft die Arbeitskräfte. Nur durch den massenhaften Einsatz von

Zwangsarbeitern konnte die landwirtschaft liche Versorgung und die Rüstungsproduktion

aufrecht erhalten werden. Die Industrie profitierte von der Ausweitung der Produktion

durch billige Arbeitskräfte. Deutsche Beschäftigte konnten in Vorarbeiterpositionen aufsteigen,

da die weniger bedeutungsvollen Arbeiten von Zwangsarbeitern erledigt werden

mussten. Die Lebensbedingungen der zwangsweise in Deutschland oder in den besetzten

22


Gebieten für Deutschland arbeitenden Menschen waren je nach Nation, rechtlichem Status

und Geschlecht unter schiedlich.

Am erträglichsten waren die Zustände für westeuropäische oder der sogenannten „nordischen

Rasse“ zugerechnete Facharbeiter. Am schlimmsten war das Schicksal der

Konzentrations lager-Häftlinge, vor allem der zu „Vernichtung durch Arbeit“ (wie die

Nazis ihre menschenverach tende Ermordung bezeichneten) vorgesehenen Juden, Sinti

und Roma. Alle ausländi schen Arbeitskräfte wurden durch einen Unterdrückungs- und

Kontroll apparat streng überwacht.

Mehr noch als andere nationalsozialistische Massenverbrechen fand die Zwangsarbeit direkt

vor der Haustür der deutschen Bevölkerung statt. Zwangsarbeit war im NS-Staat ein

fortwährend öffentlich begangenes Unrecht, das in den meisten Teilen der Bevölkerung

nicht als solches empfunden wur de. Ermöglicht wurde dies nicht nur durch die nationalsozialistische

Ideologie und Propaganda son dern auch durch die unter den Deutschen vorhandenen

Vorurteile gegenüber Ausländern. So konnte das System der Zwangsarbeit ohne

nennenswerten Widerstand gedeihen.

Zwangsarbeiter aus Polen

Eine besondere Position unter den Zwangsarbeitern nahmen Polen ein, da sie eine der ersten

Bevölkerungsgruppe waren, die nach dem Kriegsbeginn durch die Nationalsozialisten zur

Arbeit gezwungen wurden.

Im Zeitraum von

1939 bis 1945 leisteten

insgesamt circa 1,6 Millionen

polnische Zivilisten

und circa 300.000 polnische

Kriegsgefangene in

Deutschland Zwangsarbeit,

die meisten davon

in der Landwirtschaft.

23

Zwangsarbeiter

an einer Eisenbahnstrecke.

(Quelle: https://www.tuebingen-info.de/tuebingen/

event/detail/Ich-habe-hiermeine-Jugend-und-meine-Gesundheit-verloren-

Zwangsarbeit-in-Tuebingen-1939-1945-1574177;

Zugriff: 15. Januar 2020)

Polnische Gefangene bei der Feldarbeit.

(Quelle: Foto: Weltbild, 12.10.1939. ÖNB, Bildarchiv und

Grafiksammlung; Zugriff 15. Januar 2020)


Im Januar 1940 wurde durch eine Anordnung der Masseneinsatz von Polen konkret in

Gang ge bracht vor allem um die Sicherstellung der landwirtschaftlichen Erzeugung im

Land zu gewähr leisten und als Ersatz für die im Reich fehlenden Industriearbeiter. Ab

Frühjahr 1940 wurde ein all gemeiner Arbeitszwang für Polen und die Arbeitspflicht in

Deutschland verhängt.

Überall im besetzten Polen kam es zu brutalen Einschüchterungs- und Zwangsmaßnahmen

bis hin zum Umstellen von Kinos und Schulen sowie Razzien in großen Städten. Deutsche

Arbeitsverwal tungsbehörden waren bereits mit den einmarschierenden Wehrmachtseinheiten

nach Polen gekom men, um Arbeitskräfte für das Reich zu rekrutieren. Wer in Deutschland

einen „Fremd arbeiter“ beschäftigen wollte, beantragte dies über das zuständige städtische

Arbeitsamt. Der Ein satz von Ausländern, vor allem slawischer Abstammung war

in der NS-Regierung nicht unumstrit ten; verstieß er doch in besonderer Weise gegen die

Prinzipien des Nationalsozialismus. Immer wie der wurde in scharfen Stellungsnahmen auf

die Gefahren von sogenannten „Fremdvölkischen“, wie es im NS-Jargon hieß, hingewiesen.

Eine strenge Reglementierung des Lebens der Polen in Deutschland und eine Behandlung

nach „rassischen Gesichtspunkten“ wurden gefordert gemäß den menschenver achtenden

Prinzipien des NS-Regimes.

Die von Heinrich Himmlers Reichssicherheitshauptamt am

8. März 1940 eingeführten sogenannten „Polen-Erlasse“ zeigen

diesen explizit rassistischen Charakter. Darin wurde eine

Kennzeichnungspflicht durch den Buchstaben „P“ an der

Kleidung angeordnet. Es ist nicht gesichert, ob das „Polenabzeichen“

als direkte Vorlage für den ein Jahr später eingeführten

„Judenstern“ diente. Das Abzeichen besteht aus einem

auf der Spitze stehenden gelben Quadrat und zeigt bei breiter

violetter Umrandung ein violettes „P“.

Ein „Polenabzeichen“, das auf Grund der Polen-Erlasse jeder polnische Zwangsarbeiter in Deutschland

tragen musste. (Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Polen-Erlasse#/overview; Zugriff: 15. Januar 2020)

Hinzu kamen Verbote: Die polnischen Zwangsarbeiter durften den zugewiesenen Wohnort

nicht verlassen, keine öffentlichen Verkehrsmit tel benutzen, abends galt für sie ein Ausgangsverbot.

Der Besuch von Kirchen, Gaststätten, Kinos, Theatern wurde ihnen verwehrt.

Sie waren nicht der Strafjustiz, sondern direkt der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) unterworfen.

Alle privaten Kontakte zwischen Deutschen

und Polen waren verboten (siehe

Kasten).

Intime Beziehungen ende ten für die

polnischen Männer mit der Todesstrafe.

Die Zahl derjenigen, die für

das „Verbrechen Liebe“ hingerichtet

wurden, ist bis heute nicht vollständig

erforscht.

Die Umsetzung der verordneten, diskriminierenden

Behandlung wurde

in der Landwirtschaft nicht so konsequent

befolgt wie in der Industrie.

„So wie es als größte Schande gilt, sich mit einem

Juden einzulassen, so versündigt sich jeder

Deutsche, der mit einem Polen oder einer Polin

intime Beziehungen unterhält. Verachtet die

tierische Triebhaftigkeit dieser Rasse! Seit rassenbewußt

und schützt eure Kinder. Ihr verliert

sonst euer höchstes Gut. Eure Ehre.“

Merkblatt „Wie verhalten wir uns gegenüber den Polen?“,

NSDAP-Stabsleitung 15.3.1940.

(zitiert nach Herbert: Fremdarbeiter, 1985, S. 80)

24


Immer wieder bemängelten die Sicherheitsorgane, dass die deutsche Bevölkerung auf dem

Land zu engen Kontakt zu den Polen habe, da zum Beispiel die Mahlzeiten meist gemeinsam

statt getrennt eingenommen wurden. Die Versorgung der Deutschen mit Lebensmitteln

hatte für die NS-Machthaber jedoch oberste Priorität, um die Stim mung im Reich nicht zu

gefährden. Daher nahmen sie in Kauf, dass die Rassentrennung in den bäuerlichen Betrieben

kaum eingehalten und von vielen Bauern auch nicht angestrebt wurde. Der Umgang

mit den polnischen Arbeitskräften war meist pragmatisch, sie wurden oft wie deutsche Angestellte

behandelt.

Das Schicksal von Josef Makuch und Hilda Eissler

Am 1. April 1940 kam ein Zwangsarbeitertransport

aus Polen in den Südwesten

Deutschlands, um der großen Nachfrage

nach Arbeitskräften vor allem in der

Landwirtschaft zu entsprechen. Dem damals

noch selbstständigen Dorf Helmsheim

wurden sieben Männer zugeteilt, darunter

Josef Makuch aus Łętownia südlich

von Krakau. Er war mit seinen damals 38

Jahren der mit Abstand älteste Zwangsarbeiter

der Gruppe. Josef Makuch ist dem

bäuerlichen Anwesen der Witwe Karoline

Eissler in der Hauptstraße zugewiesen

worden, die dort mit drei unverheirateten

Töchtern lebte.

Haus der Familie Eissler, damals Hauptstraße 37.

(Foto: privat)

Josef Makuch erwies sich als fleißiger und zuverlässiger Arbeiter, der die anfallende Feldund

Stallarbeit mit der Familie gemeinsam erledigte.

Mit der Bauerntochter Hilda verstand

sich Josef besonders gut und aus der alltäglichen

Nähe durch die gemeinsame

Arbeit entwickelte sich eine verbotene,

intime Beziehung. Die damals 37-jährige

Hilda wurde schwanger und brachte

am 12. Januar 1942 im Krankenhaus

Bruchsal die gemeinsame Tochter Irene

zur Welt. Sie gab bei der Entbindung

wahrheitsgemäß Josef Makuch als Vater

an.

Hilda Eissler (2. Reihe v.u., 2. v.l.), evangelischer Kirchenchor 1930. (Quelle: https://f.helmsheim.me/module.

php?mod=picasa&mod_action=htmlpicasa&mid=M94&thumb=0; Zugriff: 15. Januar 2020)

25


Es war Hilda Eissler offensichtlich nicht bewusst, welche tragischen Konsequenzen dies für

sie selbst und für den polnischen Zwangsarbeiter haben würde. Im Ort, bei den Dienststellen

der Partei und schließlich bei der Geheimen Staatspolizei wurde der Vorfall rasch bekannt,

der nach den Buchstaben und dem Geist der NS-Ideologie als „Rassenschande“ galt.

Für solche Vorkommnisse hatte der Reichsführer SS Heinrich Himmler bereits im Februar

1940 die folgende Drohung geäußert: „Wenn ein Pole mit einer Deutschen verkehrt, ich meine

jetzt also, sich geschlechtlich abgibt, dann wird der Mann gehängt und zwar vor seinem Lager.

Dann tuns nämlich die anderen nicht [...] Die Frauen werden unnachsichtig den Gerichten

vorgeführt und wo der Tatbestand nicht ausreicht – solche Grenzfälle gibt es ja immer – in

Konzentrationslager überführt.“ 13

Welche Personen im Helmsheimer Fall die Verantwortung dafür tragen, dass sich diese Androhung

unbarmherzig und bis ins Detail erfüllte, ist heute nur schwer festzustellen. Inwieweit

der damalige Bürgermeister von Helmsheim, Engelbert Stein – NSDAP-Parteimitglied

seit 1926 und Inhaber des goldenen Parteiabzeichens – einen maßgeblichen Anteil daran

hatte, die mitleidlose Maschinerie in Gang zu setzen, ist nicht mit letzter Sicherheit nachzuweisen.

Wie aus privaten Mitteilungen hervorgeht, könnte auch ein jüngerer Bruder von

Hilda Eissler – ebenfalls Inhaber des goldenen Parteiabzeichens und als Ratsschreiber die

rechte Hand des Bürgermeisters – eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben.

Sowohl Josef Makuch als auch Hilda Eissler wurden im Februar 1942 festgenommen und in

Untersuchungshaft nach Karlsruhe gebracht.

Kartei des Karlsruher Gefängnisses zur Untersuchungshaft von Josef Makuch. (Quelle: ITS Digital Archives,

Nr. 0.1/39630079, Bad Arolsen)

Für Hilda Eissler ging es danach ins Frauenkonzentrationslager nach Ravensbrück, nördlich

von Berlin, wo sie als politische Gefangene aufgenommen wurde und in der Schneiderei

arbeiten musste.

13

Herbert: Fremdarbeiter, 1985, S. 80.

26


Liste der Gefangenen in der Schneiderei des KZ Ravensbrück, Nr. 11: Hilda Eissler. (Quelle: ITS Digital

Archives, Nr. 1.1.35.1/9761655, Bad Arolsen)

Sie selbst bezeichnete diese Zeit als „Hölle auf Erden“. In ihren Erinnerungen heißt es später:

„Dort wurde ich so drangsaliert, dass ich nach drei Monaten seelisch und körperlich am

Ende war. Ich wurde kahl geschoren und die Gebärfähigkeit wurde mir genommen. Dabei wäre

ich fast verblutet. Man rechnete mit

meinem Ableben; daraufhin wurde

ich entlassen.“

Sie kam ins Krankenhaus nach

Bruchsal, wo ihre physische Gesundheit

einigermaßen wiederhergestellt

werden konnte.

Häftlinge des KZ Ravensbrück in der Schneiderei des Lagers.

(Quelle: http://www.martinguse.de/ravensbrueck/frauenlager.htm;

Zugriff: 15. Januar 2020; zur Verfügung gestellt von der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück)

27


Karteikarte des KZ Dachau von Josef Makuch,

Gefangenennummer: 29848. (Quelle: ITS Digital

Archives, Nr. 1.1.6.2/10188762, Bad Arolsen)

Totenschein von Josef Makuch. (Quelle: ITS Digital

Archives, Nr. 0.1/39630077, Bad Arolsen)

Josef Makuch, der nicht ausreichend deutsch

sprach und zu dessen Vernehmungen ein anderer

Pole als Übersetzer herangezogen wurde,

erkannte vor Gericht die Vaterschaft an. Er

wurde in sogenannte „Schutzhaft“ genommen

und am 29. April 1942 in das Konzentrationslager

Dachau bei München verlegt, wo er unter

der Häftlingsnummer 29848 einem Strafvollzug

in schärfster Form unterworfen wurde. Am

16. Juli 1942 wurde Josef Makuch von Dachau

ins Gefängnis von Bruchsal gebracht, wo

er mehrere Tage einsaß. Zu einem anderen

Häftling soll er von seiner Hoffnung auf eine

Rückkehr nach Helmsheim zu Hilda und der

gemeinsamen Tochter gesprochen haben. Er

kehrte jedoch nur für eine Nacht nach Helmsheim

zurück, die er in der Arrestzelle in der

Helmsheimer Kelter verbrachte, streng bewacht

von Polizei und Gestapo. Erst an diesem Abend

wurde dem 40-Jährigen über einen Dolmetscher

eröffnet, dass er am nächsten Morgen gehängt

werde.

Am folgenden Morgen, dem 4. August 1942,

waren bald nach 6 Uhr circa 50 Fahrzeuge, mehr

als 150 polnische und russische Zwangsarbeiter

aus den umliegenden Ortschaften und eine

Vielzahl von Parteigenossen und Amtsträgern

in der Ortsmitte vor der Kelter versammelt. Der

Zug mit dem Delinquenten führte aus dem Ort

hinaus Richtung Heuert bis zum mit Bäumen

halb zugewachsenen Steinbruch im Gewann

Rötzen. Auch Hilda Eissler musste mitgehen;

sie wurde von der Gestapo regelrecht durch das

Dorf getrieben. Am Steinbruch angekommen

wurde nochmals das Todesurteil verlesen. Mit

der groß angelegten öffentlichen Hinrichtung

wollten die Nationalsozialisten ihre uneingeschränkte

Macht demonstrieren und gleichzeitig

eine Abschreckungswirkung erzielen. Dazu

passt, dass die Landsleute von Josef Makuch der

Vollstreckung nicht nur beiwohnen, sondern

einige bei dem grausamen Geschehen mitwirken

mussten. So wurden sie gezwungen ihm

den Strang um den Hals zu legen und die Leiche

vom Strang abzunehmen.

Josef Makuch wurde an einem Baum erhängt.

Der Amtsarzt stellte um 8.12 Uhr seinen Tod

fest. Ein zeitgenössisches Dokument vermerkt

als Ursache „Plötzlicher Hirntod, durch die Gestapo

erhängt“. Die Leiche von Josef Makuch

wurde der Anatomie in Heidelberg überstellt.

28


In der Öffentlichkeit scheint die Hinrichtung unterschiedlich bewertet worden zu sein.

Während überzeugte Nationalsozialisten das Todesurteil als gerechte Strafe für die begangene,

von den Nazis als „Rassenschande“ bezeichnete Begebenheit begrüßt haben, sind wohl

andere über die Vollstreckung der unbarmherzigen Strafe empört gewesen.

Auszug aus der Liste polnischer Zwangsarbeiter, die erhängt wurden, Nr. 16: Josef Makuch.

(Quelle: ITS Digital Archives, Nr. 1.2.2.1/11424754, Bad Arolsen)

Hilda und Irene Eissler hatten in der Folgezeit ein sehr schwieriges Leben. Hilda war für

das Leben gezeichnet, traumatisiert und daher nicht arbeitsfähig. Sie war ohne Einkommen

und somit stets auf Unterstützung von anderen angewiesen. Sie hatte zusätzlich mit dem

gesellschaftlichen Makel der unehelichen Geburt ihrer Tochter zu kämpfen. Irene durfte aus

diesem Grund auch nicht den Kindergarten besuchen und musste in der Schule an einem

Einzeltisch sitzen. Ab 1955 wurde ein Verfahren auf „Entschädigung wegen Schadens an

Freiheit und Schadens an Körper und Gesundheit“ angestrengt. Eine Wiedergutmachung

wurde jedoch im Juli 1956 mit folgenden Worten als unbegründet abgelehnt: „Gemäß §1

Abs. 1 des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung

vom 29.6.1956 (BEG) hat u.a. Anspruch auf Entschädigung, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft

gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der

Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch

u.a. Schaden an Leben, Körper und Gesundheit und an der Freiheit erlitten hat. Dies ist

hier nicht dargetan. Die Antragstellerin hat weder aus Gründen der politischen Gegnerschaft

gegen den Nationalsozialismus, noch aus den anderen oben angeführten Gründen die von ihr

behaupteten Nachteile erlitten. Obwohl ihr Unrecht geschehen ist, konnte ihren Anträgen nicht

stattgegeben werden, da sie die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.“ 14

14

GLA Karlsruhe 456 L 5538.

29


Irene Eissler erfuhr erst Jahrzehnte später Näheres über ihre Herkunft. Die Mutter selbst

sprach mit ihr nie über die Geschehnisse im Jahr ihrer Geburt, brach aber in Tränen aus,

wenn die Frage nach dem Vater aufkam. Erst als polnische Mitarbeiter bei Siemens sie darauf

aufmerksam machten, wurde sich Irene Eissler der dramatischen Familiengeschichte

bewusst.

Familie Eissler. (Foto: privat)

Hilda Eissler starb am 20. Januar 1978 mit 74 Jahren.

Mit der Verlegung der Stolpersteine und der Herausgabe

dieser Broschüre soll an die grausamen Verbrechen

der NS-Zeit, die inmitten der Gesellschaft

begangen wurden, erinnert und den Opfern Josef

Makuch und Hilda Eissler gedacht werden.

Porträt von Hilda Eissler. (Foto: privat)

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Geburtsurkunde von Irene Eissler mit Vaterschaftserklärung von Josef Makuch.

(Quelle: Standesamt Bruchsal)

31


Hilda Eissler mit Enkelkind. (Foto: privat)

Quellen:

• Ulrich Herbert: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland, Bonn 2003

• Ulrich Herbert: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft

des Dritten Reiches, Bonn/Berlin 1999

• https://www.zwangsarbeit-archiv.de/zwangsarbeit/ereignisse/polenerlasse/index.html

• https://www.zwangsarbeit-archiv.de/zwangsarbeit/zwangsarbeit/zwangsarbeit-hintergrund/index.html

• https://www.bundesarchiv.de/zwangsarbeit/geschichte/index.html

• https://www.zwangsarbeit-archiv.de/zwangsarbeit/zwangsarbeit/zwangsarbeit-begriffe/index.html

• Alexandra Nohl, Thomas Adam: „Opfer der nationalsozialistischen Rassenpolitik: Josef Makuch“,

in: Thomas Adam (u.a.), Helmsheim 769-2019. Dorf und dörfliches Leben im Wandel, Ubstadt-Weiher

u.a. 2019, S. 249 ff.

32


Die am 11.2. 2020 verlegten Stolpersteine wurden gespendet

von: für: Ort:

Inge und Petra Stuck, Heidelsheim Emanuel Maier Heidelsheim, Merianstraße 58

Inge und Petra Stuck, Heidelsheim Ida Maier Heidelsheim, Merianstraße 58

SPD Ortsverein Helmsheim Josef Makuch Helmsheim, Kurpfalzstraße 37

SPD Ortsverein Helmsheim Hilda Eissler Helmsheim, Kurpfalzstraße 37

Die BürgerStiftung Bruchsal hat die wichtige Aufgabe übernommen,

auch künftig Mittel für weitere Stolpersteine einzuwerben.

Jeder Stein kostet 120 Euro – dieser Betrag kann

jederzeit zweckgebunden an die BürgerStiftung Bruchsal gespendet

werden und wird in vollem Umfang für dieses Projekt

eingesetzt. Jeder Spender erhält eine Einladung zur nächsten

Stolpersteinverlegung, daher bitte auch die postalische Adresse

beim Verwendungszweck vermerken.

Sparkasse Kraichgau, IBAN DE 7566 3500 3600 0777 7777

Volksbank Bruchsal-Bretten, IBAN DE 5666 3912 0000 0080 0600

Impressum

Herausgeber: Stadtverwaltung Bruchsal

Auflage: 500 Stück, 1. Auflage Februar 2020

Redaktion: Steffen Maisch, Monika und Dr. Rüdiger Czolk, Florian Jung, Inge Schmidt

Layout & Druck: KAROLUS Media, Bruchsal

Die Rechte für die Beiträge liegen bei den jeweiligen Autoren.


Diese Stolpersteine erinnern seit 7. Mai 2007 an die Familie Stengel in Weingarten, Durlacher

Straße 10. Irma Stengel war die Tochter von Ida und Emanuel Maier und wuchs

in Heidelsheim auf. Beatrice Stengel wohnte seit etwa 1938 in Heidelsheim und besuchte

dort auch die Schule. Nach der Deportation ihrer Eltern Irma und Max nach Gurs lebte

Beatrice weitgehend bei der Oma Ida Maier in Heidelsheim. Beide wurden 1942 von

Heidelsheim aus nach Izbica deportiert. (Foto: Florian Jung)


Praca przymusowa w czasach narodowego socjalizmu

Pod pojęciem pracy przymusowej w czasach narodowego socjalizmu rozumiemy przede wszystkim

deportację i wyzysk ponad 20 milionów obywateli z wszystkim okupowanych państw – byli

to zarówno mężczyźni jak i kobiety, dorośli i młodociani, często także więźniowie obozów koncentracyjnych

lub jeńcy wojenni. Narodowosocjalistyczne Niemcy stworzyły w ten sposób jeden

z największych systemów robót przymusowych w historii świata.

Robotnicy przymusowi byli wykorzystywani we wszystkich sektorach ówczesnej gospodarki – w

rolnictwie, przemyśle (zbrojeniowym), górnictwie, na budowach, w rzemiośle oraz w gospodarstwach

domowych.

Wskutek zaciągnięcia do wojska dużej większości męskiej populacji Niemcy borykały się z niedoborem

pracowników w przemyśle i rolnictwie. Jedynie za pomocą masowego wykorzystywania

robotników przymusowych udawało się zapewniać niezbędne zaopatrzenie rolne i kontynuację

produkcji dóbr zbrojeniowych. Przemysł korzystał ponadto na rozszerzeniu produkcji dzięki tanim

siłom roboczym. Obywatele Niemiec mogli z kolei awansować do pozycji brygadzistów, gdyż

prace wymagające mniej odpowiedzialności zostały przekazane robotnikom przymusowym.

Warunki życia tych przymusowo pracujących w Niemczech lub przez Niemcy okupowanych

krajach ludzi zależały od ich narodowości, statusu prawnego i płci. Najbardziej znośne były zazwyczaj

dla robotników wykwalifikowanych z Europy Zachodniej lub przynależących do tzw.

„rasy nordyckiej”. Najcięższy los spotkał więźniów obozów koncentracyjnych, przede wszystkim

Żydów, Sinti i Roma, którzy byli traktowani na zasadzie „Wyniszczenia przez pracę”, którą naziści

stosowali do systematycznego mordowania etnicznego. Wszyscy zagraniczni robotnicy podlegali

rygorystycznemu nadzorowi rasistowsko-biurokratycznego aparatu kontroli i inwigilacji.

Roboty przymusowe odbywały się jawnie na oczach niemieckich obywateli – i to w dużo większym

stopniu niż inne zbrodnie przeciwko ludzkości III Rzeszy, która ustawicznie i w zupełności publicznie

uciekała się do takich zabiegów. Ogół niemieckich obywateli nie widział w tym jednak

żadnego bezprawia, gdyż w indoktrynowanych narodowosocjalistyczną ideologią i propagandą

ludziach odżyły ponadto zakorzenione w nich uprzedzenia wobec obcokrajowców. System pracy

przymusowej mógł zatem rozwijać się bez większego oporu.

Robotnicy przymusowi z Polski

Wyjątkową pozycję wśród robotników przymusowych zajmowali Polacy, ponieważ przynależeli

do jednej z pierwszych grup etnicznych, które naziści tuż po rozpoczęciu wojny zmusili do pracy.

Na przestrzeni lat 1939 do 1945 w Niemczech pracowało przymusowo łącznie ok. 1,6 miliona

polskich cywilów i ok. 300 000 polskich jeńców wojennych, większość z nich w rolnictwie.

W styczniu 1940 r. wdrożono w życie zarządzenie o masowym wykorzystaniu Polaków w

celu zabezpieczenia produkcji rolniczej i zastąpienia brakujących w III Rzeszy robotników

przemysłowych. Wiosną 1940 r. ogłoszono ogólny przymus do pracy dla wszystkich Polaków i

obowiązek pracy w Niemczech.

Na całym terenie okupowanej Polski stosowano w tym celu brutalne środki zastraszenia i przymusu,

a nawet otaczano kina i szkoły i organizowano obławy w dużych miastach. Niemieckie

urzędy zatrudnienia przybyły do Polski od razu z oddziałami Wehrmachtu, by rekrutować siły

robocze dla III Rzeszy. Każdy, kto w Niemczech chciał zatrudnić tzw. „Fremdarbeiter” (robotni-

1


ka cudzoziemskiego), zwracał się po prostu do lokalnego urzędu pracy. Zatrudnianie obcokrajowców,

w szczególności pochodzenia słowiańskiego, budziło nierzadko kontrowersje w rządzie

III Rzeszy, ponieważ jawnie naruszało zasady nazistowskiej ideologii. Co i rusz ostro i głośno

przestrzegano przed niebezpieczeństwami sprowadzania do kraju tzw. „Fremdvölkische“ („obcoludowych“),

jak w żargonie nazistów nazywano obcokrajowców. Rząd III Rzeszy wymuszał

zatem ścisłą regulację życia sprowadzonych do Niemiec Polaków i traktowanie ich według „rasowego

punktu widzenia” – czyli zgodnie z nieludzkimi zasadami nazistowskiej dyktatury.

Wprowadzone 8 marca 1940 r. przez Główny Urząd Bezpieczeństwa Rzeszy pod kierownictwem

Heinricha Himmlera liczne rozporządzenia o Polakach (tzw. „Polen-Erlasse”) ilustrują

dobitnie rasistowski charakter całego reżimu. Ustalono tam obowiązek znakowania ubioru za

pomocą litery „P” i sformułowano rygorystyczne zakazy: polscy robotnicy przymusowi nie

mogą opuszczać przydzielonego im miejsca zamieszkania, używać środków komunikacji miejskiej

ani opuszczać mieszkania po zmierzchu. Zakazano im także odwiedzania kościołów, restauracji,

kin, teatrów itp. Nie podlegali sądownictwu karnemu, lecz bezpośrednio Tajnej Policji

Państwowej (Gestapo).

Jakiekolwiek kontakty prywatne między Niemcami a Polakami były surowo zabronione, a stosunki

intymne kończyły się w przypadku nakrycia dla polskich mężczyzn karą śmierci. Liczba

straconych za tzw. „zbrodnię miłości” jest do dzisiaj nieznana.

Realizacja tego nakazanego, dyskryminującego traktowania nie była przestrzegana w rolnictwie

tak pieczołowicie jak w przemyśle. Organy bezpieczeństwa co i rusz zarzucały ludności na wsi

utrzymywanie zbyt bliskich stosunków z Polakami, ponieważ w wiejskich okolicznościach przyjmowano

np. posiłki zazwyczaj przy jednym stole zamiast oddzielnie. Wystarczające zaopatrzenie

Niemców w żywność stanowiło dla rządu III Rzeszy jednak najwyższy priorytet, aby w żadnym

wypadku nie wywoływać niezadowolenia wśród ludności. Dlatego brak segregacji rasowej, do

której większość rolników wcale nie dążyła, była niechętnie tolerowana. W zakładach rolniczych

traktowano polskich robotników zazwyczaj pragmatycznie, czyli jak niemieckie siły robocze.

Los Józefa Makucha i Hildy Eissler

1 kwietnia 1940 r. do południowo-zachodniej części Niemiec przybył transport robotników

przymusowych z Polski, by uzupełnić niedobór sił roboczych, przede wszystkim w rolnictwie.

Za tamtych czasów jeszcze niezależnej wiosce Helmsheim przydzielono siedmiu mężczyzn,

wśród których był m.in. Józef Makuch, ur. 1902 r. w Łętowni. Będąc wtedy w wieku 38 lat, był

znacznie starszy od pozostałych robotników przymusowych w swojej grupie.

Józefa Makucha oddelegowano do posiadłości wdowy o imieniu Karoline Eissler, która mieszkała

tam wraz ze swymi trzema niezamężnymi córkami. Józef Makuch okazał się być nad wyraz pracowitym

i niezawodnym robotnikiem, który wraz z resztą rodziny sprawnie wykonywał wszystkie

obowiązki na roli i w oborze. Wyjątkowo dobrze rozumiał się z córką o imieniu Hilda, a z codziennej

bliskości, wynikającej ze wspólnej pracy, narodził się zakazany, intymny związek. 37-letnia

Hilda zaszła w ciążę i 12.01.1942 r. urodziła córkę Irene w szpitalu w pobliskiej miejscowości

Bruchsal. Podczas porodu zgodnie z prawdą wymieniła Józefa Makucha jako ojca.

Hilda Eissler najwidoczniej nie miała pojęcia, że prawda będzie miała tak tragiczne konsekwencje

– zarówno dla niej samej, jak i dla ojca jej nowo narodzonego dziecka. Wieść o tym zdarzeniu

2


szybko rozeszła się po wiosce i wśród urzędów partyjnych, docierając w końcu do Tajnej Policji

Państwowej (Gestapo), dla której według słowa i ducha ideologii nazistowskiej był to przypadek

tzw. „Rassenschande” („zhańbienie rasy”).

Reichsführer SS Heinrich Himmler już w lutym 1940 r. groził za taki występek okrutną karą:

„Jeśli Polak będzie współżył z Niemką, a mówię tutaj o stosunku płciowym, to mężczyzna ten

zostanie powieszony i to przed jego obozem. Wtedy inni tego nie powtórzą […] Kobiety zostaną

surowo osądzone, a w przypadku niewystarczających znamion czynu przestępczego – takie

skrajne przypadki w końcu też się zdarzają – wysłane do obozów koncentracyjnych.”

Z dzisiejszej perspektywy nie da się już z ostateczną pewnością stwierdzić, jakie osoby były odpowiedzialne

za fakt, że w tym przypadku groźba ta spełniła się z pełną srogością i w każdym szczególe.

Możemy śmiało założyć, że ówczesny burmistrz Helmsheimu Engelbert Stein – członek

partii NSDAP (Narodowosocjalistyczna Niemiecka Partia Robotników) od 1926 r. i właściciel

złotej odznaki partyjnej – znacząco się przyczynił do wprowadzenia tej bezlitosnej maszynerii

w ruch. Istnieją również wyraźne poszlaki, że brat Hildy Eissler, który również posiadał złotą

odznakę partyjną, a w urzędzie miasta był prawą ręką burmistrza, odegrał kluczową rolę.

Zarówno Józef Makuch jak i Hilda Eissler zostali pojmani i przewiezieni do aresztu śledczego

w Karlsruhe. Hilda Eissler trafiła następnie do obozu koncentracyjnego dla kobiet w Ravensbrück,

na północ od Berlina, gdzie przyjęto ją jako więźnia politycznego. Sama Hilda określa

ten czas mianem „piekła na ziemi”, a w jej pamiętnikach czytamy następujące wiersze: „Byłam

tam tak zadręczana, że po trzech miesiącach byłam wykończona zarówno fizycznie, jak i psychicznie.

Zostałam ogolona na łyso i odebrano mi zdolność do rozrodu, przy czym o mało nie

wykrwawiłam się na śmierć. Liczono się z moim zgonem i dlatego mnie zwolniono.”

Hilda trafiła do szpitala w miejscowości Bruchsal, gdzie w miarę udało się przywrócić jej fizyczne

zdrowie.

Józef Makuch, który nie władał wystarczająco dobrze językiem niemieckim i w trakcie

przesłuchania korzystał z usług tłumaczeniowych innego Polaka, przyznał się przed sądem do

ojcostwa. Trafił do tzw. „aresztu prewencyjnego”, skąd 29.04.1941 r. przetransportowano go do

obozu koncentracyjnego Dachau nieopodal Monachium. Otrzymał tam numer więźnia 29848 i

został skazany na wykonanie kary w najostrzejszej formie.

Dnia 16.07.1942 r. Józef Makuch został przeniesiony z Dachau do więzienia w Bruchsal, gdzie

spędził kilka dni. Według zeznań zwierzał się tam innemu więźniowi ze swojej nadziei na powrót

do Helmsheim – do Hildy i ich wspólnej córki. Do Helmsheim powrócił jednak tylko na jedną

noc, którą spędził w areszcie wewnątrz budynku starej tłoczni pod czujnym okiem policji i Ge-

Stolpersteine

in Bruchsal

Stadtteil

stapo. Dopiero w ten wieczór powiadomiono 40-letniego Józefa przez tłumacza, że nazajutrz

zostanie stracony przez powieszenie.

Następnego ranka, 4 sierpnia, tuż po godzinie 6 rano w centrum wioski przed starą tłocznią

zebrano ok. 50 pojazdów, ponad 150 polskich i rosyjskich robotników przymusowych z okolicy i

licznych członków i funkcjonariuszy NSDAP. Pochód towarzyszący skazanemu wyprowadził go

z wioski w stronę miejscowości Heuert aż do częściowo zarośniętego drzewami kamieniołomu

w Gewann Rötzen. Gestapo zmusiło także Hildę Eissler do wzięcia udziału w tym pochodzie,

bezlitośnie gnając ją przez wioskę. Gdy pochód dotarł do kamieniołomu, odczytano ofic-

Heidelsheim

jalnie wyrok śmierci. Za pomocą tej szeroko zakrojonej, publicznej egzekucji naziści chcieli

zademonstrować swoją niepodważalną władzę i zarazem uzyskać efekt odstraszenia. Intencja

ta objawia się szczególnie w fakcie, że rodacy Józefa Makucha musieli nie tylko być świadkami

3


egzekucji, lecz niektórzy z nich zostali nawet zmuszeni do współdziałania przy jej dokonaniu, np.

do nałożenia stryczka przez głowę skazanego i późniejszego zdjęcia zwłok.

Józef Makuch został powieszony na drzewie. Lekarz publiczny stwierdził zgon o godz. 8:12 rano,

a w oficjalnym dokumencie odnotowano przyczynę zgonu: „Nagła śmierć mózgu, powieszony

przez Gestapo”. Zwłoki Józefa Makucha przekazano oddziałowi anatomii w Heidelbergu.

Opinia publiczna zareagowała z mieszanymi uczuciami na tę egzekucję. Oddani naziści pochwalili

oczywiście takie postępowanie jako sprawiedliwą karę za zbrodnię „zhańbienia rasy”, lecz

wielu ówczesnych Niemców wyrażało także oburzenie okrutnością tej kary.

Dla Hildy Eissler i jej córki Irene nastały bardzo ciężkie czasy. Z racji traumatyzujących przeżyć

Hilda nie była w stanie pracować i bez stałego dochodu była zdana na pomoc innych. Ponadto

musiała radzić sobie ze społecznym stygmatem wychowywania nieślubnej córki. Z tego powodu

Irene nie mogła uczęszczać do przedszkola, a w szkole siedziała w osobnej ławce. W 1955 wytoczono

proces o „rekompensatę za pozbawienie wolności i szkody na ciele i zdrowiu”. W lipcu 1956

r. roszczenie to zostało jednak odrzucone i następującymi słowami uznane za bezpodstawne:

„Zgodnie z §1 ust. 1 Federalnej ustawy o odszkodowaniach dla ofiar represji narodowego socjalizmu

(Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung,

BEG) z dnia 29.06.1956 prawo do odszkodowania posiadają m.in. osoby, które z racji politycznej

opozycji wobec narodowego socjalizmu lub z racji rasy, wiary bądź światopoglądu były ścigane

przez nazistowskie organy i doświadczyły z ich strony przemocy, która doprowadziła do szkód na

ich życiu, ciele i zdrowiu oraz wolności. W tym przypadku wnioskodawczyni nie doświadczyła

wymienionych przez siebie szkód wskutek opozycji wobec narodowego socjalizmu ani wskutek

innych, wyżej wymienionych przyczyn. Mimo iż spotkała ją niesprawiedliwość, jej wniosek nie

może zostać rozpatrzony pozytywnie, ponieważ nie spełnia wymaganych ku temu wymogów

prawnych”.

Irene Eissler poznała całą prawdę o swoich narodzinach dopiero kilkadziesiąt lat później. Jej

matka nigdy nie rozmawiała z nią o wydarzeniach z pierwszego roku jej narodzin, a gdy była

pytana o ojca jej córki, wybuchała niekontrolowany płaczem. Dopiero po rozmowie z polskimi

pracownikami w firmie Siemens Irene Eissler poznała dramatyczną historię swojej rodziny.

Hilda Eissler umarła w 1978 roku, w wieku 74 lat. Kamienie pamięci oraz ta broszura mają na

celu zachować pamięć o Józefie Makuchu i Hildzie Eissler i stale przypominać o okrutnych

zbrodniach III Rzeszy, które nierzadko odbywały się na oczach całego społeczeństwa.

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