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Gazette Wilmersdorf Februar 2020

Gazette für Wilmersdorf, Schmargendorf, Grunewald und Halensee

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14 | Gazette Wilmersdorf | Februar 2020

Bestände der Gipsformerei auf der

Museumsinsel

Sonderausstellung in der James-Simon-Galerie

Anlässlich ihres 200-jährigen

Jubiläums zeigt die seit 1891 in

Charlottenburg beheimatete

Gipsformerei als älteste Einrichtung

der Staatlichen Museen zu

Berlin erstmals eine umfassende

Präsentation ihrer Bestände –

als erste Ausstellung in der im

Juli 2019 eröffnenden James-Simon-Galerie.

Die weltweit größte

noch existente Museumsformerei

– anfangs Teil der Rauch’schen

Werkstätten, dann im alten Museum

und später im Königlichen

Gießhaus in der Münzstraße

– verfügt über ein mehrere Tausend

Stücke umfassendes Konvolut

historischer Gussformen

und Modelle, die auf Werke aller

Epochen und Weltkulturen zurückgehen.

Mit rund 200 Exponaten

widmet sich die Ausstellung

dem Thema der Lebend- und Naturabformung

und verdeutlicht,

wie „nah“ der Gipsabguss dem

Nach Donatello: David,

Mastermodell, 1882. Gips,

schellackiert, 160 × 53 × 53,5 cm

(Original: um 1440, Museo

Nazionale del Bargello, Florenz).

Foto: Staatliche Museen zu Berlin,

Gipsformerei / Philip Radowitz

Kopf des Eisbären Knut, 3D-Druck, 2011, Polymergips, Epoxidharz,

42 × 57 × 64 cm. Technische Universität Berlin, 3D Labor am Institut für

Mathematik.

Foto: Ralf Günther / Leibniz-IZW

Leben kommen kann. Anhand

einer „Gipsspur“, die sich über

die gesamte Museumsinsel Berlin

zieht, werden die engen Verknüpfungen

der Gipsformerei mit den

Skulpturenbeständen der Staatlichen

Museen zu Berlin erfahrbar.

Das Abformen von Gegenständen

in Gips oder anderen

Gieß- und Abformmassen ist

eine Kulturtechnik, die zu den

ältesten bildnerischen Mitteln

der Menschheit gehört. Durch

den Direktkontakt mit dem abgeformten

Gegenstand gilt die

Abformung als authentisch und

wirklichkeitsnah. In der Kunstund

Bildhauereigeschichte Europas

und Nordamerikas, die sich

vom Altertum bis in die Gegenwart

an der Darstellung des „echten“

Lebens abgearbeitet hat, ist

das Abformen und Abgießen

deshalb seit jeher ein beliebtes

künstlerisches Verfahren. Der

Allgegenwärtigkeit dieser Praxis

zum Trotz wurden Skulpturen, die

qua Abformung entstanden sind,

jedoch traditionell mit einem

Negativurteil versehen und bis

in die Moderne hinein als Nicht-

Kunst disqualifiziert.

In fünf thematischen Sektionen

geht die Ausstellung der Idee

nach, dass die Abformung dem

Leben (und dem Tod) buchstäblich

am nächsten kommt. Sie

macht die tragende Bedeutung

der Abformung in der Geschichte

der Bildhauerei deutlich und

weicht Grenzlinien zwischen

Kunst, Nicht-Kunst, Handwerk

und Wissenschaft auf. Gezeigt

werden alle Arten von Abgüssen,

aber auch Gemälde, Bücher,

Druckgrafiken, Fotografien und

Videos. Von Tierabgüssen über

Totenmasken von Geistesgrößen

des 19. Jahrhunderts, Körperteilmodelle

aus der Künstlerausbildung

und den sensiblen

Sammlungsbestand von Menschenabgüssen

aus kolonialen

Kontexten wird der Bogen zu

prominenten Werken von Donatello,

Auguste Rodin oder Marcel

Duchamp geschlagen, die (vermeintlich)

mit Hilfe von Körperabformungen

entstanden sind.

Die Ausstellung erschließt den

Bestand der Gipsformerei querschnittsartig

und stellt ihm Objekte

aus den anderen Sammlungen

der Staatlichen Museen

zu Berlin sowie herausragende

Leihgaben u. a. aus dem Kunsthistorischen

Museum Wien, dem

Kunstmuseum Göteburg, dem

Museum für Moderne Kunst

Frankfurt am Main oder den

Staatlichen Kunstsammlungen

Dresden gegenüber.

Die Gipsformerei

Als weltweit größte, noch heute

aktive Kunstmanufaktur ihrer

Art verfügt die Gipsformerei der

Staatlichen Museen zu Berlin über

ein mehrere Tausend Stücke umfassendes

Konvolut von Formen,

Master- und Malmodellen. Seit

200 Jahren fertigt sie hochwertige

Kunstrepliken aus lokalen,

überregionalen und internationalen

Museen an. Zum Bestand gehören

über 7.000 Abformungen

von Originalkunstwerken aus nahezu

allen Epochen und Weltkulturen,

die auf Wunsch gefertigt

werden können. Unter ihnen befinden

sich neben vielen Arbeiten

unbekannter Meister Formen und

Abgüsse von über 400 bekannten

Künstler/innen aus der Antike

bis zur Neuzeit. Eine besondere

Bedeutung für die Gipsformerei

haben die Arbeiten der klassizistischen

Bildhauer Johann Gottfried

Schadow, Schöpfer der Quadriga

auf dem Brandenburger Tor und

Begründer der Berliner Bildhauerschule,

und seinem Schüler

Christian Daniel Rauch, erster

Gründungsdirektor der Museumsinstitution.

Die Gipsformerei, 1819 durch

König Friedrich Wilhelm III. als

„Königlich Preußische Gipsgussanstalt“

gegründet, gehört seit

1830 zu den Königlichen, heute

Staatlichen Museen zu Berlin.

Damit ist sie deren älteste Institution.

Ihre Gründung war nur

eine von zahlreichen Initiativen

des Staates Preußen zur Stärkung

von Kunst, Wissenschaft

und Industrie. Da in der Zeit des

Klassizismus die Nachfrage nach

antiken Werken stark gestiegen

war und Gipsabgüsse zu jener

Zeit teuer aus Italien importiert

werden mussten, erhoffte der

Staat sich mit der Herstellung von

Abgüssen eine neue Einnahmequelle

zu erschließen. Ihr erster

Leiter war Christian Daniel Rauch,

der bedeutendste klassizistische

Bildhauer in Preußen.

Ausstellung: Nah am Leben.

200 Jahre Gipsformerei

Museumsinsel Berlin

James-Simon-Galerie, Bodestraße

10178 Berlin

30. August 2019 bis 1. März 2020

Öffnungszeiten:

Mo bis Mi und Fr bis So 9.30 bis

18.30 Uhr, Do 9.30 bis 20.30 Uhr

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