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ZAP-2020-03

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<strong>ZAP</strong><br />

Anwaltsmagazin<br />

nahme formulieren kann. Anschließend muss<br />

sich noch der Bundestag mit dem Ländervorschlag<br />

befassen.<br />

[Quelle: Bundesrat]<br />

Haftungsfragen beim Einsatz von KI<br />

Künstliche Intelligenz (kurz: KI) hält in immer mehr<br />

Bereichen der Industrie und des Dienstleistungssektors<br />

Einzug. Bereits heute bedienen sich etwa<br />

Banken, Versicherungen und Internet-Dienste diesen<br />

fortgeschrittenen Technologien, ohne dass die<br />

Kunden viel davon merken. Anwendungen der<br />

Zukunft, etwa das autonome Fahren, sind ohne<br />

den Einsatz von KI gar nicht denkbar. Auch der<br />

Rechtsberatungsmarkt wird davon nicht unberührt<br />

bleiben, wie bereits die aktuell angebotenen sog.<br />

Legal-Tech-Dienstleistungen zeigen.<br />

Noch steckt diese Technologie in den Anfängen;<br />

aber bereits jetzt wird ihr Einsatz auch rechtlich<br />

hinterfragt, nicht nur bei der Zulässigkeit der<br />

Angebote – im Rechtsmarkt etwa mit Blick auf<br />

das Rechtsdienstleistungsgesetz –, sondern auch<br />

bei der Haftung. Die einzelnen nationalen Regelungen<br />

zum Haftungsrecht sind lange vor der<br />

Entwicklung der KI entstanden und auch auf der<br />

EU-Ebene gibt es derzeit nur die Produkthaftungsrichtlinie.<br />

Diese Situation war im Sommer 2018 Anlass für die<br />

EU-Kommission, zuoffenen Haftungsfragen beim<br />

Einsatz von KI eine Expertengruppe einzusetzen.<br />

Sie sollte erforschen, ob das derzeit geltende EU-<br />

Recht angesichts der neuen Technologien noch<br />

ausreichend ist, oder ob Handlungsbedarf besteht.<br />

Die Ergebnisse der Expertengruppe wurden von der<br />

Bundesrechtsanwaltskammer kürzlich vorgestellt.<br />

Danach kommt die Expertengruppe in ihrem<br />

Bericht („Liability for artificial intelligence and other<br />

emerging digital technologies“) zu dem Schluss, dass<br />

Handlungsbedarf besteht. Zwar würden die geltenden<br />

Haftungsregelungen in den Mitgliedstaaten<br />

zumindest für einen Grundschutz für Schäden, die<br />

im Zusammenhang mit neuen Technologien entstanden<br />

sind, sorgen. Allerdings könnten aufgrund<br />

der spezifischen Charakteristika dieser KI-Technologien,<br />

wie etwa der Fähigkeit, selbstständig zu<br />

lernen, oftmals keine angemessenen Ergebnisse bei<br />

Anwendung der bestehenden Regelungen in Schadensfällen<br />

erzielt werden. Ferner hänge es aufgrund<br />

der unterschiedlichen Ausgestaltung der Produkthaftungsregeln<br />

in den Mitgliedstaaten auch davon<br />

ab, in welchem Land ein Opfer Kompensation für<br />

seine Schäden fordere. Es mangele an einer kohärenten<br />

und angemessenen Antwort der Rechtssysteme<br />

auf spezifische Bedrohungen für Individuen.<br />

Insbesondere erhielten die Opfer von Schäden<br />

durch neuen Technologien im Vergleich zu Opfern<br />

von Schäden, die durch Menschen oder herkömmliche<br />

Technologie entstanden sind, weniger oder<br />

keine Kompensation. Schließlich sei ein effektiver<br />

Zugang zum Recht nicht immer gegeben, da<br />

entsprechende Prozesse für die Opfer oftmals<br />

übermäßig mühsam oder teuer würden.<br />

Zur Lösung dieser Probleme haben die Experten<br />

zwei Ansätze verfolgt: Der eine geht in Richtung<br />

einer verschuldensunabhängigen, der andere in<br />

Richtung einer fehlerbasierten Haftung. Die Expertengruppe<br />

schlägt beispielsweise vor, eine<br />

„strict liability“ für Personen einzuführen, die KI-<br />

Anwendungen mit erhöhtem Schadensrisiko führen.<br />

Wenn ein Diensteanbieter ein höheres Maß an<br />

Kontrolle hat, als der Nutzer der Anwendung, soll<br />

dies bei der Zurechnung berücksichtigt werden.<br />

Eine Person, die eine KI-Anwendung mit einem<br />

gewissen Maß an Autonomie führt, soll nicht<br />

anders behandelt werden als wenn der Schaden<br />

durch einen menschlichen Helfer entstanden wäre.<br />

Auch wer eine Anwendung führt, der kein erhöhtes<br />

Risiko innewohnt, sollte dazu verpflichtet sein,<br />

die Technologie sorgfältig auszuwählen, zu überwachen,<br />

zu führen und instand zu halten und<br />

schließlich bei Verstößen dagegen haftbar sein.<br />

Hersteller von Produkten oder digitalen Inhalten<br />

sollen für Fehler haften, auch wenn diese auf<br />

Veränderungen, die nach Inverkehrbringen unter<br />

ihrer Kontrolle durchgeführt wurden, entstanden<br />

sind. Ihre verschuldensunabhängige Haftung soll<br />

einen grundlegenden Bestandteil bei der Kompensation<br />

von Schäden darstellen. Wo Dritte der<br />

Gefahr von Schäden ausgesetzt sind, soll eine<br />

verpflichtende Versicherung eingeführt werden.<br />

Die neuen Technologien sollen weiter mit einer<br />

Protokollierungsmöglichkeit ausgestattet sein, so<br />

dass Informationen zum Ablauf ihrer Funktionen<br />

gespeichert werden. Ein Fehler hierbei soll zu einer<br />

Umkehrung der Beweislast führen. Grundsätzlich<br />

soll zwar weiterhin das Opfer beweisen müssen,<br />

wodurch sein Schaden entstanden ist, davon soll es<br />

aber Ausnahmen und Erleichterungen geben, wo<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 3 5.2.<strong>2020</strong> 119

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