ZAP-2020-03
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Fach 4, Seite 1862<br />
Mietvertrag: Kündigung – Formalien<br />
Miete/Nutzungen<br />
f) Sonderfälle<br />
Ist über das Vermögen des Mieters das (Verbraucher-)Insolvenzverfahren eröffnet worden, ist der<br />
Insolvenzverwalter allein richtiger Adressat der Kündigungserklärung. Hat der Insolvenzverwalter/<br />
Treuhänder die Wohnung gem. § 109 Abs. 1 InsO freigegeben (Enthaftungserklärung), erhält der Mieter<br />
mit Wirksamwerden der Erklärung die volle Verwaltungsbefugnis zurück und ist alleiniger Adressat der<br />
Kündigung (BGH NJW 2014, 1954; NJW 2014, 2585; HINZ ZMR 2014, 949).<br />
Soweit in einem Formularmietvertrag vom Vermieter Zugangserleichterungen vereinbart werden, ist<br />
§ 308 Nr. 6 BGB zu beachten. Danach ist eine Zugangsfiktion bezüglich einer Erklärung des Vermieters<br />
unwirksam. Dies gilt z.B. für den Zugang unter Einschaltung von Empfangsboten und Klauseln, die die<br />
Absendung der Erklärung an den letzten bekannten Aufenthaltsort für ausreichend erklären.<br />
5. Inhalt<br />
a) Allgemein<br />
Aus der Kündigungserklärung muss eindeutig zum Ausdruck kommen, dass der Kündigende das<br />
Mietverhältnis beenden will. Das Wort „Kündigung“ muss er hierfür nicht unbedingt gebrauchen. Im<br />
Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist an dem Grundsatz festzuhalten, dass sich aus der<br />
Kündigungserklärung der übereinstimmende Kündigungswille aller Kündigenden ergibt und dieser<br />
Kündigungswille allen Kündigungsempfängern zuverlässig zur Kenntnis gebracht wird (AG Leipzig<br />
WuM 1998, 752; AG Friedberg WuM 1980, 63). Keine Kündigung liegt vor, wenn die Vertragsbeendigung<br />
lediglich in Aussicht gestellt, angedroht oder vorgeschlagen wird. Aus der Kündigungserklärung<br />
muss sich ergeben, wer die Kündigung ausgesprochen hat, welcher Mietgegenstand<br />
gekündigt wird und gegen wen sich die Kündigung richtet. Irrtümliche Falschbezeichnungen schaden<br />
nicht, wenn der Empfänger den Irrtum ohne Weiteres erkennen kann. Hat der Empfänger mehrere<br />
Wohnungen gemietet und ist unklar, welche Wohnung gekündigt werden soll, ist die Kündigung<br />
unwirksam (LG Berlin ZMR 1992, 346). Den Empfänger einer Kündigung trifft keine Aufklärungs- oder<br />
Nachforschungspflicht.<br />
Im Austausch des Schlosses durch den Gerichtsvollzieher liegt keine Kündigungserklärung des<br />
Mietverhältnisses durch den Vermieter (OLG Koblenz ZMR 1993, 68), denn eine solche Maßnahme des<br />
Gerichtsvollziehers lässt sich jedenfalls so lange, wie sie nicht von bestimmten Erklärungen begleitet<br />
war, grds. nicht als Willensäußerung des Vermieters verstehen; der Gerichtsvollzieher handelt nämlich<br />
von seinem äußeren Erscheinungsbild her entsprechend seiner gesetzlichen Aufgabe nicht als<br />
Parteivertreter, sondern als selbstständiges Organ der Rechtspflege unter eigener Verantwortung.<br />
Als einseitige Willenserklärung ist eine Kündigung bedingungsfeindlich. Dies gilt nach h.M. allerdings<br />
nur für die echte Bedingung, nicht für die Potestativbedingung (BGH NJW 1986, 2245). Eine echte<br />
Bedingung liegt vor, wenn die Wirksamkeit der Kündigung von einem künftigen ungewissen Ereignis<br />
abhängen soll. Bei der Potestativbedingung soll der Eintritt der Kündigungswirkung an das willkürliche<br />
Verhalten der Gegenpartei geknüpft werden, das sich nicht auf die Kündigung selbst bezieht (z.B. eine<br />
Mieterkündigung, falls der Vermieter Mängel nicht beseitigt). Rechtsbedingungen sind unschädlich.<br />
Das ist z.B. der Fall, wenn zunächst die Nichtigkeit des Mietvertrags, dann seine Anfechtung und<br />
schließlich die Kündigung behauptet wird. Eine hilfsweise ausgesprochene Kündigung ist ebenfalls<br />
wirksam, weil sie unter der Rechtsbedingung der Wirksamkeit des Vertrags und/oder der Unwirksamkeit<br />
zuvor ausgesprochener Kündigungen erfolgt. Das gilt inbs. für den Fall der „hilfsweise“<br />
erklärten ordentlichen Zahlungsverzugskündigung neben einer außerordentlichen fristlosen Kündigung<br />
(BGH BGHZ 220, 1 = NJW 2018, 3517 m. Anm. BÖRSTINGHAUS jurisPR-BGHZivilR 19/2018 Anm. 1;<br />
BÖRSTINGHAUS LMK 2018, 411605; KAPPUS NJW 2018, 3522; BEYER jurisPR-MietR 24/2018 Anm. 3; SINGBARTL/<br />
KRAUS NZM 2018, 946; MEIER ZMR 2019, 175).<br />
146 <strong>ZAP</strong> Nr. 3 5.2.<strong>2020</strong>