ZAP-2020-03
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Miete/Nutzungen Fach 4, Seite 1861<br />
Mietvertrag: Kündigung – Formalien<br />
einer Partei sind die Vorschriften der Zustellung von Amts wegen entsprechend anzuwenden, es sei<br />
denn, aus den §§ 192 ff. ZPO ergibt sich etwas anderes. Die von der Partei zu betreibende Zustellung<br />
erfolgt durch den Gerichtsvollzieher. Der Absender muss dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende<br />
Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften übergeben. Der Gerichtsvollzieher beglaubigt die<br />
Abschriften. Er kann die Zustellung gem. § 193 ZPO selbst vornehmen oder die Post damit beauftragen<br />
(§ 194 ZPO). Eine Zustellung mittels Übergabe-Einschreiben mit Rückschein ist hierbei anders als bei der<br />
Zustellung von Amts wegen nicht möglich. Besonders interessant ist die Zustellung durch den<br />
Gerichtsvollzieher nicht nur wegen des besonderen Nachweises des Zugangs, sondern v.a. auch wegen<br />
der großzügigen Möglichkeiten der Ersatzzustellung. Möglich ist zum einen eine Ersatzzustellung gem.<br />
§ 178 ZPO an Familienangehörige und Mitbewohner und zum anderen auch eine Zustellung durch<br />
schlichtes Zurücklassen des zuzustellenden Schriftstücks bei Annahmeverweigerung, § 179 ZPO sowie<br />
die Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten gem. § 180 ZPO. Nur wenn die Ersatzzustellung<br />
durch Einlegen des Schriftstücks in den Briefkasten nicht möglich ist, ist die Kündigung durch<br />
Niederlegung gem. § 181 ZPO zuzustellen. In diesem Fall wird das Schreiben bei der Post niedergelegt<br />
und zur Abholung bereitgehalten. Der Adressat wird durch eine Benachrichtigungskarte informiert. Die<br />
Zustellung gilt mit dem Einwurf in den Briefkasten, § 180 ZPO bzw. dem Einwurf der Benachrichtigungskarte,<br />
§ 181 ZPO, als bewirkt (LG Berlin GE 1983, 77). Dies gilt aber dann nicht, wenn der<br />
Vermieter weiß, dass der Mieter die Wohnung (vorübergehend) durch Verlagerung seines Lebensmittelpunktes<br />
verlassen hat (AG Hamburg WuM 1993, 463).<br />
d) Öffentliche Zustellung<br />
Gemäß § 132 Abs. 2 BGB kann eine Kündigung ggf. auch durch öffentliche Zustellung zugestellt werden.<br />
Soweit die Vorschrift danach unterscheidet, dass der Erklärende entweder über die Person, der<br />
gegenüber die Erklärung abzugeben ist, oder über deren Aufenthalt im Unklaren ist, kommt hier wohl<br />
nur die zweite Alternative in Betracht. In diesem Fall ist für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung<br />
das AG zuständig, in dessen Bezirk der Erklärungsempfänger seinen letzten Wohnsitz/Aufenthalt hatte.<br />
Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der ZPO über die öffentliche Zustellung.<br />
e) Zustellung an beschränkt Geschäftsfähige<br />
Ist der Mieter zwar wegen Geisteskrankheit schuldunfähig, aber nicht partiell geschäftsunfähig,<br />
geht ihm das Kündigungsschreiben des Vermieters unmittelbar zu. Ist jedoch für den Mieter ein<br />
Betreuer (umfassend zur Wohnraummiete und Betreuung: SCHUMACHER NZM 20<strong>03</strong>, 257) bestellt, ist die<br />
Kündigung an den Betreuer als gesetzlichen Vertreter zu richten (AG Hamburg ZMR 2001, 898). Für die<br />
Wirksamkeit der Kündigung reicht es nicht aus, dass der Betreuer von dem Inhalt der an den Mieter<br />
gerichteten Kündigung Kenntnis nimmt (LG Dresden WuM 1994, 377; LG Berlin MDR 1982, 321 = GE 1982,<br />
45). Eine gegenüber dem vom Vormundschaftsgericht für den Mieter bestellten Prozesspfleger<br />
abgegebene Kündigungserklärung ist dem Mieter nicht i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zugegangen, wenn der<br />
Prozesspfleger (lediglich) zur Vornahme von Prozesshandlungen (also zur aktiven Vertretung), nicht<br />
aber auch zum Empfang von Willenserklärungen (also zur passiven Vertretung) bevollmächtigt ist<br />
(LG Hamburg WuM 1993, 44).<br />
Der Betreuer bedarf für eine Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses gem. § 1907 Abs. 1 BGB der<br />
Zustimmung des Vormundschaftsgerichts. Maßgebend für die Genehmigung sind gemäß dem auch hier<br />
geltenden § 1907 Abs. 2 BGB das Wohl und die Wünsche des Betreuten. Insoweit ist wegen des<br />
Selbstbestimmungsrechtes und des Schutzes der Wohnung des Betreuten selbst irrationalen Wünschen<br />
wie objektiv unsinnigen Mietausgaben zu folgen, solange nicht höherrangige Rechtsgüter gefährdet<br />
sind (OLG Oldenburg NZM 20<strong>03</strong>, 232). Im Genehmigungsverfahren muss wegen der Bedeutung der<br />
Wohnraumkündigung für den Betreuten regelmäßig ein Verfahrenspfleger bestellt und ein Sachverständigengutachten<br />
(zu den Auswirkungen der Wohnungsaufgabe, zum Krankheitsverlauf und den<br />
verbliebenen Möglichkeiten selbstständiger Lebensführung) eingeholt werden. Eine ohne die Zustimmung<br />
erklärte Kündigung ist nichtig (LG Berlin NZM 2001, 807). Umstritten ist, ob die Zustimmung des<br />
Vormundschaftsgerichts auch erforderlich ist, wenn der Betreute die Räume nicht selbst gemietet hat,<br />
aber in ihnen lebt.<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 3 5.2.<strong>2020</strong> 145