31.01.2020 Aufrufe

ZAP-2020-03

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Miete/Nutzungen Fach 4, Seite 1861<br />

Mietvertrag: Kündigung – Formalien<br />

einer Partei sind die Vorschriften der Zustellung von Amts wegen entsprechend anzuwenden, es sei<br />

denn, aus den §§ 192 ff. ZPO ergibt sich etwas anderes. Die von der Partei zu betreibende Zustellung<br />

erfolgt durch den Gerichtsvollzieher. Der Absender muss dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende<br />

Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften übergeben. Der Gerichtsvollzieher beglaubigt die<br />

Abschriften. Er kann die Zustellung gem. § 193 ZPO selbst vornehmen oder die Post damit beauftragen<br />

(§ 194 ZPO). Eine Zustellung mittels Übergabe-Einschreiben mit Rückschein ist hierbei anders als bei der<br />

Zustellung von Amts wegen nicht möglich. Besonders interessant ist die Zustellung durch den<br />

Gerichtsvollzieher nicht nur wegen des besonderen Nachweises des Zugangs, sondern v.a. auch wegen<br />

der großzügigen Möglichkeiten der Ersatzzustellung. Möglich ist zum einen eine Ersatzzustellung gem.<br />

§ 178 ZPO an Familienangehörige und Mitbewohner und zum anderen auch eine Zustellung durch<br />

schlichtes Zurücklassen des zuzustellenden Schriftstücks bei Annahmeverweigerung, § 179 ZPO sowie<br />

die Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten gem. § 180 ZPO. Nur wenn die Ersatzzustellung<br />

durch Einlegen des Schriftstücks in den Briefkasten nicht möglich ist, ist die Kündigung durch<br />

Niederlegung gem. § 181 ZPO zuzustellen. In diesem Fall wird das Schreiben bei der Post niedergelegt<br />

und zur Abholung bereitgehalten. Der Adressat wird durch eine Benachrichtigungskarte informiert. Die<br />

Zustellung gilt mit dem Einwurf in den Briefkasten, § 180 ZPO bzw. dem Einwurf der Benachrichtigungskarte,<br />

§ 181 ZPO, als bewirkt (LG Berlin GE 1983, 77). Dies gilt aber dann nicht, wenn der<br />

Vermieter weiß, dass der Mieter die Wohnung (vorübergehend) durch Verlagerung seines Lebensmittelpunktes<br />

verlassen hat (AG Hamburg WuM 1993, 463).<br />

d) Öffentliche Zustellung<br />

Gemäß § 132 Abs. 2 BGB kann eine Kündigung ggf. auch durch öffentliche Zustellung zugestellt werden.<br />

Soweit die Vorschrift danach unterscheidet, dass der Erklärende entweder über die Person, der<br />

gegenüber die Erklärung abzugeben ist, oder über deren Aufenthalt im Unklaren ist, kommt hier wohl<br />

nur die zweite Alternative in Betracht. In diesem Fall ist für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung<br />

das AG zuständig, in dessen Bezirk der Erklärungsempfänger seinen letzten Wohnsitz/Aufenthalt hatte.<br />

Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der ZPO über die öffentliche Zustellung.<br />

e) Zustellung an beschränkt Geschäftsfähige<br />

Ist der Mieter zwar wegen Geisteskrankheit schuldunfähig, aber nicht partiell geschäftsunfähig,<br />

geht ihm das Kündigungsschreiben des Vermieters unmittelbar zu. Ist jedoch für den Mieter ein<br />

Betreuer (umfassend zur Wohnraummiete und Betreuung: SCHUMACHER NZM 20<strong>03</strong>, 257) bestellt, ist die<br />

Kündigung an den Betreuer als gesetzlichen Vertreter zu richten (AG Hamburg ZMR 2001, 898). Für die<br />

Wirksamkeit der Kündigung reicht es nicht aus, dass der Betreuer von dem Inhalt der an den Mieter<br />

gerichteten Kündigung Kenntnis nimmt (LG Dresden WuM 1994, 377; LG Berlin MDR 1982, 321 = GE 1982,<br />

45). Eine gegenüber dem vom Vormundschaftsgericht für den Mieter bestellten Prozesspfleger<br />

abgegebene Kündigungserklärung ist dem Mieter nicht i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zugegangen, wenn der<br />

Prozesspfleger (lediglich) zur Vornahme von Prozesshandlungen (also zur aktiven Vertretung), nicht<br />

aber auch zum Empfang von Willenserklärungen (also zur passiven Vertretung) bevollmächtigt ist<br />

(LG Hamburg WuM 1993, 44).<br />

Der Betreuer bedarf für eine Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses gem. § 1907 Abs. 1 BGB der<br />

Zustimmung des Vormundschaftsgerichts. Maßgebend für die Genehmigung sind gemäß dem auch hier<br />

geltenden § 1907 Abs. 2 BGB das Wohl und die Wünsche des Betreuten. Insoweit ist wegen des<br />

Selbstbestimmungsrechtes und des Schutzes der Wohnung des Betreuten selbst irrationalen Wünschen<br />

wie objektiv unsinnigen Mietausgaben zu folgen, solange nicht höherrangige Rechtsgüter gefährdet<br />

sind (OLG Oldenburg NZM 20<strong>03</strong>, 232). Im Genehmigungsverfahren muss wegen der Bedeutung der<br />

Wohnraumkündigung für den Betreuten regelmäßig ein Verfahrenspfleger bestellt und ein Sachverständigengutachten<br />

(zu den Auswirkungen der Wohnungsaufgabe, zum Krankheitsverlauf und den<br />

verbliebenen Möglichkeiten selbstständiger Lebensführung) eingeholt werden. Eine ohne die Zustimmung<br />

erklärte Kündigung ist nichtig (LG Berlin NZM 2001, 807). Umstritten ist, ob die Zustimmung des<br />

Vormundschaftsgerichts auch erforderlich ist, wenn der Betreute die Räume nicht selbst gemietet hat,<br />

aber in ihnen lebt.<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. 3 5.2.<strong>2020</strong> 145

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!