ZAP-2020-03
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Fach 4, Seite 1856<br />
Mietvertrag: Kündigung – Formalien<br />
Miete/Nutzungen<br />
über gelten für die Vollmachtserteilung die Formvorschriften der §§ 126, 568 BGB nicht. Gemäß § 167 Abs. 2<br />
BGB gilt für die Vollmachtserteilung nicht die Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das<br />
sich die Vollmacht bezieht.<br />
Die Kündigung kann auch im laufenden Rechtsstreit durch oder in einem Schriftsatz während eines<br />
anhängigen Rechtsstreits erfolgen. In der bloßen Erhebung einer Räumungsklage ist grds. aber noch<br />
keine Kündigungserklärung zu sehen. Erfolgt ausdrücklich eine Kündigung in einem an das Gericht<br />
gerichteten Schriftsatz, so ist der Schriftform des § 568 Abs. 1 BGB genüge getan, wenn dem<br />
Kündigungsadressaten bzw. seinem Bevollmächtigten eine vom Prozessbevollmächtigten der Gegenseite<br />
selbst beglaubigte Abschrift des die Kündigung aussprechenden Schriftsatzes zugeht. Eine<br />
Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter der Abschrift ist neben oder statt der Unterschrift unter<br />
dem Beglaubigungsvermerk nicht erforderlich. Ist die Kündigung in einem prozessualen Schriftsatz<br />
enthalten, so ist der Zugang einer vom Erklärenden unterzeichneten Abschrift des Schriftsatzes beim<br />
Gegner erforderlich; die Zustellung nur einer beglaubigten Abschrift von Anwalt zu Anwalt oder von<br />
Amts wegen nach § 198 oder §§ 208 ff. ZPO genügt auch im Hinblick auf § 132 Abs. 1 BGB nicht (BGH<br />
WuM 1987, 209). Etwas anderes soll ausnahmsweise nur dann gelten, wenn der Prozessbevollmächtigte<br />
des Vermieters die Kündigung selbst ausgesprochen und anschließend als Prozessbevollmächtigter des<br />
Vermieters im Prozess auftritt. In diesem Fall wird dem Formerfordernis des § 568 BGB im Allgemeinen<br />
auch dann Genüge getan, wenn der Anwalt den Beglaubigungsvermerk auf der der anderen Partei<br />
zugestellten Abschrift des Schriftsatzes unterschrieben hat (BGH WuM 1987, 209; OLG Zweibrücken<br />
OLGZ 1981, 350; BayObLG München NJW 1981, 2197; OLG Hamm NJW 1982, 452). Entscheidend ist also,<br />
dass zwischen Schriftsatzverfasser und dem Beglaubigenden Personenidentität besteht. Erfolgt die<br />
Beglaubigung also durch die Geschäftsstellenbeamtin ist die gesetzliche Schriftform gem. §§ 568, 126<br />
BGB nicht gewahrt. Durch eine ins gerichtliche Protokoll erklärte Kündigung wird die Schriftform<br />
ebenfalls nicht gewahrt (AG Braunschweig WuM 1990, 153; AG Münster WuM 1987, 273; LG Berlin MDR<br />
1982, 321). § 127a BGB gilt nur für gerichtliche Vergleiche. In Betracht kommen kann aber die Auslegung<br />
der Erklärung in ein Angebot auf Vertragsaufhebung, dass die andere Seite ausdrücklich oder konkludent<br />
annehmen kann.<br />
Das bedeutet, dass in der Wohnraummiete einschließlich der ungeschützten Mietverhältnisse des<br />
§ 549 Abs. 2 und 3 BGB eine Kündigung in Textform, also per Fax, SMS, E-Mail oder Messenger-Dienst<br />
ebenso unwirksam ist, wie eine mündlich erklärte Kündigung, insb. sind die für die Zulässigkeit der<br />
Vorabübersendung eines gerichtlichen Schriftsatzes per Telefax entwickelten Grundsätze nicht<br />
entsprechend anwendbar (GmS-OGB BGHZ 144, 160 = NJW 2000, 2340). Deshalb wahrt ein sog.<br />
Vorab-Telefax, auch wenn später das Originalschreiben zugeht, die Frist nicht. Auch eine E-Mail mit<br />
eingescannter Unterschrift erfüllt nicht die Schriftform. Hat der Vermieter das Kündigungsschreiben<br />
nicht unterschrieben ist die Kündigung unwirksam und dem Mieter können Schadenersatzansprüche<br />
i.H.d. zur Abwehr der Kündigung aufgewandten Kosten zustehen (LG Hamburg ZMR 2011, 211).<br />
Zulässig ist aber eine Kündigung in elektronischer Form gem. § 126a BGB. Das ergibt sich aus § 126<br />
Abs. 3 BGB, wonach die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann. In diesem<br />
Fall muss der Aussteller der Erklärung gem. § 126a Abs. 1 BGB dieser seinen Namen hinzufügen und das<br />
elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Die Anforderungen<br />
an eine solche elektronische Signatur sind in Abschnitt 4 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und<br />
Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie<br />
1999/93/EG geregelt (ABl Nr. L 257 v. 28.8.2014, S. 73; berichtigt in ABl 2015, Nr. L 23, S. 19). Danach<br />
hat eine solche qualifizierte Signatur gem. Art. 25 Abs. 2 VO die gleiche Rechtswirkung wie eine<br />
handschriftliche Unterschrift. Nach Art 27 ff. VO erfordert dies eine Signaturkarte sowie ein qualifiziertes<br />
Zertifikat eines Dienstanbieters und die Nutzung einer sicheren Signaturerstellungseinheit. Hierzu zählt<br />
das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nicht (DÖTSCH MietRB 2018, 30, 31). Ist in einem mit<br />
qualifizierter elektronischer Signatur versehenen Schriftsatz an das Gericht eine Kündigung eines<br />
Wohnraummietverhältnisses enthalten, ist diese nur wirksam, wenn das Gericht diesen Schriftsatz<br />
140 <strong>ZAP</strong> Nr. 3 5.2.<strong>2020</strong>