ZAP-2020-03

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Fach 4, Seite 1846 Mietvertrag: Kündigung – Formalien Miete/Nutzungen 2004, 287; NZM 1999, 1091; NJW 1974, 1551; OLG Celle ZMR 2000, 284; LG Berlin ZMR 1988, 61). Der Erwerber kann nur in Rechte eintreten, welche dem Verkäufer als Vermieter zustanden. Hat der Zwangsverwalter die Wohnung vermietet, so liegt es nahe, dass er für den damaligen Eigentümer der Immobilie gehandelt hat. Es liegt dann die für die Anwendung des § 566 BGB erforderliche Identität vor (BGH WuM 2013, 496 = ZMR 2013, 866). Bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer ist § 566 Abs. 1 BGB aber dann entsprechend anwendbar, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH NZM 2017, 847). Bei Vermietung einer Wohnung durch zwei Miteigentümer bleiben beide auch dann Vermieter – und ist eine Kündigung gegenüber dem Mieter demgemäß von beiden Vermietern auszusprechen –, wenn der eine seinen Miteigentumsanteil später an den anderen veräußert. Auf einen solchen Eigentumserwerb findet § 566 Abs. 1 BGB weder direkte noch analoge Anwendung (BGH NZM 2019, 208). Die Wirkung der Rechtsnachfolge tritt mit Vollzug der Eigentumsänderung, also i.d.R. mit der Eintragung im Grundbuch, bei der Zwangsversteigerung mit Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ein. Allein durch ein Rechtsgeschäft zwischen Grundstücksveräußerer und -erwerber, z.B. eine Regelung im notariellen Kaufvertrag über den wirtschaftlichen Besitzübergang und die Lastentragung, kann eine Rechtsnachfolge nicht begründet werden (LG Hamburg WuM 1993, 48). Möglich ist aber ein „dreiseitiger Vertrag“, also eine Vereinbarung, an der zusätzlich auch der Mieter beteiligt ist (sog. Mieteintrittsvereinbarung; BGH NZM 2010, 471). Allein die Tatsache, dass der Mieter aufgrund der Mitteilung der Veräußerung die Miete an den Erwerber zahlt, kann im Einzelfall eine Zustimmung darstellen (BGH WuM 2013, 496 = ZMR 2013, 866). Möglich ist aber eine Ermächtigung des Erwerbers durch den Veräußerer zur Kündigung (BGH NJW 1998, 896). Ist eine juristische Person, z.B. eine GmbH, AG oder Genossenschaft Eigentümerin des Grundstücks, liegt bei Veränderung auf Gesellschafterseite selbst bei vollständigem Verkauf oder einer Verschmelzung regelmäßig keine Veräußerung i.S.d. § 566 BGB vor, da kein Eigentümerwechsel stattfindet. Dies gilt auch bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die als Außengesellschaft i.S.d. BGH-Rechtsprechung tätig ist (s. oben II 1 b). Auch hier gilt für den Gesellschafterwechsel außerhalb des Grundbuchs § 566 BGB nicht (BGH NZM 1998, 260). Der Mietvertrag wird jedenfalls dann ohne Weiteres mit der Gesellschaft in der neuen personellen Zusammensetzung fortgeführt, wenn die ursprünglichen Gesellschafter mit einem ihre gesamthänderische Bindung bezeichnenden Vermerk gem. § 47 GBO als Eigentümer im Grundbuch eingetragen waren. Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so führt dies regelmäßig zu einem Übergang des Mietvertrags auf den letzten verbliebenen Gesellschafter unter Erlöschen der GbR (BGHZ 32, 307, 317 f.; BGH NJW 1994, 796; KRAEMER NZM 2002, 465). Erwerben mehrere Personen, die eine Außengesellschaft bilden, ein Grundstück so wird die BGB-Gesellschaft gem. § 566 BGB Vermieterin. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter eine GbR gründet oder einer solchen beitritt und das Grundstück mit in die Gesellschaft einbringt. Die formwechselnde Umwandlung von einer KG in eine GbR und wiederum in eine GmbH führt nach einem negativen Rechtsentscheid des KG (NZM 2001, 520) auch bei einem zwischenzeitlichen Gesellschafterwechsel nicht dazu, dass die Identität der Gesellschaft als solche verändert wird. Diese Umwandlungen haben deshalb keinen Einfluss auf bestehende Mietverhältnisse. Zu beachten sind aber die Nachwirkungsfristen nach dem Umwandlungsgesetz, wenn es um die persönliche Haftung der ursprünglichen Gesellschafter geht (dazu KANDELHARD NZM 1999,440). § 566 BGB ist weder zwingendes noch halbzwingendes Recht. Deshalb sind grds. abweichende Vereinbarungen möglich, jedoch bestehen Bedenken gegen eine formularvertragliche Regelung. cc) Umwandlung in Wohnungseigentum Wird vermieteter Wohnraum in Wohnungseigentum umgewandelt oder wird Wohnungseigentum vermietet, entstehen im Schnittpunkt von Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (dazu BLANK WuM 2000, 523; 2013, 94; ARTZ/JACOBY WuM 2013, 67; HÄUBLEIN WuM 2013, 68; BECKER WuM 2013, 73; BEYER WuM 130 ZAP Nr. 3 5.2.2020

Miete/Nutzungen Fach 4, Seite 1847 Mietvertrag: Kündigung – Formalien 2013, 77; LEHMANN-RICHTER WuM 2013, 82; SUILMANN WuM 2013, 86; DÖTSCH WuM 2013, 90) häufig Probleme, weil beide Bereiche nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Hier sind die verschiedenen Fallkonstellationen zu unterscheiden: Wird ein Mietvertrag über eine bereits in Wohnungseigentum umgewandelte oder neu errichtete Eigentumswohnung abgeschlossen, dann ergeben sich die Parteien des Mietvertrags aus dem Mietvertrag. Für den Fall der Veräußerung der Wohnung nach der Vermietung tritt der Erwerber gem. § 566 BGB an die Stelle des Veräußerers. Die Vorschrift des § 566 BGB ist auf die Veräußerung von Wohnungseigentum unmittelbar anwendbar (BGHZ 126, 357). Zu einer „Vermieterfalle“ kann sich die Umwandlung einer vermieteten Wohnung in eine Eigentumswohnung entwickeln. Wird Wohnungseigentum begründet, gibt es mindestens zwei, manchmal auch drei Eigentums- bzw. Nutzungsverhältnisse. Es entstehen mindestens Gemeinschafts- und auch Sondereigentum, manchmal werden auch noch Sondernutzungsrechte begründet. Dies muss sorgfältig getrennt werden. Das Mietverhältnis selbst wird durch die Aufteilung nicht berührt. Es bleibt selbst dann ein einheitliches Mietverhältnis, wenn Sonder- und Gemeinschaftseigentum nach der Umwandlung betroffen sind. Es stellt sich nur die Frage, wer Vermieter dieses einheitlichen Mietverhältnisses geworden ist, was dann etwa für die Frage, wer die Kündigungserklärung abzugeben hat, von Bedeutung ist. • Soweit der Mieter lediglich nicht dem ausschließlichen Mietgebrauch unterliegende Teile mitbenutzt, die im Gemeinschaftseigentum stehen, z.B. das Treppenhaus, wird die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht Vermieter (LG Hamburg WuM 1997, 47). Vermieter ist der jeweilige Eigentümer des Sondereigentums. • Steht dem Mieter an einem dem Gemeinschaftseigentum unterfallenden Grundstücksteil ein ausschließlicher Mietgebrauch zu, so wird der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung alleiniger Vermieter, wenn die Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum umgewandelt worden ist und zusammen mit der Wohnung ein Kellerraum vermietet ist, der nach der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer steht (BGH WuM 1999, 390). • Umstritten ist nach wie vor die Frage, wer Vermieter wird, wenn dem Mieter Räume vermietet wurden, die nach der Umwandlung zwei verschiedenen Eigentümern gehören. Gehört zu der Wohnung ein mitvermieteter Nebenraum, der nach der wohnungseigentumsrechtlichen Aufteilung zum Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers gehört, dann soll nach einem Urteil des LG Hamburg (ZMR 1999, 765) der o.g. Rechtsentscheid des BGH nicht anwendbar sein. In diesem Fall sollen beide Erwerber Vermieter werden. • Wurde bei einem einheitlichen Mietverhältnis über eine Wohnung und eine Garage das Sondereigentum an der Wohnung und das Teileigentum an der Garage an unterschiedliche Erwerber veräußert, so werden beide Erwerber gemeinsam Vermieter des einheitlichen Mietverhältnisses über Wohnung und Garage (BGH NZM 2005, 941; ebenso schon BayObLG WuM 1991, 78). • Besteht am Gemeinschaftseigentum ein Sondernutzungsrecht (z.B. an Gartenflächen) zugunsten des Sondereigentümers, dem auch die vom Mieter bewohnte Wohnung gehört, dann neigt das LG Hamburg (WuM 1997, 47) zu der Annahme, dass dieser Sondernutzungsberechtigte entsprechend §§ 566, 567 BGB alleiniger Vermieter ist. • Ist das Gebäude bereits in Wohnungseigentum geteilt, wurde die Wohnung aber noch von der Bauherrengemeinschaft vermietet, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Wohnungsgrundbuch bereits angelegt war und ein einzelner Bauherr als Eigentümer eingetragen ist, bleibt die Bauherrengemeinschaft Vermieter, da § 566 BGB nur einschlägig ist, wenn das Eigentum nach Vertragsschluss übergeht. Der Erwerber kann sich zwar von der Gemeinschaft den Anspruch auf Miete abtreten lassen, die volle Vermieterstellung kann er jedoch nicht erlangen. Auch hier muss eine Kündigungserklärung durch die Bauherrengemeinschaft als Vermieter erfolgen. In diesen Fällen der Vorratsteilung gem. § 8 WEG setzt sich das Bruchteilseigentum am Wohnungseigentum fort. ZAP Nr. 3 5.2.2020 131

Fach 4, Seite 1846<br />

Mietvertrag: Kündigung – Formalien<br />

Miete/Nutzungen<br />

2004, 287; NZM 1999, 1091; NJW 1974, 1551; OLG Celle ZMR 2000, 284; LG Berlin ZMR 1988, 61). Der<br />

Erwerber kann nur in Rechte eintreten, welche dem Verkäufer als Vermieter zustanden. Hat der<br />

Zwangsverwalter die Wohnung vermietet, so liegt es nahe, dass er für den damaligen Eigentümer der<br />

Immobilie gehandelt hat. Es liegt dann die für die Anwendung des § 566 BGB erforderliche Identität vor<br />

(BGH WuM 2013, 496 = ZMR 2013, 866). Bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer ist<br />

§ 566 Abs. 1 BGB aber dann entsprechend anwendbar, wenn die Vermietung des veräußerten<br />

Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt und<br />

der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH NZM 2017, 847).<br />

Bei Vermietung einer Wohnung durch zwei Miteigentümer bleiben beide auch dann Vermieter – und ist<br />

eine Kündigung gegenüber dem Mieter demgemäß von beiden Vermietern auszusprechen –, wenn der<br />

eine seinen Miteigentumsanteil später an den anderen veräußert. Auf einen solchen Eigentumserwerb<br />

findet § 566 Abs. 1 BGB weder direkte noch analoge Anwendung (BGH NZM 2019, 208).<br />

Die Wirkung der Rechtsnachfolge tritt mit Vollzug der Eigentumsänderung, also i.d.R. mit der<br />

Eintragung im Grundbuch, bei der Zwangsversteigerung mit Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ein.<br />

Allein durch ein Rechtsgeschäft zwischen Grundstücksveräußerer und -erwerber, z.B. eine Regelung im<br />

notariellen Kaufvertrag über den wirtschaftlichen Besitzübergang und die Lastentragung, kann eine<br />

Rechtsnachfolge nicht begründet werden (LG Hamburg WuM 1993, 48). Möglich ist aber ein „dreiseitiger<br />

Vertrag“, also eine Vereinbarung, an der zusätzlich auch der Mieter beteiligt ist (sog. Mieteintrittsvereinbarung;<br />

BGH NZM 2010, 471). Allein die Tatsache, dass der Mieter aufgrund der Mitteilung der<br />

Veräußerung die Miete an den Erwerber zahlt, kann im Einzelfall eine Zustimmung darstellen (BGH<br />

WuM 2013, 496 = ZMR 2013, 866). Möglich ist aber eine Ermächtigung des Erwerbers durch den<br />

Veräußerer zur Kündigung (BGH NJW 1998, 896).<br />

Ist eine juristische Person, z.B. eine GmbH, AG oder Genossenschaft Eigentümerin des Grundstücks,<br />

liegt bei Veränderung auf Gesellschafterseite selbst bei vollständigem Verkauf oder einer Verschmelzung<br />

regelmäßig keine Veräußerung i.S.d. § 566 BGB vor, da kein Eigentümerwechsel stattfindet. Dies gilt<br />

auch bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die als Außengesellschaft i.S.d. BGH-Rechtsprechung<br />

tätig ist (s. oben II 1 b). Auch hier gilt für den Gesellschafterwechsel außerhalb des Grundbuchs § 566<br />

BGB nicht (BGH NZM 1998, 260). Der Mietvertrag wird jedenfalls dann ohne Weiteres mit der<br />

Gesellschaft in der neuen personellen Zusammensetzung fortgeführt, wenn die ursprünglichen<br />

Gesellschafter mit einem ihre gesamthänderische Bindung bezeichnenden Vermerk gem. § 47 GBO<br />

als Eigentümer im Grundbuch eingetragen waren. Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus der<br />

Gesellschaft aus, so führt dies regelmäßig zu einem Übergang des Mietvertrags auf den letzten<br />

verbliebenen Gesellschafter unter Erlöschen der GbR (BGHZ 32, 307, 317 f.; BGH NJW 1994, 796; KRAEMER<br />

NZM 2002, 465). Erwerben mehrere Personen, die eine Außengesellschaft bilden, ein Grundstück so wird<br />

die BGB-Gesellschaft gem. § 566 BGB Vermieterin. Das gilt auch dann, wenn der Vermieter eine GbR<br />

gründet oder einer solchen beitritt und das Grundstück mit in die Gesellschaft einbringt. Die<br />

formwechselnde Umwandlung von einer KG in eine GbR und wiederum in eine GmbH führt nach<br />

einem negativen Rechtsentscheid des KG (NZM 2001, 520) auch bei einem zwischenzeitlichen<br />

Gesellschafterwechsel nicht dazu, dass die Identität der Gesellschaft als solche verändert wird. Diese<br />

Umwandlungen haben deshalb keinen Einfluss auf bestehende Mietverhältnisse. Zu beachten sind aber<br />

die Nachwirkungsfristen nach dem Umwandlungsgesetz, wenn es um die persönliche Haftung der<br />

ursprünglichen Gesellschafter geht (dazu KANDELHARD NZM 1999,440).<br />

§ 566 BGB ist weder zwingendes noch halbzwingendes Recht. Deshalb sind grds. abweichende<br />

Vereinbarungen möglich, jedoch bestehen Bedenken gegen eine formularvertragliche Regelung.<br />

cc) Umwandlung in Wohnungseigentum<br />

Wird vermieteter Wohnraum in Wohnungseigentum umgewandelt oder wird Wohnungseigentum<br />

vermietet, entstehen im Schnittpunkt von Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (dazu BLANK WuM<br />

2000, 523; 2013, 94; ARTZ/JACOBY WuM 2013, 67; HÄUBLEIN WuM 2013, 68; BECKER WuM 2013, 73; BEYER WuM<br />

130 <strong>ZAP</strong> Nr. 3 5.2.<strong>2020</strong>

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