UKJ-Klinikmagazin 1/2020

Gesicht bewahren - Chancen bei Kopf-Hals-Tumoren Gesicht bewahren - Chancen bei Kopf-Hals-Tumoren

01|20

Jan. 2020

DAS GESUNDHEITSMAGAZIN AM UNIVERSITÄTSKLINIKUM JENA

TITELTHEMA

GESICHT

BEWAHREN

Chancen bei Kopf-Hals-Tumoren

HEILEN

Was nützen gute

Vorsätze?

HEILEN

Impfen schützt die

Ungeschützten


TITELTHEMA

INHALT

Liebe Leserinnen

und Leser,

sie gehören zu den häufigsten Krebsarten

in Deutschland – und werden

dennoch oft erst spät erkannt: Tumoren

im Kopf- und Halsbereich. Die verschiedenen

Erkrankungen und mögliche

Therapie stehen im Mittelpunkt

dieser Ausgabe unseres Klinikmagazins.

Die Experten am UKJ setzen schonende

Verfahren ein, um die Tumoren

möglichst ohne große Schnitte zu entfernen.

Manchmal müssen die angrenzende

Schleimhaut, Gewebe, Knochen

oder Teile des Kiefers entfernt werden.

Um diese zu ersetzen, wird mit Hilfe

von CT- oder MRT-Aufnahmen und

einem 3D-Drucker eine passgenaue

Schablone angefertigt. Die Patienten

sollen nach der Behandlung wieder

problemlos essen und trinken können.

Auch die Ästhetik spielt eine große

Rolle – damit niemand sein Gesicht

verstecken muss.

CHANCEN BEI KOPF-HALS-TUMOREN

Was leistet ein spezialisiertes Zentrum? Ein Interview . . . . . . . . . . . . . 4

Zahlen und Fakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Passgenauer Ersatz für Mundgewebe und Knochen . . . . . . . . . . . . . . 10

Den Mundhöhlenkrebs besiegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Mit Strahlen heilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Scharfsteller gegen den Krebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

AKTUELLES

Krankenhäuser als Klimaschützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Auch etwas für Männer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Zurück am UKJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Durchbruch in der Krebstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

HEILEN

Was nützen gute Vorsätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Eine ganz besondere Tagesklinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Impfen: Schutz für die Ungeschützten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

FORSCHEN

Neuer Professor für Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Neue DFG-Forschergruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Nacht der Wissenschaft in Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Übrigens: Wer nicht raucht und keinen

Alkohol konsumiert, verringert sein

Risiko, an einem Kopf-Hals-Tumor zu

erkranken. Ob es jedoch sinnvoll ist,

sich für das neue Jahr vorzunehmen,

den eigenen Lebensstil zu verändern,

erfahren Sie ebenfalls in diesem

Klinikmagazin.

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche

Lektüre.

Ihre „Klinikmagazin“-Redaktion

LEHREN

„eHealth and Communication“ studieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Was macht gute Lehre aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

HINTER DEN KULISSEN

Im Porträt: Eine Schwester mit Leib und Seele . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Eine Feuerwehr fürs Klinikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

KURZ & KNAPP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

TERMINE & KONTAKTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Titelfoto: Schroll

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STANDPUNKTE

UKJ setzt weitreichende Zeichen

Tarifvertrag Entlastung ist geschlossen

Foto: Schroll

Am UKJ existieren nun feste

Personalschlüssel für jede Station.

Es gibt einen Belastungsausgleich,

wenn es mal nicht so läuft wie geplant.

Das Einspringen aus dem Frei wird

belohnt.

In der Nacht ist niemand allein.

Azubis, Bufdis und Studenten sind für

uns Lernende, keine Vollkräfte.

Zusätzliches Personal wird für die OPund

Anästhesiepflege bereitgestellt.

„Es ist eine

enorme Chance für

alle Beteiligten, diesen

Tarifvertrag gemeinsam

umzusetzen. Nur so

wird es gelingen,

zusätzliches Personal

für das UKJ zu

begeistern.“

PD Dr. Jens Maschmann

Nicht erst seit kurzem hat sich der Vorstand

des Universitätsklinikums Jena

zu einer weiteren Stärkung des Pflegedienstes

uneingeschränkt bekannt.

Bereits seit 2015 haben wir am UKJ kontinuierlich

Personal aufgebaut. Diesen

Kurs setzen wir nun auf Grundlage des

mit der Dienstleistungsgewerkschaft

ver.di zum 1. Januar dieses Jahres abgeschlossenen

Tarifvertrages Entlastung

noch stringenter fort.

Die Rahmenbedingungen für Pflegende

zu verbessern, ist eine der wichtigen

gesamtgesellschaftlichen Aufgaben.

Vor diesem Hintergrund betrachten

wir den Tarifvertrag als Meilenstein

zur Entlastung unserer Mitarbeiter im

Pflegedienst einerseits und zu Regelungen

für die künftige Zusammenarbeit

für alle Beschäftigten am UKJ Der

Tarifvertrag ist in dieser Form neu und

setzt damit klare Zeichen, die weit über

die Grenzen Jenas und auch Thüringens

wahrgenommen werden.

Wir haben darin Festlegungen betroffen,

die die in der Pflege Beschäftigten

wirklich entlasten werden:

So sehr es uns am Herzen liegt, Überlastung

in der Pflege zu vermeiden,

müssen wir uns gleichzeitig bewusst

machen, dass das UKJ als einziges Universitätsklinikum

in Thüringen in einer

besonderen Verantwortung steht für

die Versorgung der Patienten in und

um Jena und bei vielen komplexen

Krankheitsbildern auch weit darüber

hinaus.

Es gilt, die Balance zwischen

Versorgungsauftrag, wirtschaftlichen

Notwendigkeiten

und

„Mit dem

Tarifvertrag

unterstreicht das

Universitätsklinikum

Jena seine Position als

einer der attraktivsten

Arbeitgeber in

Thüringen.“

Dr. Brunhilde Seidel-Kwem

einer realisierbaren Verbesserung

der Arbeitsbedingungen umzusetzen.

Mit dem Tarifvertrag werden

wir diese Balance halten können. Die

Festlegungen treten ab 1. April dieses

Jahres in Kraft. Die besondere Herausforderung

besteht nun darin, die

vereinbarten Pflegepersonalzahlen zu

erreichen. Aufgrund der Arbeitsmarktsituation

wird dies kurzfristig nicht

realisierbar werden können. Dennoch

setzen wir all unsere Kraft für dieses

Ziel ein.

Dr. Brunhilde Seidel-Kwem

Kaufmänischer Vorstand

PD Dr. Jens Maschmann

Medizinischer Vorstand

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TITELTHEMA

GESICHT

BEWAHREN

Bösartige Tumoren der Kopf-

Hals-Region gehören inzwischen

zu den häufigsten Krebsarten

weltweit und auch in Deutschland.

Im Universitätsklinikum Jena

werden Patienten mit diesen

Tumoren im zertifizierten Kopf-

Hals-Tumor-Zentrum behandelt,

das gemeinsam von Prof. Dr. Dr.

Stefan Schultze-Mosgau, Direktor

der Klinik und Poliklinik für Mund-,

Kiefer- und Gesichtschirurgie/

Plastische Chirurgie, und Prof. Dr.

Orlando Guntinas-Lichius, Direktor

der Klinik für Hals-, Nasen- und

Ohrenheilkunde, geleitet wird.

4 01 | 20


TITELTHEMA

Wenn mit dem Tumor auch Gewebe und Knochen entfernt werden

müssen, werden diese rekonstruiert – damit Patienten nach der

Behandlung ihr Gesicht nicht verstecken müssen. Foto: Schroll

Beim Begriff HNO-Klinik denken wir

nicht zuerst an bösartige Tumorerkrankungen.

Wie häufig kommen Sie vor?

Prof. Guntinas-Lichius: Tatsächlich

spielt die Behandlung von Tumorpatienten

in der universitären HNO-

Heilkunde eine große Rolle und ist ein

wesentlicher Teil unseres Klinikalltags.

Wir betreuen allein am UKJ jedes Jahr

über 100 neue Patienten mit bösartigen

Kopf-Hals-Tumoren. Darüber hinaus

sehen wir in der Nachsorgesprechstunde

wöchentlich zwischen 50 bis 60

Patienten.

Kopf-Hals-Tumoren sind eine große

Überschrift. Welche Arten werden

darunter zusammengefasst?

Prof. Guntinas-Lichius: Wir unterscheiden

Lippentumoren, Tumoren in der

Mundhöhle, Tumoren des Mundrachens,

des Nasenrachens, des tiefen

Rachens und des Kehlkopfes. Das sind

die Hauptgruppen. Diese Tumoren verhalten

sich sehr unterschiedlich. Und

dementsprechend verschieden sind

daher auch die Therapiekonzepte.

Eine Besonderheit unserer Klinik ist

es, dass wir uns auch sehr stark mit

bösartigen Tumoren in den Speicheldrüsen

beschäftigen. Diese Tumoren

treten sehr selten auf und sollten am

besten nur in spezialisierten Zentren

wie dem unsrigen behandelt werden.

Sind die Ursachen für Kopf-Hals-

Tumoren bekannt?

Prof. Guntinas-Lichius: Speziell für

Deutschland – in anderen Ländern

hat sich das ein wenig anders entwickelt

– können wir sagen, dass

die dominierenden Faktoren heute

immer noch das Rauchen und der

Alkoholkonsum sind, besonders

aber das Zusammenspiel beider.

In den letzten Jahren ist allerdings

ein neuer Risikofaktor dazu gekommen.

Wir beobachten, dass auch eine

Infektion mit humanen Papillomviren

(HPV) im Kopf-Hals-Bereich mit dem

Auftreten dieser Tumoren verbunden

ist. Das Virus ist ja gut bekannt durch

den Gebärmutterhalskrebs. Aber seit

etwa zehn Jahren gilt es als gesichert,

dass es sich bei diesen HPV-positiven

Tumoren im Kopf-Hals-Bereich um

eine eigene Untergruppe handelt.

Auffallend ist, dass diese Untergruppe

rasant ansteigt.

Gibt es Erkenntnisse darüber, warum

das so ist?

Prof. Guntinas-Lichius: Das ist nicht

ganz klar, weil wir über den Verbreitungsweg

dieser Viren noch nicht alles

wissen. Allerdings vermuten wir, dass

das Sexualverhalten, ähnlich wie beim

Gebärmutterhalskrebs auch, hier eine

Ursache sein kann. Allerdings gibt es

dazu bislang nur wenige gute Untersuchungen,

und diese sind noch nicht

aussagekräftig genug, um das Sexualverhalten

tatsächlich genau als Ursache

bestätigen zu können. >>

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TITELTHEMA

Woran erkennt man selbst, ob sich ein Kopf-Hals-Tumor

entwickelt?

Prof. Guntinas-Lichius: Das ist tatsächlich ein Problem bei

dieser Art Tumoren. Die Hälfte aller Kopf-Hals-Tumoren

entdecken wir erst im fortgeschrittenen Stadium. Das liegt

daran, dass die Symptome nicht eindeutig sind. Das können

Schluckbeschwerden, Schmerzen oder Schwellungen am Hals

sein. Andere beschreiben ein Fremdkörpergefühl oder einfach

nur ein Kratzen. Bis diese Symptome massiv auftreten,

ist der Tumor meist schon sehr groß. Die einzige Ausnahme

mit einem klaren frühen Symptom sind die Gruppe der

Kehlkopftumoren, weil Patienten, die einen Kehlkopftumor

entwickeln, bereits bei einem kleinen Tumor bleibend heiser

werden. Deshalb sagt man allgemein, wer länger als sechs

Woche heiser ist, sollte einen HNO-Arzt aufsuchen.

Sind Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren jünger als andere an

Krebs erkrankte Menschen?

Prof. Guntinas-Lichius: Ja und nein. Unsere Patienten mit den

klassischen Risikofaktoren sind im höheren Erwerbsalter, in

der Regel also zwischen 50 und 60 Jahre alt. Das Besondere

sind die Patienten mit den HPV-assoziierten Tumoren. Die

kommen bereits bei jüngeren Menschen vor.

Welche Therapieoptionen können wir Patienten anbieten?

Prof. Guntinas-Lichius: Zunächst müssen wir natürlich

schauen, wie groß der Tumor ist und vor allem, ob er bereits

in die Lymphknoten oder gar in den Körper gestreut hat.

Anders als bei anderen Tumoren ist dieses Risiko geringer.

Prinzipiell ist es dann so, dass eine Operation, eine Bestrahlung

oder eine klassische Chemotherapie in Frage kommt.

Allerdings gibt es im Gegensatz zu anderen Krebsarten bei

den Kopf-Hals-Tumoren keine alleinige Chemotherapie. Wenn

diese eingesetzt wird, handelt es sich in der Regel um eine

Kombination mit einer Strahlentherapie. Durch die heutigen

Möglichkeiten sind die Heilungschancen für die meisten

unserer Patienten recht gut. Aber dennoch brauchen diese

Patienten oft sowohl Operation als auch Bestrahlung und

Chemotherapie.

Apropos Operation. Wie operieren wir diese Tumoren am UKJ?

Prof. Guntinas-Lichius: Wir versuchen unsere Patienten natürlich

sehr schonend zu operieren. Dies gelingt mit minimalinvasiven

Verfahren. Das bedeutet, wir haben sehr viele Möglichkeiten,

direkt durch den Mund oder über die Nase, also

ohne einen großen Schnitt von außen, an die Tumoren heranzukommen.

Aber: Insbesondere bei weit fortgeschrittenen

Tumoren praktizieren wir auch die große, offene Chirurgie.

Natürlich müssen wir bei größeren Gewebsdefekten häufig

rekonstruktiv vorgehen. Das heißt, dass wir oft mit Lappenplastiken

arbeiten, sowohl mit als auch ohne Knochen.

Diese Operationen zum Knochenersatz übernehmen unsere

Kollegen aus der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie. Hier spielt

einerseits die Funktionalität eine wichtige Rolle, zum Beispiel

beim Essen und Trinken. Für die Patienten hat aber vor allem

auch das ästhetische Ergebnis große Bedeutung. Denn: Das

Gesicht kann man nicht verstecken.

Bietet das Universitätsklinikum Jena hier in der Behandlung

einen Vorteil?

Prof. Guntinas-Lichius: Ganz klar. Wir sind zertifiziertes

Kopf-Hals-Tumor-Zentrum. Das heißt, wir erfüllen quasi den

höchsten Standard, den man in Deutschland für Patienten

mit dieser Erkrankung vorhalten kann. Man braucht ein

großes interdisziplinäres Team, neben den erwähnten HNOund

MKG-Spezialisten werden Onkologen, Radioonkologen,

Psychoonkologen und Ernährungsspezialisten hinzugezogen.

Und das ist eine große Stärke. Und man darf nicht vergessen,

dass wir sehr viel Forschung in diesem Bereich betreiben.

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TITELTHEMA

Prof. Orlando Guntinas-Lichius leitet

die HNO-Klinik am UKJ. Fotos: Schroll

Was erforschen wir genau?

Prof. Guntinas-Lichius: Zum einen

bewegt uns sehr, ob und wie wir diese

Tumoren besser und vor allem früher

erkennen können. Das zweite ist, dass

wir bei diesen Tumoren begrenzt sind

indem, wie wir operativ vorgehen

können. Viele wichtige Strukturen

und Leitungsbahnen laufen durch den

Hals und diese wollen wir natürlich

nicht beschädigen. Deshalb sind wir

sehr darauf angewiesen zu erkennen,

wo der Tumor aufhört. Wir erforschen

deshalb, wie wir anhand biophotonischer

Verfahren diese Tumorgrenzen

besser erkennen.

Gibt es am UKJ noch weitere, ganz

neue Behandlungsoptionen?

Prof. Guntinas-Lichius: Selbstverständlich.

Wir haben erstmals auch

Antikörper im Einsatz. Diesen immunonkologischen

Ansatz kennen wir

bereits von anderen Krebsformen.

Diese neuen Antikörper sind gerade

zugelassen worden und spielen vor

allem bei Patienten eine große Rolle,

die erneut einen Tumor bekommen.

Dabei handelt es sich um Medikamente,

die unser Immunsystem stärken,

um den Tumor zu bekämpfen. Die

Zusammenarbeit mit der internistischen

Onkologie ist dafür Voraussetzung.

Der Therapieeffekt ist hier ganz

immens.

Plant das UKJ weitere Neuerungen?

Prof. Guntinas-Lichius: Absolut. Geplant

ist für die kommenden Monate, am UKJ

ein hypermodernes robotisches Visualisierungssystem

zu installieren. Damit

werden wir eine der ersten Kliniken in

Deutschland sein. Das System heißt

KINEVO und ist mit mehr Funktionalitäten

ausgestattet als jedes andere

Operationsmikroskop. Es verbindet

sozusagen die digitale mit der optischen

Visualisierung. Es beeindruckt

mit seiner vom Chirurgen gesteuerten

Robotik. Der größte Gewinn ist allerdings

die Sicherheit in einem nahezu

ununterbrochenen Arbeitsablauf.

KONTAKT

Klinik für HNO-Heilkunde

Haus A | Am Klinikum 1

07747 Jena

Poliklinik

(wochentags 8.00 – 18.00 Uhr):

03641 9-32 93 93/9-32 93 94

Klinik und Poliklinik für Mund-,

Kiefer- und Gesichtschirurgie/

Plastische Chirurgie

C1 | Am Klinikum 1

07747 Jena

Terminvereinbarung

03641 9-32 36 50

Interview: Annett Lott

Zertifiziertes

Zentrum

Patienten mit Tumoren in der Kopfund

Halsregion werden am UKJ im

Kopf-Hals-Tumor-Zentrum behandelt.

Dieses wird gemeinsam geleitet

von der HNO-Klinik und der Klinik

für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Das Zentrum wurde durch

die Deutsche Krebsgesellschaft

zertifiziert – nur Einrichtungen

mit herausragender Qualität und

einer hohen Zahl an Patienten mit

komplexen Erkrankungen erhalten

dieses Qualitätssiegel. Das Kopf-

Hals-Tumor-Zentrum gehört zu den

Organkrebszentren des UKJ, die alle

unter dem Dach des UniversitätsTumorCentrums

(UTC) vereint sind. Hier

arbeiten Spezialisten verschiedener

Fachrichtungen und Berufsgruppen

interdisziplinär eng zusammen. Um

die Qualität bei der Früherkennung,

Diagnostik, Therapie und Nachsorge

onkologischer Erkrankungen zu verbessern,

werden bereits zertifizierte

Zentren jährlich durch die Deutsche

Krebsgesellschaft überprüft,

in einem dreijährlichen Rhythmus

erfolgt eine komplette Rezertifizierung

nach den strengen Kriterien

der Zertifizierungskommission der

Gesellschaft.

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TITELTHEMA

KOPF-HALS-TUMOREN

sind eine Gruppe von Erkrankungen im Bereich der Mundhöhle,

des Rachens und des Kehlkopfs

Nasennebenhöhle

Nasennebenhöhle

Nasenhöhle

Weicher Gaumen

Rachen

Harter Gaumen

Lippen

Mundhöhle

Zunge

Unterkiefer

Kelhkopf

100

FRAUEN

erkranken pro Jahr

in Thüringen

380 MÄNNER

erkranken jedes Jahr in Thüringen – davon 150 mit

Tumoren in der Mundhöhle, 150 mit Tumoren im

Rachen und etwa 80 mit Tumoren im Kehlkopf

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TITELTHEMA

5 %

aller neuen

Krebserkrankungen

bei Männern

machen Kopf-

Hals-Tumoren aus

61 Jahre

sind Männer im

Durchschnitt alt zum

Zeitpunkt der Erkrankung

in Mundhöhle

und Rachen

76 JAHRE

sind Frauen im Durchschnitt alt zum

Zeitpunkt der Erkrankung in Mundhöhle

und Rachen

1,8 %

aller neuen Krebserkrankungen

bei Frauen

machen Kopf-Hals-

Tumoren aus

Schutz durch Impfung

Neben Rauchen und Alkoholkonsum

– und vor allem der Kombination

von beidem – zählt auch eine

Infektion mit humanen Papillomviren

(HPV) zu den Risikofaktoren für

einen Tumor im Kopf-Hals-Bereich.

Seit etwa zehn Jahren gilt es als

sicher, dass das Virus nicht nur

Gebärmutterhalskrebs auslöst,

sondern auch Tumoren im HNO-

Bereich verursachen kann. Mit

einer Impfung gegen HPV können

diese Erkrankungen verhindert

werden. Dies gilt sowohl für Mädchen

als auch für Jungen. 2018

hat die Ständige Impfkommission

(STIKO) des Robert-Koch-Instituts

eine überarbeitete Empfehlung

veröffentlicht, wonach die Impfung

gegen humane Papillomviren

für alle Jungen im Alter von neun

bis 14 Jahren vorgesehen ist. Mittlerweile

übernehmen die gesetzlichen

Krankenkassen daher auch

für Jungen die Kosten. Für Mädchen

gilt dies bereits seit 2007. Auch für

sie wird eine Impfung zwischen

neun und 14 Jahren empfohlen,

wobei bis zum 18. Geburtstag

nachgeimpft werden kann. Noch

sind die Impfraten in Deutschland

niedrig. In Ländern, in denen beide

Geschlechter schon seit Jahren

geimpft werden, sind die HPVassoziierten

Erkrankungen massiv

zurückgegangen.

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TITELTHEMA

Passgenauer Ersatz für

MUNDGEWEBE und KNOCHEN

Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie ist auf mikrochirurgische

Operationen bei Mundhöhlenkrebs spezialisiert

Ein Krebsherd hat sich ziemlich tief in der Mundhöhle eingenistet.

Bei der anstehenden Operation wird nicht nur ein

Teil der Zunge entfernt werden müssen, sondern auch ein

Teil des Unterkiefers mit Zähnen. Eine Konstellation, mit

der es das Team der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie/Plastische

Chirurgie am Universitätsklinikum

Jena immer wieder zu tun bekommt. Die Klinik ist auf die

Behandlung von Mundhöhlenkrebs, zu dem Karzinome

an Zunge, Mundboden und Kiefer gehören, spezialisiert.

Jährlich werden hier 300 bis 400 Krebspatienten betreut.

Den Schwerpunkt bilden Operationen, bei denen im Zuge

der Tumorentfernung Zunge, Kiefer oder Gaumen zugleich

plastisch-chirurgisch rekonstruiert werden – damit die

Erkrankten auch nach der Entfernung erkrankten Gewebes

wieder kauen, schlucken, sprechen und schmecken

können.

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TITELTHEMA

Prof. Stefan Schultze-Mosgau und Assistenzarzt Revazi

Barbakadze arbeiten mit einem 3D-Drucker. Dieser liefert

die Schablonen für die Gewebe- und Knochenteile,

die ersetzt werden müssen. Fotos: Schroll

Bei etwa 70 bis 100 solcher Eingriffe pro Jahr stehen die

MKG-Chirurgen am Operationstisch. „Es geht um die Wiederherstellung

dieser Funktionen, aber auch um Ästhetik im

Gesicht“, sagt Klinikdirektor Prof. Stefan Schultze-Mosgau,

der das gemeinsam mit der HNO-Klinik betriebene und

kürzlich erneut von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte

Zentrum für Kopf-Hals-Tumoren am UKJ leitet.

„Während bei der Entfernung kleinerer Mundhöhlentumoren

das umgebende Gewebe meist erhalten werden kann, ist

dies bei größeren Krebsherden nicht möglich“, erklärt der

Klinikchef. „Dann müssen angrenzende Schleimhaut, Weichgewebe,

Knochen und Kieferteile vollständig entfernt und

ersetzt werden.“ Das geschieht mit körpereigenem Muskel-,

Haut- und Knochenmaterial der Patienten.

Für die Rekonstruktion des Zungenmuskels wird eine sogenannte

Lappenplastik angefertigt. Entfernter Kieferknochen

beispielsweise wird meist mit Knochenmaterial aus dem

Schulterblatt ersetzt, auch Knochen aus dem Wadenbein

oder dem Becken kommen dafür in Frage. In einer mikrochirurgischen

Operation – sprich: unter 20-facher Vergrößerung

durch ein Hochleistungsmikroskop – werden diese Transplantate

eingepasst und an die Halsgefäße angeschlossen,

über die sie mit Blut versorgt werden. Schere, Pinzetten,

Skalpell und Klemmen für derartige Eingriffe sind winziger

als Instrumente eines Uhrmachers, der Faden zum Vernähen

ist für das bloße Auge nicht sichtbar und wird mittels Laser

an die Nadel fixiert. Während der mehrstündigen Operation

entfernen die Chirurgen zugleich die Halslymphknoten, um

zu verhindern, dass sich Tumorzellen im Organismus verbreiten

und Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden.

Dem Eingriff geht eine sorgfältige Vorbereitung voraus. Kern

ist die Anfertigung einer passgenauen Schablone des zu

ersetzenden Gewebe- oder Knochenteils. Bei Planung und

Anfertigung hilft den Chirurgen Hightech. Die Rekonstruktionsschablonen

werden am Computer anhand von Daten aus

CT- oder MRT-Untersuchungen dreidimensional geplant und

anschließend mit einem 3d-Drucker angefertigt. „Tumorentfernung

und plastische Rekonstruktion in einer Operation

auszuführen, ist der Vorteil großer, spezialisierter Zentren,

die über viele Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügen und

die von Diagnostik bis Nachsorge interdisziplinär mit anderen

an der Krebstherapie beteiligten Fachgebieten zusammenarbeiten“,

betont Prof. Schultze-Mosgau. Im UKJ-Zentrum

für Hals-Kopf-Tumoren arbeiten neben den Mund-, Kiefer-,

Gesichtschirurgen und HNO-Medizinern außerdem Strahlentherapeuten,

Radiologen und Onkologen zusammen, die in

sogenannten Tumorboards jeden einzelnen Fall gemeinsam

abstimmen. Außerdem sind Physiotherapeuten, Logopäden,

Ernährungsberater, Sozialarbeiter und Psychoonkologen an

der Behandlung beteiligt.

KONTAKT

Klinik für Mund-, Kiefer-,

Gesichtschirurgie

Prof. Stefan Schultze-Mosgau

Am Klinikum 1 | 07747 Jena

03641 9-32 36 01

Katrin Zeiß

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TITELTHEMA

Den Mundhöhlenkrebs besiegt

Für Lothar Franz ist die Lebensqualität zurückgekehrt

hat Lothar Franz nicht nur den Krebs besiegt, sondern

führt wieder ein normales Leben ohne krebsbedingte

Einschränkungen.

An der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie/Plastische

Chirurgie am UKJ gehörte der heutige Rentner zu den ersten

Patienten, bei denen das vom Tumor befallene Gewebe am

Mundboden durch ein körpereigenes Transplantat ersetzt

wurde. Klinikdirektor Prof. Stefan Schultze-Mosgau entnahm

dafür Armgewebe und setzte es in einer vierstündigen Operation

am Zungenboden ein. Der Unterkiefer, dessen Verlust

Lothar Franz befürchtet hatte, blieb heil.

Lothar Franz aus dem sächsischen Vogtland hat

den Mundhöhlenkrebs besiegt – er arbeitet sogar

noch gelegentlich als Fahrer. Foto: privat

Mit einer wunden Stelle unter der Zunge fing es an. Lothar

Franz aus der Nähe von Pausa im sächsischen Vogtland

war 55 Jahre alt, als ihn die verdächtige Stelle zu seinem

Zahnarzt trieb. Der schrieb umgehend eine Überweisung an

einen Oralchirurgen, der sehr rasch Mundhöhlenkrebs diagnostizierte

und ihn zur Behandlung ins Universitätsklinikum

Jena überwies. „Ich war fertig mit der Welt und am Boden

zerstört“, erinnert sich der einstige Gastwirt an die für ihn

dramatische Zeit. Da war nicht nur die Angst, lebensbedrohlich

erkrankt zu sein. Da waren auch die Ungewissheit, ob er

nach einer Operation jemals wieder normal würde sprechen,

kauen und schlucken können und die große Sorge, ob ein

möglicherweise endgültig entfernter Kieferknochen sein

Gesicht entstellen würde. 15 Jahre liegt das zurück. Heute

„Nach einer solchen Operation dauert es zwischen vier

Wochen und drei Monaten, bis das verpflanzte Gewebe

komplett eingeheilt ist“, erläutert der Chirurg. Das muss

nicht nur bei einer Strahlentherapie berücksichtigt werden,

die sich in der Regel zwischen vier bis sechs Wochen nach

der Operation anschließt. Auch die Ernährung muss entsprechend

abgestimmt werden. In den ersten Tagen nach

der Operation werden die Patienten über eine Magensonde

ernährt, danach erhalten sie püriertes Essen, bevor sie

allmählich zu fester Kost übergehen können. Ernährungsberater

des UKJ helfen den Patienten bei der Umstellung.

Sprechtherapeuten (Logopäden) und Physiotherapeuten

sind ebenfalls in die Therapie eingebunden. Gezielte Dehnungsübungen

trainieren die Gesichtsmuskulatur, Lymphdrainage

soll helfen, den Abfluss der Lymphe nach Entfernung

von Halslymphknoten wieder in Gang zu bringen und

Gewebeschwellungen abzumildern. Auch bei Lothar Franz

gehörten Logo- und Physiotherapie zur Behandlung. Sein

Geschmacksempfinden sei nur zeitweilig beeinträchtigt

gewesen, erzählt er.

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TITELTHEMA

Hintergrund

Psychologin Dr. Carolin Ligges (re.) forscht

seit Jahren darüber, was Kindern mit Lese-

Rechtschreibstörung hilft. Foto: Schroll

Prof. Stefan Schultze-Mosgau ersetzte das erkrankte Gewebe

des Patienten durch ein körpereigenes Implantat. Foto: Schroll

In seinem Leben erinnert heute kaum

noch etwas an die überstandene

Krebserkrankung. Einschränkungen

beim Sprechen, Schlucken oder Essen

hat er nicht. Obwohl Rentner, arbeitet

er noch gelegentlich als Fahrer im

Schülerverkehr. „So komme ich unter

die Leute.“ Er ist aktiv im Gesangverein

und bei der Feuerwehr seines Heimatortes.

„Mir geht’s gut.“ Das Rauchen,

dem er lange frönte und das Mundhöhlenkrebs

begünstigt, hat er eingestellt,

auch auf Alkohol verzichtet er. Froh ist

er bis heute darüber, dass er seinerzeit

beim ersten Krebs-Anzeichen zum Arzt

gegangen ist. So habe die Krankheit

schnell behandelt werden können.

„Je frühzeitiger Mundhöhlenkrebs

erkannt wird, desto besser sind die

Chancen auf dauerhafte Heilung“,

bestätigt Prof. Schultze-Mosgau. Bei

einer Tumorgröße von bis zu zwei Zentimetern

überlebten rund 80 Prozent

der Erkrankten die nächsten fünf Jahre.

„Deshalb ist es wichtig, bei ersten

Anzeichen sofort zum Zahnarzt beziehungsweise

Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen

zu gehen.“ Nicht zuletzt

sollten die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen

beim Zahnarzt zur Früherkennung

genutzt werden, empfiehlt

der Mediziner. Dort geht es schließlich

nicht nur um Karies oder Zahnfleischentzündung.

Beim genauen Blick auf

die Mundschleimhaut lassen sich auch

Anzeichen für Tumorerkrankungen im

Mund erkennen.

Katrin Zeiß

Jährlich erkranken in Deutschland

etwa 10 000 Menschen an Mundhöhlenkrebs,

einem bösartigen

Tumor, der zumeist von der obersten

Schicht der Mundschleimhaut

ausgeht. Betroffen sind alle Bereiche

der Mundhöhle, am häufigsten

Mundboden, Zunge und Kiefer.

Risikofaktoren sind Rauchen und

Alkohol, vor allem in Kombination.

Auch schlechte Mundhygiene

spielt eine Rolle. Zwei Drittel der

Erkrankten sind Männer.

Anzeichen für Mundhöhlenkrebs

können weiße Flecken – sogenannte

Leukoplakien – am Gaumen

oder unter der Zunge, wunde

Stellen und kleine Geschwüre

im Mund sein. Sie fallen oft bei

regulären zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen

auf. Mit einer

Gewebeprobe wird festgestellt, ob

es sich um Krebs handelt.

Kleine und oberflächliche Krebsherde

können mit einer lokal

begrenzten, kleinen Operation

behandelt werden. Bei größeren

und fortgeschrittenen Tumoren

werden in einer Operation der

Tumor und die Halslymphknoten

entfernt, die Mundhöhle wird

zugleich mit einem Transplantat

aus Körpergewebe wieder aufgebaut.

In bestimmten Fällen ist

auch die spätere Rekonstruktion

möglich. Je nach Schweregrad

wird die Behandlung durch eine

Strahlen- oder eine kombinierte

Strahlen-Chemotherapie ergänzt.

01 | 20

13


TITELTHEMA

Mit STRAHLEN heilen

Radiochemotherapie und Brachytherapie bei Kopf-Hals-Tumoren

Prof. Andrea Wittig leitet die

Klinik für Strahlentherapie und

Radioonkologie am UKJ. Foto: Schroll

Tumorgebiet geführt, wo es für wenige

Sekunden Strahlung abgibt. Die Behandlung

dauert zwischen drei und zehn

Minuten. Die meisten Patienten werden

zweimal täglich in den Brachytherapie-

Räumen in der Bachstraße bestrahlt und

dafür für einige Tage stationär in der

Klinik aufgenommen.

Neben der Operation und der Chemotherapie

spielt die Strahlentherapie eine

zentrale Rolle in der Krebstherapie. „Zwei

Drittel aller Krebspatienten erhalten im

Laufe Ihrer Erkrankung eine Strahlentherapie“,

so Prof. Andrea Wittig, Direktorin

der Klinik für Strahlentherapie und

Radioonkologie am UKJ. Dabei zerstört

die ionisierende Strahlung die Erbsubstanz

der vorhandenen Krebszellen, die

dadurch absterben. Die gesunden Zellen

sind in der Lage, die Erbgutschäden zu

reparieren. Anders als die medikamentöse

Tumorbehandlung, die im ganzen

Körper wirkt, ist die Strahlentherapie

eine rein lokale Maßnahme und wirkt nur

innerhalb des Bestrahlungsfeldes.

Bei Tumoren im Kopf- und Halsbereich

gilt die Kombination einer Bestrahlung

mit einer Chemotherapie als besonders

erfolgversprechend. Diese Kombination,

Radiochemotherapie genannt, ist

wirksamer als jede einzelne Therapie

für sich. „Die Gabe der Chemotherapie

macht die Tumorzellen empfindlicher

gegenüber der Strahlentherapie“, erläutert

Oberarzt Dr. Stefan Knippen. Meist

erhält der Patient die Chemotherapie

etwa eine Stunde vor der Bestrahlung,

allerdings nur an festgesetzten Tagen,

beispielsweise einmal pro Woche. Die

Bestrahlung erfolgt – wie auch bei der

alleinigen Strahlentherapie – an fünf

Tagen pro Woche. Für Patienten mit

Kopf-Hals-Tumoren bedeutet dies, dass

sie jede Woche zwei Nächte in der Klinik

bleiben und ansonsten ambulant betreut

werden. Die gesamte Therapie ist nach

siebeneinhalb Wochen abgeschlossen.

Eine weitere hochmoderne Therapieform,

die bei der Behandlung von Tumoren

im Kopf- und Halsbereich in Frage

kommt, ist die sogenannte Brachytherapie

(brachys = altgriechisch für „nah“).

Durch Schläuche oder einen sogenannten

Applikator wird ein winziges Kügelchen

mit dem radioaktiven Wirkstoff

Iridium 192 für kurze Zeit direkt ins

„Durch die Kontaktbestrahlung können

pro Tag deutlich höhere Strahlendosen

als bei der herkömmlichen Behandlung

abgegeben werden“, nennt Oberarzt

Knippen einen wichtigen Vorteil der

Brachytherapie. Gleichzeitig werde das

umliegende Gewebe besser geschont.

Die höhere Strahlenintensität hat einen

weiteren, für viele Patienten nicht

unwichtigen Vorteil: die im Vergleich

zur herkömmlichen Strahlentherapie

wesentlich verkürzte Behandlungsdauer.

Bei Kopf-Hals-Tumoren wird

die Behandlungszeit von herkömmlich

sechs Wochen auf ein bis zwei Wochen

verkürzt.

In den interdisziplinären Tumorkonferenzen

am UniversitätsTumorCentrum

Jena (UTC) beraten Ärzte verschiedener

Fachrichtungen gemeinsam darüber,

welche Therapieform für den einzelnen

Patienten am besten geeignet ist.

(zei)

KONTAKT

Klinik für Strahlentherapie und

Radioonkologie

Prof. Dr. Andrea Wittig

Bachstraße 18 | 07743 Jena

03641 9-32 84 00

strahlentherapie@med.uni-jena.de

14 01 | 20


TITELTHEMA

SCHARFSTELLER gegen den Krebs

Immuntherapie bei Kopf-Hals-Tumoren

Sie mausern sich zur vierten Behandlungssäule

im Kampf gegen den Krebs:

Immuntherapien. Neben der Operation,

der Bestrahlung und der Chemotherapie

greifen die Onkologen am UKJ

auch bei Kopf- und Halstumoren immer

häufiger auf diesen neuen Ansatz: das

körpereigene Immunsystem gegen den

Krebs scharf stellen.

Tumoren können das Immunsystem

bremsen beziehungsweise so lahm

legen, dass es die bösartigen Zellen

nicht erkennt und diese sich ungehindert

vermehren. Hier kommen

nun spezielle Antikörper, sogenannte

Checkpoint-Inhibitoren, ins Spiel. „Sie

lösen die Bremse durch den Tumor

und stellen das körpereigene Abwehrsystem

wieder scharf. Die eigenen

Abwehrzellen kämpfen somit gegen

den Krebs“, erklärt PD. Dr. Thomas

Ernst. Er ist ärztlicher Geschäftsführer

des UniversitätsTumorCentrums (UTC)

und leitender Oberarzt der Onkologischen

Tagesklinik. Diese entstand mit

dem Umzug in das neue Klinikgebäude.

Ärzte verschiedener Fachdisziplinen

arbeiten hier gemeinsam mit einem

festen Pflegeteam zur bestmöglichen

Therapie von Patienten mit den

unterschiedlichsten Krebserkrankungen.

Das Therapiespektrum reicht

von klassischen Chemotherapien

bis hin zu modernsten molekularen

Therapieansätzen im Rahmen von

klinischen Studien. Den individuellen

Behandlungspfad von Patienten mit

Kopf-Hals-Tumoren legen die beteiligten

Fachärzte der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde,

der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie,

der internistischen Onkologie,

der Radiologie, der Pathologie und

PD Dr. med. Thomas Ernst. Foto: Schroll

der Strahlentherapie zuvor gemeinsam

im wöchentlichen Kopf-Hals-Tumorboard

fest. „Die Immuntherapie kommt

nur bei Erwachsenen mit Kopf-Hals-

Tumoren zum Einsatz, die inoperabel

sind“, erklärt Ernst. Außerdem müsse

bei den Patienten ein bestimmter Biomarker

vorliegen, was bei den meisten

auch der Fall sei.

Seit 2016 ist die Checkpoint-Inhibitor-

Therapie bei Kopf-Hals-Tumoren zugelassen.

Zunächst nur als Zweitlinie in

der Behandlung, wenn also die Ersttherapie

nicht den gewünschten Erfolg

erbracht hat. Seit Herbst 2019 darf

diese Therapie nun auch in der Erstlinie

erfolgen. Die Patienten erhalten

dazu alle drei Wochen eine Infusion

in der Tagesklinik. „Oft kombinieren

wir aber die Immuntherapie mit einer

Chemotherapie“, erklärt der Onkologe.

Das hängt zum Beispiel vom Alter des

Patienten ab. „Älteren Patienten, deren

Immunsystem ohnehin nicht mehr so

schlagkräftig ist, möchten wir nicht

zwingend eine Chemotherapie zumuten.

Die erhalten die Immuntherapie

dann als Monotherapie. Bei jüngeren

Patienten kombinieren wir die Medikamente“,

so Ernst. Die Erfolge seien

erstaunlich. „Wir erreichen mit der

neuen Therapie häufig eine Krankheitsstabilisierung

oder gar eine

Remission der Krebserkrankung.“

Allerdings hat – wie fast jede Therapie –

auch die Immuntherapie Nebenwirkungen,

insbesondere Autoimmunreaktionen.

„Im besten Fall sind das Fieber

oder Hautrötungen, im schlimmsten

Fall greift das eigene Immunsystem

die Organe an.“ Etwa zehn Prozent

der Patienten zeigen solche starken

Nebenwirkungen. „Dann müssen wir

die Immuntherapie pausieren und die

Patienten stationär aufnehmen“, sagt

Ernst. Daher ist es auch wichtig, die

Immuntherapie an einem spezialisierten

Zentrum vorzunehmen. Allein 2018

wurden in der Tagesklinik über 1000

Immuntherapien verabreicht. Ernst

rechnet mit einem weiteren Anstieg,

da die Immuntherapie für immer mehr

Tumorerkrankungen an Bedeutung

gewinne. „Ich bin wirklich froh, dass

wir diese neue Therapieform haben.“

KONTAKT

Katrin Bogner

UniversitätsTumorCentrum (UTC)

PD Dr. med. Thomas Ernst

Am Klinikum 1 | 07747 Jena

03641 9-32 53 01

Tumorzentrum@med.uni-jena.de

01 | 20

15


AKTUELLES

Krankenhäuser als Klimaschützer

Projekt zu Energieeinsparung an Kliniken

Heizung und Beleuchtung in Patientenzimmern,

Klinikfluren und Hörsälen,

die Be- und Entlüftung im OP-Saal,

Tiefkühlgeräte zur Lagerung von Blut –

Krankenhäuser benötigen rund um die

Uhr große Mengen an Energie. Der Jahresverbrauch

an Wärmeenergie des UKJ

beispielsweise entspricht dem von 1350

Einfamilienhäusern für vier Personen,

die verbrauchte Strommenge würde

gar für 7300 Einfamilienhäuser reichen

(Stand 2018). Den Energieverbrauch an

Kliniken spürbar zu verringern, weniger

klimaschädliches Kohlendioxid (CO2)

auszustoßen und so einen Beitrag

zum Klimaschutz zu leisten, ist Ziel des

bundesweiten Projektes „KLIK green

– Krankenhaus trifft Klimaschutz“ für

Krankenhäuser und Reha-Kliniken in

Deutschland. Das UKJ ist gemeinsam

mit dem Umweltverband Bund für

Umwelt- und Naturschutz (BUND) und

der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen

Partner des Projekts,

das vom Bundesumweltministerium

finanziell unterstützt wird.

„Über den Projektzeitraum von drei Jahren

wollen wir deutschlandweit an 250

Krankenhäusern und Reha-Kliniken den

Ausstoß von CO2 um rund 100 000 Tonnen

reduzieren, vor allem durch viele

kleine Einzelmaßnahmen“, erläutert

Anni Blumenstock von der Stabsstelle

Umweltschutz, die Projektkoordinatorin

für rund 80 Kliniken in Thüringen, Sachsen-Anhalt,

Sachsen und Mecklenburg-

Vorpommern ist. Krankenhäuser und

Reha-Einrichtungen in diesen Ländern,

die sich beteiligen wollen, können sich

ab sofort bei ihr melden.

„Wir unterstützen die Häuser dabei,

Möglichkeiten zur Energie- und Ressourceneinsparung

herauszufinden

Anni Blumenstock koordiniert das Projekt

an rund 80 Kliniken. Foto: Schroll

und diese auch umzusetzen.“ Dazu

gehört, ihnen einen Kompass im Fördermitteldschungel

bei klimagerechten

Investitionen – etwa bei der Modernisierung

besonders energieintensiver

Raumlufttechnik oder Umstellung

des Fuhrparks auf Elektroautos – an

die Hand zu geben und bei Anträgen

auf Fördermittel zu helfen. Umsetzen

sollen das in den Kliniken sogenannte

Klimamanager, die über das Projekt

dafür qualifiziert werden. Bei „KLIK

green“ geht es zudem um Abfallvermeidung

und Optimierungen in der

Speisenversorgung. Das UKJ geht hier

selbst mit gutem Beispiel voran. „Um

die Menge an Einweg-Kaffeebechern

zu reduzieren, ist dafür in der Cafeteria

ein Preisaufschlag eingeführt worden“,

erzählt der Umweltschutzbeauftragte

des Klinikums, Dr. Marc Hoffmann. „Das

zeigt Wirkung.“

„Um die Menge an

Einweg-Kaffeebechern

zu reduzieren, ist dafür

in der Cafeteria

ein Preisaufschlag

eingeführt worden.

Das zeigt Wirkung.“

Dr. Marc Hoffmann,

Umweltschutzbeauftragter

des Klinikums

Bereits im Zuge des Vorgängerprojekts

„KLIK – Klimaschutz für Kliniken“ von

2014 bis 2016 wurde in großen Teilen

des UKJ die Beleuchtung auf stromsparende

LED-Leuchten umgerüstet. Im 67

Pkw und Kleintransporter umfassenden

Fuhrpark rollen jetzt auch sechs

Elektro- beziehungsweise Hybridautos

oder solche mit Gasantrieb, die

hauptsächlich bei Kurzstreckenfahrten

eingesetzt werden. „Das hat dazu beigetragen,

dass die CO2-Emissionen in

diesem Projektzeitraum um insgesamt

750 Tonnen reduziert werden konnten“,

so Dr. Hoffmann. Bundesweit waren es

bei 50 beteiligten Krankenhäusern 34

500 Tonnen.

KONTAKT

Stabsstelle Umweltschutz

Projektkoordinatorin

Anni Blumenstock

Bachstr. 18 | 07743 Jena

Katrin Zeiß

03641 9-39 81 32

anni.blumenstock@med.uni-jena.de

www.klik-krankenhaus.de

16 01 | 20


AKTUELLES

Auch was für MÄNNER

Chancengleichheit und Gleichstellung für alle Mitarbeiter

am UKJ – dafür setzt sich das Team um Gleichstellungsbeauftragte

Prof. Dr. Felicitas Eckoldt-Wolke ein. 2019 wurde

zur Unterstützung der Gleichstellungsbeauftragten erstmals

auch ein Beirat für Gleichstellungsfragen gebildet

und für die Dauer von drei Jahren bestellt.

Wieviel Gleichstellung brauchen wir am UKJ?

Prof. Eckoldt: Gute Frage. Das kann eigentlich nie genug

sein. Wir brauchen tatsächlich viel Achtsamkeit für die

Gleichstellungsthematik. Das betrifft ja nicht nur die

Gleichstellung von Mann und Frau, sondern auch all die

anderen unzähligen Gründe, warum Menschen ausgegrenzt

werden. Um die Arbeit jedoch greifbar zu machen, beginnen

wir erstmal mit der Gleichstellung von Mann und Frau

beziehungsweise der Chancengleichheit für beide. Für

Frauen und Männer sollen gleiche Rahmenbedingungen

geschaffen werden, um Familie und Beruf miteinander zu

vereinbaren.

Wie intensiv kommen Anfragen unserer Belegschaft?

Prof. Eckoldt: Die Anfragen halten sich in Grenzen. Leider.

Natürlich könnten wir vermuten, dass es gar keine Probleme

oder Fragestellungen gibt, die gleichstellungsrelevant

sein könnten. Naheliegend ist jedoch, dass viele unserer

Mitarbeiter gar nicht wissen, mit welchen vielfältigen Fragen

sie sich an uns wenden können.

Was war in den vielen Jahren Ihrer Tätigkeit die bislang

sensibelste Fragestellung?

Prof. Eckoldt: Gravierend sind zum Beispiel Belange, die sich

auf den Bereich „üble Nachrede“ beziehen. Kolleginnen werden

diffamiert, indem bewusst falsche, teils folgenschwere

Geschichten verbreitet werden wie Affären mit Kollegen

oder Vorgesetzten. Das ist untergründig sehr schwer zu

packen und insofern unbedingt betrachtungswürdig.

Das klingt nach Mobbing?

Prof. Eckoldt: Ja, ganz sicher, das geht manchmal ins Mobbing

hinein.

Um das Thema Gleichstellung am UKJ kümmern sich PD Dr.

Andrea Ebersberger, PD Dr. Tanja Groten, Raik Rosmus,

Prof. Dr. Felicitas Eckoldt und Dr. Dr. Sina Coldewey (v.li.). Foto: UKJ

Ist Gender am UKJ ein Thema?

Prof. Eckoldt: Wir versuchen, intensiv zu gendern. In all den

Jahren ist es auch nur einmal vorgekommen, dass ein junger

Kollege, der mit seiner Geschlechtlichkeit Probleme hatte,

aufgrund dessen Ablehnung erfahren hat.

Dürfen sich auch Männer an Sie wenden?

Prof. Eckoldt: Selbstverständlich. Genau deshalb heißt

es auch nicht Frauenbeauftragte, sondern Gleichstellungsbeauftragte.

Denken Männer, Sie werden nur für Frauen tätig?

Prof. Eckoldt: Ja, genau das denken viele Männer und deshalb

müssen wir unsere Arbeit publik machen. Es geht wirklich

darum, dass alle Menschen – unabhängig vom Geschlecht,

unabhängig von der Orientierung oder unabhängig von der

Hautfarbe – gleiche Chancen bekommen sollen und nach

ihrer Persönlichkeit oder ihrer Leistung beurteilt werden.

Wenn Sie für Ihre Arbeit einen Wunsch frei hätten, welcher

wäre das?

Prof. Eckoldt: Mein Wunsch ist, dass das Thema Gleichstellung

nicht belächelt wird, dass man genug Handhabe hat

und es noch mehr Mitstreiter gibt.

Interview: Annett Lott

01 | 20

17


TITELTHEMA

Zurück ans UKJ

Thomas Franke ist seit über 15 Jahren Gesundheits- und

Krankenpfleger. Nachdem er fünf Jahre lang eine Station der Klinik

für Geriatrie geleitet hat, sammelte er extern für eineinhalb Jahre

neue Erfahrung. 2019 kam er zurück ans UKJ und leitet aktuell die

Station B340 der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Thomas Franke. Foto: UKJ

Welchen Weg in die Pflege sind Sie

gegangen?

Franke: Beruflich war ich zuerst in einer

anderen Branche unterwegs. Ich habe

bei Carl Zeiss Jena gelernt. Danach war

ich als Sanitäter in der Bundeswehr

und als Rettungsassistent im Einsatz.

So kam es, dass ich den Weg in die

Pflege einschlug. Von 2004 bis 2007

war ich Azubi am UKJ. Nach Kardiologie

und Pulmonologie arbeitete ich lange

Zeit in der Geriatrie. Berufsbegleitend

hatte ich von 2013 bis 2016 den Bachelor

„Professional of Health and Social

Services“ absolviert. Ich wollte mich

als Leitung weiterentwickeln. Obwohl

ich lange gehadert hatte, traf ich

schließlich die Entscheidung ein externes

Angebot anzunehmen und neue

Wege einzuschlagen, wenn auch nicht

für immer. Und ich bereue es nicht.

Denn ich habe in dieser Zeit nochmal

viel gelernt, wovon ich nun profitiere.

Wie war es zurückzukommen?

Franke: Es war, als wäre ich nie weggewesen.

Natürlich bringt ein neues

Fachgebiet auch neue und andere Aufgaben

sowie Herausforderungen mit

sich. Wir haben hier ein tolles Team,

das den Start für mich leichtgemacht

hat. Die Pflege in der Mund-, Kiefer-

Gesichts- und plastischen Chirurgie

ist wahnsinnig interessant und sehr

anspruchsvoll. Wir versorgen Angstpatienten,

die zur kunstchirurgischen

Zahnsanierung zu uns kommen, Kinder

mit einer Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte

bis hin zu Patienten mit Tumorerkrankungen

im Bereich des Kopfes.

Warum arbeiten sie gern in der Pflege?

Franke: Der Beruf erfüllt mich schon

immer mit Stolz. Grundsätzlich bringt

man ein gewisses Helfersyndrom mit.

Wir tun das Bestmögliche, um unsere

Patienten auf ihrem Weg der Genesung

zu begleiten. Das ist unser Anspruch.

Auch wenn damit nicht immer Erfolgserlebnisse

verbunden sind, bekommt

man durch die Dankbarkeit der Patienten

viel zurück. Und in meiner Rolle als

Leitung fühlt es sich gut an, wenn ich

bereits mit kleinen Veränderungen im

Alltag auf Station Positives bewirken

kann.

Interview: Michelle Korneli

Schon gewusst?

28. Februar: Tag der Seltenen

Erkrankungen

Haben Sie schon mal von Morbus

Fabry, Gorham-Stout-Syndrom oder

Akromegalie gehört? Das sind nur

drei von über 8.000 seltenen Erkrankungen.

Als selten gilt eine Erkrankung,

wenn nicht mehr als 5 von

10.000 Menschen von ihr betroffen

sind. In Thüringen leiden geschätzte

40.000 Menschen an einer seltenen

Erkrankung.

14. März: Weltnierentag

Nierenerkrankungen betreffen weltweit

rund 850 Millionen Menschen.

Jeder zehnte Mensch leidet an einer

chronischen Niereninsuffizienz.

Nierenerkrankungen müssen verhindert

beziehungsweise frühzeitig

erkannt werden, damit sie nicht

weiter fortschreiten und der Patient

nicht dialysepflichtig wird. Pro Tag

sollte jeder gesunde Mensch zwischen

1,5 und 2,5 Liter Flüssigkeit zu

sich nehmen – am besten Wasser,

ungesüßten Tee oder verdünnte

Saftschorle.

15. März: Tag der Rückengesundheit

Zwischen 60 und 80 Prozent der

Deutschen hat im Leben mit Rückenproblemen

zu kämpfen. Rund jeder

Zweite bejaht die Frage, ob er im

vergangenen halben Jahr Schmerzen

im Rücken hatte. Bei rund zwölf

Prozent der Betroffenen sind die

Schmerzen chronisch. Etwa 20 Milliarden

Euro kostet das Rückenleiden

in Deutschland jedes Jahr. Ein

Drittel dieser Kosten wird für die

medizinische Behandlung benötigt.

Den größten Teil der Kosten machen

die durch Fehltage verursachten

wirtschaftlichen Verluste aus.

Denn Rückenschmerzen gehören zu

den häufigsten Ursachen für eine

Krankschreibung.

18 01 | 20


HEILEN

Ein kleiner Beutel, der es in sich hat: die

Transfusion der CAR-T-Zellen. Foto: Szabó

DURCHBRUCH in

der Krebstherapie

Erste CAR-T-Zell-Therapie am UKJ

bei aggressivem Lymphom

Es ist nur ein kleiner Beutel - der es aber in sich hat. Was

innerhalb von etwa 20 Minuten in die Adern des Patienten

fließt, ist die erste CAR-T-Zell-Therapie am UKJ. Erstmals wird

hier diese neue Form der Krebstherapie angewendet, als

erste Gentherapie in der Onkologie überhaupt am Klinikum

– und eine Chance auf Heilung bei bestimmten Krebsarten

wie dem aggressiven Lymphom.

Bei der CAR-T-Zell-Therapie werden dem Patienten zunächst

eigene Zellen entnommen: T-Lymphozyten, eine bestimmte

Gruppe weißer Blutkörperchen. Diese werden im Labor

gentechnisch verändert: Auf die T-Zellen wird mittels viraler

Transduktion ein Rezeptor gebracht, der zielgenau ein

Oberflächeneiweiß auf den Krebszellen erkennt. Die so

veränderten T-Zellen werden dem Patienten anschließend

als Transfusion zurückgeführt und nehmen ihre Arbeit auf:

das Lymphom zu zerstören. „Die CAR-T-Zell-Therapie hat vor

allem zwei Vorteile: Zum einen greift sie sehr zielgerichtet

die bösartigen Zellen an. Zum anderen sollen die veränderten

T-Zellen dauerhaft im Körper bleiben. Das heißt, sollten

wieder Krebszellen auftauchen, bekämpfen die T-Zellen

auch diese“, beschreibt es PD Dr. Ulf Schnetzke, Oberarzt der

Klinik für Innere Medizin II. Er behandelt federführend den

ersten CAR-T-Zell-Therapie-Patienten. „Vor allem bedeutet

die neue Therapie eine deutlich höhere Chance auf Heilung“,

so der Hämatologe.

Die CAR-T-Zell-Therapie kommt bislang nur bei bestimmten

Krebsarten zum Einsatz: einer Form von Blutkrebs und dem

aggressiven Lymphdrüsenkrebs – und nur, wenn andere

Therapiemöglichkeiten nicht erfolgreich waren. „Bei den

aggressiven Lymphomen gibt es leider Fälle, bei denen die

Chemotherapie nicht anschlägt“, weiß Dr. Schnetzke. Umso

wichtiger ist die neue Therapieoption. „Die CAR-T-Zell-Therapie

hat vor allem zwei mögliche Nebenwirkungen“, erklärt Dr.

Schnetzke. „Das sogenannte Zytokin-Freisetzungssyndrom

kann entstehen, weil in relativ kurzer Zeit sehr viel Lymphom

zerfällt.“ Das kann sich in Fieber und grippeähnlichen Symptomen

äußern. „Außerdem kann die Therapie zu Neurotoxizität

führen, also beispielsweise Verwirrtheit, Verlangsamung

oder Müdigkeit auslösen“, so Dr. Schnetzke. Für alle Fälle ist

das UKJ gerüstet.

Die Therapie ist erst seit gut einem Jahr überhaupt in Europa

zugelassen. Um sie anwenden zu dürfen, muss sich ein Klinikum

zunächst als Zentrum qualifizieren. Deutschlandweit

gibt es nur wenige solche Zentren, jetzt auch das UKJ. „Für

die intensive Vorbereitung von einem guten halben Jahr

danke ich dem gesamten Team“, so Prof. Andreas Hochhaus,

Direktor der Klinik für Innere Medizin II. „Mit der Zulassung

zur CAR-T-Zell-Therapie bieten wir am UKJ modernste

immun- und gentechnische Verfahren an.“ Neben den Ärzten

und Pflegenden der Klinik sind für den Herstellungsprozess

des Mittels vor allem das Institut für Transfusionsmedizin,

die Klinikapotheke und das Zelllabor der KIM II gefordert,

außerdem für den Notfall auch die Intensivmedizin sowie

die Klinik für Neurologie. „Es muss einfach alles da sein“,

beschreibt es Dr. Schnetzke. „Unsere Pflegekräfte sind

besonders geschult. Sie überwachen den Patienten engmaschig,

denn die Nebenwirkungen der Therapie können

mitunter sehr schnell einsetzen“, so der Hämatologe. Für

den Notfall ist die Intensivstation auf alles vorbereitet. In

der Regel bedeutet die neue Therapie einen zweiwöchigen

Klinikaufenthalt. Danach müssen Patienten noch regelmäßig

zur Nachsorge ans UKJ kommen.

Katrin Bogner

01 | 20

19


HEILEN

Vom DATUM hängt es NICHT ab

Prof. Bernhard Strauß, Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin

und Psychotherapie, zu guten Vorsätzen für das neue Jahr

Foto: belchonock © 123RF.com

Abnehmen, nicht mehr Rauchen, Vegetarier werden – gute

Vorsätze gehören zu Neujahr wie der Sekt. Sind sie für die

Änderung des Lebensstils tatsächlich sinnvoll?

Prof. Strauß: Neujahrsvorsätze sind nur bedingt sinnvoll.

Der Jahreswechsel als kalendarische Zäsur bietet sich für

viele Menschen zwar als eine Art symbolischer Wendepunkt

an. Doch letztlich ist das nur eine Äußerlichkeit und

Äußerlichkeiten sind bei der Umsetzung guter Vorsätze nicht

entscheidend. Worauf es ankommt, ist der innere Zustand,

die richtige innere Einstellung. Fehlt die, hilft auch ein noch

so besonderes Datum nicht. Forschungen aus der Sozialpsychologie

zeigen, dass die meisten guten Vorsätze für das

neue Jahr nicht umgesetzt werden. Schon Ende Januar sind

40 Prozent von ihnen über den Haufen geworfen. Das ist

dann eigentlich nur gut für die Fitnessstudios, mit denen

man einen teuren Jahresvertrag abgeschlossen hat.

Warum ist das so?

Prof. Strauß: Viele Menschen nehmen sich für das neue Jahr

etwas vor, von dem sie meinen, dass es sinnvoll wäre oder

20 01 | 20


HEILEN

dass es alle anderen auch machen –

von dem sie aber für sich eigentlich

nicht überzeugt sind. Heraus kommen

dann meist eher unverbindliche Ziele

nach dem Motto „Ich könnte ja vielleicht…

mit dem Rauchen aufhören“.

Der Druck zur Veränderung ist da eher

gering, also ändert man auch nichts

oder gibt den Versuch schnell auf.

Mehr Erfolg haben Änderungen, die

durch ein konkretes Erlebnis ausgelöst

wurden. Häufig sind das körperliche

Signale bis hin zur gesundheitlichen

Krise, die zeigen: Es geht nicht so weiter,

ich muss etwas tun. Aber auch eine

neue Partnerschaft kann Auslöser sein.

Frisch verliebt ist die Bereitschaft zu

Veränderungen des Lebensstils größer.

Der Kalender ist da egal.

Was hilft praktisch bei der Verwirklichung

guter Vorsätze?

Prof. Strauß: Eine konkrete Planung

mit realistischen Zielen, die sich

ohne Zwang oder Qual angehen lassen.

Nicht gleich von Null auf Hundert

springen, das meine ich jetzt nicht

nur auf den Sport bezogen. Besser

sind kleine, überschaubare Schritte,

je präziser definiert, desto besser.

Zum Beispiel einmal in der Woche

eine halbe Stunde Laufen oder in den

Sportverein gehen. Das ist abrechenbar,

damit schafft man sich Erfolgserlebnisse,

für die man sich dann auch

gelegentlich mal belohnen sollte.

Nicht zu vergessen der soziale Aspekt:

Gemeinsam mit Freunden lassen sich

gute Vorsätze oft besser angehen.

Auch äußere Umstände spielen eine

Prof. Bernhard Strauß. Foto: UKJ

Rolle. Wer es zum Beispiel genießt,

draußen in der Landschaft Sport zu

treiben, wird wahrscheinlich eher

dabei bleiben.

Welche Konstellationen sollte man

meiden?

Prof. Strauß: Sich mitten im beruflichen

Stress das Rauchen abzugewöhnen,

das funktioniert eher nicht. Besser ist

es, damit in einer Entspannungsphase

wie im Urlaub zu beginnen.

Warum ist es eigentlich so schwer, den

inneren Schweinehund zu besiegen?

Prof. Strauß: Die Dinge, die man ändern

möchte, haben eben auch ihre positiven

Seiten. Dass das Essen schmeckt,

macht das Abnehmen schwer. Auf der

Couch liegen und fernzusehen, kann

eine gemütliche Sache sein. Diese

Ambivalenzen machen es nicht einfach.

Hinzu kommt, dass wir gern an

lang gepflegten und lieb gewonnenen

„Frisch verliebt

ist die Bereitschaft

zu Veränderungen

des Lebensstils

größer.“

Prof. Bernhard Strauß

Gewohnheiten festhalten und uns nur

ungern umstellen. Der Mensch ist halt

ein Gewohnheitstier.

Wer ist bei der Umsetzung guter Vorsätze

eigentlich konsequenter: Frauen

oder Männer?

Prof. Strauß: Frauen und Männer nehmen

sich zum Jahreswechsel zwar

Unterschiedliches vor. Frauen wünschen

sich mehr Entspannung und

Entlastung, Männer wollen vor allem

Gewicht verlieren. Hinsichtlich der Konsequenz

oder eben Nicht-Konsequenz

bei der Umsetzung gibt es aber keine

geschlechterbedingten Unterschiede.

Haben Sie sich eigentlich auch

schon mal etwas für das neue Jahr

vorgenommen?

Prof. Strauß: Als ich noch Raucher war,

habe ich einige Male den Neujahrsvorsatz

gefasst, das Rauchen zu lassen.

Ohne Erfolg. Geklappt hat es erst Jahre

später, was nichts mit Neujahr, sondern

mit innerer Überzeugung zu tun hatte.

Interview: Katrin Zeiß

01 | 20

21


JANUAR FEBRUAR MÄRZ TITELTHEMA

HEILEN APRIL MAI JUNI

01 Mi Neujahr 01 Sa 01 So 01 Mi 01 Fr Tag der Arbeit 01 Mo Pfingstmontag 23

02 Do 02 So 02 Mo 10 02 Do 02 Sa 02 Di

03 Fr 03 Mo 06 03 Di 03 Fr 03 So 03 Mi

04 Sa 04 Di 04 Mi 04 Sa 04 Mo 19 04 Do

05 So 05 Mi 05 Do 05 So 05 Di 05 Fr

06 Mo Heilige Drei Könige 02 06 Do 06 Fr 06 Mo 15 06 Mi 06 Sa

07 Di 07 Fr 07 Sa 07 Di 07 Do 07 So

08 Mi 08 Sa 08 So

Internationaler

Frauentag 08 Mi 08 Fr 08 Mo 24

09 Do 09 So 09 Mo 11 09 Do 09 Sa 09 Di

10 Fr 10 Mo 07 10 Di 10 Fr Karfreitag 10 So 10 Mi

11 Sa 11 Di 11 Mi 11 Sa 11 Mo 20 11 Do Fronleichnam

12 So 12 Mi 12 Do 12 So Ostersonntag 12 Di 12 Fr

13 Mo 03 13 Do 13 Fr 13 Mo Ostermontag 16 13 Mi 13 Sa

14 Di 14 Fr Valentinstag 14 Sa 14 Di 14 Do 14 So

15 Mi 15 Sa 15 So 15 Mi 15 Fr 15 Mo 25

16 Do 16 So 16 Mo 12 16 Do 16 Sa 16 Di

17 Fr 17 Mo 08 17 Di 17 Fr 17 So 17 Mi

18 Sa 18 Di 18 Mi 18 Sa 18 Mo 21 18 Do

19 So 19 Mi 19 Do 19 So 19 Di 19 Fr

20 Mo 04 20 Do 20 Fr 20 Mo 17 20 Mi 20 Sa

21 Di 21 Fr 21 Sa 21 Di 21 Do Christi Himmelfahrt 21 So

22 Mi 22 Sa 22 So 22 Mi 22 Fr 22 Mo 26

23 Do 23 So 23 Mo 13 23 Do 23 Sa 23 Di

24 Fr 24 Mo Rosenmontag 09 24 Di 24 Fr 24 So 24 Mi

25 Sa 25 Di Faschingsdienstag 25 Mi 25 Sa 25 Mo 22 25 Do

26 So 26 Mi Aschermittwoch 26 Do 26 So 26 Di 26 Fr

27 Mo 05 27 Do 27 Fr 27 Mo 18 27 Mi 27 Sa

28 Di 28 Fr 28 Sa 28 Di 28 Do 28 So

29 Mi 29 Sa 29 So 29 Mi 29 Fr 29 Mo 27

30 Do 30 Mo 14 30 Do 30 Sa 30 Di

31 Fr 31 Di 31 So P fi n g s t s o n n t a g

JENAER ABENDVORLESUNGEN | für Patienten, A

2020

22 01 | 20

29. Januar 2020

Herzinfarkt bei Frauen

Was ist anders?

Referent: Prof. Dr.

Bernward Lauer, Leitender

Oberarzt Klinik für Innere

Medizin I

26. Februar 2020

Zittern, Krämpfe,

Steifigkeit

Bewegungsstörungen und

Ihre Ursachen

Referent: PD Dr. Tino Prell,

Oberarzt der Klinik für

Neurologie, Sprechstunde

für Bewegungsstörungen/

Parkinson

25. März 2020

Bandscheibe defekt

Geht’s auch ohne OP?

Referent: Dr. Rupert

Reichart, Oberarzt an der

Klinik für Neurochirurgie


JULI AUGUST SEPTEMBER HEILEN OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER

01 Mi 01 Sa 01 Di 01 Do 01 So Allerheiligen 01 Di

02 Do 02 So 02 Mi 02 Fr 02 Mo 45 02 Mi

03 Fr 03 Mo 32 03 Do 03 Sa

Tag der Deutschen

Einheit 03 Di 03 Do

04 Sa 04 Di 04 Fr 04 So 04 Mi 04 Fr

05 So 05 Mi 05 Sa 05 Mo 41 05 Do 05 Sa

06 Mo 28 06 Do 06 So 06 Di 06 Fr 06 So Nikolaus

07 Di 07 Fr 07 Mo 37 07 Mi 07 Sa 07 Mo 50

08 Mi 08 Sa 08 Di 08 Do 08 So 08 Di

09 Do 09 So 09 Mi 09 Fr 09 Mo 46 09 Mi

10 Fr 10 Mo 33 10 Do 10 Sa 10 Di 10 Do

11 Sa 11 Di 11 Fr 11 So 11 Mi 11 Fr

12 So 12 Mi 12 Sa 12 Mo 42 12 Do 12 Sa

13 Mo 29 13 Do 13 So 13 Di 13 Fr 13 So

14 Di 14 Fr 14 Mo 38 14 Mi 14 Sa 14 Mo 51

15 Mi 15 Sa Mariä Himmelfahrt 15 Di 15 Do 15 So 15 Di

16 Do 16 So 16 Mi 16 Fr 16 Mo 47 16 Mi

17 Fr 17 Mo 34 17 Do 17 Sa 17 Di 17 Do

18 Sa 18 Di 18 Fr 18 So 18 Mi Buß-und Bettag 18 Fr

19 So 19 Mi 19 Sa 19 Mo 43 19 Do 19 Sa

20 Mo 30 20 Do 20 So Weltkindertag 20 Di 20 Fr 20 So

21 Di 21 Fr 21 Mo 39 21 Mi 21 Sa 21 Mo 52

22 Mi 22 Sa 22 Di 22 Do 22 So 22 Di

23 Do 23 So 23 Mi 23 Fr 23 Mo 48 23 Mi

24 Fr 24 Mo 35 24 Do 24 Sa 24 Di 24 Do Heiligabend

25 Sa 25 Di 25 Fr 25 So 25 Mi 25 Fr 1. Weihnachtstag

26 So 26 Mi 26 Sa 26 Mo 44 26 Do 26 Sa 2. Weihnachtstag

27 Mo 31 27 Do 27 So 27 Di 27 Fr 27 So

28 Di 28 Fr 28 Mo 40 28 Mi 28 Sa 28 Mo 53

29 Mi 29 Sa 29 Di 29 Do 29 So 29 Di

30 Do 30 So 30 Mi 30 Fr 30 Mo 49 30 Mi

31 Fr 31 Mo 36 31 Sa Reformationstag 31 Do Silvester

ngehörige und Medizininteressierte | jeweils 19:00 Uhr im Hörsaal 1 des Klinikums | Eintritt frei

29. April 2020

Eine neue Niere ist wie ein

neues Leben

Wie Organspende Leben

rettet

Referentin: Dr. Mandy

Schlosser, Oberärztin

an der Klinik für Innere

Medizin III

20. Mai 2020

Forensische Toxikologie

viel mehr als Giftmord

Referent: PD Dr. Frank T.

Peters, Stellvertretender

Leiter des Instituts für

Rechtmedizin

24. Juni 2020

Nahrungsergänzungsmittel

Hilft viel wirklich viel?

Referent: Dr. Christian

Keinki, Projektleiter bei

der Deutschen Krebsgesellschaft

e.V.

30. September 2020

Endlich klare Sicht:

Nanolaser gegen grauen

Star

Referent: Prof. Dr. Daniel

Meller, Direktor der

Augenklinik

28. Oktober 2020

Antibiotika

Das einstige Wundermittel

unter der Lupe

Referentin: Prof. Dr.

Jutta Bleidorn, Direktorin

des Instituts für

Allgemeinmedizin

25. November 2020

Starke Abwehr?

Wie Gene und Umwelt

unser Immunsystem

prägen

Referent: Prof. Dr. Thomas

Kamradt, Direktor des

Instituts für Immunologie

01 | 20

23


HEILEN

Wie die Biografie unser Sein beeinflusst

Allgemeinpsychiatrische Tagesklinik am UKJ besteht seit 15 Jahren

Warum bin ich gerade nicht im Gleichgewicht?

Warum empfinde ich meine

Arbeitssituation belastender als es

vielleicht sein müsste? Warum kann ich

mich gegen die Themen der Zeit nicht

ausreichend abgrenzen? Warum tue ich

mehr für andere als für mich?

Wer in die Allgemeinpsychiatrische

Tagesklinik der Klinik für Psychiatrie

und Psychotherapie am UKJ kommt,

bringt ganz konkrete Fragen mit. In

der großzügigen Villa in der Humboldtstraße

finden Patienten einen

geschützten Raum – um sprechen zu

dürfen und gehört zu werden. „Viele

von ihnen wollen verstehen, ob und

wie ihre Biografie ihre aktuelle Lebenssituation

und ihr Agieren beeinflusst“,

sagt Prof. Stefan Smesny, der die psychotherapeutische

Einrichtung leitet.

Achtsamkeitsübungen, Ergotherapie,

„Stuhldialog“ als Intervention zur

biografischen Klärung und Gespräche

mit Psychologen sind nur einige

der Bausteine der tagesklinischen

Therapie. Fotos: Schroll

Mit seinem Team setzt er als erste

Tagesklinik in Deutschland ein Konzept

um, das die Kernideen der Schematherapie,

einer Erweiterung der Verhaltenstherapie,

aufgreift. Entstanden

ist der Ansatz in den 1990er-Jahren

in Amerika. Mit unterschiedlichen

Methoden werden dabei in der Kindheit

erworbene Muster entdeckt und

aufgearbeitet – was den meisten

Behandlungsanliegen entgegenkommt.

Denn diese alten Muster prägen auch

aktuelle Beziehungen. So bringen viele

Patienten ganz konkrete Wünsche zur

Veränderung mit.

Vor 15 Jahren nahm die Tagesklinik

ihren Betrieb am Carl-Zeiß-Platz auf –

zunächst mit 15 Patienten. Von Anfang

an ist sie ein Kooperationsprojekt mit

dem Verein „Aktion Wandlungswelten“.

Mit dem Umzug 2006 in die Villa

in der Humboldtstraße konnte die

Tagesklinik auf 30 Behandlungsplätze

anwachsen und steht seither für alle

Patientengruppen offen. „Mit den

Anliegen unserer Patienten haben wir

uns im Laufe der Zeit auch gewandelt

und therapeutisch weiterentwickelt“,

so Prof. Smesny. „Während in den

Anfangsjahren vor allem Patienten

mit affektiven und psychotischen (z.B.

schizophrenen) Erkrankungen Hilfe in

der Tagesklinik suchten, dominieren

in den letzten Jahren Patienten mit

depressiven oder Angststörungen im

Kontext zugespitzter Belastungsfaktoren.“

Nicht selten zeigt die Diagnostik

zudem ein ADHS im Erwachsenenalter,

posttraumatische Belastungsstörungen

oder Störungen der Persönlichkeitsentwicklung.

In der Behandlung

psychotischer Störungen stehen

inzwischen Früherkennung und -intervention

im Vordergrund. Die Wirksamkeit

des schematherapeutischen

Behandlungskonzeptes wird auch

wissenschaftlich im Rahmen eines

24 01 | 20


HEILEN

wieder stark wahrzunehmen“, so der

Leiter. Einen würdevollen Raum dafür

anzubieten, sieht er als eine wichtige

Aufgabe seiner Tagesklinik.

DFG-geförderten Projektes analysiert.

Mit Hilfe von MRT-Untersuchungen

beobachten die Experten, inwieweit

das gesprochene Wort messbare biologische

Veränderungen hervorruft.

Eine geschwungene Holztreppe verbindet

die drei Etagen der Tagesklinik,

durch große Fenster fällt das Licht

in die gelb gestrichenen Räume mit

stuckverzierten Decken, die Waschbecken

ziert ein farbenfrohes Mosaik,

die Sitzgruppe für die Gespräche mit

den Psychologen strahlt Wohnzimmeratmosphäre

aus. Es ist ein Haus zum

Wohlfühlen. „In unserer Tagesklinik

steht die Emotionalität im Fokus“,

sagt Prof. Smesny. Veränderungsprozesse

seien am größten, wenn Gefühle

aktiviert werden. „Diesen widmen wir

uns mit großer Sorgfalt – und ohne

Bewertungen. Das Bedürfnis, über

sich sprechen zu dürfen und mit Wertschätzung

gehört zu werden, ist immer

Im Schnitt acht Wochen lang besuchen

die Patienten täglich die Einrichtung,

um Antworten auf ihre ganz persönlichen

Fragen zu finden. Viele sind zwischen

18 und 40 Jahre alt, einige haben

Kinder zu versorgen. Im Gegensatz zu

einer vollstationären Therapie lässt

sich das tagesklinische Konzept mit

dem Familienalltag verbinden. Betreut

werden die Patienten von einem Team

aus Ärzten, Psychologen, Therapeuten,

Pflegepersonal und Sozialarbeitern.

Neben einer medizinischen Diagnostik

durchlaufen sie eine Vielzahl an Angeboten

– von psychotherapeutischen

Interventionen, über Achtsamkeitsund

Genusstraining bis zur Ergotherapie.

In der Regel nehmen Patienten

oder Vorbehandler direkt Kontakt mit

der Tagesklinik auf. Wenn gewünscht,

kann ein Vorgespräch oder auch eine

Probewoche stattfinden.

Ziel des Aufenthalts ist es, ein Selbstfürsorgekonzept

zu erarbeiten, das

den Patienten hilft, besser mit sich

umzugehen und ein gesundes Gleichgewicht

zu erreichen. „Und sich mehr

wertzuschätzen, als es die eigenen

Eltern vielleicht getan haben.“

KONTAKT

Tagesklinik für Psychiatrie

und Psychotherapie

Anke Schleenvoigt

Humboldtstraße 16 | 07743 Jena

03641 8-76 17 00

Zentrales Aufnahmemanagement

03641 9-39 06 11

01 | 20

25


HEILEN

Schutz für die Ungeschützten

Zur Masern-Impfpflicht im Gespräch mit Prof. Mathias Pletz,

Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene

Zum 1. März tritt die Masern-Impfpflicht für Kindergarten- und

Schulkinder, Kita-Erzieher, Lehrer und medizinisches Personal

in Kraft. Sind Sie froh darüber?

Prof. Pletz: Ich bin ein Verfechter der Masern-Impfpflicht. Wir

beobachten seit Jahren mit Sorge, dass die Impfquoten bei

Masern, einer Krankheit mit potenziell schwerwiegenden,

auch tödlichen Komplikationen, zurückgehen. Dem kann man

mit einer Impfpflicht entgegenwirken, das zeigt das Beispiel

von Italien. Auch die Reihenimpfungen in der DDR waren sehr

effizient. Nachdem die Masern-Schutzimpfung 1970 eingeführt

wurde, kam diese Krankheit dort praktisch nicht mehr vor. Das

hat sich mit der sinkenden Impfbereitschaft geändert, auch in

Thüringen hatten wir in den vergangenen Jahren größere Ausbrüche,

etwa in Jena, Weimar oder Erfurt. Meist mit Ursprung in

Einrichtungen, in denen viele ungeimpfte Menschen aufeinandertreffen.

Da verbreiten sich Masern wie Feuer im trockenen

Wald.

Was versteht man unter schweren Krankheitsverläufen?

Prof. Pletz: Komplikationen sind sowohl durch den Erreger

selbst – ein Virus – als auch durch Bakterien im Schlepptau,

sogenannte Superinfektionen, möglich. Das Masern-Virus

attackiert die gleichen Zellen, die auch vom Aids-Erreger

HIV angegriffen werden. Deshalb funktioniert bei Masern-

Patienten die körpereigene Immunabwehr noch eine gewisse

Zeit nach Abklingen der Erkrankung nicht, sie sind anfällig für

schwere bakterielle Infekte, vor allem für Lungenentzündungen.

Gefährlichste durch das Masern-Virus selbst verursachte

Komplikation ist SSPE, eine kindliche Demenz, die auch noch

Jahre nach der Masern-Erkrankung auftritt und immer tödlich

verläuft. Bei Kindern unter einem Jahr gehen neue Studien von

einem SSPE-Fall bei 1700 bis 3300 Masern-Erkrankten aus.

Wer profitiert vor allem von der Impfpflicht?

Prof. Pletz: Vor allem jene Menschen, die ansteckungsgefährdeter

als andere sind, aber selbst nicht oder noch

nicht geimpft werden können. Konkret: sehr kleine Kinder

und Menschen mit einer angeborenen oder erworbenen

Immunschwäche. Der Masern-Impfstoff ist ein sogenannter

Lebendimpfstoff, das heißt, er wird aus abgeschwächten

Viren hergestellt. Weil bei Kindern unter einem Jahr das

Immunsystem noch nicht ausgereift ist, kann er bei ihnen

noch nicht eingesetzt werden. Gleiches gilt für Kinder mit

geschwächtem Immunsystem. Sie sind darauf angewiesen,

Prof. Mathias Pletz. Foto: Schroll

dass möglichst viele Menschen in ihrem Umfeld geimpft sind,

wir nennen das den „Herdenschutz“. Von dem profitieren

übrigens auch jene, die die Impfung vergessen haben oder sie

vehement ablehnen.

Impfgegner bringen hingegen immer wieder vermeintliche

Impfschäden ins Spiel, ebenso das Profitinteresse der

Pharma-Industrie.

Prof. Pletz: Impfstoffe sind für die Pharma-Branche eher

nicht der große Geldbringer. Da die meisten Schutzimpfungen

wie die gegen Masern ein Leben lang schützen, können die

Impfstoffe auch nur ein- bis zweimal verkauft werden. Die

Wahrscheinlichkeit eines Impfschadens wiederum ist extrem

gering. Impfstoffe gehören zu den am besten untersuchten

Medikamenten. Vor einer Zulassung sind umfangreiche Studien

erforderlich, für die sehr viel mehr Menschen untersucht

werden als bei allen anderen Medikamentenstudien. Ich selbst

habe in meiner Laufbahn noch keinen Masern-Impfschaden

beobachtet.

Wie und wann wird die Masern-Schutzimpfung verabreicht?

Prof. Pletz: Die Impfung – als Mehrfachimpfung gegen Masern,

Mumps und Röteln (MMR) – besteht aus zwei Teilimpfungen.

Die erste wird ab dem ersten Lebensjahr verabreicht, ab vier

Wochen danach kann die zweite Teilimpfung folgen. In der Regel

ist das Teil der Vorsorgeuntersuchungen durch die Kinderärzte.

26 01 | 20


HEILEN

Foto: Myriam Zilles

auf Pixabay

Foto: GettyImages.com - Mareen Fischinger

Effekt für Herz und Hirn

Impfungen mindern Infarkt- und Schlaganfallrisiko

Wird die zweite Impfung versäumt, kann

man sie auch noch im Erwachsenenalter

nachholen. Ich empfehle das dringend.

Was halten Sie von „Masernpartys“, bei

denen gegen Impfungen eingestellte

Eltern an Masern erkrankte mit gesunden

Kindern zusammenbringen, damit

diese sich anstecken und so lebenslang

immunisiert werden?

Prof. Pletz: Für mich ist es eine an Körperverletzung

grenzende grobe Fahrlässigkeit,

ein Kind wissentlich einer

potenziell tödlichen Krankheit auszusetzen.

Abgesehen davon, dass die Masern

ja nicht auf einen engen Kreis begrenzt

bleiben, sondern sich rasend schnell

verbreiten.

Die größten Masern-Impflücken soll es

nicht bei Kindern, sondern bei jungen

Erwachsenen geben – für die es keine

Impfpflicht gibt. Ist das nicht ein Defizit

der neuen Regelung?

Prof. Pletz: Die Regelung betrifft zumindest

in zwei größeren Bereichen auch

Erwachsene, im Gesundheitswesen und

in Schulen und Kindergärten. Wer hier

arbeitet und ab 1970 geboren wurde,

muss einen Impfnachweis erbringen. In

anderen Bereichen wäre das aus meiner

Sicht auch sinnvoll, das ließe sich ja zum

Beispiel bei Job-Bewerbern über Einstellungsuntersuchungen

beim Betriebsarzt

regeln.

Interview: Katrin Zeiß

Wer die Pneumokokken-Impfung oder

die jährliche Grippeschutzimpfung

in Anspruch nimmt, schützt sich vor

mehr als vor einer Lungenentzündung

oder einer durch das Influenzavirus

ausgelösten, echten Grippe. „Beide

Impfungen verringern auch das Risiko

für einen Herzinfarkt und einen

Schlaganfall“, sagt Privatdozentin Dr.

Christina Forstner vom UKJ. Die Spezialistin

für Infektionserkrankungen ist

in das Projekt „Impfen 60+“ von UKJ,

Universität Erfurt und Land Thüringen

eingebunden, das den Impfschutz von

älteren Menschen verbessern will.

Nach einer akuten Atemwegserkrankung

durch Pneumokokken, dem

häufigsten bakteriellen Erreger der

Lungenentzündung, und nach einer

Influenza ist das Herzinfarktrisiko noch

tagelang, das Schlaganfallrisiko sogar

noch wochenlang signifikant erhöht. „Je

älter die Erkrankten sind, desto deutlicher

ist dieser Zusammenhang, wie

zwei aktuelle Studien dazu aus Kanada

und Schottland gezeigt haben“, betont

die Infektiologin. Bei über 65 Jahre alten

Grippe-Patienten war das Risiko eines

akuten Herzinfarkts in der ersten Woche

nach der Influenza 7,5-fach erhöht im

Vergleich zu einem Jahr vor und nach

der Erkrankung. Für alle untersuchten

Personen ab 35 Jahren fand sich aber

immer noch ein sechsfach erhöhtes

Herzinfarktrisiko innerhalb der ersten

sieben Tage nach einer Influenza.

Ursache von Herzinfarkten oder

Schlaganfällen sind durch Blutgerinnsel

oder Fett- und Kalkablagerungen

verstopfte Herzkranz- beziehungsweise

Hirngefäße. Eine akute

Atemwegsentzündung im Zusammenspiel

mit infektionsbedingt

schlechterer Sauerstoffversorgung

und aktivierter Blutgerinnung könne

einen solchen Gefäßverschluss bei

bereits bestehenden Engstellen auslösen,

so Dr. Forstner. „Wird also eine

Influenza oder Lungenentzündung

verhindert oder verläuft weniger

schwer, kann dieses Risiko gesenkt

werden. Das ist ein wichtiger, indirekter

Effekt der Schutzimpfung.“ In den

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission

(STIKO) werden diese

Erkenntnisse bereits berücksichtigt,

sie empfiehlt den Grippe- und Pneumokokkenschutz

unter anderem für

chronisch erkrankte Menschen, darunter

Herz-Kreislauf-Patienten.

In Deutschland erkranken jährlich bis

zu 600000 Menschen an einer Lungenentzündung

(Pneumonie), nicht

selten im Zusammenhang mit einer

Influenza. Etwa die Hälfte von ihnen

wird deswegen stationär im Krankenhaus

behandelt. Bei einem Drittel der

in Kliniken behandelten Pneumonie-

Erkrankten werden Pneumokokken

als Auslöser identifiziert.

(zei)

01 | 20

27


FORSCHEN

SPRUNGBRETT für forschende Ärzte

Zweite Laufzeit für Else Kröner-Forschungskolleg AntiAge

Immer mehr ältere Patienten mit oft altersbedingten

Erkrankungen mehrerer Organsysteme gehören heute

zum klinischen Alltag. Um sie fachgerecht behandeln

zu können, braucht es forschende Ärzte – sogenannte

Das Förderprogramm ermöglicht Medizinern

eine intensive Forschungszeit. Foto: Szabó

Clinician Scientists – aus verschiedenen Fachgebieten,

die Patienten nicht nur praktisch behandeln, sondern

sich auch wissenschaftlichen Fragestellungen zuwenden

können. Mit dem Else Kröner-Forschungskolleg AntiAge

sollen Ärzte durch ein Qualifikationsprogramm auf diese

anspruchsvolle klinisch-wissenschaftliche Tätigkeit vorbereitet

werden und Karriereperspektiven in der universitären

Altersmedizin vermittelt bekommen.

Das von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung mit einer

Million Euro bewilligte Forschungskolleg wurde 2017 als

ein Instrument der Exzellenz- und Nachwuchsförderung

für Clinician Scientists am UKJ etabliert. Nun wurde eine

zweite Laufzeit von weiteren drei Jahren bewilligt, die

die Stiftung erneut mit einer Million Euro fördert. Das

wissenschaftliche und strukturelle Konzept für die angestrebte

Verlängerungsphase, die mündlichen Projektvorstellungen

der Kollegiaten sowie das hohe Engagement

aller Beteiligten am Kolleg konnten überzeugen. Derzeit

werden sieben Mediziner sowie drei assoziierte Wissenschaftlerinnen

aus sechs verschiedenen Kliniken und

Instituten des UKJ gefördert. Sie haben die Möglichkeit,

ihre eigene Forschungsarbeit innerhalb von drei Jahren

voranzubringen.

Das Forschungskolleg bietet durch das gemeinsame

Forschungsumfeld der translationalen Altersmedizin

die einzigartige Möglichkeit, in einem interdisziplinären

Team altersbedingte Störungen der Zell- und Gewebefunktion

in verschiedenen Organsystemen wie Gehirn,

Blut, Leber, Gefäßen und Knochen zu untersuchen und

mittels geeigneter therapeutischer Interventionen entgegenzuwirken.

Neue, altersrelevante Diagnostik- und

Therapiemethoden können so wissenschaftlich erarbeitet

und erprobt werden und schließlich durch den

Transfer in die klinische Anwendung zu einer besseren

Versorgung der Patienten beitragen.

Der strukturelle Rahmen des Kollegs umfasst die finanzielle

Unterstützung für eine 18-monatige Forschungszeit,

in der die Clinician Scientists von ihren ärztlichen Aufgaben

befreit sind. Weiterhin rundet ein Qualifikationsprogramm

bestehend aus Mentoring-Konzept, methodischfachlichen

Kursen und bedarfsorientiertem Angebot zu

überfachlichen Kompetenzen das Ausbildungskonzept ab.

Inhaltlich soll das Programm in der zweiten Förderperiode

bisher noch nicht berücksichtigte Organsysteme

untersuchen. Strukturell wird es als Advanced Clinician-

Scientist-Programm forschungserfahrene Fachärzte auf

dem Weg zur Habilitation unterstützen. Nach Durchlauf

eines kompetitiven Bewerbungsverfahrens können bis zu

acht exzellente Kandidaten gefördert werden. (KM)

KONTAKT

Klinik für Neurologie

Prof. Dr. Otto W. Witte

Sprecher Else Kröner-Forschungskolleg AntiAge

03641 9-39 67 60

ekfk@med.uni-jena.de

www.uniklinikum-jena.de/ekfk/

28 01 | 20


FORSCHEN

Synapsen unter FRIENDLY FIRE

Neue DFG-Forschungsgruppe untersucht Autoimmun-Gehirnentzündungen

Vor gut zehn Jahren wurde die autoimmun

bedingte Gehirnentzündung in der

medizinischen Fachliteratur erstmals

beschrieben, inzwischen kennen die

Neurologen eine ganze Familie dieser

seltenen Erkrankungen, von der meist

junge Erwachsene betroffen sind.

Ausgelöst durch bestimmte Tumoren,

Infektionen oder zumeist noch ohne

erkenntliche Ursache werden Antikörper

gegen Neurotransmitter-Rezeptoren im

zentralen Nervensystem produziert, die

die Signalübertragung an den Kontaktstellen

der Nervenzellen, den Synapsen,

stören. Die Folgen können Verwirrtheit,

Psychosen, epileptische Anfälle oder

Bewusstseinsstörungen sein.

„Wir wollen ein detailliertes Verständnis

für die Mechanismen der verschiedenen

Formen von Autoimmun-

Enzephalitiden entwickeln“, beschreibt

Prof. Dr. Christian Geis das Ziel der

Forschergruppe SYNABS. Der Neuroimmunologe

vom UKJ ist Sprecher der

Gruppe aus Neurologen, Physiologen,

Neuroimmunologen und Biotechnologen

von neun Forschungsinstitutionen

in Deutschland, Österreich und Spanien,

die in den nächsten drei Jahren

von der Deutschen Forschungsgemeinschaft

mit 3,9 Millionen Euro gefördert

wird. Die Forscher werden die Krankheitsmechanismen

für verschiedene

Rezeptoren auf molekularer Ebene,

im Tiermodell und unter Verwendung

humaner Gewebe und rekombinanter

Antikörper untersuchen.

Assoziiert ist auch die Arbeitsgruppe

um Prof. Dr. Josep Dalmau in Barcelona.

Der Pionier auf dem Gebiet

der Antikörper-Hirnentzündungen

wird als Mercator–Fellow gefördert.

Der Neuroimmunologe Prof. Dr. Christian Geis ist Sprecher der neuen DFG-

Forschungsgruppe SYNABS, die Autoimmun-Gehirnentzündungen untersucht. Foto: Szabó

„In jedem unserer acht Teilprojekte

arbeiten sowohl Spezialisten aus

der klinischen-experimentellen Forschung

als auch Grundlagenwissenschaftler

mit besonderer methodischer

Expertise“, beschreibt Prof. Dr.

Stefan Hallermann, Neurophysiologe

an der Universität Leipzig und stellvertretender

Sprecher der Gruppe,

den interdisziplinären Forschungsansatz.

Zum Einsatz kommen jeweils

hochspezialisierte experimentelle

Methoden wie zum Beispiel Elektrophysiologie

und Kalzium-Imaging,

Biotechnologie und Elektronen- sowie

Super-Resolution-Mikroskopie.

Für die Patienten mit Autoimmun-

Gehirnentzündungen steht derzeit

nur eine allgemeine Therapie zur Verfügung,

die unspezifisch die Immunreaktion

unterdrückt. „Mit unserem

translationalen Forschungsprogramm

wollen wir diese Erkrankungen besser

verstehen und unter Einsatz moderner

Biotechnologie neue und zielspezifische

Therapieansätze entwickeln“, so

Christian Geis.

KONTAKT

Uta von der Gönna

Klinik für Neurologie, Sektion Translationale

Neuroimmunologie

Prof. Dr. Christian Geis

03641 9-32 34 13

Christian.Geis@med.uni-jena.de

01 | 20

29


AKTUELLES

NACHT der Wissenschaft

Mehr als 10.000 große und kleine Besucher gingen bei der

siebten Langen Nacht der Wissenschaften auf Entdeckungsreise

durch Jena. An insgesamt 65 Orten standen die Türen

von Instituten, Laboren, Firmen, Kliniken, Seminarräumen

und Vorlesungssälen offen, wo mehr als 350 spannende

Experimente, interessante Vorträge und verschiedenste

Mitmachaktionen präsentiert wurden.

Die Wissenschaftler des UKJ waren mit 40 Angeboten dabei

– von der Anatomischen Sammlung bis zur Zahnmedizin.

Mit großem Aufwand und Ideenreichtum stellten sie ihre

Arbeitsgebiete den neugierigen Besuchern vor. Da gab es

zum Bespiel einen Mutterkuchenbasar, ein Pub-Quiz rund

um moderne Liebesbeziehungen oder Kreuzstich-Übungen

am Eisbein.

(vdg)

1

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3 4

5

6

1) Gesundes Herz

2) Chirurgische Nähtechniken

3) Großer Andrang an den

Ständen in der Magistrale

4) Kreative Angebote in der

Kinder- und Jugendpsychiatrie

5) Digital zur Zahnspange

6) Was passiert in der Biobank?

7) OP-Roboter DaVinci

8) Allround-Talent Gebärmutter

9) Notfallsimulator

10) Experimente im Institut für Biochemie

Fotos: Hellmann/Szabó

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8

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LEHRE

Der MENSCH

im Mittelpunkt durch

MEDIEN?

eHealth and Communication:

Neuer berufsbegleitender

Weiterbildungsstudiengang

Den Herzschlag per App messen, die eigenen Beschwerden

googeln. Längst sind die Auswirkungen der Digitalisierung

auch im Gesundheitswesen zu spüren. Dabei geht es nicht

nur um den Einsatz moderner Technologien. Vielmehr ist es

die Art der Kommunikation, die Zusammenarbeit zwischen

ärztlichen Kollegen, mit Patienten, Medienvertretern oder

Wissenschaftlern, die sich verändert. Aber wie können

digitale Medien so genutzt werden, dass sie Patienten und

Behandlern nützen? Helfen die Medien dabei, den Menschen

wieder mehr in den Mittelpunkt der Behandlung zu rücken?

Das ist zumindest das Ziel des neuen Masterstudiengangs

„eHealth and Communication“. Der berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengang

ist ein fakultätsübergreifendes

Angebot zwischen der Friedrich-Schiller-Universität Jena

und dem Universitätsklinikum Jena.

„Die Digitalisierung ist eine Herausforderung. Sie ist jedoch

gleichzeitig auch eine Chance, die Kommunikation zwischen

Behandlern und Patienten neu zu gestalten“, fasst es Prof.

Jutta Hübner zusammen. Die Professorin für Integrative

Onkologie am UKJ leitet den neuen Studiengang, der im

April 2020 erstmals startet und nach anderthalb Jahren mit

einer Masterarbeit abschließt. Ab sofort können sich dafür

alle Berufstätigen aus dem Gesundheitsbereich bewerben

– unter anderem Mediziner, Psychologen, Pharmazeuten,

Medizinjournalisten, Bioinformatiker oder Gesundheitswissenschaftler.

Voraussetzungen sind ein erster berufsqualifizierender

Hochschulabschluss sowie mindestens ein Jahr

Berufserfahrung in der Gesundheitsbranche.

„Nach unserer Recherche gibt es in Deutschland bisher

keinen Studiengang, der den Fokus auf die Kommunikationsaspekte

in der Digitalisierung der Medizin setzt“, so die

Koordinatorin des Studienganges, Sarah Salomo. Der Wohnort

der Teilnehmer spielt keine Rolle. Mit PC oder Laptop

können die webbasierten Module von überall aus absolviert

werden. Zu festen Abendterminen stehen Online-Seminare

Sarah Salomo (re.) koordiniert den Studiengang. Foto: Schroll

auf dem Stundenplan, darüber hinaus wird online Material

fürs Selbststudium bereitgestellt.

Eine gemeinsame Veranstaltung pro Semester findet in Berlin

statt. „Hier pulsieren die Start-Ups und Unternehmen

zum Thema digitale Versorgungsverbesserung. Wir möchten

unseren Studierenden hier bereits erste Kontakte und Möglichkeiten

aufzeigen und arbeiten dafür mit vielen externen

Experten“, so Salomo. Kontakte zu knüpfen für spätere

Kooperationen, sei eines der Ziele dieser realen Treffen.

„Außerdem wünschen wir uns, dass die Teilnehmenden des

Studienganges sich vernetzen – auch über die Zeit des Studiums

hinaus.“ Die Absolventen, so das Ziel, sollen an den

Schnittstellen zwischen Patienten, digitalen Medien und

Institutionen in Zukunft besondere Aufgaben übernehmen

und so Wegbereiter für eine patientenzentrierte und patientengerechte

Digitalisierung der Medizin sein. (as)

eHealth and Communication

Beginn: 1.4.2020 und dann jährlich zum Sommersemester

Bewerbung: bis 15. Februar 2020 per E-Mail (pdf-Dateien)

an master-ehealth@uni-jena.de

Weitere Informationen: http://www.master-ehealth.unijena.de/

KONTAKT

Sarah Salomo, M.Sc. Psychologie

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und

Studiengangskoordinatorin

03641 9-32 46 63

sarah.salomo@med.uni-jena.de

32 01 | 20


LEHRE

Was gute Lehre ausmacht

Dr. Caroline Klingner koordiniert die

praktische Ausbildung der Medizinstudenten

im Bereich Nervensystem und Psyche

Wie sind Sie zur Lehre gekommen?

Dr. Klingner: Ich bin da hineingewachsen.

Als ich als Medizinstudentin mein

praktisches Jahr in der Neurologie

absolvierte, habe ich auch andere

Kommilitonen praktisch angeleitet.

Als ich 2009 als Assistenzärztin zu

arbeiten begann, zog mich der damalige

Koordinator der Ausbildungskurse

als Stellvertreterin hinzu. Zwei Jahre

später wurde ich dann hauptamtliche

Kurskoordinatorin und habe dafür

berufsbegleitend ein Studium zum

Master of Medical Education an der

Universität Heidelberg aufgenommen,

das kurz vor dem Abschluss steht.

Was reizt Sie an der Ausbildung künftiger

Ärzte?

Dr. Klingner: Sie ist neben der Krankenversorgung

und der Forschung das, was

ein Universitätsklinikum ausmacht. Ich

sehe es als etwas besonders Verantwortungsvolles

an, an der Sicherstellung

des ärztlichen Nachwuchses beteiligt

zu sein. Letztlich geht es ja darum,

der Herausforderung Ärztemangel zu

begegnen und da spielt eine gute, persönliche

Lehre eine wichtige Rolle. Und

mir macht die Lehre großen Spaß. Ich

habe viel Gestaltungsspielraum bei den

Lehrformaten, organisiere zum Beispiel

statt theorielastigen Seminaren im

Frontalunterricht lieber den direkten

Patientenkontakt für die Studenten

oder beziehe neue Medien mit ein. Beispielsweise

gibt es medizinische Apps,

mit denen sich das Zittern bei neurologischen

Erkrankungen wie Parkinson

messen lässt. Mit solchen Hilfsmitteln

müssen Ärzte heute umgehen können.

Sie müssen auch die seriösen Quellen

für ihre Arbeit im Internet kennen, denn

ohne Internetrecherche kommt man

in einer immer stärker spezialisierten

Medizin heutzutage kaum mehr aus.

Mit 36 Jahren sind Sie ja den Studenten

altersmäßig noch recht nahe.

Dr. Klingner: Ja, das empfinde ich als

einen großen Vorteil. Ich kenne die

Hürden und Probleme, vor denen

Medizinstudenten und Ärzte zu Beginn

ihrer Tätigkeit stehen, kann mich in vieles

hineinversetzen. Ich glaube schon,

dass die Studenten davon profitieren.

Umgekehrt profitiere ich auch. Die

Studenten stecken tief drin in den theoretischen

Grundlagen, sind ganz nah

an den neuesten wissenschaftlichen

Erkenntnissen – so lerne auch ich.

Wer legt fest, was wann wie und wo

gelehrt wird?

Dr. Klingner: Das Curriculum, also

der Lehrplan des Medizinstudiums,

ist festgeschrieben. Aber wie die

Schwerpunkte gesetzt und praktisch

umgesetzt werden, das ist Aufgabe der

jeweiligen Kurskoordinatoren, an der

Klinik für Neurologie also meine Aufgabe.

Ich bin aber kein Einzelkämpfer,

in unserer Klinik sind alle ärztlichen

Kollegen vom Assistenzarzt bis zum

Klinikdirektor in die Lehre einbezogen.

Auch die Studenten haben ein Mitspracherecht.

Beispielsweise legen wir

Lernziele gemeinsam fest und haben

auf Anregung der Studenten ein zusätzliches

Praxis-Seminar zur Prüfungsvorbereitung,

mit dem sie ihre Gesamtnote

verbessern können, etabliert. Die Studenten

beurteilen auch Qualität und

Effizienz, was mir ganz wichtig ist.

Was macht gute Lehre aus?

Dr. Klingner: Neben der Teamarbeit

spielt aus meiner Sicht vor allem die

Motivation der Lehrenden eine unheimlich

große Rolle. Wer Interesse und

Freude am eigenen Fach hat, kann dies

auch anderen vermitteln. Als Lehrende

muss ich auf die einzelnen Studenten,

die ja nicht alle denselben Wissensstand

haben, eingehen. Ein Stationspraktikum

soll ja Wissen vermitteln,

keine „Beschäftigungstherapie“ sein.

Das heißt, ich muss es vorbereiten und

entsprechende Aufgaben zusammenstellen.

Natürlich kann es im Klinikalltag

vorkommen, dass ein plötzlicher

Notfall Vorrang hat. Das lässt sich aber

gut in die Ausbildung einbauen, indem

die Studenten die konkreten Abläufe

in einer solchen Situation beobachten

und daraus lernen können.

Wieviel lässt sich der mit der Ausbildung

verbundene Zeitaufwand mit dem

Klinikalltag vereinbaren?

Dr. Klingner: Als Ausbildungskoordinatorin

bin ich nicht fest auf einer Station

tätig, sondern in die notfallmedizinische

Versorgung im telemedizinischen

Schlaganfallnetzwerk „Satelit“ eingebunden.

Das lässt sich gut mit der

Lehre verbinden. In der besonders

zeitaufwändigen Semestervorbereitung

und in der Prüfungsphase bin ich

komplett von der Klinikarbeit befreit,

übernehme nur die Sprechstunde zur

Beratung von Medizinstudenten. Das

zeigt, welchen Stellenwert die Klinikleitung

der Lehre einräumt.

Interview: Katrin Zeiß

01 | 20

33


Im Klinikum Lobeda, 2019

Weil ich meinen Job liebe

Schwester Sandra Sterling im Portrait

Während der Ausbildung, 1978

„Die Alte Chirurgie in der Bachstraße

war acht Jahre lang mein Hauptwohnsitz.“

Das ist kein zynischer Satz eines

Langzeitpatienten. Das ist der stolze

Satz einer Schwester mit Leib und

Seele. Sandra Sterling. Seit 43 Jahren

arbeitet sie am Uniklinikum Jena. Sie

ist ein echtes UKJ-Urgestein und hat

in über vier Jahrzehnten am Haus alles

miterlebt: Umzüge, die Wende – und

die große Liebe.

Schon als Kind wollte Sandra Sterling

nur eins werden: Krankenschwester.

Als sie endlich mit ihrer Ausbildung

begann – es war 1976 – war sie zunächst

gar nicht glücklich: der Geruch, die

kranken Menschen, denen man gar

nicht ansah, was ihnen eigentlich

fehlt. Dann lernte sie die Chirurgie

kennen – und lieben. „Das war’s einfach,

da hab ich Blut geleckt“, erinnert

sich Sandra Sterling. 30 „wilde“

Jahre erlebte sie im 3-Schicht-System

mit allem, was dazu gehört: Action,

Blut, schlaflose Nächte, aber auch

Teamgeist, Freude und Dankbarkeit.

„Den Job könnte man nicht so lange

machen, wenn du ihn nicht lieben

würdest“, sagt die fröhliche Frau mit

den feuerroten Haaren.

Die ersten Jahre war sie auf der septischen

Station, dann als OP-Schwester

in der heute Alten Chirurgie. Schon

immer hat sie viel mit Handchirurgen

zusammengearbeitet und Patienten

erlebt, die zwar schwere und langwierige,

aber keine tödlichen Verletzungen

hatten. „Ich sehe bei den Patienten in

der Chirurgie genau, was los ist, ob sie

Schmerzen oder Angst haben. Das ist

mir wichtig“, beschreibt sie ihr Faible

für diesen besonderen Bereich. Und:

„Ich brauche Patienten, die gesund

wieder rausgehen.“ Auch wenn der

Heilungsprozess oft dauert und Geduld

erfordert, die nicht immer da ist. „Ich

rede dann Tacheles und sage, reiß dich

zusammen. Du bist keine Eidechse, der

der Schwanz nachwächst, sondern ein

Mensch. Es braucht einfach Zeit, glaub

mir.“ Und das tun die Patienten. Offen

und ehrlich, aber immer auch herzlich

sein, ist nicht nur ihre Devise, das lebt

sie einfach.

Für den Job leben: Das kann man bei ihr

schon wörtlich nehmen. Denn eine wirkliche

Grenze gab es zeitweise nicht zwischen

Beruf und Privatleben. Schließlich

war Sandra Sterlings Arbeitsplatz

von 1979 bis 1987 gleichzeitig ihr

Wohnort: die Alte Chirurgie. Damals

waren Schwesternwohnheime rar

gesät. Wir haben ganz unterm Dach

gewohnt“, erzählt sie. „Das war eine

abenteuerliche Zeit!“ Sie kannte jede

Ecke des Gebäudes, vom Keller bis zum

Dachgeschoss. Jedes Geräusch. Und

natürlich auch die Kollegen. „Wir waren

wie eine große Wohngemeinschaft. Hier

haben Kinder Laufen gelernt.“

Es ist zwar praktisch, wenn man quasi

direkt aus dem Bett in die Chirurgie zum

Arbeiten rollen kann. Gleichzeitig macht

räumliche Nähe dauerhaft verfügbar.

„Man war immer in Habacht-Stellung.

Schließlich hätte es jederzeit an der

Tür klopfen können. Und oft war das

auch so.“ Eigentlich hat Sandra Sterling

auch immer aufgemacht. Nur das eine

Mal – 1989, da wohnte sie mittlerweile

in Winzerla – zwischen zwei Schichten

nicht. „Ich dachte mir: Wenn’s wichtig

war, wird derjenige schon wieder kommen.“

Zu ihrem Glück kam derjenige

wieder. Es war ihr zukünftiger Mann.

Außerhalb des Krankenhausbetriebs

jemanden kennenzulernen, war gar

nicht so einfach. Also hatte Sandra

Sterling kurzerhand eine Anzeige in die

34 01 | 20


Wohnen in der Bachstraße

Sterilmachen im OP

in der Poliklinik, 1992

Alte Poliklinik

Chirurgie, 1993

Zeitung gesetzt – die genau den Richtigen

angesprochen hat. Ihr heutiger

Ehemann war damals so neugierig auf

diese Frau, dass er eben nicht aufgab.

„Das Schicksal hat es immer gut mit

mir gemeint“, findet Sandra Sterling.

Denn obwohl ihr Mann und sie nur zwei

Blocks voneinander entfernt gewohnt

hatten, wären sie sich im Alltag wohl

nie begegnet, da es sie – beruflich

bedingt – immer zu anderen Uhrzeiten

in entgegengesetzte Richtungen gezogen

hat. Erst die Zeitungsanzeige führte

zusammen, was zusammen gehört.

Seit 30 Jahren sind die beiden glücklich

vereint, haben Silberhochzeit gefeiert,

zwei (angeheiratete) Kinder und vier

Enkelkinder.

Gemeinsam haben sie die Wende erlebt.

„In der DDR war das Material knapp“,

berichtet Sandra Sterling aus ihrem

damaligen Berufsalltag. Die Spritzen

waren nummeriert, es gab Metallkanülen,

Handschuhe wurden gewaschen

und selbst gepudert. „Es gab kein Einmalmaterial,

wie man es heute kennt.

Ganz typisch war der Mäuschenbau“,

erinnert sie sich schmunzelnd. „Wir

haben die Tupfer selbst gedreht.“ Das

hat natürlich viel Zeit gefressen, und

so wurden auch die Patienten mit

eingebunden. „Denen war ohnehin oft

langweilig, denn Besuchszeiten waren

nur zwei Mal die Woche. Also haben

sie fleißig Binden mitgewickelt, gerne

auch um die Wette“, lacht sie. Mit der

Wiedervereinigung kam dann nicht nur

das Einmalmaterial – nach und nach

veränderte sich auch das Klinikum. Aus

der Poliklinik in der Bachstraße wurde

das Nothilfezentrum und schließlich

entstand der Klinikumsneubau in

Lobeda.

Heute arbeitet Sandra Sterling in der

Unfallchirurgischen Ambulanz. 2006

hat sie mit einer Kollegin und zwei

Zimmern in Lobeda angefangen und

die Ambulanz stetig aufgebaut. Heute

gibt es fünf bis sechs Sprechstunden

am Tag. Ihr Alltag ist im Vergleich zu

früher trotzdem ruhiger geworden, sie

erledigt eher administrative Aufgaben

wie Termine für Patienten oder Anmeldungen

fürs Röntgen, CT oder MRT.

„Die wilden Jahre liegen hinter mir. Das

ist jetzt auch mal gut so“, sagt sie. Ihr

ist es wichtig, auch Zeit für sich zum

Im kleinen OP in der Poliklinik

der Alten Chirurgie, 1994

Entspannen zu haben. Am liebsten mit

ihrem Mann in ihrem kleinen Garten in

Kahla.

Und dennoch: „Es gibt immer noch viele

Patienten, die mich drücken, wenn sie

mir in der Stadt über den Weg laufen“,

erzählt sie gerührt – und schiebt das

ganz bescheiden auf ihre auffälligen

roten Haare. Und auch wenn die freche

Farbe ein hervorstechendes Erkennungsmerkmal

ist: Sicher erinnern die

Patienten sich auch einfach gerne an

die Person, die während der schweren

Zeit da war. Die einen auch mal wieder

auf den Teppich geholt hat. Die die

Wunde mindestens genauso gut kannte

wie man selbst. Und die immer wieder

Mut gemacht hat und mit Leib und

Seele als Krankenschwester und als

Mensch da war.

Katrin Bogner

Im kleinen OP in der Poliklinik

der Alten Chirurgie, 1995

01 | 20

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HINTER DEN KULISSEN

FEUER und FLAMME

UKJ-Hausfeuerwehr wächst weiter

Pflegefachkraft, Projektleiter und Ergotherapeut stehen

mit Schutzkleidung und Helm Seite an Seite: Die Truppmannausbildung

für die Hausfeuerwehr des Klinikums ist

in vollem Gange. Im November fand der zweite Truppmann-

Lehrgang bei der Berufsfeuerwehr Jena statt. Alle sechs

Teilnehmer haben ihre Prüfung erfolgreich abgelegt. Somit

zählt die Hausfeuerwehr des UKJ inzwischen 37 Mitglieder

und sie soll weiterwachsen, um Patienten, Besucher und

Mitarbeiter im Ernstfall in Sicherheit zu bringen. Sie tragen

jede Menge Verantwortung. Denn allein tagsüber halten

sich schätzungsweise 3800 Menschen und nachts 1350

Personen am Standort Lobeda auf.

„Unsere Hausfeuerwehr hilft bei einem Brand schon vor

dem Eintreffen der Berufsfeuerwehr Jena. Das können

bis zu 15 Minuten sein. Wertvolle Zeit, in der unsere ortskundige

Hausfeuerwehr erste Hilfeleistung geben kann.

Denn bei einem Brand im Klinikum zählt jede Minute“, so

Christian Pillau, der seit November Leiter der UKJ-Hausfeuerwehr

und selbst seit 21 Jahren Teil der Freiwilligen

Feuerwehr Hermsdorf ist. „Vor allem brauchen und suchen

wir Mitarbeiter, die im Schichtdienst arbeiten. Wenn beispielsweise

nachts der Brandalarm ausgelöst wird, können

die Mitarbeiter auf Station noch schneller überfordert sein,

weil nachts nicht so viele Kollegen wie tagsüber anwesend

sind. Deshalb sollen 60 Prozent unserer Mitglieder im

Schichtdienst arbeiten, damit zu jeder Tages- und Nachtzeit,

an Wochenenden und Feiertagen bis zu fünf Mitarbeiter

das gesamte Klinikum abdecken können“, betont

er. „Die Hausfeuerwehrmitglieder bringen wichtige Ortskenntnisse

mit, können so im Ernstfall schnell vor Ort sein

und die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr unterstützen.

Außerdem können sie mögliche Gefahrenquellen in ihrem

Berufsalltag entdecken. Und für die Kollegen ist es doch

beruhigend, wenn sie wissen, dass ein Feuerwehrmann

oder eine Feuerwehrfrau unter ihnen ist.“

Das Klinikum stellt die Feuerwehr vor Herausforderungen,

weiß Pillau aus seiner langjährigen Erfahrung. „Nicht nur die

Wege im Klinikum, sondern auch bettlägerige Patienten und

örtliche Besonderheiten, etwa der Umgang mit Gefahrstoffen

wie Gasen, machen jeden Einsatz anspruchsvoll.“ Seit

Jugendjahren in der Feuerwehr zu sein wie Christian Pillau,

ist keine Voraussetzung, um in die UKJ-Hausfeuerwehr zu

kommen. „Wer Interesse mitbringt und gesundheitlich fit

ist, ist herzlich willkommen, Teil unserer Gruppe zu werden.“

Beim 14-tägigen Kompaktkurs werden die UKJ-Mitarbeiter, die

noch keine Feuerwehrausbildung haben, zu Truppmännern

und -frauen ausgebildet. Um eine entsprechende Gruppenstärke

zu haben, braucht es mindestens acht und maximal

16 Teilnehmer. Im Kurs werden nicht nur die Löschtechniken

ausführlich erklärt, sondern auch Fragen beantwortet wie:

Wie entsteht ein Brand? Welcher Trupp hat welche Aufgabe?

Was gehört alles zur Feuerwehrtechnik und wie gehe ich

mit ihr um? So üben die Anwärter auch das Ausrollen und

Anschließen der Schläuche am Hydranten oder simulieren

die Bergung von Personen bei einem Verkehrsunfall.

„Für diejenigen, die bisher keinerlei Berührungspunkte

hatten, ist es natürlich geballtes theoretisches und praktisches

Wissen, aber wertvolles und spannendes Wissen,

das Leben retten kann“, so Pillau. Einmal ausgebildet, wird

der monatliche Zeitaufwand für die Mitglieder so gering

wie möglich gehalten. „Wir bieten regelmäßige Übungen an,

um das Gelernte zu vertiefen und aufzufrischen“, erklärt

Steffen Kretschmar, Sachverständiger für vorbeugenden

Brandschutz und Mitarbeiter der Stabsstelle Arbeitssicherheit

am UKJ. Außerdem erhalten alle Mitglieder eine

Erste-Hilfe-Ausbildung. Im Frühjahr nächsten Jahres sollen

dann die nächsten Truppmänner und -frauen ausgebildet

werden. Wer die Hausfeuerwehr unterstützen möchte, kann

sich jederzeit bei Christian Pillau anmelden.

Im Ernstfall wird die Hausfeuerwehr von der Störmeldezentrale

über das Smartphone alarmiert. Parallel dazu geht

der Alarm in der Berufsfeuerwehr Jena ein. In einer Telefonkonferenz

tauschen sich die Mitglieder rasch darüber

aus, wer sich in Nähe des Einsatzortes befindet und rasch

dorthin kommen kann.

KONTAKT

Christian Pillau

Leiter Hausfeuerwehr

03641 9-398128 / 391308

Christian.Pillau@med.uni-jena.de

Michelle Korneli

36 01 | 20


HINTER DEN KULISSEN

Christian Pillau (oben li.) leitet die UKJ-Hausfeuerwehr. Bei der Berufsfeuerwehr Jena absolvieren

die Klinikumsmitarbeiter den Truppmann-Lehrgang. Fotos: Schroll, UKJ

01 | 20

37


KURZ UND KNAPP

Für mehr Lebensqualität im Alter

Was stelle ich mit meiner Zeit an, wenn ich Rentner bin?

Werde ich überhaupt noch gebraucht? Und verstehen

mein Partner und ich uns im Ruhestand rund um die

Uhr? Diese und andere Fragen stellen sich viele Menschen

zu Rentenbeginn – das kann die Betroffenen sehr

belasten. Hilfe erhalten sie in der Tagesklinik für Gerontopsychiatrie

am UKJ – seit mehr als zehn Jahren und

nun mit erweiterten Kapazitäten. „In unseren neuen

Räumlichkeiten in der Kochstraße können wir 25 statt

bisher 15 Patienten behandeln“, so Prof. Karl-Jürgen Bär,

Direktor der Klinik für Gerontopsychiatrie.

Als erste Gerontopsychiatrische Tagesklinik Thüringens

eröffnete die Einrichtung 2007 – und ist immer noch

eine von wenigen dieser Art. „Neben Depressionen oder

Burn-Out kommen oft Patienten mit unklaren Schmerzen,

Gedächtnisstörungen oder in familiären Konfliktsituationen

zu uns. Der Erstkontakt erfolgt meist über

den Hausarzt oder niedergelassenen Neurologen“, so

Prof. Bär. Durchschnittlich sind die Patienten 55 bis 90

Jahre alt. „Unser Therapieangebot richtet sich dabei

bewusst auch an Menschen, die kurz vor dem Rentenalter

stehen, um sie beim Übergang aus dem Arbeitsleben

hin in den nächsten Lebensabschnitt zu unterstützen.“

Die Patienten sind von 8 bis 16 Uhr in der Tagesklinik,

die Nächte und Wochenende verbringen sie zu Hause.

„Dadurch werden sie nicht aus ihrem Alltag herausgerissen.

Das stärkt die Therapieakzeptanz“, erklärt Prof.

Bär. Zwei bis sechs Wochen behandelt das interdisziplinäre

Team aus Ärzten, Ergo- und Mototherapeuten,

Mitarbeitern der Pflege und des Sozialdienstes die

Patienten in der Tagesklinik. Jeder Patient wird dabei

entsprechend eines individuell zugeschnittenen Therapiekonzepts

betreut, das sich aus psychologischen

Gruppensitzungen und Einzelgesprächen, aber auch

ergotherapeutischen Maßnahmen wie Gedächtnisspielen

oder Musikangeboten und motorischen Übungen

zusammensetzt.

Prof. Bär sieht die Tagesklinik in Zukunft mit verschiedenen

Herausforderungen konfrontiert: „Aufgrund

der demografischen Entwicklung werden die älteren

Betroffenen künftig noch mehr – und schwerer krank.

Die Betreuung wird also komplexer.“ Deshalb sei auch >>

Prof. Karl-Jürgen Bär. Foto: Hellmann

>> die enge Zusammenarbeit mit Neurologen und Geriatern

des UKJ, Hausärzten und dem Kooperationspartner

Aktion Wandlungswelten sehr wichtig.

Aufgabe in bundesweiter Gesellschaft

Als Ehre und Wertschätzung für die an der Klinik geleistete

Arbeit sieht Prof. Bär seine Ernennung zum neuen

Vorsitzenden der Interdisziplinären Gesellschaft für

Psychosomatische Schmerztherapie (IGPS). Gemeinsam

mit sechs Vorstandskollegen leitet der Direktor der

Kliniken für Psychosomatik und Psychotherapie sowie

Gerontopsychiatrie und Psychotherapie am UKJ nun

die Arbeit des bundesweiten Zusammenschlusses. Zu

den Zielen seiner Arbeit in der IGPS in den kommenden

Jahren zählt es, die an der Behandlung von chronischen

Schmerzpatienten beteiligten Berufsgruppen wie Ärzte,

Psychologische Psychotherapeuten und Physiotherapeuten

über aktuelle Entwicklungen in der Schmerztherapie

zu informieren.

KONTAKT

Klinik für Gerontopsychiatrie

Kochstraße 2a | 07745 Jena

3641 9-39 02 01

tk-geronto@aww-jena.de

(ac)

38 01 | 20


Thalia feiert 100 Jahre

Buchliebe.

Jenaer Immunologe

übernimmt Vorsitz

Welche Rolle spielt das Immunsystem in der Schwangerschaft?

Und welche Bedeutung hat es bereits bei

deren Zustandekommen? Diese Fragen beleuchten

Wissenschaftler, die sich in der Europäischen Gesellschaft

für Reproduktionsimmunologie (ESRI) zusammengeschlossen

haben. Prof. Dr. Udo Markert vom UKJ

ist nun zum Präsidenten dieser Gesellschaft gewählt

worden. Markert, der am UKJ das Placenta-Labor der

Klinik für Geburtsmedizin leitet, hat bereits in den vergangenen

sechs Jahren im Vorstand mitgewirkt. Davor

war er Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für

Reproduktionsimmunologie.

Feiern Sie mit uns

und lassen Sie sich für

das Lesen begeistern!

Störungen des immunologischen Gleichgewichts, so

die Erkenntnis der Wissenschaftler, können Gründe für

Unfruchtbarkeit sein oder Krankheiten in der Schwangerschaft

hervorrufen. Viele Erkrankungen, die auch

außerhalb einer Schwangerschaft auftreten können,

nehmen in der Schwangerschaft aufgrund der hormonellen,

aber auch immunologischen Veränderungen

einen anderen Verlauf. Die Arbeitsgruppe von Markert

befasst sich in erster Linie mit Immunzellen in der

Gebärmutter, die die Entstehung einer Schwangerschaft

fördern oder behindern können. Anhand von Plazenten

wird nach der Geburt im Placenta-Labor getestet, ob

Medikamente oder Umweltschadstoffe von der Mutter

auf das Kind übertreten können oder die Plazenta

schädigen. Zu den ersten Aufgaben während der Präsidentschaft

zählt nun die Vorbereitung der nächsten

Kongresse der Gesellschaft in Paris und Madrid. (as)

Foto: Schroll

Jenaer Universitätsbuchhandlung Thalia

»Neue Mitte Jena«

Leutragraben 1 · 07743 Jena

Tel. 03641 4546-0

01 | 20

39


KURZ UND KNAPP

Für mehr Tierwohl

Dr. Eckart von Hirschhausen übergibt Deutschlands

ersten Witzeautomaten. PD Dr. Ulrich Wedding, Chefarzt

der Palliativstation (re.) und Klinik-Clown Frau Blau

freuen sich. Foto: kbo

Immer mit Humor

Gibt es auf einer Palliativstation überhaupt etwas zu

lachen? „Immer!“, findet PD Dr. Ulrich Wedding, Chefarzt

der Abteilung Palliativmedizin am UKJ. „Denn Humor trägt

dazu bei, dass es den Menschen gut geht.“ Das sieht Dr.

Eckart von Hirschhausen ganz genauso: „Wenn man Menschen

fragt, was ihnen am Ende des Lebens wichtig ist,

dann ist einer der Top-Ten-Gründe: Ich möchte meinen

Humor nicht verlieren. Dazu tragen wir bei.“ Bei seinem

Besuch auf der Jenaer Palliativstation hatte er daher auch

ein humorvolles Geschenk im Gepäck: Deutschlands

ersten Witzeautomaten. „Hier kann man sich wie früher

am Kaugummi-Automat für 20 Cent Humor ziehen. Denn

Lachen ist tatsächlich die beste Medizin: vom Anfang

bis zum Ende des Lebens.“ Der Witzeautomat steht ab

sofort am Eingangsbereich der Palliativstation. Wenn alle

Kugeln aufgebraucht sind, gibt es natürlich Nachschub.

Dafür wird künftig Frau Blau des Klinik-Clown-Duos „Frau

Blau und Fräulein Rosa“ sorgen.

In der Luftfahrt oder dem Gesundheitswesen sind Meldesysteme

für Fehler und Beinahe-Unfälle gut etablierte

Instrumente zur Erhöhung der Sicherheit für Passagiere

und Patienten. Ziel ist, aus kritischen Ereignissen zu

lernen, um diese Gefahren abstellen zu können. Es geht

nicht um die Ahndung von Fehlern, deshalb sind die

Meldungen anonymisiert. Mit Förderung des Bundesministeriums

für Bildung und Forschung hat Dr. Sabine

Bischoff, Leiterin der Stabstelle Tierschutz am UKJ, ein

solches Fehlermeldesystem für die Versuchstierkunde

aufgebaut. Das Portal erfasst europaweit Zwischenfälle

und Komplikationen im Rahmen von Versuchsvorhaben

und der Haltung und Zucht von Versuchstieren. „Trotz

hoher Standards in der Versuchstierkunde kann es zu

unerwarteten Ereignissen kommen. Zum Schutz unserer

Tiere sollten wir aus diesen kritischen Ereignissen lernen.

Einen offenen und konstruktiven Umgang mit kritischen

Ereignissen oder Fehlern halte ich für enorm wichtig, um

zu verhindern, dass sie erneut passieren“, so Bischoff.

Das Projektteam wertet die Meldungen aus und stellt die

Informationen den registrierten Nutzern zur Verfügung.

Es veröffentlicht Lösungsansätze, Tipps und bewährte

Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im tierexperimentellen

Bereich und trägt damit bei zur Reduktion

der Versuchstierzahl, zur Verbesserung der Studien- und

Behandlungssicherheit und hilft, die Wiederholung nicht

zielführender Studien zu vermeiden. Für dieses Engagement

im Sinne des Tierwohls hat das Projekt-Team um

Sabine Bischoff, Astrid Enkelmann und David Trietschel

den Thüringer Tierschutz-Preis erhalten, der 2019 erstmals

auch für Entwicklungen zur Verringerung von Tierversuchen

vergeben wurde.

(vdg)

Dr. Sabine Bischoff. Foto: Szabó

Hirschhausen finanziert mit seiner Stiftung „Humor hilft

Heilen“ seit 2,5 Jahren die beiden Klink-Clowns auf der

Palliativstation. Sie kommen regelmäßig zu Besuch und

erleben dort mit den Patienten „zu 99 Prozent wunderschöne

Momente“, wie Karina Esche alias Frau Blau

berichtet. Sie lobt zudem das unglaublich tolle Personal

und die wunderschöne Atmosphäre. Sowohl den Patienten

als auch den Mitarbeitern der Station zauberte

Hirschhausen mit seinem Besuch mehr als ein Lächeln

ins Gesicht.

(kbo)

40 01 | 20


KURZ UND KNAPP

Was ist das?

Erkennen Sie, was auf diesem Foto

zu sehen ist?

Schreiben Sie uns Ihre Antwort (unbedingt

mit Angabe Ihrer Postadresse)

bis zum 1. März 2020 an die Redaktion

Klinikmagazin, Bachstraße 18, 07743

Jena oder per Mail an presse@med.

uni-jena.de. Unter den Einsendern

mit der richtigen Antwort verlosen

wir unter Ausschluss des Rechtswegs

einen Büchergutschein im Wert von

40 Euro sowie drei Büchergutscheine

im Wert von je zehn Euro, die von

der Jenaer Universitätsbuchhandlung

gesponsert werden.

Auflösung

In Heft 133 suchten wir:

Blutdruckmessgerät

Gewinner des 40-Euro-Gutscheins:

Markus Meß

Gewinner der 10-Euro-Gutscheine:

Carola Wettwer, Claudia Palm,

Sandra Kraft

Foto: Schroll

Impressum

Ausgabe: 1|2020, Nummer 134

Herausgeber:

V.i.S.d.P.:

Redaktionsleitung:

Redaktionsteam:

Layout:

Druck:

Auflage:

Universitätsklinikum Jena | Bachstraße 18 | 07743 Jena

UKJ Förderverein | Am Klinikum1 | 07747 Jena

Annett Lott, Stabsstelle Unternehmenskommunikation

Anke Schleenvoigt

Katrin Bogner (kbo), Anne Curth (ac), Dr. Uta von der Gönna (vdG), Michelle Korneli, Annett Lott (ane),

Anke Schleenvoigt (as), Katrin Zeiß (zei)

Klinisches Medienzentrum des Universitätsklinikums Jena

Druckhaus Gera

8 000 Exemplare

Erscheinungsweise: 4 Ausgaben pro Jahr / Die nächste Ausgabe erscheint im April 2020

Kontakt:

Tel.: 03641 9-39 11 81, E-Mail: presse@med.uni-jena.de

Wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Text die männliche Form gewählt wurde, beziehen sich die Angaben auf Angehörige

beider Geschlechter. Nachdruck von Inhalten nur mit Genehmigung der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums Jena

(UKJ) gestattet.

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TERMINE & KONTAKTE

Abendvorlesung Jahresprogramm 2020

Alle Veranstaltungen beginnen um 19 Uhr und finden im Hörsaal 1 im Klinikum Lobeda statt. Der Eintritt ist frei.

29. JANUAR 2020

Herzinfarkt bei Frauen –

Was ist anders?

Stechender Schmerz im linken Arm,

Engegefühl in der Brust: typische

Symptome eines Herzinfarkts? Nicht

unbedingt! Gerade bei Frauen äußert

sich ein Infarkt oft anders. Über

Ursachen, Symptome, Therapie und

Nachsorge eines Herzinfarkts bei

Frauen klärt Professor Bernward Lauer

in seinem Vortrag auf.

Referent: Prof. Dr. Bernward Lauer,

Leitender Oberarzt Klinik für Innere

Medizin I

26. FEBRUAR 2020

Zittern, Krämpfe, Steifigkeit – Bewegungsstörungen

und ihre Ursachen

Bewegungsstörungen wie Zittern oder

Verkrampfungen können viele Ursachen

haben. Was ist, wenn eine Krankheit

wie Parkinson dahinter steckt?

Welche anderen Erkrankungen führen

zu Zittern und Bewegungsstörungen?

Referent: PD Dr. Tino Prell, Oberarzt

der Klinik für Neurologie

25. MÄRZ 2020

Bandscheibe defekt –

Geht’s auch ohne OP?

Normalerweise wirken unsere

Bandscheiben in der Wirbelsäule wie

Stoßdämpfer. Durch sie reiben die

Wirbel nicht aneinander und die Wirbelsäule

bleibt flexibel. Bei falschen

Bewegungen oder Überlastung können

die Bandscheiben jedoch in Mitleidenschaft

gezogen werden. Muss dann

operiert werden?

Referent: Dr. Rupert Reichart, Oberarzt

der Klinik für Neurochirurgie

29. APRIL 2020

Eine neue Niere ist wie ein

neues Leben –

Wie Organspende Leben rettet

Wenn die Nieren versagen, ist eine

Organspende oft die letzte Chance.

Dennoch übersteigt die Zahl der

Menschen, die auf ein Spenderorgan

warten, die der Spender um ein

Vielfaches. Warum ist das so? Und

welche medizinischen Möglichkeiten

gibt es für Betroffene, die Wartezeit zu

überbrücken?

Referentin: Dr. Mandy Schlosser, Oberärztin

der Klinik für Innere Medizin III

20. MAI 2020

Forensische Toxikologie –

viel mehr als Giftmord

Im Krimi geht es immer ganz schnell:

ein Anruf, und schon ist das Ergebnis

aus der Toxikologie da und die

Ermittler wissen, woran das Opfer

gestorben ist. Meistens natürlich an

irgendeinem Gift. Aber wie viel hat das

mit der Realität zu tun? Beleuchtet

werden Fragestellungen, Methoden

und Analysen der Toxikologie.

Referent: PD Dr. Frank T. Peters,

Stellvertretender Leiter des Instituts

für Rechtmedizin

24. JUNI 2020

Nahrungsergänzungsmittel –

Hilft viel wirklich viel?

Sie sind derzeit voll im Trend und

selbst im Supermarkt allgegenwärtig:

Nahrungsergänzungsmittel. Ob Vitamin

C, Zink oder Omega-3-Fettsären,

ob in Tablettenform, als Pulver oder

in Kapseln – Verbraucher versprechen

sich von ihnen eine mindestens

gesundheitsfördernde Wirkung. Aber

was können Nahrungsergänzungsmittel

wirklich?

Referent: Dr. Christian Keinki,

Projektleiter bei der Deutschen

Krebsgesellschaft e.V.

30. SEPTEMBER 2020

Endlich klare Sicht:

Nanolaser gegen grauen Star

Beim Grauen Star lässt das Sehvermögen

spürbar nach. Eine Brille

allein hilft meist nicht viel. Mit einer

Operation ist die Erkrankung aber gut

behandelbar. Neu im Einsatz dafür ist

am Uniklinikum ein Nano-Laser.

Referent: Prof. Dr. Daniel Meller,

Direktor der Augenklinik

28. OKTOBER 2020

Antibiotika – Das einstige

Wundermittel unter der Lupe

Die Entdeckung des Antibiotikums

gehört zu den Meilensteinen der

Medizingeschichte: Viele vormals

todbringende Krankheiten konnten

fortan geheilt werden. Heute gehören

Antibiotika zum Standard – werden

aber leider zu oft und zu leichtfertig

eingesetzt. Die Folge: Erreger entwickeln

zunehmend Resistenzen.

Die Referentin spricht über (Neben-)

Wirkungen von Antibiotika.

Referentin: Prof. Dr. Jutta Bleidorn,

Direktorin des Instituts für

Allgemeinmedizin

25. NOVEMBER 2020

Starke Abwehr? Wie Gene und Umwelt

unser Immunsystem prägen

Die einen werden nie krank, die

anderen kriegen jeden Keim ab. Woran

liegt es, dass unser Immunsystem

unterschiedlich stark ist? Können wir

es überhaupt beeinflussen oder ist es

in unserer DNA festgeschrieben? Im

Vortrag geht es um die Faktoren, die

unser Immunsystem prägen.

Referent: Prof. Dr. Thomas Kamradt,

Direktor des Instituts für Immunologie

Änderungen vorbehalten

42 01 | 20


TERMINE & KONTAKTE

Wegweiser für Patienten

ZENTRALE

RUFNUMMERN

KLINIK-

SOZIALDIENST

KLINIK-

SEELSORGE

Zentrale Klinikum

Tel.: 03641 9-300

Empfang Haupteingang

Tel.: 03641 9-32 08 50

Empfang Haus E

Tel.: 03641 9-32 80 20

Beratung u.a. zu Anschlussheilbehandlung

und Rehabilitation,

häuslicher Krankenpflege, Pflegestufen,

Schwerbehindertenausweis;

pychosoziale Beratung

Kontakt:

Alexander Benthin (komm. Leiter)

Tel.: 03641 9-39 51 60

alexander.benthin@med.uni-jena.de

EVANGELISCHE KLINIKSEELSORGE:

Pfarrer Heinz Bächer

Tel.: 0151-17 10 14 92

Pastorin Babet Lehmann

Tel.: 0151-17 10 14 93

KATHOLISCHE KLINIKSEELSORGE:

Pfarrer Michael Ipolt

Tel.: 0151-17 10 54 60

FÖRDERVEREIN

WIR FÖRDERN PROJEKTE

für Patienten und Mitarbeiter – in

Forschung und Lehre – zur Vernetzung

und Öffentlichkeitsarbeit

Spendenkonto:

Sparkasse Jena-Saale-Holzland

IBAN: DE89830530300000028010

BIC: HELADEF1JEN

Vorsitzender:

PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf

foerderverein@med.uni-jena.de

Tel.: 03641 9-32 50 01

BESUCHSDIENST

DER

KLINIKSEELSORGE

Die ehrenamtlich Tätigen nehmen

sich Zeit zum Zuhören, Plaudern,

Spielen, Vorlesen & erledigen

kleine Besorgungen.

Kontakt:

Babet Lehmann

Tel.: 0151 17 10 14 93

PATIENTENFÜR-

SPRECHERINNEN

Ansprechpartner für Anregungen

und Beschwerden von Patienten

KLINIKUM LOBEDA, Mitarbeiterservice

in der Magistrale

Christine Börner | 0170-45 89 890

Maria Lasch | 0151-12 211 605

Sprechzeit: Mi. 13.30 – 15.00 Uhr

Klinik für Psychiatrie

Dr. Edgar Becker

Antje Standau-Gröschner

patientenfuersprecher@med.

uni-jena.de

Tel. 03641 9-390101

KLINISCHES

ETHIKKOMITEE

Beratung und Hilfestellung

für Patienten, Angehörige und

medizinisches Personal bei

ethischen Konflikten in Therapie

und Pflege

Kontakt:

Dr. Ulrike Skorsetz

(Leiterin Geschäftsstelle)

Tel.: 03641 9-33 775

Mobil: 0151-16 35 93 41

ulrike.skorsetz@med.uni-jena.de

CAFETERIA

Cafeteria Klinikum Lobeda

„SCHNAPPHANS“

Mo bis Fr: 8.00 bis 10.30 Uhr und

11.00 bis 16.30 Uhr

(Mittagstisch von 11.00 bis 15.30

Uhr)

Cafeteria Klinikum Lobeda

„HANFRIED“

Mo bis Fr: 10.30 bis 16.30 Uhr und

17.00 bis 20.00 Uhr

Sa bis So: 12.00 bis 16.30 Uhr

PATIENTEN-

BIBLIOTHEK

KLINIKUM LOBEDA

Erdgeschoss der Magistrale

(bei Gebäudeteil B4):

Mo – Fr: 10.00 – 13.00 und

14.00 – 17.00 Uhr

01 | 20

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Foto: Anna Schroll

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Ihr Ansprechpartner:

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Norbert.Hebestreit

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+49 3641 9-395158

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Sie sich online

über unser Karriereportal

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oder per E-Mail an

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