Melange No13
Melange No13 - Das Magazin im Süden Bayerns
Melange No13 - Das Magazin im Süden Bayerns
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CHRISTIAN ZOTT<br />
Kairos und<br />
der griechische Gott<br />
Titel: Kinky GinGin<br />
Foto: Clasky Photography<br />
d a s m a g a z i n<br />
IM SÜDEN<br />
BAYERNS<br />
KINKY<br />
GINGIN<br />
Model trotz<br />
Morbus Crohn<br />
LEO HUBER<br />
Zurück ins Leben<br />
JUTTA SPEIDEL<br />
Mut zum<br />
Individualismus
EDITORIAL<br />
– Aber heit is koit, aber heit is koit, aber heit is scho sakramentisch koit –<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser!<br />
Am Sonntag zogen die erfrischenden Schäffler mit<br />
der Musikkapelle zum Obermarkt rauf und gaben<br />
Ihr Bestes vor dem Café Krönner.<br />
Da lief eine liebevolle Erinnerung in meinem Kopf ab. In<br />
den 60er Jahren kam mein Opa, Buchhalter im Murnauer<br />
Eisenbahngebäude, nach der Arbeit nach Hause und er<br />
schaltete meistens den Schwarzweißfernseher ein, 3. Programm.<br />
Dieser Fernseher war der einzige in unsere Straße<br />
und da kam jeden Tag im Vor- oder Abspann das Glockenspiel<br />
vom Münchner Rathaus. Und wir beide saßen am Kanapee,<br />
ich sah aus wie der Michel aus Lönneberga. Die<br />
Schäffler tanzten im Fernseher und wir sangen das Lied<br />
dazu: „Aber heit is koit, aber heit is koit, aber heit is scho<br />
sakramentisch koit“. Das war fast unser tägliches Ritual und<br />
die Oma schüttelte jedes Mal den Kopf. Ja, so hat jeder seine<br />
persönlichen Erinnerungen.<br />
Die Schäffler von Murnau treten alle 7 Jahre auf und ich<br />
hab mir sagen lassen, seit dem Marktbrand von Murnau<br />
1856, um die Menschen etwas aufzuheitern. Sie tanzen noch<br />
bis Ende Februar und ziehen von Ort zu Ort. Am Wochenende<br />
bis zu 10x am Tag, und es ist für jeden Zuschauer ein<br />
persönliches Erlebnis.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />
Franz Windirsch und das Team <strong>Melange</strong><br />
3Fotos: Franz Windirsch
INHALT<br />
6 IMPRESSIONEN<br />
„Bootshütten in Schlehdorf“ von Florian Warnecke<br />
8 PORTRAIT Christian Zott<br />
Kairos und der griechische Gott<br />
16 MENSCHEN Leo Huber<br />
Zurück ins Leben<br />
8<br />
Christian Zott<br />
Kairos und der richtige Moment<br />
22 PORTRAIT Kinky GinGin<br />
„Ich bin halt einfach ich.“<br />
28 LIVE Hermann Puck<br />
Rheinländische Frohnatur mit Power<br />
33 FITNESS-TIPP pro-line Fitness- und Freizeitstudio<br />
Am Anfang war der Eimer, randvoll gefüllt mit Steinen<br />
34 STARKE FRAUEN Anpacken und mitmachen<br />
Das Credo der Ladies von der Frauenunion<br />
37 NACHGEFRAGT<br />
Was macht eigentlich unser Marktbaumeister<br />
nach dem Rathausumbau?<br />
22<br />
Kinky GinGin<br />
Model trotz Morbus Crohn<br />
38 HANDWERK Ignaz Sonner<br />
baut Häuser zum Wohlfühlen<br />
42 BG UNFALLKLINIK MURNAU<br />
Wir schaffen Perspektiven<br />
Hochkarätige Aus-, Fort- und Weiterbildung von<br />
Kranken- und Pflegefachkräften am Bildungszentrum der<br />
BG Unfallklinik Murnau<br />
50 PORTRAIT Mit Leidenschaft in die Passion<br />
Frederik Mayet und Rochus Rückel spielen 2020<br />
den Jesus in Oberammergau<br />
28<br />
Hermann Puck<br />
Rheinländische Frohnatur mit Power<br />
55 KUNSTWETTBEWERB Malerei in Bewegung<br />
Die Kunstakademie EigenArt verleiht zum vierten Mal<br />
den Kunstpreis „Artus“<br />
57 MELANGE-COMIC Don Sindaco il mago<br />
Die Katze Seppi kann zaubern.<br />
4
INHALT<br />
62 LIVE Julia Brechtelsbauer<br />
Ein Praktikum der anderen Art<br />
64 ATWIMA – MURNAU<br />
Die Schokoladenseite einer Partnerschaft<br />
Ein Reisebericht von Barbara Krönner<br />
67 PETITION Mehr Porzellan statt Plastik!<br />
Nachgefragt bei Christian Bär, Hotel Alpenhof<br />
70 PORTRAIT Jutta Speidel<br />
„Mut zum Individualismus!“<br />
77 IMMOBILIEN EXPERTENTIPPS von Britta Kirstein-Zietz<br />
Am Thema Nachhaltigkeit kommt heutzutage niemand mehr vorbei.<br />
Auch und vielleicht sogar gerade in der Immobilienbranche.<br />
50<br />
Frederik Mayet und Rochus Rückel<br />
Mit Leidenschaft in die Passion<br />
78 WIRTSCHAFT + FINANZEN mit Dr. R. E. Schauer<br />
Steueränderungen 2020 - Das müssen Sie wissen<br />
79 MARKTPLATZ<br />
Cafés, Restaurants, Shopping, Tourismus und Gesundheit,<br />
Kunst, Handwerk, Immobilien und Dienstleistungen<br />
auf einen Blick<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Franz Windirsch, Agentur <strong>Melange</strong>, Postgasse 4, 82418 Murnau<br />
Redaktionsleitung & Marketing: Sandra Bangerter<br />
Autoren: nil, Heribert Riesenhuber, Beate Berger, Johannes Wessel,<br />
Sandra Bangerter, Anna Marguerita Schön, Julia Brechtelsbauer, Barbara Krönner<br />
Art Direktion: Katrin Oppenrieder<br />
Fotografen: Florian Warnecke, Bela Raba, Heribert Riesenhuber, Stefanie Seyringer,<br />
Christian Podolski, Sandra Bangerter, Lenzzz Photography, Clasky Photography,<br />
Davide Lorefice Photography, Nina Herweck-Bockhorni, Franz Windirsch<br />
Bildbearbeitung: Richard Maier<br />
Lektorat: Rolf Brunner<br />
Eventmanager: Sebastian Windirsch<br />
57<br />
Christoph Kirsch<br />
Der Illustrator des <strong>Melange</strong>-Comics<br />
KUNDENBETREUUNG + ANZEIGEN<br />
Franz Windirsch, 0151 120 50 911<br />
Sandra Bangerter<br />
Sebastian Windirsch<br />
info@agentur-melange.de<br />
VERTEILUNG<br />
Ammergauer Alpen, Blaues Land,<br />
Garmisch-Partenkirchen, Loisachtal,<br />
Penzberg, Weilheim, Peiting, Schongau,<br />
Ehrwald/Tirol<br />
70<br />
Jutta Speidel<br />
Mut zum Individualismus<br />
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Foto: Florian Warnecke – 18.1.2017 – 9:22 Uhr
IMPRESSIONEN<br />
Bootshütten in Schlehdorf<br />
Hotel am schönsten Fleck Bayerns<br />
www.alpenhof-murnau.com
Foto: Florian Warnecke<br />
8
Hamburg. Venedig. Wien. Über 40.000 Besucher. Und nun also: Unterammergau.<br />
Eine spektakuläre Wanderausstellung auf 500 Quadratmetern neugeschaffenem Platz<br />
für Kunst. Das ist ganz schön viel Fläche für so einen kleinen Ort.<br />
Offensichtlich aber genau das Richtige. Denn alle waren sie da bei der Eröffnung der<br />
mSE Kunsthalle: Von Landrat Anton Speer bis hin zum ehemaligen Bundesstaatsminister<br />
für Kultur, Julian Nida-Rümelin.<br />
PORTRAIT<br />
KAIROS<br />
UND DER GRIECHISCHE GOTT<br />
HEIMAT UND DER RICHTIGE MOMENT<br />
Christian Zott sitzt an der Bar seines neuen Restaurants, es ist leer und die Mitarbeiter<br />
haben Pause. Es liegt gleich neben seiner neuen Kunsthalle. Ein Museum für zeitgenössische<br />
Kunst, mitten in der traumhaften Landschaft der Ammergauer Alpen.<br />
Kritik am Vorhaben hatte es in der Vergangenheit genug gegeben. Ein überdimensionierter<br />
Bau. Eine Kunstausstellung, die einen ehemaligen Kunstfälscher zeigt. Nun<br />
straft Christian Zotts Erfolg die Kritiker Lügen. KAIROS heißt die Wanderausstellung<br />
und der Untertitel könnte nicht besser passen „Der richtige Moment“.<br />
„Es könnte natürlich auf den ersten Blick unvernünftig sein, es hier zu machen,“ gibt<br />
Christian Zott unumwunden zu. Fest steht aber, dass er trotz oder wegen der Kritik der<br />
festen Überzeugung ist, dass Unterammergau der richtige Ort zur richtigen Zeit ist.<br />
„Hier bin ich behütet aufgewachsen. Wenn man irgendetwas als Heimatbegriff werten<br />
möchte, dann ist es für mich etwas Zeitliches, etwas Örtliches und etwas Gefühlsmäßiges.“<br />
Es macht Spaß, dem Kunstsammler, Unternehmer und Unterammergauer zuzuhören.<br />
Weil er erzählen kann, aber auch, weil er etwas von sich preisgibt, wenn man nachfragt.<br />
„Nicht ganz Unterammergau ist meine Heimat. Ich könnte genau sagen, wo es für mich<br />
Heimat ist. Das ist der Bach, der hier vorbeiführt. Da habe ich eine Erinnerung, weil ich<br />
mit meinen Freunden Flussquarze gefunden habe, die wir dann in einem hohlen Ast versteckt<br />
haben. Das ist ein Baum, der oben am Osterbichl steht. Wir haben dort aus Weidenstecken<br />
ein Baumhaus gebaut. Und ich empfinde ein Heimatgefühl, wenn ich an die<br />
Nische meines Bettes denke, weil ich da gelesen habe. Ich differenziere, wo ich zu Hause<br />
bin und wo meine Heimat ist. Ich könnte mit meiner Familie in München sein, das ist<br />
mein Zuhause. Aber das ist nicht die Heimat.“<br />
9
Foto: Florian Warnecke<br />
Christian Zott in seiner Hieronymus Show-Küche<br />
In seine Heimat ist Zott nun zurückgekehrt. Privat manchmal,<br />
aber auch geschäftlich. Wobei die neueröffnete mSE Kunsthalle,<br />
benannt nach seinem Unternehmen, vielleicht eine Art Schnittmenge<br />
zwischen Privatem und Geschäftlichem ist. Denn natürlich<br />
ist sein Restaurant „Hieronymus“ gleich nebenan, genauso wie<br />
das Boutique-Hotel „Lartor“ – doch ohne Kunst, ohne Bilder,<br />
Skulpturen, Bücher, für ein Christian Zott nicht vorstellbar. Und<br />
auch kein Restaurant oder Hotel, das ihm gehört.<br />
In Unterammergau hat er einen Traum verwirklicht: Endlich<br />
Platz für die vielen Werke, die bisher nur in Kellern Platz fanden.<br />
Aber vor allem erst einmal Platz für „KAIROS. Der richtige<br />
Moment.“ Mir schwant, dass dies ein philosophischer Abend<br />
wird, der anfängt Spaß zu machen.<br />
BILDER, DIE NIE GEMALT WURDEN.<br />
Der Titel „Der richtige Moment“ führt eigentlich in die Irre. Denn<br />
die Ausstellung, mit der das neue Kunstmuseum eröffnet wurde,<br />
beschreibt falsche Momente. Momente, die es so nie auf Bildern<br />
gegeben hat. Es klingt nach einer der verrücktesten Ideen, die man<br />
haben kann – und die Christian Zott mit seinem Projekt verwirklichte:<br />
Es geht darum, den Bildern, die nie gemalt wurden, die<br />
man aber vielleicht gerne sehen würde, eine zweite Chance zu geben.<br />
Anders herum ausgedrückt: Welche Bilder hätte es gegeben,<br />
wenn ein Künstler ein historisch bedeutsames Ereignis in einem<br />
Werk verewigt hätte? Welches Bild wäre entstanden,<br />
wenn also jemand den Mord an Rosa<br />
Luxemburg gemalt hätte? Oder wenn zum Beispiel<br />
der große Maler William Turner den jungen<br />
Charles Darwin beobachtet hätte, wie der 1831<br />
auf die HMS (His Majesty's Ship) Beagle steigt,<br />
um die Welt zu bereisen? Damals ist niemandem<br />
klar, welche folgenreichen Beobachtungen Darwin<br />
anstellen würde. Heute weiß man, dass die<br />
Ergebnisse dieser Reise unser Menschenbild<br />
grundlegend verändert haben. William Turner<br />
hat die auslaufende Beagle mit Charles Darwin<br />
an Bord nie gemalt, obwohl er Darwin kannte.<br />
Auch der Mord an Rosa Luxemburg wurde nie<br />
so gemalt, wie er nun in der Kunsthalle in Unterammergau<br />
hängt. Um diese, ein bisschen<br />
komplizierte und verrückte Idee greifbar zu machen, stellt Christian<br />
Zott Fragen: Was wäre gewesen, wenn der richtige Moment nicht<br />
verpasst worden wäre? Wie viele solcher Bildmotive sind der Kunst<br />
entgangen, weil sie nie gemalt wurden? Weil sich vielleicht Protagonist<br />
und Künstler um ein paar Minuten verpassten? Das ist der<br />
eine Teil des verrückten Konzeptes. Und wer könnte es umsetzen?<br />
Wohl niemand besser als Wolfgang Beltracchi.<br />
DER MEISTERFÄLSCHER<br />
Kein geringerer als der Mann, der als „der Meisterfälscher“ in<br />
die Geschichte einging – und ins Gefängnis. Jahrelang hatte<br />
Beltracchi die gesamte Kunstwelt genarrt, mit all ihren Gutachtern,<br />
Museumsdirektoren und millionenschweren Kunstsammlern,<br />
bevor er aufflog und international für Schlagzeilen<br />
sorgte, in einem der größten Kunstfälscherprozesse der Nachkriegsgeschichte.<br />
Nun ist er wieder da, hat seine Strafe verbüßt<br />
und an dem Talent zum Malen nichts eingebüßt. Diesmal war er<br />
aber ganz legal aktiv. Denn die Idee von Christian Zott ist nicht<br />
damit beendet, dass er sich eine Ausstellung vorstellte, die Bilder<br />
zeigt, die es nicht gibt, aber hätte geben können. Mit Beltracchi<br />
hat der Unternehmer Zott aus Unterammergau ein Genie an der<br />
Hand, das nicht nur malen kann. Er brauchte ja auch jemanden,<br />
der alle Kunststile beherrschte. „Wolfgang Beltracchi wandelt<br />
stilsicher durch alle Epochen der Malerei.“<br />
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PORTRAIT<br />
Immobilien & Kunst im・Gelben Haus<br />
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DER PHILOSOPH<br />
Aber Zott wäre nicht Zott, das habe ich mittlerweile begriffen,<br />
wenn er nicht noch eine weitere Idee in sein Projekt verwoben<br />
hätte. Und die ist mindestens so verrückt, wie Teil eins. Das<br />
Projekt „KAIROS. Der richtige Moment“ begibt sich auf die<br />
Spuren der europäischen Kunst. Kurator Andreas Klement beschreibt<br />
es so: „Wir wollen einen neuen Blick auf die Geschichte<br />
der europäischen Kunst werfen.“ Statt auf die vorhandenen<br />
Werke zu blicken, suchte das Team von Zott und Klement die<br />
historischen Lücken: die ungesehenen und die ungemalten Bilder.<br />
Jene, die Kunstgeschichte hätten schreiben können. Dafür<br />
lässt Zott Beltracchi historisch bedeutsame Ereignisse und<br />
Wendungen aus Politik, Kunst, Religion und Wissenschaft malen.<br />
Im jeweiligen Stil der damaligen Epoche und beraten von<br />
zahlreichen Wissenschaftlern, wie etwa vom Kunsthistoriker<br />
Rainer Metzger. Natürlich sind sich Zott und Klement im Klaren<br />
darüber, dass eine trennscharfe und vollständige Zuordnung<br />
der Kunstwerke zu Epochen unmöglich ist und viele Künstler<br />
ihre sehr eigenen Wege gingen. Doch so kühn die Idee des Unterammergauers<br />
Zott auch war, ist es eine wissenschaftliche<br />
Arbeit, nämlich herauszuarbeiten, was die einzelnen Epochen<br />
im Wesentlichen kennzeichnete. Oder, wie Andreas Klement<br />
versucht die Präzision zu erklären: „Inhaltlich war es eine Detektivarbeit,<br />
ein interdisziplinäres Forschungsprojekt. Das fand<br />
ich immer schon Spannend, die Verschränkung von Wissenschaft<br />
und Kunst. Es geht um Kunstgeschichte, um unseren Blick auf<br />
die Geschichte.“ Damit werden natürlich Entscheidungen getroffen,<br />
die künftige Generationen anders treffen würden. „Worauf<br />
es wirklich ankommt, ist das Thema Vermittlung“, sagt er.<br />
„Wir wollen den Blick auf die Kunst schärfen.“ Das Projekt versucht,<br />
Experten wie Laien die Kunst nahezubringen. Oder auch<br />
das Verständnis für geschichtliche Zusammenhänge. Ein<br />
Thema, das den Unternehmer und Kunstsammler spätberufen<br />
an die Uni trieb, an der er sich begeistert in die Philosophie<br />
stürzte. Und in der Folge seine außergewöhnlichen Ideen ganz<br />
einfach in die Realität umsetzte. Aus Leidenschaft für Bilder,<br />
11
Foto: Florian Warnecke<br />
Kurator Dr. A. Klement betrachtet das „Gruppenbild Blauer Reiter“ von W. Beltracchi<br />
Skulpturen, aus einer unbändigen Wissbegierde über Geschichte, Zusammenhänge<br />
und Philosophie. Und so faszinierend wie seine Ideen<br />
sind, so faszinierend und nachdenklich erzählt er.<br />
KUNST IM KELLER<br />
Kairos, das ist der Gott für die Entscheidung im richtigen Moment. Welche<br />
Bilder aber werden ausgestellt? Welche Bilder hängen in Museen?<br />
Und auf welchen Grundlagen fußen solche Entscheidungen? Noch eine<br />
Frage, die Zott umtreibt, schließlich waren auch bei ihm irgendwann die<br />
Wände voll und die Bilder landeten in seinem Keller. Oder die ihn in die<br />
Archive und Depots europäischer Museen getrieben hat. Dort lernte er<br />
Mauro Fiorese kennen, der alle diejenigen Kunstwerke fotografierte, die<br />
es nicht in die Ausstellungshallen schaffen, die „Treasure Rooms“, wie<br />
seine Serie heiß. Seine Fotografien über die Keller der Kunst zeigen die<br />
verborgenen Schätze. Und ergänzen so thematisch die nie gemalten<br />
Bilder von Wolfgang Beltracchi.<br />
ZWEI PAAR WANDERSCHUHE<br />
Woher kommen alle diese Ideen? Woher diese Begeisterung für Kunst?<br />
Auch eine ganz eigene Geschichte aus dem Leben des Unterammergauers.<br />
„Wenn wir schon reden, dann auch richtig!“ bestimmt er und steigt vom<br />
Cappuccino auf Wein um. Der Abend wird länger werden. „Die Ideen entstehen<br />
zum Beispiel beim Radeln.“ 15 Mal hat Zott die Alpen überquert.<br />
Eine gute Ideenschmiede ist aber auch das Reisen. Oder genauer gesagt:<br />
das Wandern. Monatelang ging der Unternehmer vor ein paar Jahren<br />
durch Europa. Alleine und zu Fuß, von Portugal zum Bosporus, zwei Paar<br />
Wanderschuhe wurden dabei abgelaufen. Und natürlich auch alle Museen,<br />
12
PORTRAIT<br />
die ihm auf dieser Reise über den Weg liefen. „Und dann sehen<br />
Sie: Überall war kulturelles Leben, die Etrusker, die Griechen. Und<br />
dann fragen Sie: Woher kommt die Kunst? Was sehen wir, was sehen<br />
wir nicht?“ Und er erzählt weiter, mitreißend, von einzelnen Kunstwerken,<br />
die ihm den Atem raubten. Und die er kaufte. Oft, weil sie<br />
Lebensfreude ausstrahlten, erzählt er. Lebensfreude, Glück, das<br />
sind die Begriffe, mit denen Christian Zott ganz oft Bilder und<br />
Skulpturen beschreibt, die er mag. „Glück kannst du nur spüren,<br />
wenn du weißt, was Traurigkeit und Verschlossenheit sind. Du kannst<br />
nicht immer nur glücklich durch die Welt rennen, dann bist du zu<br />
leicht unterwegs. Zu einem glücklichen Moment, zu einem KAIROS,<br />
gehört auch das andere dazu.“ Wann ist Kunst Kunst? „Wenn sie<br />
meisterlich ist. Oder: Kunst ist Kunst, wenn sie besonders ästhetisch<br />
ist. Oder: Kunst wirft Fragen auf.“ Die beschäftigen Zott manchmal<br />
Jahre, in denen er immer wieder vor Gemälden oder Skulpturen<br />
steht und Antworten sucht.<br />
Mittlerweile füllt sich das Restaurant Hieronymus längst mit<br />
Gästen. Aber die müssen heute noch auf den Gastgeber warten.<br />
Ein Gespräch über Kunst ist wichtiger. Eine Lösung für die Suche<br />
nach Antworten hat der Schriftsteller Samuel Beckett parat. „Die<br />
Welt und die Hose“ heißt das Buch, aus dem Zott gerne zitiert.<br />
War der Titel so? „Das muss ich noch mal nachschauen. Die Kernaussage<br />
ist: Lass dir den Blick auf das Kunstwerk nicht vom Maler,<br />
dem Galeristen und dem Kurator verstellen. Entweder das Bild gefällt<br />
dir, oder es gefällt dir nicht. Und dann könntest du dir die<br />
Frage stellen, warum. Aber das ist eigentlich gar nicht notwendig,<br />
um ein Kunstwerk schön zu finden.“ Das sei wie bei Menschen.<br />
„Du läufst an einem Menschen vorbei und entscheidest in Millisekunden,<br />
ob er dir sympathisch ist. Und so ist es auch mit Kunstwerken.“<br />
Ganz anders, als das der Unternehmer Zott handhabt,<br />
der daran gewöhnt ist, sorgfältig über Handeln und Entscheidungen<br />
nachzudenken.<br />
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VISION UND REALITÄT<br />
So ist es für ihn auch normal, nicht mehr in Konjunktiven zu<br />
denken, wie er es umschreibt. „Also: Ich könnte jetzt mal auf<br />
den Berg gehen. Ich könnte jetzt eine Radltour machen. Ich habe<br />
beschlossen, die Dinge, die mir möglich sind und die ich will, zu<br />
tun. Und die anderen vergesse ich.“ Was aber ist möglich? Ganz<br />
einfach: Es ist die nachvollziehbare, sachliche Machbarkeit.<br />
Manuela Schädle<br />
Dipl. Betriebswirtin FH<br />
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13
Foto: Sandra Bangerter<br />
Christian Zott:<br />
PORTRAIT<br />
„SIE BRAUCHEN EIN GESUNDES MASS AN VISIONÄRER FÄHIGKEIT.<br />
ALSO IN IHREM KOPF WANDERN ZU KÖNNEN UND DINGE ZU KREIEREN,<br />
DIE ES JA NOCH NICHT GIBT. IN MEINEN AUGEN IST DER SPAGAT ZWISCHEN<br />
VISION UND KONZEPTION NOCH AUFREGENDER, ALS ZWISCHEN<br />
KONZEPTION UND REALISIERUNG.“<br />
Mit der Kunsthalle und dem Projekt „KAIROS. Der richtige Moment“ ist das gelungen. Und zwar<br />
auf eine Art, die gar nicht so kompliziert und philosophisch ist, wie sie klingt. Sondern so, wie<br />
Christian Zott und sein Kurator Andreas Klement es sich wünschen: KAIROS baut Brücken und<br />
lädt die Betrachter zur Diskussion ein.<br />
Nun sind aber doch erst einmal die Gäste im Restaurant Hieronymus dran. Wie sich das für<br />
einen Gastgeber gehört. Andreas Klement hingegen gibt mir noch eine kleine Privatführung in<br />
der Kunsthalle. Leider ist es draußen dunkel. Die Skulpturen im Garten muss ich beim nächsten<br />
Mal anschauen.<br />
www.lartor.de | www.zottartspace.com<br />
nil<br />
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15
16<br />
LEO HUBER<br />
Zurück ins Leben
MENSCHEN<br />
Es ist ein strahlender Spätwintermorgen im März 2001. In<br />
Praxmar, einem hochgelegenen Bergort im Sellrain, machen<br />
sich rund 300 Wettkämpfer bereit zur berühmt-berüchtigten<br />
Wildsau-Staffel. Es sind Athleten aus dem gesamten Alpenraum<br />
am Start. Auch Leo Huber, der 18-jährige Oberammergauer,<br />
checkt noch einmal seine Ausrüstung.<br />
Es muss alles passen. Denn das Staffel-Rennen<br />
hat es in sich. Die Vierer-<br />
Teams bestehen aus zwei Aufsteigern<br />
und zwei Abfahrern. Der erste Aufsteiger<br />
„rennt“ mit Tourenski so<br />
schnell es geht auf die 2875 Meter<br />
hohe, über Praxmar gelegene Lampsenspitze<br />
und übergibt dort das Staffelband<br />
an den ersten Abfahrer. Der<br />
stürzt sich in halsbrecherischem Tempo<br />
mit Alpinski im unpräparierten Gelände<br />
hinunter nach Praxmar, wo der zweite Aufsteiger<br />
das Band übernimmt und auf den Zischgeles<br />
trägt. Der zweite Abfahrer jagt dann hinab ins Ziel.<br />
Leo Huber ist ein talentierter und ehrgeiziger Sportler. Er klettert<br />
schwer. Schon mit 14 Jahren besteigt er den Piz Palü über<br />
den Ost-Pfeiler. Er macht viele Skitouren und ist Anwärter der<br />
Bergwacht. Als erster Abfahrer wartet er nervös am Gipfel der<br />
Lampsenspitze auf den Aufsteiger. Es ist der Tag, an dem sich<br />
sein Leben verändern wird.<br />
Leo ist schnell unterwegs und kann einige andere Abfahrer<br />
überholen. 150 Höhenmeter vor dem Ziel fährt er in Unkenntnis<br />
des Geländes geradeaus in steileres Waldgelände, statt einen<br />
Ziehweg zu nehmen. Was dann passiert, kann er nur noch<br />
schemenhaft erinnern. Ein schwerer Sturz, ein sich wieder<br />
Aufrappeln, dann doch Liegenbleiben, ein Helikopterflug.<br />
Die Universitätsklinik Innsbruck ist weltweit bekannt für ihre<br />
hervorragenden Ärzte und ihre Fähigkeiten, auch schwer Verletzte<br />
zu retten. Die Prognosen für ihren Patienten Leo Huber<br />
sind niederschmetternd. Der junge Mann erleidet ein schweres<br />
Schädelhirntrauma und muss mehrfach am Kopf operiert<br />
„Es ist ein Wunder,<br />
dass ich es<br />
geschafft habe.“<br />
werden. Die Überlebenschancen: sehr gering.<br />
Leo überlebt die erste Woche, liegt mehrere Wochen im Koma.<br />
„Es war ein Wunder, dass ich es geschafft habe“, meint er. Die<br />
folgenden Monate sind ein Albtraum. Die Aussichten, an sein<br />
gewohntes Leben anzuknüpfen, gleich Null. Erste<br />
Tests ergeben massive körperliche und auch<br />
geistige Einschränkungen. Der Oberammergauer<br />
ist oft traurig und verzweifelt. Er<br />
wollte Elektrotechnik studieren und<br />
weiterhin seinen geliebten Sport ausüben<br />
können. Aber so ist das Abitur<br />
in unerreichbarer Ferne. Nach einem<br />
halben Jahr kann er am Stock einige<br />
wenige Schritte gehen. Sonst bewegt<br />
er sich im Rollstuhl fort. Monatelange<br />
Reha-Maßnahmen bringen ganz langsam<br />
Erfolg. Er ist immer noch wenig belastbar<br />
und erleidet mehrere epileptische Anfälle. „In<br />
der Zeit, in der meine Aussichten unterirdisch schlecht<br />
waren, bin ich mit dem Glauben näher in Kontakt gekommen“,<br />
erzählt Leo. „Ein Geistlicher aus Ettal hat mich im Krankenhaus<br />
besucht und gesegnet.“ In dieser Lebenssituation sei das einzig<br />
Hoffnung Schenkende und Tröstende der Glaube an Jesus<br />
Christus gewesen. „Ich lernte einige Gebete und betete immer<br />
öfter, weil ich feststellte, dass mir das Gebet Hoffnung und Glauben<br />
an eine Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben gab.“<br />
Als er eines Tages an einem Einkehrtag mit einem indischen<br />
Priester teilnimmt, passiert aus seiner Sicht ein Wunder: „Beim<br />
Heilungsgebet sagte der Priester, dass Personen im Raum von<br />
Epilepsie geheilt werden. Im selben Moment verspürte ich die<br />
Gewissheit, dass ich gemeint war“, schildert Leo. Und tatsächlich<br />
treten seitdem keine Anfälle mehr auf.<br />
Der Weg zu seinem Glauben ist allerdings nicht geradlinig verlaufen.<br />
Eher wie eine On-Off-Beziehung. Aber die Off-Perioden<br />
wurden immer seltener. „Heute bin ich ein zutiefst spiritueller<br />
Mensch, und der regelmäßige Gottesdienstbesuch und das Gebet<br />
geben mir Orientierung und Sinn “, erklärt Leo. „Der Glaube ist<br />
ein entscheidender Teil meines Lebens.“<br />
17
MENSCHEN<br />
In der Pfennigparade in München macht er das Fachabitur<br />
nach. In dieser Zeit merkt er, dass er eine Ader hat, mit Menschen<br />
zu arbeiten. „Ich konnte Hoffnung geben, weil ich wusste,<br />
was Leid bedeutet“, meint er. Er studiert in Benediktbeuern Sozialpädagogik<br />
und arbeitet anschließend im Jugendtreff in<br />
Oberammergau.<br />
„Während des Genesungsprozesses erfuhr ich sehr viel Unterstützung<br />
von meiner Familie, aber auch anderen Personen und<br />
Organisationen. Außerdem haben auch viele Menschen für mich<br />
gebetet“, sagt er. 2010 lernt er seine jetzige Frau Marie-Louise<br />
kennen und lieben. „Bei unserer ersten Begegnung bestand Leo<br />
eigentlich nur aus Bart und Haaren“, erzählt sie lachend. Es<br />
war das Jahr der Passion in Oberammergau und Leo als Mitspieler<br />
dabei. „Auch die Begegnung mit Marie-Louise war eine<br />
Gebetserhörung“, meint er.<br />
Heute arbeitet der Diplom-Sozialpädagoge in der Betreuungsstelle<br />
des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen. Die<br />
Spuren des Unfalls vor 18 Jahren sind immer noch sichtbar.<br />
Seine linke Körperhälfte, insbesondere der Arm, sind nach<br />
wie vor gelähmt. In so einem Zustand macht man eigentlich<br />
keine Skitouren. Leo schon. Im vergangenen Jahr ist er mit<br />
seinem Vater im Frühjahr mit Tourenschiern noch einmal<br />
auf die Lampsenspitze gestiegen. Wie für eine Expedition<br />
hat er monatelang darauf trainiert. „Ich war sehr aufgeregt,<br />
denn ich wusste ja nicht, ob ich rauf und wieder runter<br />
komme“, berichtet er. Und noch einmal mit dem Helikopter<br />
vom Berg heruntergeflogen werden wollte er auf gar keinen<br />
Fall. Er schafft die Tour trotz der erheblichen körperlichen<br />
Einschränkungen. „Das war ein krasser Tag“, meint er strahlend.<br />
Und: „Es war wichtig für mich, ich habe da etwas abgeschlossen.“<br />
„Meine Einstellung zum Leben hat sich komplett geändert“, so<br />
Leo Huber. Früher wollte er das Maximum herausholen. Beim<br />
Sport, beim Feiern, im Leben. Jetzt sei er einfach dankbar, ein<br />
für ihn lebenswertes Leben führen zu können.<br />
18
Leo nach dem Unfall erneut auf der Lampsenspitze<br />
„IM GLAUBEN HABE ICH DEN<br />
KOMPASS FÜR MEIN LEBEN GEFUNDEN<br />
UND ICH HABE KEINE ÄNGSTE MEHR,<br />
DIE ZUKUNFT ZU MEISTERN.“<br />
Leos erste Jahre nach seinem Skiunfall sind eine Abfolge von<br />
Prognosen, die schlimmer kaum sein können. Sie reichen von<br />
„geringen Überlebenschancen“ über „bleibende körperliche<br />
und geistige Einschränkungen“ hin zu „nie mehr gehen können“.<br />
Er hat sie alle widerlegt. Seine Geschichte ist die eines<br />
Kämpfers. Eines Mannes, der nicht aufgibt, und eines Menschen,<br />
der aus seinem Glauben und seiner Spiritualität eine<br />
Kraft schöpft, die ihm aus den tiefsten schwarzen Löchern,<br />
die das Leben zu bieten hat, herausgeholfen hat.<br />
Nie mehr klettern? Leo grinst schelmisch. Auf solche Prognosen<br />
gibt er nichts mehr. „Ich habe die Gewissheit, dass ich irgendwann<br />
wieder an den Fels gehen werde“, lächelt er. „Es liegt nur<br />
minimal in meiner Hand und es braucht ein Wunder, aber an<br />
Wunder glaube ich.“<br />
Johannes Wessel<br />
19
20
Lesen – Treffen – Wohlfühlen<br />
frischer Wind in der Gemeindebücherei<br />
Betritt man den Eingangsbereich der Bücherei, merkt man sofort,<br />
dass sich hier gerade etwas verändert. Eine neue Sitzbank neben<br />
der hellen Garderobe lädt beim Ein- und Auspacken zum Sitzen<br />
ein und oft findet man kleine Kinderstiefel und Schuhe darunter,<br />
denn in Socken lässt es sich auf dem Teppich viel besser stöbern<br />
und lesen. Zwischen den Regalen laden gemütliche Sessel zum<br />
Verweilen ein und Jugendliche haben jetzt einen eigenen Bereich<br />
für sich. Bei den Kinderbüchern ist sogar eine Elefantenfamilie<br />
eingezogen.<br />
Es ist eine moderne Wohlfühlbibliothek für alle, die auch ein<br />
Treffpunkt sein kann, etwa für einen Mütterkreis mit Kleinkindern<br />
oder für Senioren, die sich zum literarischen Austausch<br />
treffen. Die Einrichtung eines neuen Lesezimmers mit gemütlichen<br />
Sesseln und einer ruhigen Atmosphäre ist dafür prädestiniert.<br />
Hauptsächlich aber ist der Raum ein Rückzugsort für die<br />
Leser. „Die angenehme Atmosphäre steht dabei im Vordergrund“,<br />
betonen Vera Schaub und Gundula Niemeyer.<br />
Gestaltet wurden die Neuerungen von den neuen Leiterinnen<br />
der Gemeindebücherei des Marktes Murnau, Gundula Niemeyer<br />
und Vera Schaub (auf dem Foto 1. u. 2. v. r.). Sie haben sich gut<br />
eingelebt und bereits einige Projekte und kleinere Events in der<br />
Bibliothek umgesetzt. Die ersten Veranstaltungen haben gezeigt,<br />
dass das Angebot gut angenommen wird. So war der Buchbindekurs<br />
kurz vor Weihnachten schnell ausgebucht und die Nachfrage<br />
nach weiteren Aktionen ist groß.<br />
Die Gemeindebücherei betreibt nun auch einen eigenen Instagram-Account,<br />
dem Sie unter @gemeindebuecherei_murnau folgen<br />
können. Als moderne gemeindliche Bibliothek sollen auch<br />
die Leser erreicht werden, die man vielleicht nicht persönlich<br />
kennenlernt. „Das Digitale darf nicht außen vor bleiben und wir<br />
möchten unser Online-Angebot weiter ausbauen“, erläutert Gundula<br />
Niemeyer. „Damit die Leser gut informiert werden, planen wir einen<br />
Newsletter sowie Kurse zur Nutzung der Onleihe und e-Reader“.<br />
Die beiden dynamischen Frauen, die sich die Stelle der Büchereileitung<br />
durch innovatives Jobsharing teilen, haben viele Pläne<br />
für die Murnauer Gemeindebücherei. Dass sie sich die Büchereileitung<br />
teilen, sehen Vera Schaub und Gundula Niemeyer als<br />
enormen Vorteil: „Jede hat andere Stärken und zusammen bringen<br />
wir das doppelte Fachwissen für diese Stelle mit. So bleiben wir<br />
zudem in jeder Lebenssituation flexibel.“ Die letzten Monate haben<br />
gezeigt, dass dies in der Praxis perfekt funktioniert.<br />
Das innovative Konzept des Jobsharings, also der Arbeitsplatzteilung,<br />
bietet viele Vorteile, etwa doppeltes Fachwissen in einer Position<br />
sowie die Möglichkeit zur individuellen und flexiblen Aufteilung<br />
der Aufgaben. Eine höhere Zufriedenheit und dadurch<br />
größere Motivation sowie bessere Leistungen bringt das Jobsharing<br />
ebenso mit sich wie ein leichterer Ausgleich im Krankheitsfall. Es<br />
ist ein abwechslungsreiches Arbeitsmodell, das sich den Anforderungen<br />
der jeweiligen Lebensphase anpassen lässt. So unterstützt<br />
der Markt Murnau als Arbeitgeber auch die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf und stärkt Frauen in Führungspositionen.<br />
Kontakt:<br />
Öffnungszeiten:<br />
Telefon: 08841 476-230<br />
Mo 14.00 - 17.00 Uhr<br />
Telefax: 08841 6141-99<br />
Di 14.00 - 18.00 Uhr<br />
Mail: buecherei@murnau.de Mi 09.00 - 12.00 Uhr<br />
Do 14.00 - 18.30 Uhr<br />
Adresse:<br />
Fr 09.00 - 17.00 Uhr<br />
Kultur- und Tagungszentrum<br />
Ödön-von-Horváth-Platz 1<br />
82418 Murnau a. Staffelsee<br />
Fotos: Markt Murnau a. Staffelsee
Foto: Clasky Photography
PORTRAIT<br />
Kinky<br />
GinGin<br />
„<br />
Ich bin halt einfach ich.<br />
Und ich versuch’,<br />
mir nicht irgendeine<br />
Maske aufzusetzen.<br />
Es ist ein schöner sonniger Herbstnachmittag, als ich mich<br />
mit Regina Huber im Mc Café in Wolfratshausen treffe. Sie<br />
fällt auf, wie sie da so selbstbewusst vorm Eingang wartet. Sie<br />
begrüßt mich mit einem strahlenden Lächeln. Wir holen uns<br />
einen Kaffee und setzen uns nach draußen. Unter Regina Huber<br />
kennt sie wahrscheinlich kaum einer. Wahrscheinlich doch<br />
eher unter dem etwas schrägen Namen „Kinky GinGin“. Was<br />
der bedeutet? „Ich hatte mein erstes Fotoshooting und da hab’<br />
ich mir gedacht, du brauchst irgendeinen Namen, weil alle andern<br />
haben auch irgendeinen blöden Namen“, lacht sie. „GinGin von<br />
Regina oder Gina war mein Rufname in dem Betrieb, wo ich<br />
meine Schreinerlehre gemacht hab’. Und ,Kinky’ kommt aus einem<br />
Lied der Skaband ,Bad Manners’. Das bedeutet verrückt. Bloß<br />
leider hab’ ich nicht bedacht, dass das auch in die andere Richtung<br />
geht und hab mich gewundert, warum ich immer wieder<br />
irgendwelche Fetischanfragen krieg’.“ Mittlerweile nimmt die<br />
fast 30-Jährige das mit Humor.<br />
Sie ist Pin-up-Model für die 40er und 50er Jahre und unübersehbar:<br />
Sie hat Tattoos und zwar nicht zu wenige. Wie passt das<br />
zusammen? Wahrscheinlich genauso wie ein seriöses Interview<br />
bei Mc Donalds zu führen, oder? „Es ist kein Tabuthema mehr“,<br />
sagt Gina, wie sie von ihren Freunden genannt wird.<br />
Viele kleine Mädchen träumen davon, einmal Model zu werden.<br />
Nicht aber Regina Huber. Dass sie einmal eines der ersten Pinup-Models<br />
Bayerns sein würde, hätte sie sich nie träumen lassen.<br />
In der fünften/sechsten Klasse war sie stark übergewichtig und<br />
wurde gehänselt. Seitdem hat sie gelernt mit Kritik umzugehen<br />
und am Wochenende für ein Shooting auch mal früher aufzustehen.<br />
Fotografiert werden die wirklich großen Sachen meistens<br />
samstags oder sonntags. „Dann verzichtet man halt auch mal<br />
aufs Furtgehn, weil man sieht dir an, wenn du nicht viel geschlafen<br />
hast. Das war mit 22 noch anders“, schmunzelt Gina. Am liebsten<br />
posiert sie mit alten Autos. Ein alter Cadillac und ein alter Mercedes<br />
SLK Cabrio haben ihr allererstes Shooting geprägt.<br />
23
Foto: Davide Lorefice Photography<br />
Entdeckt hat sie 2011 ein Fotograf auf Facebook, gleich ihr zweites<br />
Shooting erlebt sie mit dem berühmten Tattoomodel Lexy Hell.<br />
Aber ihren Stil, den hatte sie schon davor. „Mit 16/17, wenn man<br />
nicht mehr so unter der Fuchtel der Eltern steht, hab’ ich angefangen<br />
so rumzulaufen.“ Auf die 40er/50er kommt sie durch ihre Affinität<br />
zur damaligen Musik. „Als Kind bin ich vorm Plattenschrank gestanden<br />
und hab’ eine nach der anderen angehört. Bei uns is’ immer<br />
entweder Johnny Cash oder Volksmusik gelaufen. Das war immer<br />
so eine Mischung, die mich eigentlich auch jetzt noch ganz gut beschreibt.“<br />
Auffälliges Erkennungsmerkmal: Die roten Lippen. „Ich<br />
hab’ allein 46 rote Lippenstifte. In den Augen meines Freundes sind<br />
die alle gleich, aber in meinen natürlich nicht“, feixt sie. Rot als<br />
eine Hommage an diese Zeit, eine Art Statement.<br />
24
PORTRAIT<br />
Was sie außerdem ausmacht, sei ihre Authentizität. „Ich bin<br />
halt einfach ich. Und ich versuch, mir nicht irgendeine Maske<br />
aufzusetzen. Meine Narbe, die ich von meiner Krankheit hab’,<br />
lass ich nicht wegretuschieren.“<br />
Ihre Krankheit, das ist Morbus Crohn. Eine chronisch entzündliche<br />
Darmkrankheit, begleitet von Bauchschmerzen und<br />
schweren Durchfällen. 2007, da ist Gina 16, ist sie ausgebrochen.<br />
Es folgen unzählige Krankenhausaufenthalte, bis sie endlich<br />
mit 21 Jahren die Diagnose erhält. Im Oktober 2012, das<br />
weiß sie noch ganz genau, kommt sie ins Krankenhaus. Als die<br />
Schmerzen nicht mehr auszuhalten sind, wird sie nachts ins<br />
CT geschoben. Ihr Dünndarm ist geplatzt. Es folgt eine Not-<br />
OP. Gerade noch rechtzeitig, 30 Minuten später wäre sie tot<br />
gewesen. Die Ärzte entfernen eineinhalb Meter ihres Dünndarms<br />
und legen ihr für ein halbes Jahr einen künstlichen Darmausgang.<br />
„In der Zeit ist es mir überhaupt nicht gut gegangen“,<br />
erzählt sie. Sie macht kein einziges Fotoshooting. Bis ihre<br />
Mama sie am Ende doch dazu überredet. „Das hat mir tatsächlich<br />
dann auch geholfen.“<br />
„Man sieht uns unsere Behinderung nicht an, und deswegen find<br />
ich das so wichtig da aufzuklären.“ Alles was man sieht ist die<br />
Narbe, die senkrecht ihren Bauch ziert. Bei der Operation haben<br />
die Ärzte ein Tattoo komplett durchgeschnitten. „Das werd’ ich<br />
mir auch nie wieder überstechen lassen. Das ist für mich ein Mahnmal<br />
an diese Zeit. Ein Kommunikationskanal an andere Menschen<br />
mit einer Narbe, denen ich zeigen möchte: He, ihr seid’s trotzdem<br />
schön und ihr seid’s wahrscheinlich noch schöner deswegen.”<br />
Als ich Gina frage, was Schönheit für sie bedeutet, überlegt sie<br />
„<br />
lang.<br />
Schönheit bedeutet für mich, wenn’s jemand<br />
zulassen kann, dass er er selbst ist. Wenn ich<br />
erkenn’, jemand kann sich so annehmen und<br />
strahlt das auch nach außen aus.<br />
Um Schönheit geht’s ja bekanntlich auch bei Heidi Klums Germany’s<br />
next Topmodel. Allerdings wird die da ein bisschen anders<br />
ausgelegt. Was Gina davon hält? Nicht viel! Genauso wenig<br />
wie von ausschließlich Smoothies und Salat, wie das Klischee<br />
es so schön für Models vorsieht. „Nein, um Gottes Willen, dafür<br />
ess’ ich viel zu gern“, lacht sie. Apropos Essen, während wir ins<br />
Gespräch vertieft sind, ruft neben uns lauthals eine Mc Donalds-<br />
Mitarbeiterin die Bestellung Nummer 191 aus. Je dünner, desto<br />
gefragter, oder? „In meiner Sparte Gott sei Dank nicht. Aber ich<br />
bin bei Labels mit meiner 38/40 schon abgelehnt worden. Aber<br />
dann denk ich mir: Ja, dann macht’s euern Scheiß doch allein.”<br />
Wo sie sich in fünf oder zehn Jahren sieht? „Da möchte ich<br />
noch mehr geschafft haben, um über meine Krankheit aufzuklären.<br />
Vielleicht sogar für irgendeine Stiftung arbeiten.“<br />
Da gibt’s nur noch eins hinzuzufügen: „Gina, solltest du durch<br />
dieses Interview berühmt werden, würdest du dir eher ein<br />
Arschgeweih mit Franz oder mit <strong>Melange</strong> stechen lassen?“ Sie<br />
lacht: „Ich glaub ich würd’ mir eins mit Franz stechen lassen.“<br />
Julia Brechtelsbauer<br />
25
26
Öffnungszeiten:<br />
Mo. 9.00 - 12.30 Uhr<br />
Di. - Fr. 9.00 - 18.00 Uhr<br />
Sa. 9.00 - 14.00 Uhr<br />
27
28
LIVE<br />
Hermann Puck<br />
Rheinländische Frohnatur<br />
mit POWER<br />
Fotos: Beate Berger<br />
Höher, schneller, weiter. Das war stets Hermann Pucks Devise. Der Inhaber des<br />
„Therapiezentrum Puck“ in Murnau ist einer, der keinen Stillstand akzeptiert.<br />
„Das Leben ist ein ständiges Vorankommen. Stehenbleiben war nie mein Weg“,<br />
betont er. Schon von Geburts wegen habe er stets Hummeln im Hintern, denn<br />
Puck ist eine Düsseldorfer Frohnatur.<br />
Mit 17 Jahren kam der frisch gelernte Bäcker durch die Bundeswehr nach<br />
Murnau. „Dort arbeitete ich in der Küche“, erzählt er. „Zusätzlich machte ich<br />
den Trainerschein und war danach im Landkreis als Fußballtrainer tätig.“ Als<br />
Fahrlehrer verhalf er nach seiner Dienstzeit unzähligen Jugendlichen zu ihrem<br />
Führerschein, schloss Freundschaften und schlug Wurzeln.<br />
1980 stellte er die Weichen neu. „Ich habe immer gern mit Menschen zusammengearbeitet<br />
und erkannte zugleich durch den Fußball, wie wichtig eine therapeutische<br />
Betreuung ist“, berichtet er. Deshalb machte Puck eine Ausbildung zum Masseur<br />
und medizinischen Bademeister in München, arbeitete danach in verschiedenen<br />
Massagepraxen und eröffnete 1993 zusammen mit einer Kollegin eine Praxis<br />
für physikalische Therapie. Das Geschäft lief gut, doch der Masseur war mit<br />
dem Erreichten noch lange nicht zufrieden. „Ich wollte immer mehr wissen, um<br />
noch besser helfen zu können.“ So packte er neben verschiedenen Fortbildungen<br />
noch eine Ausbildung zum Physiotherapeuten obendrauf. Zugleich strebte er<br />
nach Größerem.<br />
Hier sitzt jeder<br />
Handgriff. Die<br />
richtige Dehnung<br />
kann manchmal<br />
Wunder wirken.<br />
SCHON DAMALS EIN VORREITER<br />
Noch ein Jahr bevor er seinen Abschluss machte, bezog er eine großzügige<br />
Praxis mit 200 Quadratmetern Fläche im Murnauer Obermarkt. Als einer der<br />
Ersten bot er die Trainingstherapie am Gerät an und band seine Patienten aktiv<br />
in den Prozess mit ein. Damit war Puck ein Vorreiter, denn was heute selbstverständlich<br />
ist, war vor rund 25 Jahren in der Region noch nicht gebräuchlich.<br />
„Mir war schon damals klar: Das ist die Zukunft der Physiotherapie.“<br />
Mit seiner bis heute treuesten Angestellten, der Physiotherapeutin Marion Kalch-<br />
Schmidt, und vier weiteren Mitarbeitern wuchs die Praxis schnell. Puck drückte<br />
derweil an fünf Wochentagen die Schulbank und arbeitete an zweien. Ein Jahr<br />
später bestand er seine Prüfung und war von nun an als Physiotherapeut voll<br />
involviert. Mit einer fünfjährigen Osteopathie-Ausbildung rundete er 2011 sein<br />
Angebot ab. Endlich konnte er seine Patienten so ganzheitlich behandeln, wie<br />
es ihm immer vorgeschwebt hatte.<br />
29
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Ihr Spezialist für gesunden Schlaf.<br />
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„Das alles geht nur, wenn man so eine tolle Partnerin an seiner Seite hat wie ich“,<br />
schwärmt er und meint damit seine Frau Christl. Die hielt ihm stets den Rücken<br />
frei für seine 13-Stunden-Arbeitstage, kümmerte sich um Sohn Simon und unterstützte<br />
ihren Mann auch an den Wochenenden, wenn er für seine Prüfungen<br />
lernte. Zudem stieg sie mit ein und kümmert sich bis heute um die Verwaltung<br />
des Betriebs. „Ohne sie wäre die Praxis nicht das, was sie heute ist.“ Christl war<br />
es auch, die von Anfang an eine strikte Regel einführte, damit zwischen all dem<br />
die Familie nicht zu kurz kommt: Die Praxis endet an der Türschwelle! „Das<br />
war immer schon so und ist auch nötig“, bekräftigt Puck.<br />
DER APFEL FÄLLT NICHT WEIT VOM STAMM<br />
Trotzdem waren Physiotherapie und Osteopathie natürlich stets ein Teil des<br />
Familienlebens. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Sohn Simon in die<br />
Fußstapfen des Vaters tritt. „Ich war nach der Schule immer in der Praxis“,<br />
erinnert sich der 29-Jährige. Spätestens als er während der Osteopathie-Ausbildung<br />
seines Vaters als Versuchskaninchen herhalten durfte, merkte er: „Das<br />
bringt’s.“ So steckt derzeit auch der Sohn voller Überzeugung in den letzten<br />
Zügen zum Osteopathen.<br />
Simon war bereits voll involviert, als sein Vater auf einem zweiten Stockwerk<br />
zusätzliche 100 Quadratmeter für die Osteopathie anmietete. „Den ganzen Tag<br />
hieß es für mich, Treppe hoch, Treppe runter. Da bleibt man fit“, scherzt er. Eine<br />
optimale Lösung war dies auf Dauer jedoch nicht.<br />
Puck hat dieses Jahr seinen 66. Geburtstag gefeiert. Wo andere eine ruhige<br />
Kugel schieben, da nutzte er noch einmal die Gunst der Stunde: Im Februar<br />
wurden direkt gegenüber Räumlichkeiten von 370 Quadratmetern frei. Puck<br />
machte Nägel mit Köpfen. Innerhalb von vier Tagen zog das Praxisteam komplett<br />
um. „Wir sind am Freitag raus und haben am Montag eröffnet.“ Dank einem<br />
Team aus sieben Therapeuten, sechs Rezeptionistinnen und zwei Reinigungskräften<br />
werden die Patienten nun in acht Zimmern behandelt, gestreckt, mobilisiert,<br />
erhalten Fangopackungen und trainieren im großzügigen Geräteraum.<br />
Zudem gibt es einen Raum, in dem externe Trainer Kurse anbieten können.<br />
ENTSPANNUNG DURCH GESELLIGKEIT<br />
Wer so viel Verantwortung hat, der muss sich die Kraft irgendwo herholen. So betreute<br />
Puck eine Zeitlang die Jungen der Handballmannschaft des TSV Murnau.<br />
„Die Jugend ist ein Jungbrunnen“, verrät er. Auch jetzt, nachdem sein Sohn Simon<br />
diese Aufgabe übernommen hat, springt er noch gerne dort ein. Puck genießt die<br />
Geselligkeit. Die Familie lädt oft und gerne Gäste ein. Regelmäßig bekocht Puck<br />
seine Freunde und Bekannten, schmeißt Weihnachtsfeiern und Sommerfeste. „Ich<br />
sorge dafür, dass immer Leben in der Bude ist. Ich bin halt ein Rheinländer.“ Wollen<br />
Puck und seine Frau aber mal so richtig auftanken, reisen sie in ihr zweites Domizil<br />
in Spanien. Etwa viermal im Jahr nehmen sie sich dort eine verdiente Auszeit.<br />
30
Fotos: Beate Berger<br />
Wie der Vater, so der Sohn. Senior und Junior arbeiten Seite an Seite.<br />
Ein 13-köpfiges Team sorgt dafür, dass der Laden läuft<br />
(hinten ab 5.v.l. Hermann Puck, Christl Puck und Simon Puck)<br />
Puck hat sich eine lange Chronik erarbeitet. Nun will er dieser einen entscheidenden<br />
Punkt hinzufügen: das Projekt Rente. Sein Sohn Simon wird die Praxis<br />
übernehmen. Die Umstrukturierungen sind derzeit in vollem Gange. Um seinem<br />
Nachfolger den Übergang zu erleichtern, will Puck sich zusammen mit seiner<br />
Frau komplett aus dem Staub machen und zugleich einen lang gehegten Traum<br />
erfüllen. „Wir werden mit dem Rad über den Jakobsweg nach Santiago de Compostela<br />
fahren.“ Somit beugt er auch gleich der Gefahr vor, sich in die Praxisführung<br />
seines Sohnes einzumischen. Ob er nach seiner Rückkehr die Hufe stillhalten<br />
kann, sei abzuwarten. Puck verspricht: „Ich gebe mein Bestes.“<br />
Therapiezentrum Puck<br />
Obermarkt 51, 82418 Murnau, Tel: 08841-9514<br />
www.physiotherapie-murnau.de<br />
Beate Berger<br />
31
Wir suchen Verstärkung für unser Team<br />
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aufgeschlossenen Team zu verwirklichen?<br />
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in ganz neuen Behandlungsräumen zu arbeiten,<br />
in denen die Privatsphäre an erster Stelle steht?<br />
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Umgang mit Patienten und Mitarbeitern am Herzen liegt<br />
· Wenn dir eine selbständige und eigenverantwortliche<br />
Arbeitsweise wichtig ist<br />
· Wenn du Interesse an einem abwechslungsreichen und interessanten<br />
Arbeitsfeld in einem engagierten Team hast – unsere Praxis hat<br />
den Schwerpunkt bei orthopädisch/chirurgischen Patienten<br />
· finanzielle Fortbildungsunterstützung,<br />
freie Weiterbildungstage<br />
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Wir freuen uns, von dir zu hören!<br />
Obermarkt 51, 82418 Murnau, Tel. 08841-9514, www.physiotherapie-murnau.de<br />
32
FITNESS-TIPP<br />
Trainieren mit Putzeimern,<br />
randvoll gefüllt mit Steinen –<br />
so fing alles an<br />
Ich glaube für mich war es eine Bestimmung, sagt Willy Frankl, als er stolz und mit<br />
leuchtenden Augen von seinem Fitnessstudio Pro-Line erzählt. Ganz klein hat er<br />
1963 in Garmisch angefangen, als Vertretung, weil die Trainerin ausgefallen ist, und<br />
wie es der Zufall auch noch will, kannte seine Mama die Eltern von Peter Gottlob,<br />
dem ehemaligen Deutschen Meister im Bodybuilding. So kam er zum Kraftsport<br />
und wurde mit jungen Jahren Mr. Stuttgart. Willy wollte nach seiner Karriere keine<br />
„Mucki-Bude“ eröffnen, wie er mit ernstem Blick erzählt, im Gegenteil, ihm war<br />
schnell klar, was seine Kunden suchen: eine Kombination aus Fitness, Krafttraining<br />
und Wellness. Von anfänglich 150 m 2 Studiofläche auf heute beachtliche 2700 m 2 ,<br />
das macht ihm so schnell keiner nach. Das Pro-Line ist mit seiner Angebotsvielfalt,<br />
der hohen Qualität und dem qualifizierten Standard bis nach München bekannt.<br />
Beständig habe er das Studio weiterentwickelt und immer auf dem neuesten Stand<br />
erhalten, erzählt er mir mit viel Wärme in der Stimme. Und genau diese Herzlichkeit<br />
ist auch im ganzen Studio zu spüren. Die langjährigen Mitglieder schwärmen von<br />
der familiären Atmosphäre und von der professionellen Betreuung. Zu Recht, denn<br />
Willy investiert sein ganzes Herzblut in sein Lebenswerk. So wurde z.B. vor kurzem<br />
der neugebaute, wunderschöne Ruheraum eröffnet, welcher das Wellnessangebot<br />
mit zwei Saunen und einem Dampfbad abrundet. Die Mitglieder können somit ihren<br />
Saunagang in bequemen Lederliegen und in gemütlichem Ambiente ausklingen lassen.<br />
Sein sympathischer Sohn Manuel besitzt dasselbe Strahlen in den Augen wie<br />
sein Papa. Die beiden sind ein eingespieltes Team und Manuel unterstützt seinen<br />
Vater mit viel Elan, Fachkenntnis und innovativen Ideen.<br />
Fotos: Sandra Bangerter, Manuel Frankl<br />
Das Pro-Line bietet alles, was das Herz begehrt: einen effektiven Milon-Q-Zirkel, Trainieren<br />
auf über 100 Kraftgeräten, Schwitzen mit 52 Kardio-Apparaten, und wer lieber<br />
in der Gruppe trainieren möchte, kann sich unter qualifizierter Anleitung in über 30<br />
verschiedenen Kursen austoben. Doch damit noch nicht genug, auch ein Indoor Cycling-Raum<br />
mit 17 Radln, eine liebevolle Kinderbetreuung und ein unschlagbares Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis warten auf seine Mitglieder, – wer kann da noch widerstehen?<br />
Auf einen Blick:<br />
Größe<br />
2700 m2<br />
Milon-Q-Zirkel 1<br />
Dampfbad 1<br />
Mitarbeiter 36<br />
Spinning Radl 17<br />
Ruheraum 1<br />
Kraftgeräte über 100<br />
Fitnesskurse 34<br />
Parkplätze über 100<br />
Kardiogeräte 52<br />
Sauna 2<br />
Kinderbetreuung<br />
kostenlos<br />
Anmeldung und Schnupperstunde:<br />
Am Schlageis 5-7, 82418 Murnau<br />
Sandra Bangerter<br />
Tel: 08841 / 4368, www.proline-murnau.de
Foto: Beate Berger<br />
Anpacken und mitmachen -<br />
das Credo der Ladies von der FU<br />
MICHAELA URBAN<br />
Vorsitzende der Frauen-Union (FU)<br />
Murnau-Ohlstadt-Blaues Land
STARKE FRAUEN<br />
Es ist eine Freude für jeden Marktstandbetreiber, wenn die<br />
Waren schon nach kürzester Zeit ausverkauft sind. Doppeltes<br />
Glück bedeutete dies für die Damen der Frauen-Union (FU)<br />
Murnau-Ohlstadt-Blaues Land auf dem diesjährigen Ohlstädter<br />
Christkindlmarkt. Denn vom Erlös profitiert zum größten Teil<br />
die Bürgerstiftung Ohlstadt.<br />
Dies ist eine von vielen Organisationen, die von der FU konstant<br />
mit Spenden bedacht werden. Rund 5.000 Euro wurden so<br />
allein im vergangenen Jahr unter den Bedürftigen der Region<br />
verteilt. Eine beachtliche Summe, für die die Frauen regelmäßig<br />
die Ärmel hochkrempeln.<br />
„Wir fordern uns schon sehr“, betont die FU-Vorsitzende Michaela<br />
Urban. „Bei uns muss man Einsatz bringen.“<br />
Vor jeder Veranstaltung wird festgelegt, an wen die jeweiligen<br />
Einnahmen gehen sollen. Hiervon profitieren regelmäßig die<br />
MS-Gruppe, die Haunersche Kinderklinik, das Hospiz in Polling,<br />
das BRK Seniorenheim Garhöll, der Verein Kunterbunt<br />
und die Murnauer Tafel. „Bei Bedarf unterstützen wir auch einzelne<br />
Orts-Arme“, erklärt Urban.<br />
Anpacken und Mitmachen. Das ist das Credo des Ortsverbandes,<br />
der vor rund zehn Jahren gegründet wurde. Hier kann<br />
man Frauenpower live erleben. 59 Mitglieder backen, basteln<br />
und nähen übers ganze Jahr, was das Zeug hält. Verkauft werden<br />
die Waren dann unter anderem auf dem Murnauer Palmund<br />
Michaeli-Markt und dem Christkindlmarkt in Ohlstadt.<br />
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, so hat die FU dieses<br />
Jahr zusätzlich drei Flohmärkte geschmissen. Ergibt sich die<br />
Gelegenheit, organisieren die Damen auch gerne Tombolas.<br />
Dann mobilisieren sie die Gewerbetreibenden der Region. „Von<br />
ihnen erfahren wir große Unterstützung“, betont Urban.<br />
Jedes Jahr unterstützen die Damen die Tafel mit Hygieneartikel<br />
Die FU steht für Offenheit, Toleranz und Solidarität. Deshalb<br />
wurden die Frauen auch gleich hellhörig, als Franz Windirsch<br />
sich mit einem Anliegen an sie wandte. Er suchte Unterstützer<br />
für die Region Atwima in Ghana. Aus dem anfänglichen Vorhaben,<br />
dort ein Frauenhaus zu bauen, entstand bald die Idee<br />
zu einer Entwicklungspartnerschaft mit Murnau. Urban war<br />
als Gemeinderatsmitglied eine der ersten, die das Projekt unterstützte,<br />
das schließlich fraktionsübergreifend zum Erfolg<br />
führte. Deshalb durfte sie auch unlängst mit einer Delegation<br />
nach Atwima reisen. „Es war gigantisch. Ich habe dort eine<br />
Herzlichkeit erfahren, die mich regelrecht gefesselt hat.“ Zurückgekommen<br />
ist sie mit der Bestätigung, dass viel Gutes entstehen<br />
kann, wenn Menschen einander helfen.<br />
Beate Berger<br />
Die MS-Gruppe erhält regelmäßig Spenden von der Frauen Union<br />
35
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NACHGEFRAGT<br />
Was macht eigentlich unser Marktbaumeister<br />
nach dem Rathausumbau?<br />
Foto: Florian Warnecke<br />
Wie lang hat der Umbau denn nun eigentlich gedauert?<br />
KLAUS TWOREK: Mitte 2016 ging es mit der Baustelle los. Aber<br />
eigentlich hat es ja schon 2012 angefangen, mit der Planung,<br />
dem Vergabeverfahren. Es gab auch noch eine juristische Auseinandersetzung,<br />
die etwas Zeit gekostet hat. Und mit der Wiedereröffnung<br />
war der Umbau noch nicht fertig.<br />
Sie sprechen vermutlich von der Tourist-Information, die erst<br />
in diesem Jahr umgezogen ist?<br />
KLAUS TWOREK: Ja. Die sollte erst umziehen, wenn der Rathausbetrieb<br />
auch funktioniert. Dann hat die Leitung der Tourist-<br />
Information gewechselt, was auch zu Verzögerungen führte.<br />
Warum?<br />
KLAUS TWOREK: Man wollte abwarten, wie sich die neue Leiterin,<br />
Frau Thoni, die Tourist-Information vorstellte. Sie kam dann im Januar<br />
nach Murnau und da ging die Planungsphase erst richtig los.<br />
Und dann gibt es noch immer Nachläufe. Aktuell wird für die Gesamtmaßnahme<br />
der Verwendungsnachweis gemacht. Also eigentlich<br />
sind wir jetzt erst kurz vor der Fertigstellung der Maßnahme.<br />
Aber jetzt beginnt ja schon das nächste Projekt: die Feuerwehr.<br />
Alexandra Thoni und Klaus Tworek in der neuen Tourist-Information<br />
Lieber Herr Tworek,<br />
im September 2018 ist das frisch renovierte Rathaus wieder<br />
eröffnet worden. Seither haben Sie nichts mehr zu tun?<br />
KLAUS TWOREK: Ja, schön wär’s. Nach der Renovierung habe ich<br />
tatsächlich erst einmal vier Wochen Urlaub gemacht und bin<br />
zum Wandern nach Portugal und Spanien gefahren. Aber die<br />
waren schnell rum und dann ging es gleich weiter.<br />
Aber Sie hatten schon auch Spaß mit Ihrer Baustelle?<br />
KLAUS TWOREK: Sagen wir mal so: Der Rathausumbau war etwas<br />
Besonderes. Es war eine tolle Erfahrung, in diesem riesigen Loch<br />
zu stehen und zu sehen, wie das von Menschenhand Stück für<br />
Stück wieder gefüllt wird.<br />
Was war denn früher dort, wo jetzt die Tourist-Information ist?<br />
KLAUS TWOREK: Ganz früher, in der Erbauungszeit, war da die<br />
Feuerwehr drin. Zuletzt befand sich dort die Registratur, die jetzt<br />
in den neuen Keller im Strütthaus gewandert ist. Das waren<br />
Räume, die ganz einfach zugerichtet waren. Und dieses Eck ist<br />
im Prinzip immer so einfach geblieben. Einfache Verschlusstore.<br />
Da war es im Winter ziemlich kalt. Aber nun hat man diese exponierteste<br />
Ecke des Rathauses für alle Murnauer geöffnet.<br />
Und für die Touristen.<br />
KLAUS TWOREK: Genau.<br />
Danke für das Gespräch.<br />
KLAUS TWOREK: Gerne.<br />
Heribert Riesenhuber<br />
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Foto: Heribert Riesenhuber
HANDWERK<br />
IGNAZ SONNER<br />
BAUT HÄUSER<br />
ZUM WOHLFÜHLEN<br />
„Du suchst sicher den Iggi?“ Ein junger Mann, der etwas in<br />
einen Transporter lädt, fragt mich das. Er strahlt dabei so viel<br />
Freundlichkeit aus, dass ich einen Augenblick lang denke, er<br />
verwechselt mich. Wir befinden uns im kleinen Gewerbegebiet<br />
von Uffing, gleich hinter dem Bahnhof. Und ja: Ich glaube, ich<br />
suche den Iggi. Ich solle es mal im Büro versuchen. Iggi, das<br />
ist Ignaz Sonner, und die Halle, vor der ich stehe, gehört zur<br />
Zimmerei Sonner. Büro heißt in diesem Fall, dass ich noch etwas<br />
weiter gehen muss und unerwartet vor einem großen<br />
Wohnhaus stehe. Im Stil der Region und voll von Details, die<br />
einem nach und nach ins Auge fallen. Iggi ist auch da. Ziemlich<br />
dunkle Haare, zum Zopf zusammengebunden. Auch Iggi ist<br />
superfreundlich, er winkt mich hinein – dabei weiß er noch<br />
gar nicht, was ich von ihm will. Das Büro ist gerade durch.<br />
Ignaz hat das Haus selbst entworfen und gebaut. Mit Holz und<br />
Lehm und verdammt viel Liebe zum Detail. Ideen für Lampen,<br />
Schränke, Riegel oder Regale kommen ihm anscheinend von<br />
überall her. Wenn er etwas sieht, das ihm gefällt, fängt er an,<br />
darüber nachzudenken. Ein ganz großer Teil seiner Inspiration,<br />
das erzählt er später, kommt „von früher“. Zum Beispiel aus<br />
dem Freiluftmuseum Glentleiten. In der Kindheit „gab es immer<br />
zu Kirchweih einen Familienausflug auf die Glentleiten“, erzählt<br />
Ignaz. Dort sah er alte Häuser aus ganz Bayern und war fasziniert<br />
davon, wie durchdacht das alles war. Jahrhundertealte<br />
Erfahrung findet man in diesen Häusern. Vielen Gebäuden<br />
sieht man an, dass sie nach und nach gewachsen sind. Mit<br />
Technik gebaut, die bis heute funktioniert. So, dachte sich<br />
Ignaz wohl irgendwann, will ich auch bauen. Mit einfachen,<br />
natürlichen Materialien. Häuser zum Wohlfühlen. Also baute<br />
er mit Holz. Dann kam der Lehm dazu. So baute man schon<br />
vor hunderten von Jahren, so baut man auch heute noch in<br />
Mexiko, wo Ignaz zweimal gewesen ist. Ein toller Baustoff mit<br />
tollen Eigenschaften, findet er. Im eigenen Haus ist zum Beispiel<br />
die gewundene Treppe mit Lehm gebaut. Sogar mehrfarbig.<br />
Inzwischen haben er und seine Mitarbeiter auch Stroh<br />
als natürliches Dämmmaterial wiederentdeckt. Ganz so romantisch,<br />
wie es klingt, ist das alles dann gar nicht. Seine Häuser<br />
baut Ignaz mit moderner Technik. Lehmwände können massiv<br />
sein und gestampft werden oder sie bestehen aus Lehmplatten.<br />
Für Außenwände muss der Lehm noch verkleidet werden, weil<br />
er sonst nicht regenfest ist.<br />
Ignaz Sonner ist ein Mensch, der das macht, was er am besten<br />
kann. Er ist auf einem Bauernhof, etwas außerhalb von Habach,<br />
aufgewachsen. Mit drei deutlich älteren Brüdern und<br />
wahnsinnig viel Freiheit. Bauen war für ihn schon immer die<br />
liebste Beschäftigung. „Ich war ein totaler Lego-Narr“, sagt er<br />
von sich selbst. Als er 5 Jahre alt war, hat er seine Eltern dazu<br />
überredet, ihm eine alte Torfstecherhütte, die eigentlich abgerissen<br />
werden sollte, mit zwei Traktoren zum elterlichen Hof<br />
zu bringen. Das muss eine aufregende Aktion gewesen sein.<br />
Und das war dann seine Hütte. Als er ein paar Wochen später<br />
eingeschult wurde, hatte er bereits das Dach neu gedeckt. Diese<br />
Hütte wurde in den folgenden Jahren ausgebaut, durch Schätze<br />
vom Sperrmüll erweitert, zum Treffpunkt, zur Partyzone seiner<br />
Jugend. „Irgendwann hatten wir eine komplette Disco-Ausstattung.“<br />
Seinen Lehrvertrag hat Ignaz dann auch bereits mit 12<br />
Jahren „abgeschlossen“. Per Handschlag. „Du oida Heislbauer,<br />
das ist doch was für dich“, fragte ihn ein Zimmerer aus Habach,<br />
nachdem Ignaz zwei Wochen lang in den Schulferien mitgeholfen<br />
hatte, einen Stadl aufzubauen.<br />
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Foto: Heribert Riesenhuber<br />
IGNAZ SONNER MACHT, WAS ER AM BESTEN<br />
KANN: BAUEN WAR FÜR IHN SCHON IMMER<br />
DIE LIEBSTE BESCHÄFTIGUNG.<br />
HANDWERK<br />
Die Kindheit auf dem Bauernhof war für Ignaz „das Größte”.<br />
Und wenn es Zeiten gab, in denen er sich um die Kühe kümmern<br />
musste, während die Schulkameraden zum Schwimmen an den<br />
Badeweiher gingen, nahm er das gerne in Kauf. Dafür konnte<br />
er alle Werkzeuge und Maschinen nutzen, die es auf dem Hof<br />
gab. Auch in der Werkstatt, die der große Bruder eingerichtet<br />
hatte. Ein paar Jahre später begann eine rebellische Phase. Der<br />
Aktionsradius wurde größer. Mit 14 Jahren war er mit Freunden<br />
beim Prodigy-Konzert in München. Auch die Haare wurden länger<br />
und Ignaz ließ sich Dreadlocks wachsen. Was ihn störte,<br />
waren Strukturen, die nicht hinterfragt wurden, und das Schubladendenken<br />
mancher Menschen. Der ehemalige Ministrant<br />
wurde zum Jugendlichen, der sich fragte, was es eigentlich sollte,<br />
wenn die Leute am Sonntag in die Kirche gingen und dort in<br />
der Bank sitzend gleich wieder einschliefen. „Ich war ja Ministrant<br />
gewesen“, erzählt er. „Wir haben das mitgekriegt, wenn wir<br />
mit dem Klingelbeutel rumgingen und manche erst einmal aufwecken<br />
mussten.“ Aber die Begründung, „am Sonntag geht man<br />
halt in die Kirche“, war keine befriedigende Antwort für ihn.<br />
Beruflich war die Sache für Ignaz jedoch klar. Allerdings blieb<br />
das Bauen nicht seine einzige Leidenschaft. Er bekam Lust zu<br />
reisen. Das hatte es in seiner Kindheit nie gegeben. Da war er<br />
höchstens mal mit Feriengästen und deren Kindern in der<br />
Region unterwegs gewesen. Nun flog er nach Mexiko, entdeckte<br />
die Kletterei und machte Musik. Er spielte in Bands, die Spoonboots<br />
oder Tierra Neuva hießen. Aber darüber müssen wir an<br />
einem anderen Tag sprechen, denn jetzt kommen die beiden<br />
Töchter Cäcilia und Genoveva und verlangen Aufmerksamkeit.<br />
Beim Abschied zeigt mir Ignaz noch seinen Hühnerstall, direkt<br />
gegenüber. Von den beiden Hühnern ist allerdings keines zu<br />
sehen. Und wir gehen kurz in den Garten, von dem aus man<br />
einen wunderbaren weiten Blick in die Berge hat. Natürlich<br />
gibt es hier eine Sandkiste …<br />
Heribert Riesenhuber<br />
Ignaz Sonner<br />
Zimmerei, Holz- und Lehmbau<br />
Rigistraße 7, 82449 Uffing<br />
Tel: 08846-24 87 35, Mobil: 0170-73 00 225<br />
www.zimmerei-sonner.de<br />
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42<br />
© BG Unfallklinik Murnau
WIR SCHAFFEN PERSPEKTIVEN<br />
HOCHKARÄTIGE AUS-, FORT- UND WEITERBILDUNG<br />
VON KRANKEN- UND PFLEGEFACHKRÄFTEN AM<br />
BILDUNGSZENTRUM DER BG UNFALLKLINIK MURNAU<br />
Das Bildungszentrum für Pflegeberufe mit der integrierten Berufsfachschule für<br />
Krankenpflege hat einen besonderen Stellenwert in der BG Unfallklinik in Murnau:<br />
Hier werden alle Aktivitäten der pflegerischen Aus-, Fort- und Weiterbildung durchgeführt<br />
und organisiert. Die hohe fachliche Expertise und berufliche Qualifikation<br />
der Pflegekräfte in Murnau ist dabei eng an den berufsgenossenschaftlichen<br />
Anspruch der BG Kliniken geknüpft: Retten und Heilen mit höchster Kompetenz.<br />
Gut gepflegt ist halb geheilt – die Pflegekraft ist der erste<br />
Ansprechpartner für Patienten und Angehörige und betreut<br />
die Betroffenen oftmals während des gesamten Therapieverlaufs.<br />
Aufgrund dieser bedeutenden Rolle wird die Aus-,<br />
Fort- und Weiterbildung zu Experten im jeweiligen Fachbereich<br />
der BG Kliniken besonders gefördert. Denn zu<br />
höchster medizinischer Versorgungsqualität gehört auch<br />
immer eine exzellente Pflege.<br />
Der Pflegeberuf von morgen wird wissenschaftlicher, interdisziplinärer<br />
und vernetzter. Neben der neuen generalistischen<br />
Ausbildung zur Pflegefachkraft ab 2020 und der<br />
Ausbildung zum Operationstechnischen Assistent/-in (OTA)<br />
wird in Murnau auch die akademische Ausbildung in<br />
Form des dualen Studiengangs „Pflege Dual“ angeboten.<br />
Komplettiert wird das umfangreiche Bildungsangebot<br />
durch zahlreiche Fort- und Weiterbildungsprogramme.<br />
Die 12 Pädagogen und Praxisanleiter des Bildungszentrums<br />
lehren die zu vermittelnden Inhalte mit einem<br />
besonderen Augenmerk auf die Heranbildung einer<br />
eigenen beruflichen Identität. Denn die Entwicklung von<br />
beruflicher Handlungskompetenz in der Gesundheitsund<br />
Krankenpflege erfordert ein hohes Maß an persönlicher<br />
Fertigkeit und Einfühlungsvermögen. Aus diesem<br />
Grund wird während der Ausbildung sehr viel Wert auf<br />
Kommunikation, die eigene Wahrnehmung und Selbstreflexion<br />
gelegt. Das bestehende Lernklima schafft viel<br />
Raum für Eigenverantwortung und Selbstinitiative. Die<br />
methodischen und didaktischen Überlegungen zur<br />
Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse lehnen sich dabei<br />
an Konzepte aus der Erwachsenenbildung an. Favorisiert<br />
werden verschiedene Formen des Selbstlernens, des<br />
kooperativen Lernens und des exemplarischen Lernens.<br />
Eine hohe Transparenz zu den Ausbildungsanforderungen,<br />
Zielen der Ausbildung oder Weiterbildung und<br />
den Beurteilungskriterien durch die Pädagogen soll die<br />
Selbstverantwortung für das eigene Lernen fördern.<br />
Gemeinschaftsfördernd und zukunftsweisend werden die<br />
Lerninhalte in kleinen Gruppen und bestens ausgestatteten<br />
Unterrichtsräumen vermittelt. Das in der Theorie erlernte<br />
Wissen wird durch gezielte Begleitung und qualifizierte<br />
Anleitung in der Praxis angewendet. Nach erfolgreichem<br />
Abschluss der Ausbildung stehen den Absolventen in der<br />
BG Unfallklinik Murnau zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
und Wege des beruflichen Aufstiegs offen.<br />
BG Unfallklinik Murnau
Den Beruf zur Leidenschaft machen<br />
Magdalena Nothaft, Tabea Henn und Lisa Annaberger absolvieren<br />
an der Berufsfachschule der BG Unfallklinik Murnau ihre Ausbildung<br />
zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Magdalena hat sich zudem<br />
für das berufsbegleitende Studium „Pflege-Dual“ entschieden. Was<br />
sie in ihrem Alltag erleben und warum sie sich für diesen Beruf entschieden<br />
haben, erzählen sie im Interview mit der <strong>Melange</strong>.<br />
Von links nach rechts: Lisa Annaberger (3. Ausbildungsjahr),<br />
Tabea Henn (3. Ausbildungsjahr) und Magdalena Nothaft<br />
(1. Ausbildungsjahr) bei der Arbeit. © BG Unfallklinik Murnau<br />
DIE GESCHICHTE DES BILDUNGSZENTRUMS<br />
• 1975: Eröffnung der ersten Krankenpflegehilfsschule.<br />
• 1987: Umzug in neue Räumlichkeiten außerhalb der<br />
Klinik, nachdem der Unterricht in den ersten 13<br />
Jahren im Hörsaal stattfand. Bis zum Jahr 2005<br />
wurden nun jährlich 18 Pflegehelfer ausgebildet<br />
• 1994: Erste Fachweiterbildung für Anästhesie- und<br />
Intensivpflege in Kooperation mit den Kliniken<br />
Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz<br />
• 1996: Genehmigung der Weiterbildungsstätte für<br />
Anästhesie- und Intensivpflege an der<br />
BG Unfallklinik Murnau durch die<br />
Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)<br />
• 1997: Start der Fachweiterbildung „Pflege von<br />
querschnittverletzten Patienten“<br />
• 2002: Ausbildung zum Krankenpfleger/zur<br />
Krankenschwester in Kooperation mit der<br />
Berufsfachschule für Krankenpflege der<br />
Missionsbenediktinerinnen in Tutzing<br />
• Ab 2005: Ausbildung zum Krankenpfleger/zur<br />
Krankenschwester in Kooperation mit der<br />
Berufsfachschule für Krankenpflege Garmisch-<br />
Partenkirchen<br />
• 2012: Eröffnung einer eigenen Berufsfachschule für<br />
Krankenpflege an der BG Unfallklinik Murnau,<br />
die von der Regierung genehmigt wurde<br />
• 2020: Start der neuen generalistischen Ausbildung zum<br />
Pflegefachmann/-frau nach dem neuen Pflegeberufegesetz<br />
an der BG Unfallklinik Murnau<br />
Was war eure Motivation, Euch für die Ausbildung zur Gesundheitsund<br />
Krankenpflegerin zu entscheiden?<br />
MAGDALENA: Da ich gerne mit Menschen arbeiten wollte und<br />
mich der Beruf fachlich sehr interessiert, entschied ich mich für<br />
ein Praktikum hier in Murnau. Danach war ich endgültig überzeugt.<br />
Ausschlaggebend für mich war der freundliche, fast familiäre<br />
Umgang – sowohl zwischen Pflegekräften und Patienten, als auch<br />
innerhalb des Teams. Auch meine Vorbehalte bezüglich der Schichtarbeit<br />
wurden ausgeräumt, da diese auch viele Vorteile mit sich<br />
bringt.<br />
TABEA: Ich finde es schön, dass ich in meinem Beruf Menschen<br />
helfen kann. Auch die Patienten geben mir Motivation, in Form von<br />
positiver Rückmeldung oder wenn sie sich freuen, dass ich wieder<br />
im Dienst bin.<br />
LISA: Eigentlich wollte ich nach meinem Realschulabschluss eine<br />
Ausbildung bei der Polizei machen und habe in der BG Unfallklinik<br />
Murnau ein BVJ (Berufsvorbereitungsjahr) zur Überbrückung<br />
gemacht. Dann hat es mit der Ausbildung bei der Polizei nicht<br />
geklappt und ich habe mich kurzfristig für die Ausbildung zur<br />
Gesundheits- und Krankenpflegerin beworben. Im BVJ konnte ich<br />
schon viele Eindrücke sammeln und wusste, was mich in der Ausbildung<br />
erwartet. Das war sehr hilfreich für meine Entscheidung.<br />
Welche schulischen und persönlichen Voraussetzungen würdet Ihr<br />
für den Beruf des Gesundheits- und Krankenpfleger/in empfehlen?<br />
MAGDALENA: Meiner Meinung nach sind die sozialen Kompetenzen<br />
viel wichtiger als die schulische Vorbildung. Zwar kommen mir<br />
die Lerninhalte vom Gymnasium oft zu Gute, können aber ein Herz<br />
für Menschen und deren Bedürfnisse, Teamfähigkeit, Engagement<br />
und Lernbereitschaft niemals ersetzen.<br />
TABEA: Man sollte auf jeden Fall eine gewisse Lernbereitschaft mitbringen,<br />
da der theoretische Teil der Ausbildung anspruchsvoll ist.<br />
Es gibt viele interessante Themen, zu denen man einen Bezug zur<br />
Praxis herstellen kann. Manchmal muss man sich aber auch durch<br />
weniger interessante und theoretische Themen kämpfen. Am Wich-
tigsten sind auch für mich die persönlichen Kompetenzen, wie<br />
beispielsweise Empathie, Menschenverständnis oder Humor.<br />
LISA: Einige Mitschüler haben vor der Ausbildung schon einen Beruf<br />
erlernt, zum Beispiel Arzthelfer/-in. Das hilft natürlich bei der Ausbildung.<br />
Leichter fällt einem die Ausbildung aber meiner Meinung nach, wenn<br />
man noch nicht so lange aus der Schule ist. Das Erlernen der teilweise<br />
anspruchsvollen Theorie ist dann einfacher. Als persönliche Kompetenzen<br />
sind Hilfsbereitschaft und Teamfähigkeit für mich wichtig.<br />
Warum habt ihr Euch für die Ausbildung an der Berufsfachschule<br />
der BG Unfallklinik Murnau beworben?<br />
MAGDALENA: Eine gute Freundin, die hier schon länger arbeitet,<br />
beriet mich bei den Bewerbungen und hob besonders die fachlich<br />
fundierte Ausbildung an der Berufsfachschule Murnau hervor. Das<br />
ermutigte mich, mich hier zu bewerben. Natürlich spielte auch die<br />
Nähe zu meiner Familie eine Rolle bei der Entscheidung.<br />
TABEA: Ich habe die Ausbildung direkt nach der Schule begonnen<br />
und diverse Berufsmessen besucht. Danach war mir klar, dass<br />
ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin absolvieren<br />
möchte. Da die BG Unfallklinik Murnau heimatnah liegt und<br />
einen sehr guten Ruf hat, habe ich dort ein Schulpraktikum<br />
gemacht. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mich sofort beworben<br />
und glücklicherweise auch eine Zusage erhalten habe.<br />
STAATSPREIS-VERLEIHUNG<br />
Fünf Auszeichnungen mit dem Bayerischen Staatspreis für<br />
Absolventen der BG Unfallklinik Murnau<br />
Nicole Vogeler, Magdalena Seller, Maria Lory, Julia Listl und Tanja<br />
Heurich haben ihre Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin<br />
herausragend abgeschlossen. Dafür wurden sie nun<br />
mit dem Bayerischen Staatspreis für Pflegekräfte ausgezeichnet.<br />
Die fünf Absolventinnen der Berufsfachschule der BG Unfallklinik<br />
Murnau haben einen Notendurchschnitt besser als 1,5 erreicht<br />
und wurden nun für ihre exzellenten Leistungen geehrt. Nicole<br />
Vogeler und Magdalena Seller schlossen Ihre Ausbildung mit<br />
der Traumnote 1,0 ab. Geschäftsführerin Sarah Heinze äußerte in<br />
ihrer Begrüßung ihren Stolz und die Begeisterung über die durchgängig<br />
so guten Leistungen des Kurses von Kursleiterin Carmen<br />
Noack. Dem Lob schließt sich Bereichsleiter des Pflegedienstes<br />
Mirko Zinßmeister an, denn Spitzenmedizin könne nur mit<br />
Spitzenleistung in der Pflege erreicht werden. Dass alle fünf<br />
Absolventinnen auch nach dem Abschluss ihrer Ausbildung<br />
weiterhin in der Murnauer Unfallklinik tätig sind, ist auch eine<br />
Auszeichnung für die Klinik, freut sich Frau Dr. Orthgieß, Leiterin<br />
der Berufsfachschule. Sie beschreibt die Ausbildung in Murnau<br />
als „klein, fein, zukunftsorientiert und gemeinschaftsfördernd“.<br />
Welche Aufgaben übernehmt Ihr im Rahmen eurer Ausbildung?<br />
Wie sieht ein normaler Tag auf Station aus?<br />
MAGDALENA: Ich befinde mich gerade in meinem ersten Praxiseinsatz<br />
auf einer der Stationen für Rückenmarkverletzungen. Grundsätzlich<br />
verläuft mein Arbeitstag gleich dem einer examinierten<br />
Pflegekraft: Von Schichtübergabe und Dokumentation über Klammern<br />
ziehen und Spritzen geben bis hin zur Körperpflege und<br />
Unterstützung beim Abführen. Natürlich übernehme ich nicht alle<br />
Aufgaben selbstständig, sondern werde meinem Ausbildungsstand<br />
entsprechend angeleitet und kann fachliche Hintergründe erfahren.<br />
LISA: Das kommt ganz darauf an, was einem zugetraut wird und<br />
in welchem Ausbildungsjahr man ist. Jetzt, im dritten Ausbildungsjahr,<br />
versorge ich die Patienten schon größtenteils selbstständig.<br />
Von der Körperpflege, Mobilisation der Patienten bis hin zum<br />
Verbandswechsel und der Medikamentengabe. Auch Angehörige<br />
müssen entsprechend informiert und betreut werden. Hier in<br />
Murnau kommuniziert und arbeitet man viel mit anderen Berufsgruppen<br />
der Klinik, zum Beispiel mit Ärzten und den Ergo- oder<br />
Physiotherapeuten zusammen. Uns steht jederzeit ein Ansprechpartner<br />
zur Verfügung, man ist wirklich nie alleine.<br />
© BG Unfallklinik_<br />
Welches Erlebnis ist Euch während eurer Ausbildung besonders<br />
in Erinnerung geblieben?<br />
MAGDALENA: Besonders gerne erinnere ich mich an unseren ersten<br />
Tag. Wir wurden unglaublich herzlich empfangen, wodurch ich mich<br />
sofort gut aufgehoben fühlte.<br />
TABEA: Wenn ich an die vergangenen zwei Jahre zurück denke, fällt<br />
mir als Erstes mein erster Sterbefall ein. Leider gehört auch das zum<br />
Beruf. In so einer Situation wird man aber gerade in der Ausbildung<br />
sehr gut begleitet.<br />
BG Unfallklinik Murnau
Aus,- Fort,- und Weiterbildungen<br />
des Bildungszentrums in Murnau<br />
1-jähriges, pädagogisch<br />
begleitetes<br />
Berufsvorbereitungspraktikum (BVJ)<br />
IBF<br />
– Innerbetriebliche<br />
Fortbildungen<br />
Berufsfachschule für<br />
Krankenpflege der<br />
BGU Murnau<br />
Studium<br />
„Pflege-Dual“<br />
Fortbildungen/Inhaus-Seminare<br />
Multiplikatoren Schulungen<br />
HBO Kurse<br />
- Druckkammerbediener<br />
- Hyperbarmedizinischer Assistent<br />
- Intensivpflegekraft für Hyperbarmedizin<br />
Weiterbildung für Mitarbeiter<br />
mit Führungsverantwortung<br />
– Schichtleitung<br />
– Praxisanleiter<br />
Bildungszentrum<br />
für Pflegeberufe<br />
Fachweiterbildung für die Pflege<br />
querschnittgelähmter Menschen<br />
Ausbildung zum/zur<br />
Operationstechnischen<br />
Assistent/in<br />
Weiterbildung zur<br />
Fachkrankenschwester/-pfleger<br />
– OP-Dienst<br />
Weiterbildung zur/zum<br />
Fachkrankenschwester/-pfleger<br />
für Intensivpflege und Anästhesie<br />
LISA: Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine junge Mutter<br />
von zwei Kindern, die Krebs hatte. Ich habe Sie nach der stationären<br />
Aufnahme betreut und auch bei ihrem Sterbeprozess begleitet. In<br />
solchen Situationen werden wir sehr gut von den Praxisanleitern<br />
betreut und es ist wichtig, dass man über solche Erlebnisse spricht<br />
und belastende Situationen nicht in sich hineinfrisst.<br />
Magdalena, warum hast Du dich für das Studium „Pflege-Dual“<br />
entschieden?<br />
MAGDALENA: Das Studium bietet mir die Chance, meine Ausbildung<br />
zu vertiefen. Es bereichert mich aber auch um viele persönliche<br />
Erfahrungen. Als besonders wertvoll empfinde ich den Kontakt und<br />
Austausch mit den Schülern anderer Schulen.<br />
Die ersten sechs Studiensemester finden ausbildungsintegriert<br />
statt. Das bedeutet, dass ich zwei bis drei Wochen im Semester<br />
Veranstaltungen an der Katholischen Stiftungshochschule München<br />
besuche und Prüfungen in Form von Klausuren oder Hausarbeiten<br />
schreibe. Nach Beendigung der dreijährigen Ausbildung mit dem<br />
staatlichen Examen schließen sich drei Semester Vollzeitstudium an,<br />
welche mit einem „Bachelor of Science“ abgeschlossen werden.<br />
Insgesamt dauert das Studium 4,5 Jahre. Inhaltlich werden im<br />
Studiengang einige Themen der regulären Ausbildung vertieft, wie<br />
zum Beispiel Gerontologie, Kommunikation und Beratung, betriebswirtschaftliche<br />
Grundlagen und Qualitätsmanagement. Dabei wird<br />
die Kompetenz des wissenschaftlichen Arbeitens interdisziplinär<br />
gefördert. Durch das Studium erhält man nicht nur einen international<br />
anerkannten Abschluss, sondern auch zwei weitere Zusatzqualifikationen:<br />
Man ist danach „Fachkraft für Gerontopsychiatrische<br />
Pflege“ und „Praxisanleiter/-in der Gesundheits- und Krankenpflege“.<br />
Mit einem abgeschlossen Pflege-Dual Studium hat man die<br />
Möglichkeit, in unterschiedlichen Bereichen Verantwortung zu<br />
übernehmen. Auch die Weiterbildung durch ein Masterstudium<br />
oder die Arbeit in der Wissenschaft ist denkbar.<br />
Gesundheits- und Krankenpflegerin ist eine verantwortungsvolle<br />
Aufgabe. Wie geht Ihr mit dieser Verantwortung um?<br />
MAGDALENA: In meinen Augen ist es wichtig, sich der Verantwortung<br />
immer bewusst zu sein und die Pflege als Aufgabe und nicht<br />
als Alltagsarbeit zu sehen. Mich persönlich motiviert diese Verantwortung<br />
sehr, da es ja nicht nur bedeutet, dass man viel falsch<br />
machen kann, sondern vor allem, dass man durch durchdachte<br />
und zielgerichtete Pflege viel bewirken kann.<br />
LISA: Es ist sehr wichtig, gewissenhaft mit dieser Aufgabe umzugehen.<br />
Das bedeutet auch, dass man lieber einmal zu viel<br />
nachfragt, wenn man sich unsicher ist. Man sollte sich selbst<br />
Schwächen eingestehen können.<br />
Der Beruf des Gesundheits- und Krankenpfleger/in ist etwas für<br />
dich, wenn du…<br />
MAGDALENA: … medizinisch interessiert bist, gerne mit Menschen<br />
arbeitest, Herausforderungen liebst und aus deinem Beruf eine Leidenschaft<br />
machen willst.<br />
TABEA: … gerne mit Menschen arbeitest und ein professionelles Nähe-<br />
Distanz-Verhältnis wahren kannst. Wenn du gerne im Team arbeitest<br />
und vor allem, wenn es dir Freude bereitet, Menschen zu helfen.<br />
LISA: … wenn du gerne mit Menschen in Kontakt trittst, neue Erfahrungen<br />
sammeln möchtest und gerne hilfst. Außerdem solltest du dich<br />
gut in Patienten hineinversetzen und ihre Situation verstehen können.<br />
46<br />
BG Unfallklinik Murnau
BG Unfallklinik<br />
Murnau<br />
INFOBOX<br />
Informationen zur generalistischen Pflegeausbildung<br />
zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann<br />
an der BG Unfallklinik Murnau<br />
© BG Unfallklinik Murnau<br />
Neu ab 2020!<br />
Die reformierte Pflegeausbildung löst die bisherige<br />
Krankenpflegeausbildung ab. Die neue Ausbildungsform<br />
vereint die Pflege von Menschen aller<br />
Altersgruppen – von der Kindheit bis in das hohe<br />
Alter. Diese Kenntnisse werden im theoretischen<br />
Teil und in den praktischen Einsätzen vermittelt. Die<br />
BG Unfallklinik Murnau bietet die pflegefachliche<br />
Vertiefung in der stationären Akutpflege an. Diese<br />
ist mit der vorherigen Krankenpflegeausbildung<br />
vergleichbar. Die Grundlage der generalistischen<br />
Ausbildung ist das Gesetz über die Pflegeberufe-<br />
Ausbildungs- und Prüfungsverordnung sowie die<br />
geltenden bayerischen Schulordnungen.<br />
Ausbildungsbeginn<br />
Jeweils zum 1. September des laufenden Jahres<br />
Ausbildungsverlauf und Inhalte<br />
Die Ausbildung gliedert sich in einen theoretischen<br />
und fachpraktischen Unterricht mit mindestens<br />
2100 Stunden und in die praktische Ausbildung<br />
mit mindestens 2500 Stunden.<br />
Blockunterrichtsphasen und praktische Einsatzphasen<br />
wechseln sich gemäß einem vorgegebenen<br />
Plan ab. Zum Ende des 2. Ausbildungsjahres<br />
wird eine Zwischenprüfung erhoben.<br />
Abschluss<br />
Nach 3 Jahren schließt die Ausbildung mit der<br />
staatlichen Prüfung ab. Diese umfasst einen<br />
schriftlichen, einen praktischen und einen mündlichen<br />
Teil. Die Berufsbezeichnung lautet (§ 1PflBG)<br />
Pflegefachfrau/Pflegefachmann.<br />
Nach erfolgreicher Prüfung eröffnen sich für die<br />
Absolventen vielseitige Karrierechancen durch<br />
Weiterbildung und Studium.<br />
Ihre aussagekräftige Bewerbung ist bei uns<br />
jederzeit willkommen!<br />
Weitere Informationen erhalten Sie im<br />
Sekretariat des Bildungszentrums<br />
Tel.: 08841/48-2590<br />
Email: bildungszentrum@bgu-murnau.de<br />
Besuchen Sie uns auch im Internet:<br />
www.bgu-murnau.de<br />
facebook.com/BGUMurnau<br />
BG Unfallklinik Murnau · Prof.-Küntscher-Straße 8 · 82418 Murnau · Tel. 08841 48-0 · Fax 08841 48-2600<br />
E-Mail: info@bgu-murnau.de · www.bgu-murnau.de · Interview und Redaktion: Carola Krumbacher · Fotos: BG Unfallklinik Murnau<br />
47
Sozialagentur Oberbayern<br />
Markus Horschig & Michael Perlick OHG<br />
Kemmelallee 1<br />
82418 Murnau a. Staffelsee<br />
Tel.: 08841 – 48543 - 30<br />
Fax: 08841 – 48543 - 31<br />
E-Mail: info@sozialagentur-oberbayern.de<br />
Web: www.sozialagentur-oberbayern.de<br />
Daheim statt Heim<br />
Betreuung in häuslicher Gemeinschaft<br />
Besuchen Sie uns auch bei Facebook:<br />
www.facebook.com/Sozialagentur<br />
48
EIN NEUER CHOCOLATIER IST GEBOREN.<br />
Wir gratulieren<br />
Missy und Mike zum<br />
Anton Leopold Krönner,<br />
Nachfolger der<br />
11. Krönner-Generation!<br />
Das Team der<br />
Murnau, Seidlstr. 4, www.barbara-krönner.de<br />
49
Foto: Heribert Riesenhuber
PORTRAIT<br />
MIT LEIDENSCHAFT<br />
IN DIE PASSION<br />
FREDERIK MAYET UND<br />
ROCHUS RÜCKEL SPIELEN<br />
2020 DEN JESUS<br />
IN OBERAMMERGAU<br />
51
Foto: Heribert Riesenhuber<br />
Die beiden Christusdarsteller, Rochus Rückel und Frederik Mayet<br />
Interviews zu geben gehört sicher nicht zu dem, was Frederik<br />
Mayet und Rochus Rückel am liebsten tun. Als wir uns an<br />
einem kalten Dezemberabend treffen, ist ganz schnell klar,<br />
dass beide sich an einem Freitagabend etwas Spannenderes<br />
vorstellen können. Aber es gehört irgendwie dazu, mit den<br />
Medien zu reden. Besonders, wenn man die Hauptrolle in<br />
einer der bekanntesten Theaterproduktionen Deutschlands<br />
spielt, den Jesus bei den Passionsspielen in Oberammergau.<br />
Wir setzen uns in einen Aufenthaltsraum hinter der Bühne im<br />
Passionstheater. Nicht besonders gemütlich, aber die beiden<br />
fühlen sich hier wohl. Morgen ist der erste Probentag, Premiere<br />
wird im Mai sein und die letzte Aufführung im Oktober. Rund<br />
fünfzig Mal wird jeder von ihnen vor Zuschauern aus aller<br />
Welt den Jesus spielen. Heute verraten sie, was sie erwartet<br />
und was sie erwarten.<br />
ROCHUS: Morgen Mittag werden noch Fotos gemacht und ein paar<br />
Interviews und am Abend geht es richtig los.<br />
FREDERIK: Ich freu mich jetzt schon total auf morgen! Spielerwahl<br />
war ja schon im Oktober letzten Jahres. Man ist schon so lange in<br />
dem Thema drin, aber man hat das Gefühl, dass man noch gar<br />
nicht richtig losgelegt hat.<br />
ROCHUS: Man kriegt wahnsinnig Lust, dass man sich jetzt an<br />
diesen Berg heranwagt und den ersten größeren Schritt macht!<br />
FREDERIK: Da kommen morgen dann 150 Leute zusammen. Für<br />
mich ist das nach zehn Jahren, als ich schon einmal den Jesus gespielt<br />
habe, ein bissl so etwas wie ein Klassentreffen.<br />
ROCHUS: Wie war das Treffen denn beim letzten Mal?<br />
FREDERIK: Man liest das ganze Stück einmal mit verteilten Rollen<br />
durch. Das ist halt ganz lustig, weil manche gut und andere schlecht<br />
lesen. Das ist ne schöne, aufgeregte Stimmung. Und manche Szenen<br />
siehst du dann erst im April wieder, weil du halt nie bei den Proben<br />
dafür dabei bist.<br />
ROCHUS: Vor zehn Jahren habe ich diesen ersten Tag nicht mitbekommen.<br />
Da war ich 14 Jahre alt und habe im Volk gespielt.<br />
Habt ihr schon Text gelernt?<br />
ROCHUS: Offiziell kriegen wir den Text erst morgen.<br />
FREDERIK: Und es nützt auch nichts, dass ich den Text vor zehn<br />
Jahren schon mal gelernt habe. Der Christian (Regisseur Christian<br />
Stückl) hat mir gestern mal ein paar Szenen gezeigt und da habe<br />
ich gemerkt, dass da Sätze sind, die ich noch nie gehört habe. Das<br />
ist halt ein neuer Text. Vielleicht habe ich da manchmal auch die<br />
falschen Sätze im Kopf. Ich weiß nicht, wie das wird.<br />
ROCHUS: Ich habe mal bei einem anderen Stück meinen Text zuhause<br />
auswendig gelernt und dann bin ich in die Probe gekommen<br />
und dann haben wir es nicht mehr gescheit rausgekriegt.<br />
Weil ich mir eine bestimmte Betonung angewöhnt hatte. Man<br />
muss eigentlich erst hundertprozentig wissen, wie man spricht.<br />
Erst dann kann man richtig lernen.<br />
52
PORTRAIT<br />
FREDERIK: Ich habe mich damals auch erst daran gewöhnen müssen,<br />
in der Öffentlichkeit zu stehen. Plötzlich macht man Interviews<br />
und auf einmal erkennen einen die Leute auf der Straße.<br />
ROCHUS: Ich finde das eigentlich nicht so wild. Ich muss immer<br />
schmunzeln, wenn ich mich in der Zeitung sehe.<br />
FREDERIK: Ich nehme das auch gar nicht mehr so wahr, dass da irgendwelche<br />
Bildbände oder Postkarten mit meinem Bild auf dem<br />
Markt sind. Aber es gibt schon so skurrile Situationen. Du hast<br />
doch jetzt so einen komischen Brief von einem Fan gekriegt …<br />
ROCHUS: Ja. Ganz schlimm. Ich glaube, so ein richtiger Fan war<br />
es gar nicht. Das war Post von Leuten, denen vielleicht das Passionsspiel<br />
nicht gefällt.<br />
FREDERIK: Manchmal kriegt man halt Fanpost …<br />
ROCHUS: … und wenn kein Absender drauf ist, weißt du schon,<br />
was drinnen ist.<br />
FREDERIK: Das Skurrilste, was mir mal passiert ist, war ein Anruf.<br />
Da wollte einer mein Abbild als Jesus auf einen Altar malen und<br />
mit dabei sollten die Gesichter von meiner Frau und meinem Sohn<br />
sein. Da denkst du dir: Nein, ich will das nicht.<br />
ROCHUS: Manchmal kommt es schon vor, dass die Leute nicht<br />
zwischen der Person und der Rolle unterscheiden.<br />
FREDERIK: Aber man bekommt auch ganz viel positive Rückmeldungen.<br />
Das freut einen natürlich, nachdem man so lange geprobt<br />
hat. Für viele Menschen, die kommen, ist das Passionsspiel auch<br />
etwas ganz Besonderes. Die kommen nicht nur wegen eines Theaters,<br />
sondern für die ist das fast so etwas wie eine Pilgerfahrt, weil<br />
sie etwas für ihren Glauben mitnehmen wollen.<br />
FREDERIK: Oberammergau hat halt den Tourismus. Dafür gibt es<br />
ein paar Handwerker und wenig Industrie. Manchmal denkt man<br />
sich schon, das ist ja ganz schön viel. Aber zumeist beschränkt<br />
sich das ja auf ein paar Straßen und zwei Plätze im Dorf. Und<br />
wenn man sich mal hundert Meter weit davon wegbewegt, dann<br />
gibt es da auch keinen Touristentrubel mehr.<br />
Seht ihr die Passion für Oberammergau nur positiv?<br />
ROCHUS: Klar, absolut! Das Theater macht mit dem Dorf etwas<br />
ganz Besonderes. Das verschweißt die Leute miteinander.<br />
Es ist aber auch ein großes Geschäft?<br />
FREDERIK: Für die Gemeinde auf jeden Fall. Aber das ist ja auch<br />
kein Geheimnis. Für einen selber ist das aber nicht die Motivation.<br />
Man kann das Passionsspiel ja auch nur so aufwendig machen,<br />
weil so viele Besucher kommen.<br />
Ist denn von der ursprünglichen Frömmigkeit noch etwas vorhanden?<br />
FREDERIK: Für viele ist das bestimmt noch wichtig. Aber die Oberammergauer<br />
sind deswegen nicht heiliger als andere.<br />
Könnt ihr euch erklären, warum das Passionsspiel in Oberammergau<br />
so beliebt ist?<br />
FREDERIK: Das habe ich mich auch schon gefragt. Es gab ja früher<br />
ganz viele Orte, in denen es Passionsspiele gab. Warum gerade<br />
das Spiel von Oberammergau heute noch so bekannt ist, weiß<br />
ich nicht.<br />
ROCHUS: Es ist schon auch das ganze Dorf, das dahintersteht.<br />
FREDERIK: Ich glaube, es ist das Gesamtpaket Oberammergau, mit<br />
der Holzschnitzerei, der Natur, was den Reiz ausmacht.<br />
Wie ist es, wenn man hier im Ort mit dem ganzen Tourismus<br />
und dem Trubel um die Passionsspiele leben muss?<br />
ROCHUS: In die Fußgängerzone gehe ich selten.<br />
53
PORTRAIT<br />
Steigen die Zimmerpreise in Oberammergau im Passionsjahr?<br />
FREDERIK: Das gibt es schon. Das ist einfach so.<br />
ROCHUS: Freie Marktwirtschaft.<br />
FREDERIK: Genau. Bis Oktober geht das jetzt weiter.<br />
Wenn einer im Sommer wegfahren will?<br />
ROCHUS: Das gibt’s nicht.<br />
Was war für dich bei der letzten Passion besonders toll?<br />
ROCHUS: Das Tolle war natürlich, mit den Freunden zu spielen.<br />
Das war damals selbstverständlich, dass man sich sofort anmeldet.<br />
Bis 11 Uhr ist‘s dann am Abend ganga, und dann war das natürlich<br />
toll in der Schule, weil man auch das Nachsehen vom Lehrer hatte.<br />
Wenn man müde war, durfte man ab und zu auch weniger Hausaufgaben<br />
machen. Es war schon echt eine coole Zeit.<br />
Warst du als Kind auch schon dabei?<br />
FREDERIK: Ich war als Kind nicht dabei, weil ich zwar hier geboren<br />
bin, wir aber damals nicht in Oberammergau gelebt haben.<br />
Habt ihr euch eigentlich um die Rolle des Jesus beworben?<br />
ROCHUS: Nein. Für die Rolle hat sich, glaube ich, keiner beworben.<br />
FREDERIK: Wenn man bei der Passion mitspielen will, dann muss<br />
man eine Bewerbung ausfüllen und angeben, was man schon gemacht<br />
hat, und man kann auch eine Wunschrolle angeben.<br />
ROCHUS: Ich glaube, man bewirbt sich da nicht für eine Hauptrolle.<br />
Man weiß ja auch, dass der Christian das dann selbst einteilt und<br />
weiß, welche Rolle zu wem passt.<br />
FREDERIK: Der Christian hat mich mal gefragt, welche Rolle ich<br />
gerne spielen würde, und ich habe gesagt, den Judas. Aber der ist es<br />
jetzt nicht geworden.<br />
Gibt es Kinder, die nicht mitmachen?<br />
ROCHUS: Gibt es schon.<br />
FREDERIK: Ich sehe das schon bei meinem Sohn im Kindergarten,<br />
dass es da Kinder gibt, die kurze Haare haben und nicht dabei sind.<br />
ünfzigWenn man in der Passion dabei ist, muss man aber auch<br />
das ganze Jahr über da sein?<br />
Was habt ihr denn gedacht, als ihr erfahren habt, dass ihr zum<br />
Jesus berufen seid?<br />
ROCHUS: Im ersten Augenblick glaubt man es eigentlich nicht.<br />
Man ist dann erst einmal in einem Modus, in dem man alles nur<br />
zur Kenntnis nimmt. Die ersten zwei Wochen hatte ich immer wieder<br />
Momente, wo ich mir gedacht hab: Wow! F*ck! Dann hat es<br />
sich gelegt. Ich habe mit dir und mit dem Christian geredet, und<br />
jetzt habe ich überhaupt keine Probleme mehr damit. Ich weiß<br />
auch, dass ich damit zurechtkomme.<br />
FREDERIK: 2010 bin ich die ersten zwei Wochen mit hängenden<br />
Schultern und gesenktem Kopf durchs Dorf gegangen. Man hat so<br />
die Verantwortung, aber auch die Erwartung der anderen gespürt.<br />
Irgendwann habe ich mir gedacht: Der Christian ist so ein super<br />
Regisseur, der wird schon wissen, was er macht.<br />
ROCHUS: Ja, das war bei mir auch so. Ich bin auch nicht wirklich<br />
traurig, dass ich’s geworden bin.<br />
FREDERIK: Ich freue mich schon drauf, dass wir zusammen die<br />
Figur entwickeln.<br />
Das sind ja die besten Voraussetzungen für eine tolle Probenzeit.<br />
Danke für das Gespräch.<br />
FREDERIK UND ROCHUS: Gerne!<br />
Heribert Riesenhuber<br />
54
KUNSTWETTBEWERB<br />
MALEREI IN BEWEGUNG<br />
Die Kunstakademie EigenArt verleiht 2020 zum vierten Mal den<br />
Kunstpreis ARTUS. „Malerei in Bewegung“ lautet das Thema<br />
des Malwettbewerbs, den die Kunstakademie EigenArt im<br />
Frühling 2020 veranstaltet. Der Jury geht es um die Frage, wie<br />
Bewegung ins Bild kommen kann – ob gegenständlich oder<br />
abstrakt – und mit welchen Mitteln Bilder wiederum ihre Betrachter<br />
bewegen können.<br />
Der erste Gewinner des Wettbewerbs erhält<br />
den Kunstpreis ARTUS, eine Bronzeskulptur,<br />
gestaltet von der Münchner Bildhauerin Anni<br />
Rieck. Damit verbunden ist die kostenlose<br />
Teilnahme an einem Kunstkurs an der Kunstakademie<br />
EigenArt (Wert bis zu 400 Euro).<br />
Der zweite und dritte Gewinner erhalten je<br />
einen Gutschein für einen Kunstkurs im Wert<br />
von 200 bzw. 100 Euro. Die Preisverleihung<br />
erfolgt in festlichem Rahmen am 10. Mai in<br />
der „Parkvilla“ in Bad Heilbrunn.<br />
Am Wettbewerb teilnehmen können (nicht berufsmäßige) Maler<br />
ab 18 Jahren. Bitte senden Sie eine aussagekräftige Fotografie<br />
Ihres Kunstwerks mit einer Beschreibung von Thema, Technik<br />
und Format bis zum Einsendeschluss am 15. April 2020 per<br />
Mail oder Post.<br />
Weitere Informationen zum Wettbewerb erhalten Sie unter<br />
www.kunstakademieeigenart.de/malwettbewerb<br />
Die Kunstakademie EigenArt liegt 50 Kilometer südlich von<br />
München zwischen Starnbergersee und Kochelsee. Ab Anfang<br />
Februar bis Ende Oktober veranstaltet sie 75 zwei bis fünf Tage<br />
dauernde Kunstkurse. Die Seminare finden in<br />
den großzügigen Ateliers der historischen<br />
„Parkvilla“ statt, die einen einzigartigen Blick<br />
auf das Karwendelgebirge bietet.<br />
Den Schwerpunkt des Angebots bildet die Malerei.<br />
Hinzu kommen Kurse für Zeichnen, Kalligrafie,<br />
Bildhauerei, Objektkunst und Drucktechnik.<br />
Die Dozenten sind namhafte Künstler<br />
mit langjähriger Unterrichtserfahrung.<br />
Kunstakademie EigenArt<br />
Ferdinand-Maria-Str. 27<br />
83670 Bad Heilbrunn<br />
Tel. 0176 / 42075205<br />
www.kunstakademieeigenart.de<br />
info@kunstakademieeigenart.de<br />
55
DON SINDACO IL MAGO<br />
Was bisher geschah:<br />
In einem kleinen oberbayrischen Markt landet ein Raumschiff. Franz steigt aus, nur vom<br />
Kater Seppi neugierig beobachtet. Gemeinsam machen sie sich auf den auf den Weg ins<br />
Ortszentrum. In einem Wirtshaus bändelt der Astrofix mit der Bedienung Olga an.<br />
57
58
MELANGE-COMIC<br />
59
MELANGE-COMIC<br />
Fortsetzung folgt...<br />
Text und Konzept: Dieter Kirsch, Illustration: Christoph Kirsch<br />
60
Foto: Julia Brechtelsbauer<br />
LIVE<br />
NICHT ZWEI SCHRITTE VOR<br />
UND EINEN ZURÜCK,<br />
IMMER NUR EINEN<br />
NACH VORN<br />
Es ist sechs Uhr morgens und noch dunkel draußen. Ich geh’<br />
nicht mehr in die Schule, mein Wecker klingelt aber trotzdem<br />
schon. Ja gut, ich studier’. Allerdings sind gerade Semesterferien<br />
und welcher Student steht schon um sechs Uhr morgens auf?<br />
Ich, denn ich hab’ mich freiwillig entschieden ein Praktikum zu<br />
machen. Als Journalismusstudentin hab’ ich natürlich erstmal<br />
an die klassische Tageszeitung gedacht, aber das kann ja jeder.<br />
Ich war schon etwas am Verzweifeln, als das Schicksal seinen<br />
Lauf nahm. Eines Freitagnachmittags saß ich mit meinen Eltern<br />
im „Da Noi“ in Murnau, als ich den Franz kennenlernte. Wir kamen<br />
ins Gespräch und er meinte „Wennsd a mal a Praktikum<br />
machen magst, sagst Bescheid.“ Gesagt, getan. Am nächsten Tag<br />
hatte er meine Mail auf dem Tisch. „Schau am 10. September<br />
mal vorbei, dann vielleicht zwei oder drei Tage mitarbeiten“,<br />
kam prompt die Antwort. Daraus wurden vier Wochen.<br />
Ich betrete also um kurz nach halb zehn an besagtem Dienstag<br />
sein Büro. Oder doch eher sein Wohnzimmer? Unter den großen<br />
Dachfenstern, die den Blick freigeben auf die Berge und das Blaue<br />
Land, befinden sich drei Schreibtische. Soweit ein Büro, so gut.<br />
Aber dreht man sich einmal um die eigene Achse, lädt einen sowohl<br />
die gemütliche Couch als auch das ordentlich gemachte Gästebett<br />
zum Verweilen ein. Um den kleinen Glastisch tummeln sich drei<br />
Sessel. Franz sitzt im roten – Chefsessel. Die braunen Lackschuhe<br />
hat er ausgezogen, ein Bein baumelt über der Lehne. Also ein<br />
gewöhnliches Praktikum wird das hier bestimmt nicht…<br />
Ich setze mich zu ihm und er beginnt, mir von sich und der<br />
„<strong>Melange</strong>“ zu erzählen. Er habe einen Sechser in Englisch und einen<br />
Fünfer in Deutsch gehabt – deswegen mache er ein deutsches<br />
Magazin, erklärt er mir scherzhaft. Die Menschenwürde, jetzt wird<br />
er wieder ernst, die steht bei ihm ganz oben, an oberster Stelle und<br />
dann kommt lange nichts. Jeder Mensch ist für ihn gleich, keiner<br />
mehr wert als der andere. Und ihre Geschichten möchte er erzählen.<br />
Menschen, nicht Unternehmen oder unbedeutende Geschichten.<br />
Menschen. Darum geht’s in der „<strong>Melange</strong>“ – Lebenslinie auf Papier.<br />
Dass die „<strong>Melange</strong>“ für den Frenchy, wie ihn alle nennen, mehr<br />
Berufung als Beruf ist, wird mir schnell klar. Er brennt förmlich<br />
für „Das Magazin im Süden Bayerns“. Bis vor kurzem hieß es<br />
noch „<strong>Melange</strong> – Das Magazin im Blauen Land“. Aber die „<strong>Melange</strong>“<br />
entwickelt sich weiter und geht neue Wege. Das ist ihm<br />
wichtig. Das ist seine Auffassung vom Leben. Ständiger Wandel.<br />
62
Nicht zwei Schritte vor und einen zurück, immer nur einen nach<br />
vorne. Wir unterhalten uns lange, sind ständig am Lachen. Wir<br />
duzen uns von Anfang an.<br />
Mittlerweile ist es schon 12 Uhr. Höchste Zeit für eine ordentliche<br />
Brotzeit! Gesagt, getan. Ich werde erstmal zum Kramer im Ort<br />
geschickt, um Semmeln und an gscheidn Bergkas zu holen. Puh,<br />
ich dachte schon ich verpass hier das typische Klischee des Kaffee<br />
kochenden Praktikanten ... Zu Fuß geht’s für mich also durch<br />
Riegsee. Ein kleiner, beschaulicher Ort mitten im sagenumwobenen<br />
Blauen Land im schönen Oberbayern. Zurück im Büro,<br />
werden Tomaten und Gurken vom Kramer und Birnen aus dem<br />
eigenen Garten aufgeschnitten, und damit ist die restliche Zeit<br />
meines ersten Praktikumstages eigentlich auch schon rum. Ob<br />
ich eigentlich Sport mach, will er am Ende noch wissen. Morgen<br />
träfen wir uns um 8 Uhr beim Fitnessstudio in Murnau. Meint<br />
der das jetzt ernst? Mit dem Tennisschläger in der Hand sieht er<br />
jedenfalls nicht so aus, als würde er Spaß machen. Ja, hier im<br />
Büro finden sich so einige ungewöhnliche Dinge.<br />
Er hat es ernst gemeint: Der nächste Tag beginnt also erstmal<br />
mit körperlicher Ertüchtigung. Egal ob Radeln, Skifahren,<br />
Schwimmen oder Fitness – der Franz ist sofort dabei. Ich finde<br />
mich also auf dem Crosstrainer wieder und schwitze fleißig eine<br />
halbe Stunde mit Blick auf die Berge. Körperliche Ertüchtigung<br />
befeuert den Geist – während ich einen Schritt vor den anderen<br />
setze, kommen mir immer mehr Ideen für mein anstehendes Interview.<br />
Hat sich also doch gelohnt.<br />
Zurück im Büro, ist heute Sandra an der Reihe. Sie erzählt mir<br />
von ihrem Werdegang als Musicaldarstellerin und Radiomoderatorin.<br />
Und wie sie aus reinem Zufall beim Franz und der<br />
„<strong>Melange</strong>“ gelandet ist. Der Franz scheint diese zufälligen schicksalhaften<br />
Begegnungen förmlich anzuziehen.<br />
Wenn ihr jetzt glaubt, hier wird eigentlich immer alles andere getan<br />
außer gearbeitet, dann liegt ihr genau richtig. Um fünf vor<br />
zwei steht der Franz wieder mit dem Tennisschläger in der Hand<br />
da und droht, dass ich gefälligst aufhören soll zu arbeiten und<br />
schnellstmöglich das Büro verlassen ... Der Typ ist doch verrückt!?<br />
Woche zwei: Wir drei sind mittlerweile ein eingespieltes Team –<br />
Sandra und ich arbeiten, Franz lenkt uns ab.<br />
Woche drei: Franz ist in den Urlaub an den Gardasee gefahren.<br />
Endlich kommen Sandra und ich mal dazu zu arbeiten. Es ist gerade<br />
mal zehn Uhr und wir haben schon die Küche umgeräumt,<br />
das halbe Büro neu ausgestattet und einen Schreibtischstuhl zusammengebaut.<br />
Aber er kann’s einfach nicht lassen – ständig<br />
klingelt das Handy: Nachricht von Franz, Anruf von Franz. Franz,<br />
hast du im Urlaub nichts anderes zu tun?<br />
Woche vier: Franz ist wieder da und der Wahnsinn hat uns wieder.<br />
Aber irgendwie haben wir unseren Frenchy ja schon vermisst. Und<br />
genauso schnell wie’s euch jetzt hier vorkommt, waren die vier<br />
Wochen auch vorbei. Höchste Zeit, hier hält’s ja keiner länger aus.<br />
Julia Brechtelsbauer<br />
Liebe Julia, vielen Dank für diesen herrlich, erfrischenden Artikel über Dein Praktikum<br />
bei uns! Wir wünschen Dir viel Erfolg für Dein Studium, Journalismus ist genau<br />
Dein Ding, wie man an Deinem unterhaltsamen Text erkennen kann. Wir hoffen,<br />
dass Du bald wieder ein Bericht für uns schreibst. (Sandra Bangerter, Marketing)<br />
63
ATWIMA – MURNAU<br />
Die Schokoladenseite<br />
einer Partnerschaft<br />
Festakt in Murnau, Juli 2019 – Gründung der Partnerschaft zwischen der Region Atwima und dem Markt Murnau a. Staffelsee<br />
64
Warum eigentlich Ghana?<br />
Wo es doch so viele andere reizvolle Länder in Afrika gibt. Mit Wildlife und<br />
traumhaft schönen Landschaften…<br />
In Ghana fesseln mich die Menschen. Die bunten Farben Ihrer Kleidung und<br />
die überwältigende Gastfreundschaft.<br />
Das westafrikanische Ghana war einst unter britischer Kolonialherrschaft<br />
und wurde als erstes afrikanisches Land 1957 unabhängig. Nach verschiedenen<br />
politischen Phasen zwischen Demokratie und militärischen Putschen hat sich<br />
heute eine stabile Demokratie mit einem vom Volk gewählten Präsidenten<br />
entwickelt. Parallel zur politischen Ebene gibt es die regionalen Häuptlinge<br />
(Chiefs). Diese Chiefs haben lokal viel Macht und ihre Rolle ist in der Verfassung<br />
von 1992 verankert.<br />
Kinder der Kakaobauern bei Yayra Glover in Suhum<br />
Meine erste Reise nach Ghana ergab sich im Januar 2018. Wir waren eine<br />
überschaubare Gruppe aus unserem Murnauer Stammtisch und wollten die<br />
Schulen besuchen, welche durch die Aktion „Freunde am Ball“ 2014 mit 38<br />
000 Euro unterstützt wurden. Unsere Freunde, Torita und Florian Wolfart,<br />
sind seit über zwanzig Jahren in Ghana aktiv und betreiben dort das beschauliche<br />
Ankobra Beach Resort. Florian Wolfart ist Honorarkonsul von Ghana.<br />
Durch ihn begegnete ich Albert Osei-wusu, genannt Kofi. Kofi bedeutet, dass<br />
Albert am Freitag geboren wurde.<br />
Die Reise war für uns alle sehr aufregend und erlebnisreich. Kofi zeigte uns seine<br />
Heimat, und ein großer Höhepunkt war die Einladung in den Palast von Nana<br />
Antwi Agyei Brempong II, einem der großen Paramount Chiefs von Kumasi. Wir<br />
erlebten ein beeindruckendes Ritual mit Trommelklängen und Tänzen. Nana war<br />
stolz, uns als Gäste zu haben, und inthronisierte Torita Wolfart als Queen Mother<br />
in seinem Palast. Damit war der Grundstein unserer Partnerschaft gelegt.<br />
Neben diesen Erlebnissen war mir persönlich sehr wichtig, Kakaobauern zu<br />
treffen. Über unseren Schweizer Partner Felchlin bekam ich den Kontakt zu Yayra<br />
Glover, der in Suhum eine BIO-Kakao- Kooperative ins Leben gerufen hat. Am<br />
letzten Tag unserer Reise machten mein Freund Franz und ich noch einen Abstecher<br />
zu Yayra, was eine Initialzündung bei mir auslöste. Das Thema BIO-Kakao<br />
und die Situation der sehr ärmlich lebenden Bauern ließen mich nicht mehr los.<br />
Fermentation der Kakaobohnen<br />
Eröffnung der Feuerwehrstation in Atwima mit Florian Kramer<br />
Bis heute ist nun schon viel passiert. Nana und Yayra waren mehrfach als Gäste<br />
in Murnau. Mit der einstimmigen Abstimmung des Murnauer Gemeinderats,<br />
sowie der Unterstützung des Bürgermeisters, Rolf Beuting, ist es uns in kürzester<br />
Zeit gelungen mit der Region Atwima eine Entwicklungspartnerschaft einzugehen,<br />
welche im Juli 2019 gemeinsam mit einer ghanaischen Delegation in Murnau<br />
gefeiert wurde. Unser Gegenbesuch nach Ghana fand im November 2019 statt,<br />
Jeder in seiner Tracht – bei König Nana in Atwima
ATWIMA – MURNAU<br />
und ermöglichte der bunt gemischten Murnauer Gruppe einen<br />
Einblick in das Leben und die Kultur unserer neuen Freunde.<br />
Bei der Spontaneität unseres Besuches haben sich sofort Möglichkeiten<br />
für Zusammenarbeit und Unterstützung ergeben.<br />
Florian Kramer, der mit feinem Humor als Murnauer Feuerwehrmann<br />
in Uniform auftrat, durfte das neue Feuerwehrhaus<br />
in Atwima eröffnen. (Nana war bei der Besichtigung der Murnauer<br />
Feuerwehr so begeistert, dass er das Prinzip bei sich in Atwima<br />
umzusetzen versucht.) Hier kann man in Zukunft mit Ausrüstungen<br />
zusammenarbeiten und Knowhow nach Ghana<br />
weitergeben. Sabine Pecher, Schulleiterin der Grundschule<br />
Uffing-Seehausen, und Birgit Klöck, Konrektorin der Emanuelvon-Seidl-Grundschule<br />
Murnau, waren auf der Stelle in die<br />
örtlichen Schulen integriert, und schon im Januar wird die<br />
Tochter von Birgit als Volontär nach Atwima kommen. Als erstes<br />
gemeinsames Projekt ist ein ghanaisch-bayerisches ABC-<br />
Bücherl in Planung. Für Hansjörg Resenberger gäbe es jede<br />
Menge Straßen zu sanieren, und Karl Steingruber, Chef der<br />
Gemeindewerke Murnau, hatte sofort zündende Ideen in Sachen<br />
Solarenergie. Durch die gemeinsame Baum-Pflanz-Aktion<br />
in Atwima eröffnet sich eine Zusammenarbeit mit der Uffinger<br />
Familie Finkenbeiner im Rahmen von plant for the planet. Es<br />
ist unglaublich, was in kürzester Zeit zwischen den beiden Orten<br />
und Ländern entstanden bzw. in Planung ist.<br />
Als ersten kleinen Erfolg haben wir schon unsere eigene Schokolade<br />
umgesetzt. Mit dem Kakao von Yayra Glover und der Milch<br />
von Berchtesgadener Land. Alles in BIO natürlich. Wir haben<br />
die Schokolade Muhum getauft. Das steht für Murnau und Suhum.<br />
Das feinschmelzende Ergebnis unserer Zusammenarbeit<br />
soll auf das Kindergarten- und Frauenhausprojekt in Suhum<br />
hinweisen. Wir werden in 2020 den Grundstein für dieses Vorhaben<br />
legen und neue Perspektiven für die Frauen und Mütter<br />
in Suhum schaffen.<br />
Seit ich in Ghana aktiv bin, fühle ich mich wie ein großer Magnet.<br />
Es kommen unbeschreiblich viele Menschen auf mich zu,<br />
die Interesse und Neugierde für das Land zeigen. Gerne kann<br />
man an unserer Partnerschaftsarbeit teilhaben. Der Deutsch-<br />
Ghanaische Freundschaftskreis freut sich über jedes Mitglied<br />
und über jede Spende.<br />
Barbara Krönner<br />
66
Mehr Porzellan statt Plastik!<br />
PETITION<br />
unter welchen Umständen es verzehrt wird. Diese Forderung ist<br />
nicht widersinnig und wird schon längst in 17 EU-Staaten umgesetzt.<br />
Dort wird zwischen dem Essen im Gehen oder dem Konsumieren<br />
im Restaurant kein steuerlicher Unterschied gemacht.<br />
Die DEHOGA, Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband, hat<br />
eine Petition gestartet: „Gleiche Steuern für Essen, egal wo und wie!“<br />
Doch worum geht es in der Petition? War Ihnen bewusst, dass der<br />
plastikverpackte Salat im Supermarkt, die Pappkarton-Lieferpizza,<br />
das in Zellophan gewickelte Sandwich zum Mitnehmen oder Take-<br />
Away-Essen auf Wegwerfgeschirr mit nur 7% besteuert wird? Nicht<br />
zu schweigen von den vielen Fast-Food- Imbissbuden, wo mit laufendem<br />
Motor auf das plastikverpackte Essen gewartet wird.<br />
Wie absurd ist es also, wenn ich hingegen für ein gemütliches,<br />
frisches Essen im Restaurant, serviert auf Porzellangeschirr und<br />
meinem Getränk im Glas 19% MwSt bezahlen muss? Auch hier<br />
nicht zu schweigen von den vielen Arbeitsplätzen, welche die<br />
Gastronomie mit ihrem intensiven Arbeitsaufwand bietet.<br />
Dass der vergünstigte Steuersatz den Take-away und Lieferdienst<br />
fördert und dies somit gravierende Auswirkungen auf unsere<br />
Umwelt hat, muss an dieser Stelle nicht noch explizit erwähnt<br />
werden. Auch von daher gewinnt die Forderung „Mehr Porzellan<br />
statt Plastik!“ besonderen Nachdruck.<br />
Die mit der Einführung der MwSt getroffene Regelung ist veraltet,<br />
ist überholt, ist nicht mehr zeitgemäß. Damals wurden die „Waren<br />
des täglichen Bedarfs“, wie Lebensmittel, mit dem reduzierten<br />
Steuersatz von 7% betitelt. Der Restaurantbesuch galt in den 60er<br />
Jahren hingegen als Luxus, daher der erhöhte Steuersatz von<br />
19%. Doch das heutige Ernährungsverhalten hat sich grundlegend<br />
verändert. Essen ist kein Luxus, es gehört zu den unabdingbaren<br />
menschlichen Grundbedürfnissen. Es wird also von der DEHOGA<br />
gefordert, dass das Essen einheitlich mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz<br />
belegt wird, egal wie zubereitet, wo gekauft und<br />
Christian Bär, Hotelier des Alpenhofs Murnau und DEHOGA-<br />
Kreisvorsitzender, beschreibt es so: „Uns geht es nicht darum,<br />
dass wir Gastronomen uns besserstellen wollen. Es geht darum,<br />
dass ein Umdenken in der Bevölkerung stattfindet, aufzuklären bei<br />
einem Thema, in dem sich die Gesellschaft verändert hat.“ Während<br />
er mit ausdrucksstarker Stimme weiterspricht, spürt man, dass<br />
es ihm eine Herzensangelegenheit ist, sich für die Gastronomen<br />
und Hoteliers im ganzen Land stark zu machen. „Immer mehr<br />
Restaurants müssen ihre Türen schließen, die Gäste bleiben aus<br />
und das Personal fehlt. Mit der Senkung der MwSt könnte endlich<br />
auch dem Personal ein angemessenes Gehalt ausgezahlt werden.“<br />
Mit Nachdruck ergänzt der Hotelier: „Wir dürfen es unseren Wirtshäusern,<br />
welche das gute Essen und die Qualität fördern, nicht noch<br />
schwieriger machen zu überleben, indem sie den erhöhten Steuersatz<br />
gegenüber den billigen Fast-Food-Ketten entrichten müssen.“<br />
Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen<br />
Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA, richtet daher die<br />
Bitte an alle Bürger: „Von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz<br />
auf Essen profitiert jeder Mensch mehrmals täglich!“ Aus diesem<br />
Grund hofft er, dass sich möglichst jeder an der Petition beteiligt.<br />
Wenn auch Sie die Petition<br />
unterstützen möchten, geht<br />
das schnell und einfach unter:<br />
www.dehoga-bayern.de<br />
Christian Bär im Einsatz für die Petition<br />
Sandra Bangerter<br />
Fotos: Sandra Bangerter
68
Anzeigenbuchung: info@agentur-melange.de<br />
69
Foto: Bela Raba<br />
70
PORTRAIT<br />
„Mut zum Individualismus!“<br />
Ein Interview mit der Schauspielerin Jutta Speidel<br />
Es ist ein Samstagnachmittag im Spätsommer. Fotografin Bela<br />
Raba und ich eilen durch den Murnauer Untermarkt, als bereits<br />
erste dicke Tropfen vom Himmel fallen. Beim „Gelben Haus“ angekommen,<br />
nimmt uns die Künstlerin Sabina Bockemühl herzlich<br />
in Empfang und führt uns in den ersten Stock. Denn hier, in<br />
Sabinas Malatelier, treffen wir heute ihre Freundin, die Schauspielerin<br />
Jutta Speidel, zum Interview.<br />
Wir hätten uns keinen schöneren Ort für diese Begegnung wünschen<br />
können. Sabinas farbgewaltige Bilder an den Wänden und<br />
auf den Staffeleien erzeugen ein besonderes Flair – getragen von<br />
dem Geruch nach Leinwand und Farbe, während nun vor den<br />
leicht geöffneten Fenstern ein Sommerregen niedergeht. Es ist –<br />
mit einem Wort – bezaubernd.<br />
Jutta Speidel ist bereits hier. Sie trägt ein hellblaues Kleid zu<br />
weißen, verspielten Spitzenleggings und süßen gestrickten Söckchen.<br />
Gleich zu Beginn des Gesprächs nimmt uns ihr herzliches<br />
Lachen gefangen. Mit ihren 65 Jahren hat sich die Mutter zweier<br />
Töchter stets etwas Mädchenhaftes bewahrt und strahlt gleichzeitig<br />
eine große Willensstärke und Würde aus.<br />
Hinter Jutta hängt ein großes Portrait an der Wand, das Sabina<br />
von ihr gemalt hat. Kennengelernt haben sich die beiden Freundinnen<br />
auf einer Charity-Veranstaltung. Damals arbeitete Sabina<br />
an einer Ausstellung mit dem Titel „Work&Women“ für<br />
das Bonner Frauenmuseum. Sabina hatte allen Mut zusammengenommen<br />
und Jutta gefragt, ob sie Teil dieser Ausstellung<br />
sein möchte. Die Schauspielerin hatte sie angesehen und gesagt:<br />
Gut. Von Ihnen lass’ ich mich malen.<br />
Raubritter und Zirkusprinzessinnen<br />
Aufgewachsen ist Jutta Speidel in München. Ihren Berufswunsch<br />
kannte sie bereits als kleines Mädchen. „Es hat ja immer eine Geschichte,<br />
warum jemand Maler, Fotograf, Journalist oder Schauspieler<br />
wird. Mir persönlich ging es um die Verwandlung. Mit ihr<br />
habe ich als kleines Kind begonnen. Damals hab’ ich Geschichten<br />
erzählt, die alle gar nicht stimmten, aber die in meiner Phantasie so<br />
lebendig waren, dass ich ihnen geglaubt habe. So hab’ ich zum Beispiel<br />
unserer Nachbarin, die immer auf mich aufgepasst hat und<br />
die ich sehr liebte, erzählt, dass ich im Zirkus arbeite, auf einem<br />
Pferd stehen kann und ein ganz tolles Kleid anhabe. Daraufhin hat<br />
sie mit mir Krönchen gebastelt und aus Papier Tutus und andere<br />
tolle Sachen gemacht.<br />
Meine Mutter wiederum ging mit mir zu Fundusversteigerungen<br />
im Staatstheater. Damals haben wir in einer Villa vom Leo Putz gewohnt.<br />
Wir hatten eine riesige Holztruhe, die im Gewölbekeller<br />
stand und in der wir all diese Kostüme aufbewahrten. Meine Freundinnen<br />
und ich haben tagelang Raubritter und Prinzessinnen gespielt.<br />
Es war magisch!“<br />
Mit dem Fahrrad durch die Nacht<br />
Angesprochen auf ihren Gymnasiumabbruch nach der zehnten<br />
Klasse muss Jutta schmunzeln.<br />
„Also, das ist die geschönte Biografie. Die echte ist, dass ich von<br />
der Schule geflogen bin. Damals war ich ganz furchtbar verknallt.<br />
Robbi war in der oberen Klasse. Ich hab’ immer diesen schönen<br />
Mann gesehen und gedacht: Ach, siehst du mich nicht? Wir waren<br />
alle ganz links in den Siebzigern, und da gab es diese heimliche<br />
Aktion, bei der eine Schulmauer rot angemalt werden sollte, mit<br />
Parolen von Che Guevara. Ich wusste, dass Robbi auch mitmacht.<br />
Also bin ich abends aus meinem Fenster gestiegen, hab’ die Farbeimer<br />
auf mein Fahrrad gepackt und bin 16 Kilometer durch die<br />
Nacht geradelt. Robbi hat mich leider gar nicht wahrgenommen.<br />
Das hat er mir später mal erzählt, nachdem er die Lebenslinien im<br />
BR Fernsehen gesehen hat. Er rief mich an und sagte: Das wusste<br />
ich ja überhaupt nicht!“ Sie lacht ihr ansteckendes Lachen. „Jedenfalls<br />
ging damals das Licht in der Hausmeisterwohnung an.<br />
Wir sind alle wie der Blitz weggerannt, aber ich hatte die Eimer<br />
vergessen! Also schlich ich zurück. Da hat mich der Hausmeister<br />
gesehen. Am nächsten Tag ging er mit dem Direktor durch die<br />
Schule, zeigte auf mich und sagte: Die war’s!“<br />
71
Foto: Bela Raba<br />
Jutta Speidel und Sabina Bockemühl lernten sich auf einer Charity-Veranstaltung kennen.<br />
Zunächst, erzählt sie, wollte sie dann extern ihr Abitur machen.<br />
Doch als sie während der Matheprüfung sicher war, dass das<br />
nichts wird, ist sie aufgestanden und direkt zum nächsten Dreh<br />
gefahren. Schon vorher hatte Jutta Statistenrollen angenommen.<br />
Unter anderem bei „Pepe, der Paukerschreck“, zusammen mit<br />
Hansi Kraus. Und selbst auf den damaligen Schulmädchenreport<br />
wird sie noch immer angesprochen. „Dabei war das so unspektakulär.<br />
In der Episode geht ein junges Mädchen in eine Kirche, weiß<br />
beim Beichten nicht, was es erzählen soll, und erfindet eine irrsinnige,<br />
leicht erotische Geschichte. Der Pfarrer bekommt einen roten Kopf.<br />
Und das war’s auch schon.“<br />
1974 erhielt Jutta Speidel die Hauptrolle in dem Film „Die letzten<br />
Ferien“ von Rainer Erler. 1979 etablierte sie sich auch international<br />
als Schauspielerin und blickt heute auf stolze 50 Jahre<br />
Schauspiel in Theater, Film und Fernsehen zurück. Aktuell spielt<br />
Jutta Speidel vornehmlich in deutschen Fernsehserien und -filmen.<br />
Als Synchronsprecherin verleiht sie zudem internationalen<br />
Filmgrößen die deutsche Synchronstimme (u.a. Helen Hunt in<br />
„Was Frauen wollen“ und „Besser geht’s nicht“).<br />
Herzensprojekt HORIZONT e.V.<br />
Neben dem Schauspiel fließt viel Kraft und Zeit in Juttas Herzensprojekt:<br />
die von ihr im Jahr 1997 gegründete Initiative „HORIZONT<br />
e.V.“ für obdachlose Kinder und deren Mütter. Mit einem knappen<br />
Startkapital von 35.000 Euro hat alles begonnen, und was sie damals<br />
noch kaum zu träumen gewagt hatte, wurde Wirklichkeit.<br />
HORIZONT betreibt heute zwei Häuser: eine geschützte Einrichtung<br />
für Frauen und Kinder und ein offenes Haus, in dem 48 Familien<br />
ein festes Zuhause gefunden haben. „Damit leisten wir nicht<br />
nur punktuelle Akuthilfe, sondern decken alle Phasen ab, die eine<br />
wohnungslose Mutter mit ihren Kindern zu einem würdevollen Platz<br />
in unserer Gesellschaft durchläuft.“ Aufrechte Dankbarkeit empfindet<br />
Jutta für den Rückhalt, den HORIZONT erfährt, und freut sich<br />
von Herzen über Unterstützung und Spenden (Kontaktinformation<br />
im Artikelanhang). Für ihr Engagement erhielt Jutta Speidel u. a.<br />
das Bundesverdienstkreuz, die Bayerische Verfassungsmedaille in<br />
Silber, die Medaille für besondere Verdienste um Bayern in einem<br />
Vereinten Europa sowie viele weitere Auszeichnungen. 2019 verlieh<br />
man ihr das Münchner Ehrenbürgerrecht.<br />
72
PORTRAIT<br />
Die eigene Wahrheit finden und leben<br />
Jutta Speidel ist eine Frau, die ihrem Herzen gefolgt ist und damit<br />
Großes erreicht hat.<br />
Was würde sie jungen Menschen raten, die noch auf der Suche<br />
nach ihrem eigenen Weg sind?<br />
„Ich höre in unserer Gesellschaft momentan einen lauten Ruf nach<br />
Individualismus, der jedoch oft aufgesetzt wirkt; eine Rebellion oder<br />
Trotzhaltung. Als ginge der Mut zur Natürlichkeit verloren. Deshalb:<br />
Hab Mut zum echten Individualismus. Hab Mut, Du selbst zu sein.<br />
Das muss nicht laut sein, sondern stimmig und autark. Nicht für<br />
andere, sondern für Dich. Und: Was auch immer Du machst im<br />
Leben, sei mit Herz und Seele dabei. Verinnerliche Deine echten<br />
Werte, dann hast Du Mut und Courage. Wenn Du Dich selbst und<br />
andere achtest – auch andere Meinungen und Kulturen –, dann bist<br />
Du nicht mehr angewiesen auf das Urteil von außen.<br />
Es wäre so schön, wenn man sagen könnte: Es ist egal, wie alt Du<br />
bist, welches Geschlecht Du hast, welche Hautfarbe… Klein, groß,<br />
dick, dünn, laut, leise: Du bist Mensch.“<br />
Kochen als Meditation<br />
Am allerwichtigsten für Jutta ist ihre Familie. Der aktuell wichtigste<br />
Mann ist übrigens ihr kleiner Enkel. Zudem ist sie unglaublich<br />
glücklich über ihren großen Freundeskreis. Und außen<br />
rum? „Natur! Und Schwimmen, Yoga und Kochen! Kochen ist<br />
für mich Meditation.“ Auch wenn es da manchmal paradox wird,<br />
gesteht sie. Selber isst sie zum Beispiel keine Marmelade, aber<br />
sie kocht unentwegt welche ein und versorgt damit Freunde<br />
und Familie. Da dreht sich Jutta zu Sabina: „Jetzt hab’ ich deine<br />
Marmelade in München vergessen! Dann müssen wir uns einfach<br />
bald wiedersehen.“<br />
Informationen rund um „HORIZONT e.V.“ unter:<br />
www.horizont-muenchen.org<br />
www.jutta-speidel.net<br />
www.sabina-bockemuehl.de<br />
Anna Marguerita Schön<br />
Anzeigenbuchung: info@agentur-melange.de<br />
73
NATURHEILPRAXIS HANSEN<br />
GANZHEITLICHE<br />
LEBENSBERATUNG &<br />
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Traditionelle chinesische Medizin:<br />
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www.naturheilpraxis-hansen.eu<br />
74
NACHRUF<br />
Dr. Hubertus Rechberg<br />
* 12.3.1948 – † 24.9.2019<br />
Neugierig, ehrgeizig, gemischt mit einer Portion Perfektionismus: Dr. Hubertus Rechberg, Gründer des deutschen Familienunternehmens<br />
Valley Electronics, war Pionier in der Entwicklung von Zykluscomputern.<br />
Bereits seit Mitte der 1980er Jahre entwickelte Rechberg Fertilitätstracker mit Namen wie „Lady-Comp“, „Baby-Comp“ sowie<br />
„Pearly“ und ermöglichte damit Frauen mehr Freiheit und Selbstbestimmung in ihrer natürlichen Zyklusbeobachtung – eine<br />
Revolution in der „Femtech“-Branche. Treibende Kraft hinter dieser Idee war Rechbergs Frau. Sie litt unter den Nebenwirkungen<br />
hormoneller Verhütung und manuelle Familienplanungsmethoden schienen unwirksam. „Wenn ein Computer Schach spielen<br />
kann, muss er auch den Zyklus einer Frau berechnen können“, dachte sich der promovierte Ökonom. Ein Gedanke, den ihn<br />
nicht mehr losließ. Und so entschied er sich dazu, eine eigene Methode zu entwickeln. Er entwarf ein Gerät, das ein<br />
Thermometer mit einem Computer und einer Software kombinierte. Drei Jahre später gründete er die Valley Electronics<br />
GmbH und brachte zusammen mit Experten aus den Bereichen Medizin, IT und Design den ersten Zykluscomputer der Welt<br />
auf den Markt – den „Baby-Comp“. Durch tägliche Messung der Aufwachtemperatur hatten Frauen die Möglichkeit ihren<br />
Zyklus zu beobachten, ganz ohne Chemie oder Hormone, dafür im Einklang mit dem Körper. Die Produkte wurden kontinuierlich<br />
weiterentwickelt, um sie an die Bedürfnisse der Frauen anzupassen. Es folgen die Modelle „Lady-Comp“, „Pearly“ und<br />
„Daysy“. – Am 24. September 2019 ist Rechberg im Kreise seiner Familie in Garmisch-Partenkirchen gestorben. Er hinterlässt<br />
vier Töchter. Die älteste Tochter, Natalie Rechberg-Egly, die das Unternehmen in der Schweiz seit 12 Jahren leitet und den Zykluscomputer<br />
„Daysy“ im Jahr 2014 auf den Markt brachte, hat gemeinsam mit ihrem Mann Collin Egly die Führung der Muttergesellschaft<br />
übernommen. „Mein Vater war für mich mein großes Vorbild. Sein Ehrgeiz und Mut, für das Gute zu kämpfen<br />
in allen Phasen, inspirierte meine Leidenschaft, meinen Antrieb und meinen Geschäftssinn“, sagte Natalie Rechberg-Egly.<br />
Rechberg war nicht nur Unternehmer, sondern auch Gutsbesitzer, Jäger und Tierfreund. So engagierte er sich unter anderem<br />
jahrelang im Vorsitz der Werdenfelser Pferdefreunde. Im Jahr 1969 übernahm er die Verwaltung auf Gut Wengwies im<br />
Eschenlainetal. Er liebte die Natur und erwarb bereits im Alter von 16 Jahren seinen Jagdschein und war viele Jahre Kreisvorsitzender<br />
des Bayerischen Jagdverbandes. 2004 übernahm er turnusmäßig die Präsidentschaft des Rotary-Clubs Murnau-<br />
Oberammergau, an dessen Gründung er mitbeteiligt war. Sein Kampf für das Gute spiegelte sich vor allem auch im Tierschutz<br />
wider. So setzte er sich für den Einsatz gegen die seiner Meinung nach zu hohen Abschussquoten des Staatsforstes ein.<br />
NATALIE RECHBERG<br />
75
Ihre Steuerkanzlei<br />
in Murnau und<br />
Garmisch-Partenkirchen<br />
Murnau am Staffelsee<br />
Petersgasse 15<br />
Tel. 08841 627 11 20<br />
Garmisch-Partenkirchen<br />
Ludwigstraße 60<br />
Tel. 08821 1098<br />
Email: info@hilleprandt.de<br />
www.hilleprandt.de<br />
v.o.l.: Florian Gilg, Stephanie Deutinger, Annemarie Kastl,<br />
Florian Hilleprandt, Johannes Zolk, Martin Hilleprandt<br />
76
IMMOBILIEN - EXPERTENTIPPS<br />
Am Thema Nachhaltigkeit kommt<br />
heutzutage niemand mehr vorbei.<br />
Auch und vielleicht sogar gerade<br />
in der Immobilienbranche.<br />
Britta<br />
KIRSTEIN-ZIETZ<br />
Mehr als nur Profit<br />
Zentraler Begriff dabei ist „ESG“. ESG steht für „Environmental“,<br />
„Social“ und „Governance“ – drei Begriffe, die die nachhaltigkeitsbezogenen<br />
Verantwortungsbereiche von Unternehmen bezeichnen<br />
und sich als Standard für nachhaltige Anlagen etabliert haben. „Environmental“<br />
beschreibt umweltbezogene Themen wie Umweltgefährdung<br />
durch Klimawandel bzw. Ressourcenknappheit. Hinter<br />
„Social“ verbergen sich soziale Elemente wie Menschenrechte, Arbeitssicherheit<br />
oder gesellschaftliches Engagement. Und „Governance“<br />
bezeichnet Kriterien wie Risiko- und Reputationsmanagement,<br />
Aufsichtsstrukturen oder Compliance, die sich hauptsächlich<br />
auf die Unternehmensführung beziehen.<br />
Grüne Investments mit Vorteilen<br />
Angekommen ist das nachhaltige Investieren auch – oder vielleicht<br />
gerade – in der Immobilienbranche. Denn: kaum eine Branche hat<br />
einen so großen Einfluss auf den Klimaschutz wie eine effektive<br />
Immobilienbranche. Unsere Immobilien haben direkte und indirekte<br />
Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft, schreibt<br />
das Magazin „Immobilienwirtschaft“.<br />
Dabei den Fokus auf nachhaltiges Bauen und Investieren zu setzen,<br />
ist zweifellos mit Vorteilen verbunden. Ein rigoroser ESG-Ansatz<br />
macht Immobilien nicht nur umweltfreundlich, sondern auch<br />
moderner und effizienter.<br />
So ist die Bausubstanz ein wichtiger Aspekt. Indem man möglichst<br />
viel digital plant und optimiert und auf einen nachhaltigen Bauprozess<br />
achtet, kann man Ressourcen schonen.<br />
Nachhaltiges Investieren wichtig<br />
für Immobilienbranche<br />
„Rund ein Drittel der globalen Emissionen stammen von Immobilien“,<br />
so Susanne Eickermann-Riepe, German Real Estate Leader<br />
der Beratungsgesellschaft PwC Deutschland. Zwar sei ein Wendepunkt<br />
in Umweltfragen erreicht, allerdings „reagiert die Branche<br />
noch zu langsam“.<br />
Dennoch positiv: es lässt sich bereits ein stetig wachsendes Investitionsvolumen<br />
im nachhaltigen Immobilienmarkt beobachten.<br />
Und: nachhaltige Geldanlagen sind offenbar besonders in Deutschland<br />
beliebt.<br />
Dabei fällt der Großteil des Investitionsvolumens auf grüne Immobilien<br />
(71 Prozent), gefolgt von Photovoltaik mit 18 Prozent und<br />
Windkraft mit 7,1 Prozent.<br />
Dass so viele Investoren auf nachhaltige<br />
Immobilien setzen, führen Analysten<br />
darauf zurück, dass sie an-<br />
gesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen<br />
wie Klima- oder<br />
demografischem Wandel unter Druck<br />
gesetzt würden.<br />
Allerdings wird fraglos durch die<br />
Nachhaltigkeitsaspekte auch eine<br />
Renditesteigerung erwartet.<br />
Von Britta Kirstein-Zietz,<br />
ZIETZ Immobilien in Murnau<br />
77
WIRTSCHAFT & FINANZEN<br />
DR.RALF<br />
ERICH<br />
SCHAUER<br />
Steueränderungen 2020 -<br />
Das müssen Sie wissen<br />
Neues Jahr, neues Glück? Wir haben für Sie zusammengetragen, was<br />
sich 2020 steuerlich ändert und ob Sie davon profitieren oder nicht.<br />
Großes Thema wird im kommenden Jahr die Abschaffung des Soli sein,<br />
außerdem ändern sich Grundfreibetrag, Kindergeld und Entfernungspauschale.<br />
Weiterhin Thema ist die Förderung von Elektromobilität.<br />
Änderungen gibt es bei:<br />
• Solidaritätszuschlag<br />
• Grundfreibetrag und Kindergeld<br />
• Weiterbildung und Aktien<br />
• Entfernungspauschale und Verpflegungsmehraufwand<br />
• Elektromobilität<br />
• Mietwohnungsneubau<br />
Die Bundesregierung schafft den Soli-Zuschlag ab<br />
Arbeitnehmer können sich freuen: Ab 1. Januar 2021 soll der Solidaritätszuschlag<br />
für rund 90 Prozent der Arbeitnehmer abgeschafft<br />
werden. Für 6,5 Prozent erfolgt eine teilweise Abschaffung. Nur<br />
Spitzenverdiener profitieren nicht. Wer ein hohes Einkommen bezieht,<br />
muss weiterhin den vollen Satz zahlen.<br />
• Bis zu einem Jahreseinkommen von ca. 73.000 Euro (Alleinstehende)<br />
oder 151.000 Euro (Verheiratete) entfällt der Soli-Zuschlag ganz.<br />
• Anteilig entfällt der Soli-Zuschlag für Arbeitnehmer, deren Jahreseinkommen<br />
zwischen 73.000 Euro und 109.000 Euro (Alleinstehende)<br />
oder 151.000 Euro und 221.000 Euro (Verheiratete) liegt.<br />
• Wer mehr als 109.000 Euro (Alleinstehende) bzw. 221.000 Euro (Verheiratete)<br />
im Jahr verdient, muss weiterhin den vollen Beitrag entrichten.<br />
Grundfreibetrag und Kindergeld<br />
Der Grundfreibetrag steigt für das Veranlagungsjahr 2019 für alle<br />
Steuerpflichtigen um 168 Euro von 9.000 Euro auf 9.168 Euro. Im<br />
Jahr 2020 steigt der Grundfreibetrag noch einmal, sodass alle Einkommen<br />
bis 9.408 Euro steuerfrei bleiben.<br />
Foto: Archiv, Dr. Schauer<br />
Außerdem steigt das Kindergeld pro Monat und Kind um 10 Euro.<br />
Eltern erhalten für das erste und zweite Kind monatlich jeweils 204<br />
Euro, für das dritte Kind 210 Euro und ab dem vierten Kind 235 Euro.<br />
Und auch der Kinderfreibetrag steigt: um 192 Euro auf 7.620 Euro.<br />
Weiterbildungsmaßnahmen sind steuerfrei<br />
Berufliche Fort- und Weiterbildungskosten werden rückwirkend ab<br />
2019 steuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt für Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen,<br />
die überwiegend im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers<br />
vorgenommen werden oder der individuellen Beschäftigungsfähigkeit<br />
der Mitarbeiter dienen (z.B. Sprachkurse, Computerkurse).<br />
Hintergrund: Berufliche Weiterbildungskosten stellen keinen Arbeitslohn<br />
dar, wenn sie im Interesse des Arbeitgebers vorgenommen werden.<br />
Verluste aus Aktien und Optionsscheinen<br />
Bisher konnten Verluste aus Aktien oder Optionsscheinen mit Gewinnen<br />
aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden. Das soll ab 2020<br />
nicht mehr möglich sein. Das Jahressteuergesetz 2019 sieht vor:<br />
Die Ausbuchung wertloser Aktien im privaten Depot und wertlose<br />
Optionsscheine im Privatvermögen sollen steuerlich nicht mehr durch<br />
die Finanzämter berücksichtigt werden.<br />
Reisekosten: Entfernungspauschale und<br />
Verpflegungsmehraufwand<br />
Ab 2021 soll die Entfernungspauschale erhöht werden: von bisher<br />
30 Cent auf 35 Cent ab dem 21. Kilometer. Die Regelung gilt auch<br />
für Heimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung. Die<br />
Erhöhung soll zunächst bis 31. Dezember 2026 befristet werden.<br />
Auch die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand werden angehoben.<br />
Ab 1. Januar 2020 sind folgende Erhöhungen vorgesehen:<br />
• für Abwesenheiten von 24 Stunden: von 24 Euro auf 28 Euro<br />
• für An- und Abreisetage: von 12 Euro auf 14 Euro<br />
• für Abwesenheiten von mehr als 8 Stunden (ohne Übernachtung):<br />
von 12 Euro auf 14 Euro<br />
Sind die tatsächlich entstandenen Kosten höher als die Pauschalen,<br />
können sie anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden.<br />
Ab Januar 2020 können auch Berufskraftfahrer Auswärtstätigkeiten<br />
und Übernachtungen im Kraftfahrzeug des Arbeitgebers pauschal geltend<br />
machen. Der Pauschbetrag beträgt 8 Euro pro Abwesenheitstag.<br />
Elektrofahrzeuge und Job-Tickets<br />
Seit Jahresbeginn sind Zuschüsse des Arbeitsgebers für Tickets im<br />
Linien- und Personennahverkehr oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte steuerfrei – auch für<br />
private Fahrten. Bisher mussten die steuerfreien Leistungen allerdings<br />
auf die Entfernungspauschale angerechnet werden. Das minderte den<br />
Werbungskostenabzug. Wer Halter eines Elektro- oder Hybridautos ist,<br />
kann sich über Steuerbegünstigungen freuen. Für neue Elektrolieferfahrzeuge<br />
kann zusätzlich zur allgemeinen AfA eine Sonderabschreibung<br />
in Höhe von 50 Prozent der Anschaffungskosten vorgenommen<br />
werden. Zur Förderung der Elektromobilität hat die Bundesregierung<br />
die Dienstwagenbesteuerung für Elektro-Fahrzeuge bis 40.000 Euro von<br />
0,5 Prozent auf 0,25 Prozent halbiert.<br />
Von Dr. Ralf Erich Schauer, Kanzlei Dr. Schauer in Murnau<br />
78
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