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PGUAusschuss

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SIGI MAURER

KLUBOBFRAU

WOLFGANG NIKLFELD

KLUBDIREKTOR

ÜBERBLICK ZUR PRÜFUNG DES

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSVERLANGENS

WIEN, PRESSEBÜRO DER GRÜNEN

DIENSTAG, 21. JÄNNER 2020


ÜBERBLICK ZUR PRÜFUNG DES

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSVERLANGENS

Der sogenannte „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ wird am Mittwoch, 22. Jänner eingesetzt werden

und kann unverzüglich starten. Die Aktenlieferungen müssen bis spätestens 19. Februar erfolgen.

Erfahrungsgemäß werden erste Akten schon zu einem früheren Zeitpunkt angeliefert, Anfang März

ist jedenfalls mit der ersten Sitzung des U-Ausschusses zu rechnen.

Rechtslage

Die Grünen haben 2014 das Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

erkämpft. Es wurde über eine Verfassungsbestimmung sichergestellt, dass ein U-Ausschuss

nicht von einer politischen Mehrheit im Parlament verhindert werden kann, sondern letztlich

eine unabhängige Instanz – der Verfassungsgerichtshof – darüber entscheidet, ob ein

Untersuchungsgegenstand rechtlich zulässig ist oder nicht. Dafür wurden erstmals auch rechtliche

Kriterien für Untersuchungsgegenstände definiert.

Art 53 Abs 2 B-VG über die Zulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes lautet:

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich

der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch

die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und

Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

In § 1 Abs 5 der Verfahrensordnung (VO-UA) wird gesetzlich näher konkretisiert:

„Eine inhaltliche Gliederung des Gegenstands der Untersuchung nach Beweisthemen ist

zulässig, hingegen ist die Sammlung nicht direkt zusammenhängender Themenbereiche

unzulässig.“

Daraus ergeben sich drei Anforderungen:

• Es handelt sich um Vollziehung des Bundes

(also zB nicht Management von Unternehmen)

• Es liegt ein abgeschlossener Vorgang vor (dh Ereignisse in der Vergangenheit)

• Es liegt ein bestimmter Vorgang vor. Das wird weiter unterschieden in:

- Das Verbot der Sammlung nicht inhaltlich, persönlich oder zeitlich

zusammenhängen der Themen, und

- die Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit, damit die Reichweite der

Untersuchung und damit die Vorlagepflichten und Fragerechte klar

erkennbar sind.

Verfahren

Ein Minderheitsverlangen wird dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen. Neben der

Bestellung von Verfahrensrichter*in und -anwält*in, der Festsetzung der Größe und der Fassung des

„grundsätzlichen Beweisbeschlusses“ (alle Behörden müssen alle relevanten Akten liefern) muss der

GO-Ausschuss mit Beschluss feststellen, wenn das Verlangen ganz oder teilweise nach den oben

genannten Kriterien unzulässig ist.

Gegen einen solchen Beschluss kann die Minderheit binnen 14 Tagen den VfGH anrufen, der

innerhalb von 4 Wochen in einem Schnellverfahren entscheiden soll. Bei einer nur teilweisen

Unzulässigkeit werden die übrigen Teile mit Berichterstattung im Plenum sofort wirksam und der

Ausschuss kann sofort seine Arbeit aufnehmen.


Teilweise Unzulässigkeit des Verlangens zum „Ibiza-Untersuchungsausschuss“

Entgegen der gesetzlichen Regelung wurden im Verlangen verschiedenste Themen

zusammengefasst, zwischen denen kein ausreichender Zusammenhang besteht: 5 von 8 Punkten

betreffen (zumindest teilweise) den Komplex Casinos, Glücksspiel und ÖBIB – hier ist ein klarer

Zusammenhang gegeben, diese Teile des U-Ausschusses können sofort bearbeitet werden.

Kein Zusammenhang besteht aber zu weiteren Punkten (so sollten ca. 60% aller Gesetzesvorhaben

unter Türkis-Blau, alle Postenbesetzungen in Unternehmen mit Bundesbeteiligung, die

Neustrukturierung der FMA und die Ibiza-Ermittlungen untersucht werden). Die überschießenden

Formulierungen beschränken sich nicht auf die konkreten Verdachtsfälle, sondern sind sehr

allgemein und damit nicht bestimmbar und abgrenzbar formuliert. Ein Untersuchungsgegenstand

muss so formuliert sein, dass für die Behörden klar erkennbar ist, welche Akten sie liefern müssen.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist das Verlangen in der gewählten Formulierung daher teilweise

unzulässig. Einer von acht aufgezählten Untersuchungsgegenständen muss zur Gänze entfallen,

bei drei weiteren müssen einzelne Worte gestrichen werden. Auch die Beweisthemen dazu sind

dementsprechend teilweise unzulässig.

Weitere Vorgangsweise

Der Untersuchungsausschuss wird im morgigen Geschäftsordnungsausschuss eingesetzt. Wir

werden gemeinsam mit der ÖVP die teilweise Unzulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes

beschließen. In allen anderen Punkten beginnt unverzüglich die Aktenlieferung und die Arbeit des

Ausschusses.

Wir gehen davon aus, dass SPÖ und Neos den Verfassungsgerichtshof anrufen werden und

begrüßen diesen Schritt. Unser Interesse ist, die rechtliche Frage unabhängig klären zu lassen.

Sollte der VfGH wider Erwarten zur Erkenntnis gelangen, dass der Untersuchungsgegenstand

in der gegenständlichen Formulierung zulässig ist, werden unverzüglich die restlichen Akten zu

liefern sein. Dem U-Ausschuss entsteht damit auch keine Verzögerung, da ohnehin bereits mit 19.

Februar zahlreiche Akten zur Bearbeitung geliefert werden. Sollte der VfGH unsere Rechtsansicht

unterstützen, findet der U-Ausschuss in allen anderen Punkten uneingeschränkt statt.

Das Gesetz für U-Ausschüsse ist relativ neu, es gibt noch kaum Judikatur. Eine unabhängige

rechtliche Klärung ist im Sinne aller beteiligten Parteien und des Parlaments. Wir Grüne

haben dieses Gesetz erkämpft und verhandelt. Es ist uns wichtig, dass dieses Instrument zur

gezielten Aufklärung verwendet werden kann. Wir wollen nicht, dass nun ein Präzedenzfall

mit einem unzulässigen, nicht zusammenhängenden und nicht ausreichend bestimmten

Untersuchungsgegenstand geschaffen wird. Damit hätten in Zukunft jene Parteien und Personen,

deren politisches Handeln in einem U-Ausschuss untersucht werden soll die Möglichkeit, den

Minderheits-U-Ausschuss als willkürliches Unterfangen abzutun. Dies würde mittelfristig zur

Schwächung des Instruments führen.

Wir Grüne haben der SPÖ und den Neos im Vorfeld mehrfach angeboten, bei der korrekten

Formulierung und Präzisierung des Untersuchungsgegenstandes zu unterstützen. Dieses Angebot

wurde ausgeschlagen. Auch nach Einbringung des Verlangens wurden von uns Gespräche

über eine einvernehmliche Anpassung des Untersuchungsgegenstandes an die rechtlichen

Voraussetzungen angeboten. Dies wurde ebenfalls abgelehnt mit dem Verweis, dass doch der

Verfassungsgerichtshof klären soll, ob hier eine Unzulässigkeit vorliegt oder nicht. Wir hoffen, nun

durch den Verfassungsgerichtshof zu einer ebensolchen Klärung für die zukünftige Auslegung des

Gesetzes zu gelangen.

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