ZAP-2020-02

DeutscherAnwaltverlag
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20.01.2020 Aufrufe

Anwaltsmagazin ZAP Behinderung von Legal-Tech- Anbietern durch Ryanair-AGB Darf eine Airline es ihren Kunden per AGB erschweren, Legal-Tech-Angebote zur Durchsetzung von Fluggastrechten zu nutzen? Diese Frage will die Wettbewerbszentrale nun gerichtlich klären lassen. Zu diesem Zweck haben die Verbraucherschützer im November vergangenen Jahres beim LG Frankfurt a.M. Klage gegen die irische Fluggesellschaft Ryanair eingereicht, um die Verwendung bestimmter Klauseln in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen überprüfen zu lassen. Die betreffenden AGB-Klauseln bewirken aus Sicht der Wettbewerbszentrale im Ergebnis, dass Fluggästen die Geltendmachung von gesetzlichen Entschädigungsansprüchen wegen Verspätung oder Flugausfall und die Inanspruchnahme von entsprechenden Legal-Tech-Angeboten erschwert werden. Ryanair hatte im Rahmen seiner AGB die Modalitäten der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen von Flugreisenden wegen Verspätung oder Flugausfall geregelt. Dabei war zunächst vorgesehen, dass der Fluggast seine Ansprüche selbst gegenüber Ryanair gelten machen muss und die Ausgleichsansprüche nicht abgetreten werden dürfen. Die Fluggesellschaft erklärte außerdem in den AGB, dass Ansprüche, die unmittelbar von Dritten geltend gemacht werden, durch Ryanair nicht bearbeitet werden. Nach Angaben der Wettbewerbszentrale änderte Ryanair kürzlich seine AGB etwas, behielt jedoch die beanstandeten Regelungen im Wesentlichen bei. Die Wettbewerbszentrale beurteilt die AGB als unangemessene Benachteiligung der Kunden. Sie ist der Auffassung, dass nach allgemeinem Schuldrecht sowie der Fluggastrechteverordnung (EU-Verordnung 261/2004) es dem Verbraucher freistehe, auf welche Weise er seine Rechte geltend machen will. Er könne sie entweder selbst oder durch Dritte wie einen Anwalt oder einen Legal-Tech-Anbieter geltend machen. Legal-Tech-Anbieter lassen sich zur Durchsetzung der Ansprüche des Reisenden diese Ansprüche i.d.R. abtreten. Dieses Recht dürfe nicht durch AGB eingeschränkt werden. „Wir wollen die Frage, ob es Verbrauchern per AGB erschwert werden darf, Legal-Tech-Angebote zur Durchsetzung von Ansprüchen zu nutzen, grds. klären lassen“, kommentierte RA PETER BREUN-GOERKE aus der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale das Verfahren. „Bei aller Kritik an der Transparenz der Werbung für solche Angebote kann es nicht sein, dass über die Hintertür der zum Teil mehr als 100 Seiten starken AGB versucht werden soll, Anbieter derartiger Dienstleistungen gänzlich auszuschalten oder Verbrauchern die Durchsetzung ihrer Rechte zu erschweren“, soBREUN-GOERKE. [Quelle: Wettbewerbszentrale] Hinweise zur Abwendung der Gewerbesteuerpflicht Grundsätzlich ist die anwaltliche Tätigkeit von der Gewerbesteuer befreit. Bereits kleine Anteile originär gewerblicher Tätigkeit führen allerdings nach der sog. Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Kanzleileistung. Einige im Kanzleialltag recht gebräuchliche Konstellationen bergen im Besonderen die Gefahr der Gewerblichkeit. Hierzu zählen etwa: • die Beschäftigung angestellter Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, • das Verbleiben von Partnern in der Sozietät, die nicht mehr als Anwalt aktiv sind, • die ausschließlich akquisitorische oder geschäftsführende Tätigkeit eines Partners, • Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragter oder Insolvenzverwalter. Der Ausschuss Steuerrecht der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat nun eine aktualisierte Fassung seiner sog. Standortbestimmung zur Abfärberegelung vorgelegt, in der auch zahlreiche Praxishinweise enthalten sind. Damit wird das Dokument u.a. an die neueste Rechtsprechung des BFH angepasst. Die Standortbestimmung schließt mit einem berufspolitischen Ausblick. Das 6-seitige Papier des Steuerrechtsausschusses kann unter https://brak.de/w/files/01_ueber_die_brak/aus-der-ar beit-der-ausschuesse/2019-11-15-ueberarbeitung-desbeitrag-gewerblichkeit.pdf eingesehen bzw. heruntergeladen werden. [Quelle: BRAK] EU plant Einführung von Sammelklagen in Europa Die Verbraucher in der EU sollen nach dem Willen der EU-Kommission und des Rats der EU künftig 70 ZAP Nr. 2 22.1.2020

ZAP Anwaltsmagazin einfacher ihre Rechte gegen große Firmen durchsetzen können. Ende November stimmte der Rat einem entsprechenden Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher zu (vgl. zum Kommissionsentwurf auch Anwaltsmagazin ZAP 2018, 475). Das Vorhaben geht nun in das Europaparlament, dessen Zustimmung ebenfalls erforderlich ist. Stimmt das Parlament zu, werden Verbraucher ihre Rechte nicht nur individuell, sondern auch kollektiv geltend machen können. Der Entwurf sieht vor, dass sog. qualifizierte Einrichtungen die Möglichkeit erhalten, Klagen im Namen der Verbraucher einzuleiten. Hintergrund der geplanten Einführung von Sammelklagen ist der VW-Abgasskandal. Dieser hatte die EU-Kommission 2018 bewogen, bei den Verbraucherrechten in der EU nachzubessern. Deutschland, das bereits 2018 in einem nationalen Alleingang die Musterfeststellungsklage eingeführt hatte (vgl. dazu zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 2018, 1080), enthielt sich bei der Abstimmung im EU-Rat (zu den Bedenken der Bundesländer gegen eine europäische Sammelklage s. auch Anwaltsmagazin ZAP 2018, 708). Der Erste Vizepräsident der Kommission, FRANS TIMMERMANS, und die Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, VĚRA JOUROVÁ, kommentierten den Vorstoß der EU wie folgt: „Fälle wie der Diesel-Skandal, die zu massivem und weitreichendem Schaden geführt haben, verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf auf europäischer Ebene. Die Bürgerinnen und Bürger müssen endlich vollständigen Zugang zur Justiz haben und betrügerische Unternehmen müssen davon abgehalten werden, die Verbraucherrechte zu verletzen.“ [Quelle: EU-Kommission] Neue Düsseldorfer Tabelle zum 1.1.2020 Das OLG Düsseldorf hat eine neue Unterhaltstabelle herausgegeben, die ab dem 1. Januar gilt. Sie sieht höhere Bedarfssätze v.a. für minderjährige Trennungskinder vor. Daneben steigt erstmals seit 2015 auch der Selbstbehalt der Unterhaltspflichtigen. Die sog. Düsseldorfer Tabelle hat keine Gesetzeskraft, dient jedoch bundesweit als Richtlinie zur Bemessung des angemessenen Kindesunterhalts. Sie wird seit 1979 herausgegeben und ist jeweils mit dem Deutschen Familiengerichtstag und den Oberlandesgerichten abgestimmt. Nach der neuesten Tabelle beträgt der Mindestunterhalt ab dem 1.1.2020 für Kinder im Alter bis fünf Jahre 369 € statt bislang 354 €– ein Plus von 15 €. Das gilt für die niedrigste Einkommensgruppe der Unterhaltspflichtigen bis 1.900 € Nettoeinkommen. Kinder zwischen sechs und elf Jahren haben in dieser Einkommensklasse Anspruch auf mindestens 424 € statt bislang 406 €. In der dritten Altersgruppe bis zur Volljährigkeit sind es 497 €–ein Plus von 21 €. Für volljährige Trennungskinder steigen die Sätze dagegen nur gering: von 527 auf 530 € in der niedrigsten Einkommensgruppe. Die Bedarfssätze volljähriger Kinder waren 2018 und 2019 völlig unverändert geblieben. Der Bedarfssatz von Studenten, die nicht bei den Eltern wohnen, steigt dagegen deutlich von 735 auf 860 € (einschließlich 375 € an Warmmiete). Erstmals seit 2015 ändert sich der Selbstbehalt, der den Unterhaltspflichtigen zusteht. Er steigt bei nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von 880 auf 960 €, bei Erwerbstätigen von 1.080 auf 1.160 €; dabei wird eine Warmmiete von 430 € angenommen. Der Selbstbehalt kann erhöht werden, wenn die Wohnkosten diesen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind. Beim Ehegattenunterhalt beträgt der Eigenbedarf des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen ab dem 1. Januar 1.280 € und des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.180 €. Die Unterscheidung zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen war durch den Beschluss des BGH vom 16.10.2019 (XII ZB 341/17) notwendig geworden. Der Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen von Eltern steigt von bisher 1.800 € auf 2.000 €. [Quelle: OLG Düsseldorf] Personalia Im III. und im IX. Zivilsenat des BGH gibt es seit Jahresbeginn zwei neue Richter. Neu im III. Senat, der u.a. für das Amts-, Staats- und Notarhaftungsrecht zuständig ist, ist der bisherige Richter am OLG Karlsruhe Dr. MATHIAS HERR. Dr. HERR war ZAP Nr. 2 22.1.2020 71

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<strong>ZAP</strong><br />

Behinderung von Legal-Tech-<br />

Anbietern durch Ryanair-AGB<br />

Darf eine Airline es ihren Kunden per AGB erschweren,<br />

Legal-Tech-Angebote zur Durchsetzung<br />

von Fluggastrechten zu nutzen? Diese Frage<br />

will die Wettbewerbszentrale nun gerichtlich<br />

klären lassen. Zu diesem Zweck haben die Verbraucherschützer<br />

im November vergangenen Jahres<br />

beim LG Frankfurt a.M. Klage gegen die irische<br />

Fluggesellschaft Ryanair eingereicht, um die Verwendung<br />

bestimmter Klauseln in deren Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen überprüfen zu lassen.<br />

Die betreffenden AGB-Klauseln bewirken aus<br />

Sicht der Wettbewerbszentrale im Ergebnis, dass<br />

Fluggästen die Geltendmachung von gesetzlichen<br />

Entschädigungsansprüchen wegen Verspätung<br />

oder Flugausfall und die Inanspruchnahme<br />

von entsprechenden Legal-Tech-Angeboten erschwert<br />

werden.<br />

Ryanair hatte im Rahmen seiner AGB die Modalitäten<br />

der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen<br />

von Flugreisenden wegen Verspätung<br />

oder Flugausfall geregelt. Dabei war zunächst vorgesehen,<br />

dass der Fluggast seine Ansprüche selbst<br />

gegenüber Ryanair gelten machen muss und die<br />

Ausgleichsansprüche nicht abgetreten werden<br />

dürfen. Die Fluggesellschaft erklärte außerdem in<br />

den AGB, dass Ansprüche, die unmittelbar von<br />

Dritten geltend gemacht werden, durch Ryanair<br />

nicht bearbeitet werden. Nach Angaben der Wettbewerbszentrale<br />

änderte Ryanair kürzlich seine<br />

AGB etwas, behielt jedoch die beanstandeten Regelungen<br />

im Wesentlichen bei.<br />

Die Wettbewerbszentrale beurteilt die AGB als<br />

unangemessene Benachteiligung der Kunden.<br />

Sie ist der Auffassung, dass nach allgemeinem<br />

Schuldrecht sowie der Fluggastrechteverordnung<br />

(EU-Verordnung 261/2004) es dem Verbraucher<br />

freistehe, auf welche Weise er seine Rechte<br />

geltend machen will. Er könne sie entweder<br />

selbst oder durch Dritte wie einen Anwalt oder<br />

einen Legal-Tech-Anbieter geltend machen. Legal-Tech-Anbieter<br />

lassen sich zur Durchsetzung<br />

der Ansprüche des Reisenden diese Ansprüche<br />

i.d.R. abtreten. Dieses Recht dürfe nicht durch<br />

AGB eingeschränkt werden.<br />

„Wir wollen die Frage, ob es Verbrauchern per AGB<br />

erschwert werden darf, Legal-Tech-Angebote zur<br />

Durchsetzung von Ansprüchen zu nutzen, grds. klären<br />

lassen“, kommentierte RA PETER BREUN-GOERKE aus<br />

der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale<br />

das Verfahren. „Bei aller Kritik an der Transparenz der<br />

Werbung für solche Angebote kann es nicht sein, dass<br />

über die Hintertür der zum Teil mehr als 100 Seiten<br />

starken AGB versucht werden soll, Anbieter derartiger<br />

Dienstleistungen gänzlich auszuschalten oder Verbrauchern<br />

die Durchsetzung ihrer Rechte zu erschweren“,<br />

soBREUN-GOERKE.<br />

[Quelle: Wettbewerbszentrale]<br />

Hinweise zur Abwendung der<br />

Gewerbesteuerpflicht<br />

Grundsätzlich ist die anwaltliche Tätigkeit von der<br />

Gewerbesteuer befreit. Bereits kleine Anteile originär<br />

gewerblicher Tätigkeit führen allerdings nach<br />

der sog. Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG<br />

zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Kanzleileistung.<br />

Einige im Kanzleialltag recht gebräuchliche<br />

Konstellationen bergen im Besonderen die<br />

Gefahr der Gewerblichkeit. Hierzu zählen etwa:<br />

• die Beschäftigung angestellter Rechtsanwältinnen<br />

und Rechtsanwälte,<br />

• das Verbleiben von Partnern in der Sozietät,<br />

die nicht mehr als Anwalt aktiv sind,<br />

• die ausschließlich akquisitorische oder geschäftsführende<br />

Tätigkeit eines Partners,<br />

• Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragter oder<br />

Insolvenzverwalter.<br />

Der Ausschuss Steuerrecht der Bundesrechtsanwaltskammer<br />

(BRAK) hat nun eine aktualisierte<br />

Fassung seiner sog. Standortbestimmung zur Abfärberegelung<br />

vorgelegt, in der auch zahlreiche<br />

Praxishinweise enthalten sind. Damit wird das<br />

Dokument u.a. an die neueste Rechtsprechung des<br />

BFH angepasst. Die Standortbestimmung schließt<br />

mit einem berufspolitischen Ausblick. Das 6-seitige<br />

Papier des Steuerrechtsausschusses kann unter<br />

https://brak.de/w/files/01_ueber_die_brak/aus-der-ar<br />

beit-der-ausschuesse/2019-11-15-ueberarbeitung-desbeitrag-gewerblichkeit.pdf<br />

eingesehen bzw. heruntergeladen<br />

werden.<br />

[Quelle: BRAK]<br />

EU plant Einführung von<br />

Sammelklagen in Europa<br />

Die Verbraucher in der EU sollen nach dem Willen<br />

der EU-Kommission und des Rats der EU künftig<br />

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