ZAP-2020-02
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Strafverfahren/Strafvollstreckung/Strafvollzug Fach 22, Seite 995<br />
Pflichtverteidigung<br />
Hinweis:<br />
Unfähigkeit des Verteidigers kommt jedoch nur höchst selten in Betracht. Insbesondere erfolgt keine<br />
Zweckmäßigkeitskontrolle der Verteidigungsstrategie durch das Gericht (KG, a.a.O.).<br />
e) Revisionsverteidiger<br />
Für die Revisionsinstanz kann der Beschuldigte nach § 143a Abs. 3 StPO n.F. nunmehr binnen einer<br />
Woche nach Beginn der Revisionsbegründungsfrist die Aufhebung der Bestellung des bisherigen und die<br />
Beiordnung eines neuen, von ihm bezeichneten Pflichtverteidigers beantragen. Der Gesetzgeber trägt<br />
damit dem Umstand Rechnung, dass aufgrund der jeweils unterschiedlichen Spezialisierungen häufig<br />
ein „Revisionsrechtler“ an die Stelle des Instanzverteidigers tritt.<br />
f) Rechtsmittel<br />
Auch gegen Entscheidungen nach § 143a StPO n.F. ist nunmehr die sofortige Beschwerde statthaft,<br />
§ 143a Abs. 4 StPO n.F.<br />
6. Zusätzliche Pflichtverteidiger, § 144 StPO<br />
Insbesondere in Umfangsverfahren mit mehreren Angeklagten bereitet es in der Praxis v.a. in Haftsachen<br />
häufig Schwierigkeiten, die Hauptverhandlung in einem dem Beschleunigungsgebot genügenden<br />
zeitlichen Rahmen durchzuführen. Es war deshalb auch vor der Gesetzesreform gängige Praxis,<br />
zur Sicherung der Durchführung der Hauptverhandlung zusätzlich zu bereits mandatierten Wahl- oder<br />
Pflichtverteidigern weitere Verteidiger beizuordnen. Gesetzliche Regelungen zu diesen sog. Sicherungsverteidigern<br />
fehlten bislang.<br />
a) Umfangsverfahren<br />
Nunmehr bestimmt § 144 Abs. 1 StPO n.F., dass dem Beschuldigten bis zu zwei Pflichtverteidiger<br />
zusätzlich bestellt werden können, wenn dies zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens,<br />
insb. wegen dessen Umfang oder Schwierigkeit erforderlich ist.<br />
Hinweis:<br />
Wann eine Sache besonders schwierig oder besonders umfangreich ist, hat der Gesetzgeber nicht geregelt.<br />
Eine solche Regelung wäre angesichts der hohen Einzelfallabhängigkeit auch nicht sachgerecht<br />
gewesen. Hinsichtlich des Umfangs könnte jedoch eine Orientierung an § 76 Abs. 3 GVG, wonach die<br />
Mitwirkung eines dritten Berufsrichters i.d.R. notwendig ist, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich<br />
länger als zehn Tage dauern wird, erfolgen. In diesem Fall geht der Gesetzgeber offenbar von einem<br />
besonderen Umfang aus. Gleiches gilt für § 213 Abs. 2 StPO, der Verfahren mit voraussichtlich mehr als<br />
zehn Hauptverhandlungstagen als „besonders umfangreich“ bezeichnet. Wenngleich sich hieraus nicht<br />
ableiten lassen wird, dass in Fällen dieser Größenordnung stets weitere Pflichtverteidiger erforderlich<br />
sind, wird eine zusätzliche Beiordnung in diesen Fällen jedoch zumindest zu prüfen sein.<br />
Darüber hinaus können auch in der Person des Hauptverteidigers liegende Gründe weitere Beiordnungen<br />
erforderlich machen. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiel hierfür Krankheit.<br />
b) Beiordnung grundsätzlich bis zum Abschluss der Hauptverhandlung<br />
§ 144 Abs. 2 S. 1 StPO n.F. bestimmt, dass die Bestellung eines zusätzlichen Verteidigers aufzuheben ist,<br />
sobald seine Mitwirkung zur zügigen Durchführung des Verfahrens nicht mehr erforderlich ist. Dies<br />
wird bei umfangreichen Hauptverhandlungen freilich erst mit deren Abschluss der Fall sein (BT-Drucks<br />
19/13829, S. 50).<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 2 22.1.<strong>2<strong>02</strong>0</strong> 111