ZAP-2020-02
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<strong>ZAP</strong><br />
Kolumne<br />
Kolumne<br />
Wenn „vorbereitende“ Schriftsätze nicht binnen der Wochenfrist<br />
eingereicht werden …<br />
Nach § 132 Abs. 1 S. 1 ZPO ist ein vorbereitender<br />
Schriftsatz, der neue Tatsachen oder ein anderes<br />
neues Vorbringen enthält, so rechtzeitig einzureichen,<br />
dass er mindestens eine Woche vor der<br />
mündlichen Verhandlung zugestellt werden kann.<br />
Die Realität gestaltet sich regelmäßig aber anders.<br />
Kürzlich übersendete der Prozessbevollmächtigte<br />
des Gegners am Vortag der mündlichen Verhandlung<br />
einen Replik-Schriftsatz (ohne Anlagen) mit<br />
neuem Sachvortrag und neuen Beweisantritten.<br />
Eine Besprechung dieses Schriftsatzes mit der<br />
eigenen Partei war vor der Verhandlung nicht<br />
mehr möglich. Auch das Gericht hatte den Schriftsatz<br />
nach eigenen Angaben nicht mehr lesen<br />
können. Die Sach- und Rechtslage wurde daher<br />
nicht erörtert, es wurden lediglich die Anträge<br />
gestellt und die eigene Partei erhielt einen Schriftsatznachlass.<br />
Der Verhandlungstermin dauerte<br />
vier Minuten und war damit – inhaltlich betrachtet<br />
–„ergebnislos“.<br />
§ 282 Abs. 2 ZPO bestimmt für das erstinstanzliche<br />
Verfahren (ausgenommen sind Verfahren<br />
des einstweiligen Rechtsschutzes), dass Anträge<br />
sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die<br />
der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende<br />
Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, vor<br />
der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden<br />
Schriftsatz so zeitig mitzuteilen sind, dass der<br />
Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen<br />
vermag. Das Merkmal „zeitig“ wird<br />
durch die Vorgaben des § 132 Abs. 1 S. 1 ZPO<br />
„konkretisiert“. Es geht darum, dem Gegner –<br />
nicht dem Gericht (BGH, Urt. v. 28.9.1988 – IVa ZR<br />
88/87, NJW 1989, 716, 717) – die Gewährung<br />
rechtlichen Gehörs zu ermöglichen, so dass dieser<br />
in der mündlichen Verhandlung angemessen auf<br />
den Inhalt des neuen Schriftsatzes erwidern kann.<br />
Rechtliche Ausführungen sind unabhängig von<br />
§ 132 Abs. 1 S. 1 ZPO jederzeit möglich.<br />
Im eingangs geschilderten Sachverhalt war eine<br />
Erwiderung auf den neuen Vortrag infolge der<br />
Nichteinhaltung der Vorgaben des § 132 Abs. 1 S. 1<br />
ZPO ausgeschlossen. Der voraussichtliche Ablauf<br />
der mündlichen Verhandlung war zum Zeitpunkt<br />
des Erhalts des „vorbereitenden“ Schriftsatzes<br />
erkennbar: Außer den Antragstellungen und der<br />
Gewährung einer Schriftsatzfrist waren Weiterungen<br />
eher nicht zu erwarten. Unter ökonomischen<br />
Aspekten hätte man den Termin aufheben<br />
und eine Schriftsatzfrist gewähren können.<br />
Einer solchen Aufhebung dürfte aber (abgesehen<br />
von dem Aspekt der kurzfristigen praktischen<br />
Umsetzbarkeit) § 227 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO<br />
entgegenstehen.<br />
Gerichte reagieren erfahrungsgemäß auf solche<br />
„vorbereitenden“ Schriftsätze mit der Gewährung<br />
einer Schriftsatzfrist für den Gegner. Es sei aber die<br />
Frage gestattet, ob es nicht auch andere Möglichkeiten<br />
gibt, um der „Unsitte“ (ZÖLLER/GREGER, ZPO,<br />
32. Aufl., § 132 Rn 4) solcher nicht fristgerecht<br />
übersendeten, „vorbereitenden“ Schriftsätze entgegenzuwirken.<br />
Dass Termine im vorbeschriebenen<br />
Sinn beim Gericht, den im Termin erscheinenden<br />
Parteien und deren Prozessbevollmächtigten<br />
einen unverhältnismäßigen Zeit- und vor allem<br />
Kostenaufwand verursachen, ist eindeutig erkennbar.<br />
Die bloße Nichteinhaltung der in § 132 Abs. 1 S. 1<br />
ZPO gesetzten Frist genügt nach ständiger höchstrichterlicher<br />
Rechtsprechung aber nicht, um<br />
Angriffs- und Verteidigungsmittel nach §§ 296<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. 2 22.1.<strong>2<strong>02</strong>0</strong> 65